Danke, lieber Herr Wegner, dass Sie mal Ordnung bringen ins Nachdenken über das Stichwort “Vorurteil”. Ich hatte vor kurzem Gelegenheit, einer Berufsschulstunde beizuwohnen, wo als Nebenfach auch Politische Bildung im Lehrplan steht. Dort hatte ich eben den Eindruck, dass “Vorurteil” nicht definiert wurde als noch nicht nachgeprüfte Annahme, sondern dass verschiedene Aussagen (z.B. “Zigeuner klauen”, “Muslims sind Terroristen”) von vornherein als “falsch” definiert werden - es wird sich immer jemand als ein Beispiel finden lassen, auf den das nicht zutrifft - und zack: Vorurteil… siehste, du böser Menschenfeind! Dass es aber eine relevante Zahl bestätigende Beispiele gibt, wobei aus Vorurteilen nachweislich URTEILE werden - dies soll als Denkmöglichkeit offenbar ausgeschlossen werden. Dabei ist doch auch die Wahrscheinlichkeitsrechnung seriöse Mathematik. Sie kann zwar keine konkreten einzelnen Fälle voraussagen, aber sehr wohl die statistische Häufigkeit! Danke, dass wir die Achse als ein Medium haben, wo man immer mal wieder sein Denken erholen und schärfen kann, und merken, dass man noch nicht irre ist…
Vorurteile erlauben mir zunächst, mich zu schützen, und zwar vor “zuviel” (ein Maß, das ausschließlich im Individuum begründet ist) Lebenswirklichkeit. Das Motto dabei wäre: “... gemach, gemach…”. Ich bekomme, oder gebe mir selbst, die Zeit, die mir erlaubt, mich zu sortieren (Hab-acht-Modus). Insofern sehe ich in einer solchen Strategie durchaus eine nicht zu vernachlässigende gesundheitserhaltende/-fördernde Nebenwirkung. [Diese Sichtweise ist selbstredend nur ein Teilaspekt eines ansonsten bombastischen Begriffs - und dazu noch äußerst subjektiv gefärbt.]
Was ich immer schon merkwürdig fand ist, dass man hier immer so tut, als wenn die Angst vor dem Fremden unbegründet sei und den Leuten einredet, dass sie sich dann in Wirklichkeit nur von Vorurteilen und Ressentiments leiten lassen würden. Wenn ich an so medial bekannt gewordene Fälle von jungen Mädchen und jungen Frauen denke, die sich mit jungen männlichen Flüchtlingen eingelassen haben und dann von denen vergewaltigt wurden oder sogar getötet worden sind, wünschte ich mir im Nachhinein, die Mädchen und jungen Frauen hätten da lieber Angst vor dem Fremden gehabt bzw. wären da vorsichtiger gewesen.
“Es geht nicht darum, die Haltungsbürger zu überzeugen – nicht mehr, nicht einfach. Heute müssen wir zuerst sicherstellen, am Irrsinn nicht selbst irre zu werden.” Das ist eine Erkenntnis, zu der ich schon vor vielen Jahren gekommen bin. Gänzlich ohne Betrachtung vom Filosovieh!
Vorurteile der anderen sind immer nur solange Vorurteile, bis sie sich bestätigt haben. Um das zu verhindern, verdreht man die unbestechlichen Fakten und moduliert die Wahrheit. Vor allem aber geht es darum, dass das eigene, nun Lügen gestrafte Urteil nicht richtigerweise als eigentliches Vorurteil entlarvt wird.
Ein Vorurteil ist ein Ersturteil. Das mag VOReilig sein oder sich im Nachhinein bestätigen, nur ohne geht es nicht. Tiere z.B. können sich kein vorurteilsfreies Leben erlauben, denn der vorurteilsfrei begrüßte Löwe erlaubt kein Nachurteil. Im Verdauungstrakt der übergroßen Miezekatze kann man nicht mehr darüber sinnieren ob es eine kluge Idee war vorurteilsfrei durch die Savanne zu stolpern. Wenn sogenannte “Gute” das Vorurteil also wirklich vermeiden wollten würden sie an einer Front kämpfen, die nie zu halten ist. Darum geht es denen aber nicht, denn sie selbst haben ja genauso Vorurteile, gegen Weiße, gegen Männer, die Industrie, Geld etc.. Was sie wirklich wollen ist demnach nicht der Niedergang des Vorurteils sondern dessen Beherrschung zum eigenen Nutzen.
