Gastautor / 21.06.2025 / 10:00 / Foto: freepik.com / 26 / Seite ausdrucken

Wenn die Freiheit geht, geht der Wohlstand

Von Max Leonard Remke.

Kreativität braucht Kontroverse – doch der deutsche Staat setzt auf Kontrolle. Wer unbequeme Gedanken fürchtet, wird bald auch neue Ideen vermissen.

Nur noch 40 Prozent der Menschen haben den Eindruck, in Deutschland frei ihre Meinung äußern zu können – glaubt man den Umfragen von Allensbach. Und Besserung ist nicht in Sicht. Hausdurchsuchungen wegen Internet-Lappalien oder, in jüngerer Zeit, eine Verurteilung für einen Satire-Post zur scheidenden Innenministerin verstärken das Gefühl eines unfreien Staates. Und zu allem Überfluss scheinen CDU und SPD noch mehr Kontrollen statt weniger zu wollen. So soll eine Ausweitung der Kompetenzen der Landesmedienanstalten gegen „Informationsmanipulation” angedacht sein.

Doch diese Entwicklung sollte nicht nur die letzten verbliebenen Bürgerrechtler und die Oppositionsparteien in Deutschland aufschrecken, sondern auch alle Unternehmer und Bürger, die sich eine vitale Wirtschaft wünschen. Denn: Meinungsfreiheit und wirtschaftlicher Erfolg hängen untrennbar zusammen. Doch warum ist das so? Und warum ist ein Kampf gegen Meinungsfreiheit auch immer eine Bedrohung des Wohlstandes?

Um das zu verstehen, müssen wir zuerst begreifen, was die Hauptquelle menschlichen Wohlstandes ist. Es ist nicht fleißige oder pflichtbewusste körperliche Arbeit (obwohl diese auch ihren Anteil hat), sondern erfolgreiches Denken. Der Verstand ist das erste Überlebenswerkzeug des Menschen. Er hat uns aus kalten Höhlen mit exorbitanter Kindersterblichkeit in die komfortable Zivilisation von heute getragen. Selbst der fleißigste Wagenradbauer kann in seinem Leben nur einige tausend Wagenräder bauen – aber die Person, die sich erstmals das Wagenrad ausgedacht hat, hat alle Wagenräder der Weltgeschichte möglich gemacht. Dieser überragende Wert der Ideen ist kein Phänomen der Vergangenheit. Er ist auch heute real – denken wir nur an die Riesenunternehmen des Silicon Valley. Auch sie basieren auf durchschlagend guten, neuen Ideen.

Behinderung des Mediensektors

Doch gute Ideen brauchen Freiheit. Sie werden produziert von radikalen, oft verspielten und oft aneckenden Freidenkern. Die sogenannte Kalifornische Ideologie, also der Geist radikaler Freiheit, Experimentierfreudigkeit und Technologieoptimismus, war einer der entscheidenden Standortfaktoren für die Geburt des modernen Internets. Sie hat eine unvergleichliche Wertschöpfung ermöglicht und gleich reihenweise Spitzenunternehmen wie Amazon, Alphabet, Apple und Meta hervorgebracht. Um Ihnen ein Gefühl zu geben: Allein hinter der neuen Apple Vision Pro stehen laut Apple-Chef Tim Cook rund 5.000 Patente. Eine schier unermessliche, kreative Denkleistung.

Doch auch wenn der Zusammenhang von Meinungsfreiheit und wirtschaftlichem Erfolg auf den ersten Blick naheliegend erscheint, ist er doch ein langfristiger Effekt, der nicht leicht zu untersuchen ist. Dies zeigen auch einige Studien zum Zusammenhang von Wirtschaftswachstum und individuellen Grundfreiheiten. So stellte das Dänische Forschungsinstitut für Menschenrechte 2017 fest, dass „die Meinungsfreiheit, die Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit sowie die politische Selbstbestimmung“ von allen betrachteten Rechten den stärksten Zusammenhang mit Wirtschaftswachstum aufweisen.

