Dünnhäutig ist sie geworden, unsere Gesellschaft, eine Art Gesellschaft quängelnder Kinder. Es ist heute ein kulturelles Phänomen, dass Frauen sich gewohnheitsmässig – und, mit Verlaub, auch selbstgefällig – als Opfer sehen. Bleibt Erfolg aus, wird sofort geprüft, ob man Diskriminierung anprangern kann. Was nicht nach ihrem Gusto läuft, muss auf Teufel komm raus durchgesetzt werden. Schuld sind die anderen: der Sexismus, die Gesellschaft, die männliche Dominanz. Sie ist ja so lästig, diese Eigenverantwortung.
Das nächste Opfer der modernen Inquisition ist ein schottischer Golfclub. Der Traditionsclub "Muirfield" hat sich erdreistet, an seinen seit 1744 geltenden Regeln festzuhalten und auch künftig ohne Frauen zu spielen. Wie "Welt.de" berichtet, ein Entscheid, den die Damen nicht akzeptieren. Sie werfen den Herren "mittelalterliches Verhalten" vor. Ihre Einsprache hat zur Folge, dass der Golfregeln-Administrator "R&A" entschied, die prestigeträchtigen "British Open" künftig nicht mehr in Muirfield austragen zu lassen.
Die Männer wollen unter sich bleiben. Wo ist das Problem?
Die Männer wollen unter sich bleiben. Wo ist das Problem? Ich sehe beim besten Willen nichts Mittelalterliches daran, wenn ein privater Club sein Recht auf Selbstbestimmung wahrnimmt. Im Gegenteil. Es gibt gute Gründe, warum Männer gewisse Freizeitbeschäftigungen ohne das Mittun von Frauen ausleben möchten: Männer und Frauen haben grundsätzlich eine unterschiedliche Definition von Vergnügen.
Männer können sich wunderbar erholen, beim Fussball gucken, oder wenn sie ein paar Steaks auf dem Grill brutzeln, oder einfach nur abhängen und Bier trinken. Ohne Frauen sind Männer entspannter. Die Gruppendynamik ändert sich. Männer tun dann all die Dinge, die sie sonst unterdrücken müssen – sie rülpsen, prahlen, reden nichtssagendes Zeug daher, oder verharren stundenlang in Schweigen – und es ist in Ordnung. Keiner nimmt es persönlich, der guten Stimmung tut es keinen Abbruch. In Anwesenheit von Frauen hätte die Hälfte ihrer Handlungen oder Äusserungen wohl Konsequenzen.
Ist ein Fitnessclub nur für Frauen mittelalterlich? Es gibt Partys nur für Frauen. Men-Strip Clubs nur für Frauen. Business-Netzwerke nur für Frauen. Darüber beschwert sich keiner. Warum machen Frauen aus allem ein Drama? Wenn man mit einem Angebot nicht zufrieden ist, steht einem ja nichts im Weg, seine Situation aktiv zu ändern, sprich einen eigenen Golfplatz zu gründen, oder einem anderen beizutreten - in Schottland, dem Geburtsort des Golfs, gibt es über 550 Plätze.
Wer hindert Frauen daran ihren eigenen Club zu gründen?
Diese Über-Empfindsamkeit ist lächerlich. Natürlich existieren Missstände auf der Welt. Und gegen die gilt es anzukämpfen. Aber muss man wirklich immer alles als Ungerechtigkeit oder Schikane gegen sich verstehen? Und fühlen wir uns dann besser, wenn wir unseren Willen durchgezwängt haben, oder Massnahmen und Gesetze fordern, die es für uns richten?
Zu einer selbstbestimmten Frau, die wir ja alle sein möchten, gehört doch auch, dass wir Selbstverantwortung übernehmen. Dass wir Dinge, die wir unbedingt haben möchten, selber in die Hand nehmen. Dinge, die uns nicht behagen, selber regeln. Statt das zu wollen, was Männer haben, sollten Frauen vielleicht vermehrt ihre eigenen Vereine auf die Beine stellen. Eigene Zünfte. Eigene Ladies-Clubs. Männer müssen für ihre Bedürfnisse kämpfen, warum sollten wir nicht dasselbe tun? Das Ganze hat doch mittelalterliche Züge – im Sinne einer rückwärtsgewandten Erwartungshaltung.
Tamara Wernli arbeitet als freischaffende News-Moderatorin und Kolumnistin bei der Basler Zeitung. Dort erschien dieser Beitrag auch zuerst. In ihrer Rubrik „Tamaras Welt“ schreibt sie wöchentlich über Gender- und Gesellschaftsthemen.