Sehr geehrter Herr Cueni, Herz und om und so, das ist ja putzig. Die beste Religion ist immer noch die mit dem besten Wort.
Durchschnittlich 5000 € pro Mißbrauchsopfer sind aber angesichts des Reichtums der katholischen Kirche schon eine ziemlich schäbige Summe, vor allem, wenn man so hört, was Kirchenvertreter ansonsten für Bedürftige einfordern, wenn es der Staat bezahlt.
Es sind die Guten, die die Last der Verfehlenden zu tragen haben. Enttäuschung von der Kirche, von ihren manchmal sehr (un)menschlichen Mitarbeitern hat nie mein Urvertrauen in Gott beeinträchtigt. Und es gibt sie doch, die Priester, die die Botschaft in die Seele pflanzen, die die Kraft der Tradition weitergeben, die nicht versuchen Zukunft zu gestalten und dann auf irrem Ritt die Menschen mitnehmen wollen.
Immerhin, wir lernen daraus, dass auch ein Atheist in der Lage ist, in einem aufrichtigen Bischof einen guten Menschen zu erkennen. Aber das “gute Herz” als Religionsersatz, sorry – das ist auf dem Niveau eines Holzbrettchens mit aufgebranntem Sinnspruch. Bevor Sie den Glauben an einen Gott – bzw. bei Ihnen sind es gleich mehrere, warum auch immer – als “abergläubisch” brandmarken, lesen Sie doch einfach mal bei ehrlichen Wissenschaftlern nach, wie stark die Hinweise “in der Natur” auf einen Schöpfer sind. John Lennox, Stephen C Meyer, Michael Behe, Eric Hedin … man muss nur neugierig sein und gedankenoffen.
Auch wenn der Mensch zu Rationalität fähig ist, der bei weitem überwiegende Teil seines Tun und Handelns speist sich aus Fühlen und Dafürhalten. Diese emotionale Seite des Menschen wird geprägt durch Kultur, solange eine solche sich aufrechterhalten werden kann. Man darf sich also fragen, für genau welche Kultur die heutigen prägenden Eliten stehen. Sicher ist, die durch das Christentum bestimmte Kultur bestand aus mehr als den sexuellen Vergehen oder sonstiger Verfehlungen einiger ihrer Priester. Pseudo-Rationalität, egal ob sie als Sozialismus, oder sich anders bezeichnende Rationalität daherkommt kann aus den oben genannten Gründen nicht die Rolle der Kultur übernehmen. Wer sich umschauen kann, findet die Belege.
Lieber Herr Cueni, danke für den sehr differenzierten Beitrag. Meine Erfahrungen mit der Institution Religionen und deren Institutionen war zum Glück nie so hautnah negativ. Eine kleine Geschichte dazu: Meine Frau Mutter, nicht gläubig aber traditionell, hatte vom Pfarrer die Rolle zugedacht bekommen, für seine wöchentliche Gesprächsrunde regelhaft einen selbstgebackenen Kuchen abzuliefern, wobei seine Wünsche in Zeiten der absoluten Lebensmittelrationierung, nicht von Bescheidenheit geprägt waren. Der Frust meiner Mutter stieg beinahe wöchentlich, da er a) nie “Lebensmittelmarken” beisteuerte, b) sie zu den Verköstigungen nie eingeladen war und c) das Wort “danke” nicht zu seinem bevorzugten Vokabular gehörte. Nach mehreren Jahren aufgestauten Ärgers, mußte sie ihn um eine kleine amtliche Dienstleistung bitten, die er ihr verweigerte. Ich sehe noch heute ihren hochroten Kopf, als sie ihn mit überschlagender Stimme anschrie: “Ach so, aber meinen Kuchen fressen sie jede Woche.” Ich gebe zu, die harsche Wortwahl lässt - nach heutigen Kriterien - zu wünschen übrig. Allerdings hat sie ihm nie wieder einen Kuchen gebacken. Später hatte ich als knochenharter Atheist mehrmals Gelegenheit auch beeindruckende Männer des Glaubens (bewußt maskulin) kennenzulernen. Es gibt eben, wie überall “solche und solche”.
Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.