Eisenhower hatte folgendes Motto: “Was dringend ist, ist selten wichtig und was wichtig ist, ist selten dringend.” Das Flüchtlingsproblem besteht schon lange und wurde spätestens mit dem “arabischen Frühling” virulent. Es hätte genug Zeit gegeben, sich mit diesem wichtigen Thema zu beschäftigen, Merkel hätte keineswegs spontan entscheiden müssen. Die Schilderung zeigt aber sehr deutlich, warum langfristiges Denken bei Merkel keinen Raum mehr hat. Entschieden wird nach Bauchgefühl.
“...dass die deutsche Regierung weder über eine erkennbare Afrika-Strategie noch eine erkennbare Nahoststrategie verfügt.” Pars pro toto, hat diese “Regierung” doch überhaupt keine Strategie. Alles ist nur Taktik. Um im Staatsfernsehen gut rüberzukommen, um die nächste Wahl nicht zu verlieren, um bei der Großindustrie gemocht zu werden. Wenn jeder die Regierung bekommt, die er verdient, steht es um Deutschalnd wirklich sehr sehr schlecht.
Der Artikel ignoriert leider völlig die veränderte Realität. Eine Reisetätigkeit wie unter Bismarck oder Adenauer ist heute nicht mehr denkbar, weil die Anforderungen an das Amt sich verändert haben. Merkel hin oder her - ein deutscher Bundeskanzler muss heute viel reisen, wenig schlafen und auch unter hohem Druck gute Entscheidungen fällen können. Der Artikel geht aus meiner Sicht am Problem vorbei, das sicherlich nicht in der hohen Reisetätigkeit liegt oder damit zusammenhängt, dass Entscheidungen “im Gedränge von lauter unwichtigen Terminen, auf dem Rücksitz von Limousinen oder im Geknatter der Rotorblätter und ohne wirkliche Beratung mit irgendjemandem” gefällt werden müssen.
Die Reisen unserer „Spitzenpolitiker“ haben nur den Sinn, bunte Bilder für die 20:00 Nachrichten zu produzieren. Wie Deutschland sich zu Saudi-Arabien verhält, wird sicher nicht während Merkels Reise entschieden. Welche Informationen könnte Sie dort schließlich gewinnen, die sie nicht auf einfacherem Weg erlangen könnte? Der einzige Zweck besteht in der auch visuellen Integration des Saudischen Königshauses in die „Gemeinschaft der Guten“ Gabriels Show-Veranstaltung in Somalia sendet an unkritische Fernsehzuschauer das Signal aus: Wir beseitigen die Fluchtursachen in Afrika, dann kommt keiner mehr nach Europa. Wie Sie schon treffend festgestellt haben, war und ist die Entwicklungshilfe Politik vergangener Jahrzehnte weitgehend sinnlos oder sogar kontraproduktiv. Wir haben weder einen gut geölten Staatsapparat, noch fähige Politiker an der Spitze. Da muß man kein Prophet sein, um einen desaströsen Ausgang dieser Komödie vorherzusagen.
Gabriel hat Somalia Spendengelder in Millionenhöhe zugesagt. Das wurde in den Nachrichten kurz am Rande erwähnt. Da reicht ein Satz, um ein paar Millionen in die Wüste zu schicken. Von dem Geld könnte man in Deutschland die Altenpflege revolutionieren oder Kindergartenplätze kostenfrei für die arbeitende Bevölkerung zu Verfügung stellen. Wer trifft solche Entscheidungen? Warum geht das Geld gerade nach Somalia? Es gibt knapp 200 Länder auf der Welt. Mich persönlich verbindet absolut nichts mit Somalia. Wer kontrolliert die Verwendung des Geldes und wird es für die Geldmittelgeber eine Offenlegung geben? Warum stellt kein Journalist solche Fragen? Herr Sarrazin, ich sehe ihren zukünftigen Büchern und Berichten mit Spannung entgegen. Sie haben mir in Vergangenheit schon viele Fragen beantwortet.
Zuweilen entsteht bei der Kanzlerin der Eindruck, sie bräuchte sich nicht beraten. Ihre Entscheidungen wirken so manches Mal ähnlich wie die eines Herrn Trump per Dekret. Ob diese Entscheidungen nun der Erschöpfung oder der Unbedachtheit geschuldet sind, vermag ich nicht zu beurteilen. Im Allgemeinen fehlt Frau Merkel die Kommunikationswilligkeit mit ihrer sie ins Amt gerufenen Bevölkerung. In manchen Artikeln kann man lesen, dass unsere Kanzelerin für viele ihrer Wähler wie “ein Fels in der Brandung” wirkt. Das ist für mir nicht wirklich nachvollziehbar, denn ihre bisherige Amtszeit wirkt von außen betrachtet eher wie eine U-Boot Irrfahrt: Niemand weiß, wo die Reise hingeht, wann und wo es wieder auftaucht und welche Überraschungen es zu Tage bringt, deren Auswirkungen nicht etwa sie persönlich zu tragen hat, sondern einzig und allein der deutsche Steuerzahler. Seltsamerweise stellt sich ihr niemand wirklich entgegen…..
Dieser wohlüberlegten Analyse ist nichts hinzu zu fügen, außer vielleicht die Frage, ob das nun Zeitgeist ist und mehr oder minder alle in diesem Lande betrifft? Zum Beispiel auch bei Entscheidungen in demokratischen Angelegenheiten?
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