Doch nicht nur ist die Beschneidung der Meinungsfreiheit ein ideales Mittel, die kreativsten, mutigsten, neugierigsten und damit auch innovativsten Köpfe aus dem Land zu treiben (und mit ihnen all den möglichen Wohlstand, den sie produzieren), sie hat noch weitere negative Auswirkungen. So behindert staatliche Meinungskontrolle ganz direkt einen ganzen Wirtschaftszweig, den Mediensektor. Denn dieser lebt vom Meinungsaustausch und der Informationsverbreitung – ganz gleich ob als klassische Zeitung oder als soziales Medium. Immer neue Regelungswerke wie der Digital Services Act der EU stellen hier auch eine unmittelbare wirtschaftliche Gefahr dar.

Eine Überlebensfrage für unseren Wohlstand

Sie können ferner, indem sie Selbstzensur ermutigen, zu einem noch tiefer gehenden Teufelskreis führen. Denn: Freie Meinungen sind essenziell für die Verbesserung und Korrektur staatlichen Handelns. So wurde beispielsweise dieses Jahr ein Zusammenhang von Pressefreiheit und finanzieller Stabilität im Finanzsystem wissenschaftlich unterfüttert. Glaubt man der breit angelegten Untersuchung des Global Investigative Journalism Network, welche mit Daten von Freedom House arbeitet, so gibt es sogar einen deutlichen Zusammenhang von freier Presse und Bruttoinlandsprodukt. Auch hier werden die langfristigen Auswirkungen von Freiheitseinschränkungen hervorgehoben.

Dies überrascht nicht, da Staaten essenziell auf die öffentliche Kontroverse und Kontrolle angewiesen sind. Missstände zu benennen und grundsätzliche Unzufriedenheit auszudrücken, ist das Lebenselixier der Demokratie. Erst das benannte Problem kann auch behoben werden. Wie lähmend und zersetzend das Ausschalten einer öffentlichen Debatte ist, haben viele Ostdeutsche noch selbst als Bürger der DDR erlebt. Sie kennen noch, aus eigener Erfahrung, den Tod eines ganzen Staates durch staatlich verordnetes Schweigen. Dieser Tod machte auch vor der Wirtschaft nicht Halt.

Meinungsfreiheit ist daher nicht nur eine Überlebensfrage unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung, sondern auch eine Überlebensfrage für unseren Wohlstand. Sie sollte daher selbst jene interessieren, die nicht vorhaben, mit kontroverser Meinung aufzufallen. Denn ein Angriff gegen die Meinungsfreiheit von heute ist auch immer ein Angriff auf den Geldbeutel von morgen.

Dieser Text erschien zuerst in Novo.

 

Max Leonard Remke (34) ist freier Autor, klassisch liberaler YouTuber und Fellow bei Young Voices. Er ist Mitbegründer von Deutschlands größter parteiunabhängiger pro-kapitalistischen Jugendorganisation Liberty Rising und der deutschen Ayn Rand Gesellschaft.

Foto: freepik.com

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Leserpost

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Bernhard Freiling / 21.06.2025

Dem Autor kann ich nur zustimmen. Und die Kommentare rufen meine Verwunderung hervor. So, wie auch das angebliche Ergebnis einer angeblichen “Umfrage”, nur noch “40% seien der Meinung, daß... usw”. # Noch, liebe Leute, leben wir in einer Demokratie. Noch können die, die angeblich 60% die Meinungsfreiheit beschneiden, auch von diesen 60% abgewählt werden. Was geschieht? Rd. 70 oder mehr % wählen in unschöner Regelmäßigkeit immer wieder diejenigen, von denen sie sich angeblich drangsaliert fühlen. # Dieses Szenario verschlimmert sich, meiner Sicht entsprechend, wenn ich mir die Altersstruktur anschaue. Deutschland wird dominiert “von Alten”. Rd. 35 Mio. sind älter als 50, rd. 15 Mio. jünger als 18, die daher noch nicht wählen dürfen. Die politische Bildung, die Allgemeinbildung, ist m.E. umso höher, je älter der Mensch ist. Die 50- jährigen und älteren sind m.E. weniger politisch indoktriniert aufgewachsen als die jüngeren. Wie kann es sein, daß auch “die Alten”, denen ich ein relativ folgerichtiges Denken noch zutraue, nicht fast einstimmig gegen eine Politik stimmen, die nicht mehr tut, als sie Schritt für Schritt zu entrechten? Was stimmt da mit meinen Landsleuten nicht? # Es sind NICHT “die Politiker”, denen ich “die Schuld” gebe. Die tun nur all das, was die Wähler zulassen. Und all diejenigen hier, die auf “die Politiker” schimpfen, sollten mal in den Spiegel schauen und sich selbst die Frage beantworten: “und wen habe ich gewählt? Das vermeintlich ‘kleinere Übel’, oder was”? # Noch Einer hier, der ähnlich denkt? Wenn ich mit meiner Frau nur noch zanke, dann trenne ich mich. Wenn mir mein Job nicht gefällt, dann suche ich mir einen neuen. Wenn mein Auto ständig in der Werkstatt steht, dann kaufe ich ein anderes. ??? Und was tut “der Deutsche”? Er jammert über die Regierung und wählt “diese Pfeifen” doch immer wieder. Da zeigt er Beharrungsvermögen und ignoriert Alternativen. Da stellt sich mir schon die Frage, wer hier “die Pfeife” ist.

