Juden, die in Israel nicht leben, haben kein moralisches Recht, Israelis als Antizionisten zu beschimpfen.
Broder kann sich doch noch auf sein Polnischsein zurückziehen ... ach nee ... die Polen haben auch schon seit geraumer Zeit keinen Krieg mehr führen müssen ... oder zählen die Niederschlagung des Ungarnaufstandes 1956 und das Kriegsrecht 1980 mit? Aber da war er ja auch nicht beteiligt .... bitter ...
Noch dem Ex- und Urkanzler aller Deutschen, Helmut Schmidt, habe die NZZ als verlässlichere Informationsquelle zu internationalen Angelegenheiten gedient als so manches tendenziöse Gestümper, womit ihn die Geheimdienstadlaten täglich bewerfen wollten. Kann man mal sehen, wie weit es mit dem Goldenen Blatt der Konservativen gekommen ist. Ach, je, und Sie machen das jetzt auch noch publik! Ob das Interview dilettantisch ist, kann ich nicht beurteilen, dazu bin ich zuwenig Journalist. Ob es geschmacklos ist, ist wahrscheinlich Geschmacksache. Und an Profit orientierte Presseblätter schreiben nach Zeitgeschmack. So ist das zuweilen leider. Es soll schon Wahrheiten gegeben haben, die hatten so einen üblen Geschmack, dass es einem für eine ganze Weile den Appetit verschlagen hat. Nur weil’s geschmacklos ist, muss es nicht unwahr oder einer Diskussion unwert sein. Shlomo Sand ist Historiker und bringt seine Recherche-Arbeit damit auf den Punkt, dass der heutige Staat Israel mehr ein Kunstprodukt der Nachkriegsgeopolitik der Mächtigen und der üblichen Verdächtigen ist als die längst überfällige Wiedererstehung eines gottgewollten Reiches der ausgehenden Antike. Auch wird es nicht bevölkert von lauter Nach-Hause-Gekommen, die endlich zwei Jahrtausende der Vertreibung und Ausgrenzung hinter sich bringen wollten. Aber ist das schlimm? Tut das der Daseinsberechtigung des Staates Abbruch, so dass man als Bürger von dort nicht sich unter Waffen stellen lassen und mit Gewalt ebenso gewaltsame Angriffe von außen abwehren können sollte? Nein! Der Verweis auf die im Holocaust erlittenen Peinigungen und die weitreichende Vernichtung hat geopolitisch dem Entstehen dieses Staates wahrscheinlich starken Vorschub geleistet. Zu sagen, der Staat sei ein Kunstprodukt, ist meilenweit weg von der Behauptung, der Vertreibungs- und Ausrottungsfeldzug gegen alles Jüdische habe nie stattgefunden. Herr Broder kann Herrn Sand kritisieren, genauso wie Herr Sand Herrn Broder kritisieren kann. Free Speech! Meinten Sie das? Wahrscheinlich nicht ganz. Irgendwie betrachten wir nämlich Kritik immer wieder mit der Erwartung, dass sich der Kritisierte etwas von ihr annimmt, im Bestfall sogar sein Verhalten oder seine Ansichten im Sinne der Kritik zurechtrückt. Das werden weder Herr Sand noch Herr Broder tun, solange es sich “nur” um die Kritik aus Herrn Broders oder eben Herrn Sands Warte handelt. Dass Herr Sand dazu für einen Augenblick den Hauptmann von Köpenick mimt (“Se hamm ja nich mal jedient!”), wäre nicht nötig gewesen, und ist albern. Letztlich läuft es doch einfach darauf hinaus: Herr Broder nennt - durchaus schlüssig - jeden, der Israel delegitimiert, einen Antisemiten. Herr Sand scheint zu sagen: Was interessieren mich Leute, die sich mit Legitimität aufhalten? Existenz ist das Zentrale und muss das real Machbare bleiben. Wenn einer kommt, und sie physisch anficht, bekommt er, was er verdient: eine auf den Deckel. Gemeinsam und gleichberechtigt Steuern und Sozialbeiträge zahlen, Parlamente wählen, eine für alle geltende Rechtsordnung etablieren und respektieren, an der Bildung teilhaben, Wehrdienst leisten, Infrastruktur für alle aufbauen, mit den Preisen an den Zapfsäulen, in den Supermärkten und auf dem Wohnungs- und Arbeitsmarkt und dem Markt für Rohstoffe, Produktiosnmittel und Land leben, einander in der Vielfalt respektieren; das ist Nation. Das muss reichen. Ob dazu ein Gott und eine Bestimmung gebraucht werden?
Aber Sand treibt es noch bunter. “Henryk M. Broder ist weder Israeli, noch hat er für Israel gekämpft und sein Leben riskiert wie ich als junger Soldat.” Ist jemand etwa nur Israeli, wenn er für das Land kämpft und sein Leben riskiert? ———————————————————————- Da hat aber jemand Problem mit dem Leseverständnis. Oder interpretieren sie Schlams Aussage absichtlich falsch? Der zitierte Satz impliziert in keiner Weise, dass nur Menschen die den Militärdienst geleistet haben, Isrealis sind.
Ich verstehe das Problem nicht. Sands Broder-Bemerkung passt zu seiner These. Er wäre vermutlich auch für einen Militärdienst aller Israelis, wenn man ihn danach fragen würde. Sahms Idee, dass jeder Mensch eine Identität hat, ist idiotisch. Sahms Idee, dass jeder Mensch eine Identität hat, die mit seiner Abstammung zusammenhängt, ist psychotisch.
Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.