Henryk M. Broder / 05.12.2017 / 10:46 / Foto: Bildarchiv Pieterman / 12 / Seite ausdrucken

Wenn es Nacht wird in Berlin

Der Betroffene war zwischen 18 Uhr und 18:30 Uhr in der U8 von der Hermannstraße kommend Richtung Alexanderplatz unterwegs. Er trug eine Kippa und war somit als Jude erkennbar. Als eine Gruppe von sieben Männern am Hermannplatz in die Bahn zustiegen und den Mann sahen, fragten sie ihn, ob er jüdisch sei. Der Mann reagierte auf die Frage nicht. Daraufhin begann die Gruppe, ihn als „Drecksjuden“ und „Yahudi“ zu beschimpfen sowie sexistisch zu beleidigen. Die jungen Männer riefen zudem „Free Palestine“.

Die Mitfahrenden in dem gefüllten Zug kamen dem Mann nicht zur Hilfe. Um auf sich aufmerksam zu machen, stand er auf, entfernte sich von der Gruppe und betätigte den Nothalteknopf. Nachdem der Zug zum Stehen gekommen war, kam der Zugführer zu dem Betroffenen und fragte, was los sei. Der Mann schilderte den Vorfall. Daraufhin entgegnete der Zugführer, er könne in diesem Falle nichts machen, der Mann solle die Polizei rufen und fuhr die U-Bahn weiter.

Auch andere Fahrgäste hatten sich zuvor eingeschaltet und den Betroffenen aufgefordert, den Zugführer weiterfahren zu lassen. Am nächsten Bahnhof stiegen die sieben Männer aus dem U-Bahn-Zug aus. Sie schlugen jedoch noch von außen an das Fenster, hinter dem der Betroffene saß. Eine nun eingestiegene Frau fragte den Betroffenen, ob es ihm gut gehe, und bot sich als Zeugin für die Polizei an. Sie war die erste, die sich mit dem Betroffenen solidarisch zeigte. Die ganze Meldung

Foto: Bildarchiv Pieterman

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gottfried meier / 05.12.2017

Was soll man dazu sagen? Vielleicht mal nachlesen, was die Frau Göhring-Eckart über unsere neuen Gäste alles von sich gegeben hat.

C. J. Schwede / 05.12.2017

Habe den Artikel gelesen und was bleibt sind Wut & Scham. Wobei die Wut derzeit dominiert.

Axel R Göhring / 05.12.2017

Man weiß nicht, ob der Mann mit der Kippa mutig oder wahnsinnig war. Er kann von Glück sagen, daß die sieben ihn nicht plattgemacht haben. Wer waren denn die anderen Fahrgäste? Feiglinge - oder deutlich wahrscheinlicher - Glaubensgeschwister der sieben?

Christian Holle / 05.12.2017

Als regelmäßiger Nutzer des berliner ÖPNV weiß ich, dass ähnliche Vorfälle - auch mit vielerlei anderen Hintergründen als Antisemitismus - jeden Tag passieren. Nur wird eher niemand einschreiten, solange es bei rein verbaler Gewalt bleibt (unabhängig wem gegenüber), da sowieso keine offizielle Instanz einschreiten will und wird und man ggf. alleine gegen 7 Menschen mit vermutlich muslimischem Hintergrund stünde. Der U Bahnhof Herrmannstraße ist noch dazu mitten in Neukölln, in einer Gegend in der man sich garantiert nicht mit einer großen Gruppe arabischer Männern anlegen will und sollte, was die Sache für die Umstehenden vermutlich noch einmal schwieriger machte (da wollten garantiert Menschen helfen, sie werden sich nur nicht getraut haben). Und vielleicht hätten sie es auch getan, wäre “echte” Gewalt eingesetzt worden, wobei ich die Chance dass einer Person mit Kippa geholfen würde fast noch höher einschätzte, als z.B. Obdachlosen, die von Neonazis verprügelt würden. Ich glaube eher, dass es sich bei dem Geschilderten um Symptome eines viel tiefergreifenden Problems handelt, bei dem Antisemitismus nur einen Teilaspekt darstellt.

Bernd Ding / 05.12.2017

Man weiß nicht, was man sagen soll. Es ist einfach widerlich. Das Verhalten der Jugendlichen. Schlimmer noch das der Anwesenden Leute. Keinen Mut und keine Courage. Wenn alle Anwesenden zusammen gestanden hätten, wäre nichtmal Mut notwendig gewesen. Man hätte die Jugendlichen leicht in die Schranken weisen können und der Polizei übergeben können. Gott segne unsere jüdischen Freunde. Amen!

Christa Stengel / 05.12.2017

Es fehlt nicht viel, dass ein Jude in Berlin Leibwaechter braeuchte.

Marcel Seiler / 05.12.2017

Ja, so ist das in Deutschland. Wir haben eben unglaublich viel “aus der Geschichte” gelernt. Im Moment scheint es, dass wir die Angst des Untertanen zusammen mit einer latenten Judenfeindlichkeit gelernt haben. Haben wir uns deshalb von den Alliierten befreien lassen?

Karl Eduard / 05.12.2017

Werter Herr Broder, warum sollen zivilcouragierte Deutsche denen zu Hilfe kommen, deren Erzfeinde die Bundeskanzlerin so großzügig in Massen eingeladen hat? Der gemeine Deutsche hat in solch einer Auseinandersetzung keine Karten mehr. Nicht einmal schlechte. Er hat nur die Aussicht, getötet oder verstümmelt zu werden und dann posthum ein Kreuz zu bekommen. Wenn ihn die Presse nicht als Anstifter der “Schlägerei” hinstellt. Selbst wenn es jetzt kein Kipaträger gewesen wäre, sondern nur ein gemeiner Deutscher, was die Aufregung erheblich gemindert hätte, muß sich jeder Mitreisende hüten einzugreifen, weil in diesem Staat inzwischen der Täter zum Opfer gemacht wird. Die Staatsanwälte klagen nicht an, die Richter richten nicht nach dem Geist des Gesetzes und die Kommunal- und Landespolitiker sorgen dafür, daß die Justiz ihre Aufgaben nicht erfüllt. Außer gegen Falschparker, GEZ-Verweigerer oder Steuersünder. Nun ist es wegen der deutschen Vergangenheit,  und so,  natürlich um so furchtbarer, daß Menschen zusehen können, wie ein Jude drangsaliert wird und am nächsten Tage gehen sie Stolpersteine putzen. Völlig reinen Gewissens. Oder auf eine Anti-AfD-Demo, weil der Schoß noch fruchtbar ist, aus dem das kroch. Frau Bundeskanzlerin hat in einer humanitären Geste Millionen Menschen eingeladen, die die Juden als ihre Todfeinde betrachten. Wenn diese dann den in Deutschland lebenden Juden Leides antun, ja, damit hätte die Bundeskanzlerin doch nicht rechnen können. Aber nun sind sie einmal da. Nicht? Und ihre Familien kommen nach. Wegen der Humanität. Als könnte man nicht auch in Syrien Familien zusammenführen. Oder in Afghanistan. Sondern immer nur in Deutschland. Das ist Multikulti. Das bereichert uns. Und wir freuen uns, wenn wir Menschen geschenkt bekommen. Die sind mehr wert als Gold. Deshalb sollten wir solch kulturellen Mißverständnissen nicht unnötig Gewicht beimessern. Mit freundlichen Grüßen

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