Viele unserer Mitmenschen befinden sich ideologisch in einem Zustand, in dem sich auch die Drogenabhängigen in den chinesischen Opiumhöhlen befanden. Sie geben sich den süßen Träumen der Droge hin und glauben sogar, in dieser fiktionierten “Realität” zu leben. Solchen Menschen kann man mit einem freundlichen Schau doch hin keinen Realitätssinn beibringen. Das wussten Herrscher totalitärer Systeme schon immer und steckten solche Leute in Umerziehungslager oder ließen sie töten. Nicht, dass ich solches billige, es soll hier nur als Beleg genannt werden. Was Vorurteile angeht, so basieren diese ja immer auf einem initialen Vorfall, der das Vorurteil erst möglich macht. Niemand hat spontan die Eingebung, plötzlich etwas oder jemanden nicht mehr zu mögen. Der menschliche Geist braucht immer einen Grund für alles. Also sind Vorurteile im Moment ihrer Entstehung eigentlich Einzelfallurteile, die dann unzulässig verallgemeinert werden. Soweit, so schlecht, da sollte man vorsichtig sein. Nur weil ein Rothaariger dich mal verhauen hat, sind nicht alle Rothaarigen darauf aus. Aber wann wird ein Vorurteil zu einem begründeten Urteil? Dann, wenn jedesmal, wenn du einem Rothaarigen begegnest, dir die Jacke voll gehauen wird. Dann ist die Regung, um Rothaarige einen großen Bogen zu machen, eben kein Vorurteil mehr, sondern begründetes Urteil. Meine Vorsicht ist meine Waffe, mein Vorurteil mein Schild!
Ad 1. Wer einen Apfel für einen Schraubenschlüssel hält, soll damit einfach mal einen Ikeaschrank aufbauen. Spätestens wenn ihn nach der Frustrationsphase der Hunger überkommt ,wird er merken, daß er seinen Schraubenschlüssel auch noch essen kann! Ad2. Ein Vorurteil ist ist nicht per se falsch. Umgangssprachlich mag es oft in der Bedeutung der zu früh, deshalb falschen Bewertung, eingesetzt werden, andererseits bestätigt sich auch oft der erste Eindruck, also das Vorurteil. Ad3. Es werden von Machtinhabern, so auch von unserer Regierung, Millionen für Framing investiert, um bestimmte Meinungen, die sie in ihren Vorhaben unterstützen, durch gezieltes Weglassen und bewußtes Lügen in der Gesellschaft zu etablieren. Diese Lügen dienen natürlich der guten Sache, zum Schutz des Volkes, aber jeder Lügner lügt im Grunde für die gute Sache, nämlich die eigene, und das ist Ad 4. wirklich nichts Neues auf dieser Welt. Es gilt der so einfache wie beschämend banale Satz:“Wissen ist Macht”. Der Mensch sucht nach einem Gerüst, die Welt in seinem Gehirn zu ordnen und zu strukturieren. Urteile, Vorurteile und Schubladen helfen uns die Übersicht zu wahren. Kennen wir bei einem möglichen Erkenntnisgewinn nicht alle Informationen oder falsche, kann auch das Resultat der Erkenntnis nur falsch, unvollkommenen, tendenziös usw. sein. Selbstdenken, aber auch selbst viele verschiedenen Informationsquellen zu erschließen, ist die Lösung, s e l b s t, ist das Zauberwort. Das Leben bedeutet immer auch kämpfen, gegen Gruppenzwang, gegen die eigene Bequemlichkeit, wer das vergißt, verkommt zum bloßen Mitläufer. Wird vom Subjekt zum Objekt.
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