Wolfgang Meins / 25.01.2020 / 06:00 / Foto: Jordi Cuber / 69 / Seite ausdrucken

Wenn die Presse die Pressefreiheit stört

Im Spiegel und vor allem in dessen Online-Ableger hat sich seit geraumer Zeit eine ja doch etwas schräge Schar von Kolumnisten etabliert. Einer davon ist Christian Stöcker, der sich als „Kognitionspsychologe“ bezeichnet. Klingt ja auch besser als bloß Diplom-Psychologe, obwohl das die korrekte Bezeichnung wäre. Außerdem ist er seit gut drei Jahren Professor an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg, der früheren Fachhochschule. Dort „verantwortet“ er den Studiengang Digitale Kommunikation – der, na klar, auf „Qualitätsjournalismus“ zielt. 

Zuletzt verantwortete der Professor für Qualitätsjournalismus die Kolumne „Klimamanipulation der Medien – Der gefährlichste Mann der Welt“. Was mit Klimamanipulation gemeint ist, lässt sich allenfalls erahnen, aber immerhin ist der gefährlichste Mann mal nicht Trump, sondern Murdoch, der bekannte Medien-Mogul. Besser hätte allerdings die Überschrift gepasst: Uneingeschränkte Pressefreiheit in Zeiten der Klimakatastrophe noch vertretbar?

Jedenfalls zieht sich durch die Kolumne der Subtext, dass man spätestens seit den Bränden in Australien den Skeptikern des menschengemachten Klimawandels keine mediale Bühne mehr bieten dürfe. Schon gar nicht, wenn sich die entsprechenden Medien auch noch in der Hand eines international vernetzen Oberschurken befinden. Zur Einstimmung bringt Stöcker gleich eine wilde Verschwörungstheorie. Gemeinhin wird diese Neigung ja nur Angehörigen des rechten Randes unterstellt, aber vielleicht ist das bloß ein Vorurteil. 

So suggeriert der Kolumnist eine nicht näher beschriebene Konspiration von zunächst zwei hochkarätigen Bösewichten: Putin und Murdoch. Der Beweis: ein Foto, auf dem mehrere Herren bei einem halboffiziellen Anlass zu sehen sind, darunter eben auch die beiden. Aber die Beweisführung geht noch weiter: Putin und Murdoch sei gemeinsam, dass sie „Gesetze, Regeln, Normen, oder einfach Anstand und Höflichkeit“ verletzten. Das Problem Putin soll hier nicht weiter vertieft werden. Aber wie verhält es sich mit Murdoch? Folgt man dem entsprechenden Link, finden sich jedoch keinerlei Belege für diese doch teils massiven Anschuldigungen. 

Laptops gegen Sprengstoffgürtel getauscht?

Ebenfalls nur heiße Luft enthält der Beleg-Link für die steile These, dass Putin und die News-Corp.-Medien – also der Murdoch-Konzern – in Großbritannien „gemeinsam auf den Brexit hin“ gearbeitet hätten. Dann, um den eingefleischten Spiegel-Leser endgültig zu empören, wird der Kreis der Verschwörer erweitert: um Trump und die ebenfalls zu den News-Corp.-Medien gehörenden Fox News„Trumps Wahrheitsministerium“.

Das lassen wir jetzt einfach mal unkommentiert, um uns dem Hauptthema zu nähern: „Auf beiden Seiten des Pazifiks arbeiten seine (Murdochs) Sender aktiv daran, jede ernst zu nehmende Klimapolitik im Keim zu ersticken.“ Der Beleg? Ein kurzer Absatz eines Meinungsartikels über ein schon länger zurückliegendes klimapolitisches Vorhaben der damaligen australischen Labor-Regierung, gefunden in einem kleinen australischen Blog. So weit, so schlecht. Aber was soll hier mit „aktiv“ suggeriert werden? 

Dass die australischen News-Corp.-Journalisten ihre Laptops gegen Sprengstoffgürtel getauscht haben, um das Energieministerium in die Luft zu sprengen? Die Journalisten haben damals schlicht nur ihren Job gemacht – und sich dabei in der Tat kritisch mit der Umwelt- und Energiepolitik der damaligen Labor-Regierung auseinandergesetzt. „Aktiv“ ist hier bloß eine zudem etwas schief geratene Chiffre für falsch, unangemessen oder nicht korrekt. Oder handelt es sich, wenn der Spiegel den grünen Habeck hochjazzt, um passiven Journalismus?

Aber die Anklageschrift ist noch nicht zu Ende: Nicht nur, dass die News-corp.-Medien „seit Jahrzehnten zu den hartnäckigsten Vertretern der Strategie (!), Zweifel am Klimawandel (zu) säen“ gehören, vielmehr würden sie diese Strategie sogar angesichts der Buschbrände in Australien ungerührt fortsetzen. Unglaublich! Nicht einmal die Züchtigung der australischen Klimawandel-Skeptiker durch den zornigen Klimagott vermochte Murdoch und seine Journalistenknechte zur Vernunft oder zumindest doch zum Schweigen zu bringen. 