Roland Völlmer / 21.06.2025

Europa hat Jahrtausende der Meinungsunfreiheit abgeschüttelt, um jetzt wieder da zu landen. Am Ende ist die Frage, inwieweit wir uns vom Iran unterscheiden, und der auch technisch Rückschrittlich ist. Wollen wir attraktiv für andere Länder sein? Dann nur durch Freiheit und Fortschritt.

Heinrich Wägner / 21.06.2025

Wir hatten keinen Wohlstand, genau so war es und deshalb auch keine Freiheit. Aber wir hatten auch eine Mauer.  Und dann die ,die eingezogen wurden, die Mauer,den antifaschistischen Schutz Wall. Mit Verweigerung des Schießbefehl in den 60zgerna ab in den Berndshof von der Normannenstrasse . Also 40 Jahre hat es demakratisch ausgesehen , nach unser Walter.  Meine Erlebnisse sind umwerfend und irgendwie passt das .....Mein Gott, bin ich wieder da wo ich schon mal war. Ich kann mich irren oder nicht ??!!

W.Meyer / 21.06.2025

Man muss nicht immer als beschreiben, denn eigentlich ist es ziemlich einfach. Seid Menschen ohne diesen Social Media Scheiß. Ihr werdet an jeder Ecke manipuliert und ihr lasst es zu. Jeder Arsch kennt eure Bedürfnisse und will euch nur irgendeinen Scheiß zum Kauf anbieten. Man kann sagen selbst schuld und ich mache das jetzt einfach mal. Selten habe ich eine so gelangweilte, unfreie Gesellschaft erlebt. Kommunikation findet nur noch via Tasten statt, möglichst cool. Und wenn die Depression auftaucht, nützt ein Handy auch nichts mehr, Therapeut auch nicht. Detox wie es so schön heißt. Ihr seid süchtig, macht es euch klar. Aber jeder so, wie er/sie/es meint. Ihr bildet euch tausend gefühlte Geschlechter ein, in der Masse an der Uni geht ihr unter ohne zu verstehen, was da unterrichtet wird. Ein Fake Leben. Ihr habt es in der Hand es zu ändern. Ich als erwachsene Person habe nur begrenzt Mitleid mit euch, weil euch jeden Tag was Neues einfällt, um etwas nicht zu machen. Aber alle anderen anklagen, dass die Freiheit futsch ist, ist natürlich leicht.

sybille eden / 21.06.2025

Da der Charakter der Wirtschaft und des Produzierens ja grundlegend ” transformiert” werden soll, macht die Beschneidung der Meinungsfreiheit                 auch einen Sinn. Denn eine “von oben” aufgezwungene Transformation darf natürlich keiner Kritik ausgesetzt werden.

Lutz Herrmann / 21.06.2025

Hauptsächlich verfrühstückt gerade der Staat unseren Wohlstand. Die Beschneidung der Meinungsfreiheit ist eine geradezu zwingende Folgeerscheinung davon, damit der Bürger sich nicht darüber echauffieren und dagegen organisieren kann. Kennt man noch aus der DDR einspunktnull.

Karl-Heinz Böhnke / 21.06.2025

Meinungsfreiheit ist ein Teil der Freiheit. Seit dem Mauerfall, mindestens jedoch seit Merkels Kanzlerschaft wurde sie immer schneller weggenommen. Für Sozialisten ist Freiheit der Anderen, besonders der zu Beherrschenden, unerträglich, weshalb sie lieber eine unbeschränkte Macht in eigener Bescheidenheit als ein endliches Regieren in Wohlstand für alle anstreben.

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