Im medialen Wettbewerb zwischen Bambi und Brennpunkt ist diese Woche ein Balkan- Kuriosum untergegangen. Drei Mitarbeiter des BND wurden in Prishtina verhaftet. Prishtina ist die Hauptstadt der Republik Kosovo, und das wiederum ist der neueste Staat auf dem Balkan. Er wurde vor neun Monaten, auch mit der nicht ganz unwichtigen Zustimmung Deutschlands, ausgerufen.
Der Kosovo ist seither offiziell unabhängig, mit Flagge und Hymne, wie sich’s gehört, aber darüber hinaus ist in der Sache nicht mehr allzu viel aufzulisten, es sei denn, man will noch anmerken, dass in der Rolle des Ministerpräsidenten ein ehemaliger forscher Untergrundkämpfer gegen die serbische Vormachtstellung, Hashim Thaci, agiert und posiert.
Was aber hat das alles mit dem BND zu tun, und, vor allem, was hat der BND damit zu tun? Vor zwei Wochen wurde in Prishtina eine Bombenanschlag auf das Hauptquartier der internationalen Kontroll-Behörde verübt. Laut kosovarischem Ermittlungsstand von vor ein paar Tagen sollen die drei BND-Leute den Anschlag ausgeführt haben. Und weshalb?
Die vorschnelle Ermittlungslogik führte zwar nicht zur Aufklärung der Gewalttat, dafür aber zu einer handfesten diplomatischen Krise. Und so kam es dann auch am Donnerstag und Freitag, zwischen Bambi und Brennpunkt, zu einer überraschenden Wendung. Urplötzlich machte sich eine ARK (Armee der Republik Kosovo) genannte Untergrundorganisation bemerkbar. Sie übernahm die Verantwortung für den Anschlag. Aber warum erst nach zwei Wochen? Gleichzeitig stellte ein türkisches Labor, das die Sprengstoffspuren zu untersuchen hatte, keinerlei Residuen bei den BND-Leuten fest.
Diese wurden nun umgehend einem der internationalen Richter in Prishtina vorgeführt und von diesem aus der U-Haft entlassen, genauer, befreit. Bei dem Stichwort „internationaler Richter“ kommen wir dem Problem vielleicht etwas näher. Der Kosovo ist zwar formal unabhängig, aber seine rechtsstaatlichen Institutionen müssen erst aufgebaut werden. Dazu hat die Eu mit dem Projekt EULEX rund 1800 Mitarbeiter, vor allem aus Polizei und Justiz, zwecks Training von Einheimischen bereitgestellt. Vorsichtig ausgedrückt: Nicht alle Kosovaren finden das gut.
Und noch etwas: Die UNO hat zwar die EU-Präsenz im Kosovo unlängst ratifiziert, aber nur für die Albanergebiete. Die Siedlungsorte der serbischen Minderheit bleiben weiterhin unter der Kontrolle der UNMIK, und damit der UNO. Auch will Serbien den völkerrechtlichen Hintergrund der Kosovo-Souveränität vom internationalen Gerichtshof prüfen lassen. Das aber scheint die Unabhängigkeitsverfechter aus Prishtina zu stören und auch zu beunruhigen. Und wenn man weder gegen den Bambi ankommt, noch gegen den Brennpunkt, bringt man sich eben durch die Inhaftierung von BND-Mitarbeitern ins Gespräch und setzt gleichzeitig Zeichen der Warnung.
Zumal Gerüchte besagen, der BND hätte sich für den Zusammenhang zwischen der Politik in Prishtina und der organisierten Kriminalität interessiert. Den ehemaligen UCK-Guerillaführern werden derlei Doppelrollen seit langem nachgesagt. Einer von ihnen, Ramush Haradinaj, der in Den Haag wegen Kriegsverbrechen angeklagt war, wurde aus Mangel an Beweisen freigesprochen. Zu dem Mangel an Beweisen kam es u.a., weil von den zehn Zeugen bei Prozessbeginn nur noch einer lebte.
Das aber ist der Kern der kosovarischen Strategie seit vielen Jahren: Sobald es nicht nach dem Willen der Clan-Machos geht, drohen sie mit der Instabilität. Ihre Gehälter zahlt ohnehin die EU. Wie lange wollen wir uns das noch gefallen lassen?