Wenn sich Qualitätsjournalismus mit Klein-Fritzchen trifft

Auch das Outing einer Schwiegertochter Murdochs als Klima-Alarmistin habe daran nichts geändert. Spätestens jetzt scheint mir doch der Zeitpunkt gekommen, dem ja noch relativ jungen und auch deshalb nur begrenzt lebenserfahrenen Kollegen Stöcker mit einem Rat zur Seite zu stehen: Als sehr erfolgreicher und noch im Vollbesitz der geistigen Kräfte befindlicher alter weißer Mann ist man nur selten gut beraten, in grundlegenden Fragen auf eine Schwiegertochter zu hören. 

Zu klären bleibt natürlich noch das Motiv. Oder, wie Stöcker es formuliert: Warum ist für Murdoch und seine Medien „die menschengemachte Klimakrise immer noch eine Glaubensfrage?“ Viel Mühe mit der Antwort hat sich der Kolumnist nicht gemacht. Eigentlich gar keine. Denn kann es wirklich überzeugen, dass ansonsten für Murdoch „ein Hindernis auf dem Weg zu noch mehr Macht und noch mehr Geld“ stünde. Wäre es in der heutigen Zeit nicht vielmehr genau umgekehrt? Aber solche Antworten kommen dabei heraus, wenn sich Qualitätsjournalismus mit Klein-Fritzchen trifft. 

Angeblich hätten die News-Corp.-Medien durch ihre Beeinflussung der australischen Buschfeuerdebatte mittlerweile eine „Parallelrealität“ – wohl gegenüber der tatsächlichen Realität von ausschließlich klimawandelbedingten Bränden – geschaffen, die Murdoch gemeinsam mit Premierminister Scott Morrison weiter pflegen würde. Eine starke These. Die nicht etwa belegt wird anhand von Original-Beiträgen aus dem Murdoch-Imperium, sondern praktischerweise mit Artikeln aus der New York Times, offensichtlich Stöckers Wahrheits-Ministerium. Es sieht ganz so aus, als wenn der Kolumnist nicht in ein einziges australisches Medien-Erzeugnis aus dem Hause News-Corp. geschaut hätte, als da vor allem die in Down Under führende Tageszeitung The Australian wäre, aber auch der Bezahlsender Sky

Zur ersten Einstimmung möchte ich empfehlen das – hinter der Bezahlschranke verborgene – Australian-Editorial zur Klimapolitik vor zwei Wochen und den vielleicht – Achtung: Trigger-Warnung – auch für Klimahysteriker lehrreich-unterhaltsamen Sky-Auftritt des australischen Parlamentariers Craig Kelly zur Rede von UNO-Chef Guterres auf der Madrider Klimakonferenz letzten Dezember. Unabhängig davon hätte sich der Kolumnist vorab aber auch etwas näher mit der medialen Realität in Australien beschäftigen sollen, statt völlig sinnfrei zu behaupten, dass Murdochs Presse und Premierminister Morrison „keine Opposition“ hätten. Die gibt es – neben der Labor Party und den Grünen – auch auf dem Mediensektor sehr wohl, an Tageszeitungen etwa den Sydney Morning HeraldThe Age oder den Guardian Australia. Ganz zu schweigen von dem öffentlich-rechtlichen Sender ABC, der in den letzten Jahren mehr und mehr zu einer links-grünen Zone geworden ist, was auch einem Gelegenheitszuschauer wie mir deutlich auffiel. 

Sollten Sie, geschätzte Leser, einmal Gelegenheit haben, den Australian zu lesen, wird Ihnen einiges ungewohnt vorkommen: Der kritisch-entspannte Umgang mit politischer Korrektheit, die strikte Trennung von Nachricht und Meinung und die recht große Zahl von zudem oft sehr ausführlichen Kommentaren, was meist der großen Sachkenntnis und analytischen Schärfe der Kolumnisten geschuldet ist. Eine solche Kolumne wie die hier besprochene werden sie dort nicht finden. Und das nicht nur wegen der handwerklichen Mängel, sondern auch wegen einer gesunden Skepsis gegenüber allen totalitären Tendenzen – auch, wenn sie im Kostüm des Qualitätsjournalismus daher kommen. 

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Anders Dairie / 25.01.2020

Nicht nur, dass dort immer mal das dichte Unterholz brennt, das aktuelle Unglück war nicht einmal das größte, verlustreichste Feuer.  Der Umfang ist die Folge der grünlich gesteuerten Methoden des Nichtwegräumens von Unterholz, in der irren Annahme, es nütze dem Getier und brächte Humus.  Leider faulte das nicht, weils ewig zu trocken ist, harzig und eukalyptus-ölig.  Klar, der Brand war auch von Menschen gemacht, die Polizei ermittelt gg, 170 Brandstifter, weniger gegen das Klima.  Gegen uns Deutsche ist der Anlass gut genug zur Verdummung:  Der obige Mechanismus stammt vom Verband australischer Feuerwehren.

