Erstaunlich ist vor allem, daß Herr Lammert mit seiner Feststellung zur Lebensferne der Politik richtig liegt, er keinen Hinweis dazu gibt, daß “etablierte”, selbst verliebte Politik daran denkt, diesen Zustand zu ändern, er ihn im Ergebnis also offenbar für richtig befindet. Wenn das nicht noch mehr mögliche Wähler als bisher je nach Wahl ca. 25 - 50 % Verweigerer entweder vom Urnengang abhält oder die wählt, die sich als wirkende Alternative noch außerhalb der Einheitsmischpoke anbieten, dann ist dem Souverän nicht mehr zu helfen. Wie sagten Merkels CDU-Granden nach den letzten Landtagswahlen in etwa? Wenn insgesamt ca. 80 % der Bürger nicht AfD wählen, daß ist das offenbar ein Beleg für die Richtigkeit “unserer” Politik. Damit ist -vielleicht ungewollt, aber für jeden Wollenden ausdrücklich verständlich erklärt- die etablierte Deutsche Einheitspartei öffentlich bestätigt und niemand von der Mainstreampresse hat aufgebrüllt, bestätigt damit auch wohlwollend diesen Zustand. Gleiches gilt für die Vertreter der neben GroKo angeblichen parlamentarischen Opposition.
Und da war ja auch noch die Diskussion, ob man nicht die Amtszeit des Bundeskanzlers auf zwei Legislaturperioden begrenzen sollte. Das alles kann das strukturelle Problem der multiplen Sklerose unseres politischen Systems leider nicht beseitigen. Wir haben es in Deutschland mit einem überbürokratisierten, föderalen System zu tun. Wahl- und damit Karrierechancen für Abgeordnete (und parteiaffine Bürokraten) werden vom Zweitstimmensystem bestimmt. Über die Landeslisten sichern sich die Kandidaten bei Bundes- und Landtagswahlen ab, denn die Entscheidungen über die Erststimmen sind ihnen einfach zu riskant. Kandidaten in unsicheren Wahlkreisen kandidieren also auf den Landeslisten und verschwinden von diesen Listen, wenn sie direkt durchgekommen sind. Dann gibt es noch Überhang- und Ausgleichsmandate. Daraus resultieren ganz bestimmte Karrieremuster und besonders gute Chancen für Duckmäuser, Kungler und Hinterzimmerstrategen. Darum werden die entscheidenden politischen Debatten in die Koalitionsausschüsse und von dort in die Fraktionen verlagert und im Plenum gilt Fraktionsdisziplin. In diesem unüberschaubaren Entscheidungsdschungel kann nur die Bürokratie gewinnen, die wiederum von Parteigängern (der amerikanische Ökonom Gordon Tullock bezeichnet sie als >partisans<) dominiert wird. Die ersatzlose Abschaffung der Zweitstimmen würde skleroselösend wirken.
Diesem Beitrag kann ich nur zustimmen, da ich als ziemlich gesetzestreuer Bürger nicht nur über die Realitätsferne unserer politischen Klasse entsetzt bin, sondern auch darüber, dass diese es selbst nicht genau nimmt mit der Einhaltung unserer Gesetze, was letzten Endes auch damit zu tun hat, dass Verwaltung und Justiz nicht richtig funktionieren und die Medien ihre Aufgaben (und ihre Beschränkungen) in der Demokratie partout nicht begreifen wollen. Anstatt sich auf das zu besinnen, was richtig, gesetzeskonform und notwendig ist, wird ersucht, die reine Protestpartei AfD zu stigmatisieren und treibt dieser damit sogar Wähler zu, die zuvor den Wahlurnen fernblieben. Tatsache ist, -und davor drückt man sich selbst hier auf der Achse-, dass vieles in unserem Land ausgerechnet da faul ist, wo es schon immer faul war: Im gesamten öffentlichen Bereich!
Danke für die wieder einmal scharfsinnige Analyse, die auch schon einmal den Blick auf 2017 wagt. Die Wahl in Österrich mit dem nur knapp siegreichen Herrn van der Wuff dürfte ein Menetekel gewesen sein: Das bürgerferne Establishment kann inzwischen nur noch unter Aufbietung allergrößter Druckmittel die Zügel in der Hand behalten. (Hier wird der Autor Parallelen zur ostdeutschen Geschichte erkennen!) Die Machteliten und die ihnen verbleibenden Wähler wollen nicht erkennen, dass ihre Wagenburgmentalität keine sach- und zukunftsorientierte Lösungsstrategie darstellt, sondern ein Teil des Problems ist. Je mehr sie sich gegen die abgewanderten Wähler abschotten, desto mehr Wähler werden ebenfalls abwandern. Warum es in Deutschland bislang nur 15%, in Österreich jedoch bereits 35-49% sind, verstehe ich allerdings auch nicht, zumal es die Wagenburg-Parteien in ihrer für sie selbst gefährlichen Selbsttäuschung tatsächlich noch eine Weile stützt und gleichzeitig zur Radikalisierung auf allen Seiten führt. Hätte die AfD bei der BTW schon 2013 15% geholt, sähe die Lage heute vermutlich etwas besser aus. Inzwischen genügt eine starke AfD-Opposition schon nicht mehr, jetzt muss “auf Sieg gespielt” werden, wie man im Sport so schön sagt.
Wenn man den Begriff “plebs” als Einheit betrachtet muss ich die Annahme bestätigen. Leider ja…“plebs” ist, war und bleibt auch langfristig zu manipulativ, reaktionär und begrenzt, um vorteilhafte Reformen bzw. Umwälzungen im Land der Dichter und Denker zu initiieren. Die Betonung liegt auf “vorteilhaft”.
Wo ist das Problem? Herr Lammert hat Recht, ein großer Teil des Volkes fühlt sich von seinen Repräsentanten nicht mehr repräsentiert. “Nicht mehr”, das ist der entscheidende Satzteil. Deshalb werden die Repräsentanten auch nur auf Zeit gewähkt, wenn sie das Volk nicht mehr repräsentieren, dann können sie bei der nächsten Wahl ausgetauscht werden. Das geschieht doch gerade in vielen Wahlen. Das dies den bisherigen Repräsentanten als ein Fehler erscheint ist klar, aber auch unerheblich.
Ihre Schlußfolgerung der ganz großen Koalition ist gar nicht so abwegig. Hinzu kommt noch eine Verlängerung der Legislatur auf fünf oder mehr Jahre. Die ungelösten Probleme: Staatsverschuldung, Euro-Krise, Einwanderungs-Krise usw. bleiben oder verschärfen sich, und alle Bundestagsparteien unterstützen die “alternativlosen” Handlungen der Regierung. Ärgerlich ist auch der Versuch, die Probleme als “komplex” , und damit für das gemeine Volk als nicht versteh- und lösbar zu benennen. Dabei ist schon die Analyse der Probleme bei den Bundestagsparteien und der Bundesregierung falsch und führt deswegen zu falschem, nicht “alternativlosem” Handeln. Da das gemeine Volk immer besser gebildet ist, gibt es dort auch mehr richtige Analysen und Lösungsansätze als in der Wagenburg der Etablierten und ihren Lautsprechern. Dies wird mittelfristig die politische Landschaft umpflügen, aber die nächste Legislatur wird bitter.
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