Walter Neumann / 25.01.2020

Ich befürchte, als Skeptiker des “menschengemachten” (!) Klimawandels demnächst bestraft zu werden, schlimmstenfalls (bei weiterhin penetranter Leugnung) auch eines Tages im Knast zu landen. Spätestens wenn Herr Habeck Kanzler ist. Zur Klarstellung: Den Klimawandel als solchen bestreite ich gar nicht, den gab und gibt es schon immer.

Dietrich Herrmann / 25.01.2020

Wenn man ein klugscheißendes Studentenmädchen in den Siemens-Aufsichtsrat holen wollte, kann man doch getrost auch einen solchen Taugenichts-Dampfplauderer ohne geistigen Background in den Aufsichtsrat der Deutschen Bank holen. Es lebe der Filz!

Jochen Becker / 25.01.2020

Es scheint das Geschäftsmodell des Spiegel zu sein, die schrägsten und extremsten Kolumnisten zu versammeln. Stöcker reproduziert das soziopathische Verhalten der spanischen Inquisition, gestreng im Glauben. Es geht ihm, wie allen Klimahysterikern darum das Narrativ: “science is settled” durchzusetzen.Wenn dabei noch Seitenhiebe gegen andere Feindbilder abfallen, umso besser. Es erstaunt mich immer wieder mit welcher fanatischer Inbrunst diese Haltungskrieger für den Endsieg kämpfen. Das kann nicht gut sein für die geistige Gesundheit.

E Ekat / 25.01.2020

Die EU investiert eine Billion, um Europa klimafreundlich umzugestalten.  Darunter wird die Entsorgung des sogenannten Kohlenstoff-Kapitalismus verstanden. Deutschland, welches den Hauptteil des EU-Budgets trägt wird ent-industrialisiert. Aber auch Frankreich und Italien gehören zum CO 2 freien Europa. Frau Merkel liegt richtig: in den nächsten 30 Jahren wird sich unser Leben grundlegend ändern. Vor allem in Europa. Dies wird sich in der Berichterstattung der Medien, somit auch des Spiegel niederschlagen. Am Schluß bleibt denen nicht einmal mehr die Rezension von Kochrezepten.

U. Unger / 25.01.2020

Videotip: Greta inc. ! Heute morgen gesehen! Bin erschrocken über die gezeigte Privatarmee von bodygards. Jede berechtigte Frage eines Kanadiers wird mit schubsen beantwortet.

Peter Holschke / 25.01.2020

In den Kommentaren wurde die Frage aufgeworfen, wer denn noch den Lügel, Speigel.. wie heißt das? ... ach ja den Spiegel liest? Wer hat das Neue Deutschland gelesen und vor allem warum? Es ging den Funktionsträgern darum, die Regierungslinie zwischen den Zeilen zu erahnen und sich konforme Sprachregelungen anzueignen. Außerdem diente es einer nach oben abgesicherten Selbstermächtigung, der Stärkung des Durchhaltewillens und der Bestätigung eines obskuren Gruppenzusammenhalts. Das ND war keine Zeitung im westlichen Sinn, sondern das “Zentralorgan”. Ein Staat läßt sich nicht völlig zentral steuern. Nötig sind Mechanismen der Selbstorganisation. Wo zwei Genossen sind, da ist die Partei. In einem Lügensystem bedarf es nun der Verkündung der Wahrheit. Daher solche Richtlinienblätter.

Gudrun Dietzel / 25.01.2020

Das Wort Qualitätsjournalismus kann man heute nur noch selten ehrlichen Herzens aussprechen. Den gibt es kaum noch. Im Spiegel resp. Spiegel online hat der Untergang bereits vor Relotius begonnen. Was sich da größtenteils als sogenannter Qualitätsjournalist oder Edelfeder, zu denen wir Jungen seinerzeit aufblickten, herumtreibt und herumfabuliert, ist bestenfalls Boulevard. Wobei nicht gegen diese Gattung gestänkert werden soll, dafür gibt es einen Markt. Den gab es schon immer. Verheerend ist nur, daß sich die Blätter, die vor Jahrzehnten Qualitätsjournalismus lieferten, auf diesen Zug der Vernebelung und Manipulation aufgesprungen sind. Entweder, um Leser aus dem Trivialliteratur-Milieu zu generieren oder, weil das Vermögen der Schreiberlinge nicht zu mehr reicht. In der Causa des angesprochenen Herrn sage ich: Psychologie ist ein sehr interessantes Fachgebiet. Für einen Vollblutjournalisten (das ist unter Kollegen die höchste Auszeichnung) unerläßlich, Kenntnisse diesbezüglich erworben zu haben. Man kann sie aber im Journalismus auch übel mißbrauchen. Hier scheint mir das der Fall zu sein. Danke, Herr Meins.

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