Wenn Sie an einem konkreten Beispiel erfahren wollen, wie seriös deutsche US-Berichterstatter über die Auseinandersetzung um illegale Migranten berichten, dann lesen Sie hier, was an der Saga des "Maryland Man" stimmt und was nicht.
Zieht man eine Quersumme der Meldungen deutscher Medien über die Nachrichtenlage in den USA, könnte man glauben, dort drehe sich gerade alles um beleidigende Äußerungen Trumps, Eierpreise, Zölle und den Absturz einer Weltmacht in die Bedeutungslosigkeit. Schließt man aus dem Gehörten auf die Stimmung in den Vereinigten Staaten, müssten sich die Zustimmungswerte für Präsident Trump im homöopathischen Bereich befinden.
Doch das ist nicht der Fall. Zwar schlägt der Handelskrieg mit China bis zu den Konsumenten durch, aber denen ist auch schlagartig bewusst geworden, wie umfassend ihre Abhängigkeit von China in allen Belangen mittlerweile ist. Einen Dämpfer hat die Unterstützung Trumps in der Generation der Babyboomer bekommen, aber die hat im Gegensatz zu jüngeren Amerikanern auch noch etwas zu verlieren bei Aktien, Anleihen und Immobilien, während sich der durchschnittliche Amerikaner unter fünfzig heute kaum noch sein Auto leisten kann. Vom eigenen Haus ganz zu schweigen.
Nein, die Kulturkämpfe des Augenblicks finden in den USA rund um die illegale Migration statt. Doch nicht, wie man vermuten könnte, an den Grenzanlagen. Die illegalen Grenzübertritte sind fast vollständig zum Erliegen gekommen, seit Trump im Amt ist und dieses Problem seinem „Border Czar“ Paul Homan übertragen hat. Trumps erklärte Absicht, die etwa 20 Millionen illegalen Einwanderer in Gänze abzuschieben, trifft immer noch auf deutliche Zustimmung bei den Bürgern.
Die Opposition zu diesem Plan besteht aus den Resten der desolaten und weitgehend führerlosen Partei der Demokraten, den Medien und zahlreichen Richtern, die durch hunderte Eilverfügungen versuchen, sich der Legislative in den Weg zu stellen. Das Ergebnis ist durchaus beeindruckend, und nach der anfänglichen Überrumpelung durch rasche Aktivitäten, die man der trägen Bundesebene gar nicht zugetraut hätte, werden Abschiebungen gerade immer schwieriger, weil man sie auf jeden einzelnen Fall herunterzubrechen versucht, um die Administration bei den Abschiebungen möglichst lange zu beschäftigen und diese so nach Möglichkeit ganz zu verhindern – koste es, was es wolle.
Auf einen Schlag eine Menge dankbarer Wähler
Ziel ist es, die Zeit mit Gerichtsprozessen zu überbrücken, bis die Demokratische Partei wieder an der Macht ist und das umsetzen kann, was die ganze Zeit der Plan war: eine Amnestie für 20 Millionen und deren Einbürgerung per Dekret, was der Partei von Barack Obama, Kamala Harris und Alexandria Ocasio-Cortez auf einen Schlag eine Menge dankbarer Wähler zutreiben und das Gefüge in einigen Swing States für lange Zeit erheblich zugunsten der Dems verändern würde. So das Kalkül.
Die generelle Ablehnung illegaler Einwanderung im Sinn, welche die Sozialsysteme und Infrastruktur belastet, die Kriminalitätsraten in die Höhe treibt und die Löhne drückt, suchten und fanden die Dems den einen Fall, um die Ausweisung illegaler Migranten zu einer Hetzjagd umzuframen, bei welcher Trump heute noch hinter unschuldigen Latinos her sei, doch schon morgen jeder andere auch betroffen sein könne.
Die Saga vom „Maryland Man“ war geboren, dem fleißigen, freundlich lächelnden, liebenden Ehemann und Familienvater Kilmar Abrego Garcia, den Trumps Büttel von der Straße wegfingen, ihn in einen Flieger steckten und ohne „due process“, also ordnungsgemäßes Verfahren, kurzerhand nach El Salvador brachten, um ihn dort im schlimmsten Knast der Welt einzusperren. How dare you!
Die Forderung nach „due process“ interpretiert die aktivistische Presse wie folgt: Ein Gerichtstermin möge anberaumt werden, Geschworene einem langen, ausführlichen Prozess beiwohnen, in dem für und wider den Angeklagten gesprochen wird und am Ende ein Urteil gefällt wird, was schon mal eine Weile dauern kann. In einem Strafverfahren gegen einen US-Bürger wäre das tatsächlich der Fall. Kilmar Abrego Garcia, unser „Mann aus Marylad“, ist aber kein US-Bürger. Er ist El Salvadorianer und illegal in die USA eingereist.
„Due process“ heißt zwar ordentlich, das Verfahren kann aber je nach persönlichem Status durchaus Verschiedenes beinhalten. Wer gegen die Auflagen seines Touristen-Visums verstößt und zum Beispiel in den USA arbeitet oder dies auch nur beabsichtigt, fliegt umgehend nach Hause, so geschah es unlängst Charlotte Pohl und Maria Lepére aus Deutschland. Man landet nicht vor einem Geschworenengericht und bekommt auch keinen Anwalt gestellt. Die Einwanderungspolizei setzt einen in ein Flugzeug und damit hat es sich. Wer gegen die Bedingungen seines Studentenvisums verstößt, weil er beispielsweise bei einer Hamas-Demo ein Uni-Gebäude besetzt und jüdischen Studenten den Zugang verwehrt, sitzt ebenfalls rasch im Flieger.
Wer gänzlich illegal einreist und aufgegriffen wird, landet in den Mühlen von United States Immigration and Customs Enforcement (ICE), und ein spezialisiertes Gericht entscheidet, ob der Betroffene Asyl erhalten kann (wenn er darum innerhalb einer Frist bittet), abgeschoben wird oder mit einer vorläufigen Duldung vorerst im Land bleiben darf. Das ist „due process“ für illegale Einwanderer in den USA. Seit Jahrzehnten. Nicht ein Gesetz ist seit Trumps Amtsantritt dazugekommen.
Mitglied der Gang MS-13
Ich erwähne das, weil wir jetzt gleich in einen Artikel eintauchen, den Hannes Stein über den Fall in der WELT geschrieben hat, in dem all die Lügen und Fehlinformationen, mit denen die Presse in den USA ihre Leser füttert, Händchen halten. Hannes Stein lebt in Washington in einer so engen Blase der Dems, dass er aber auch nichts auslässt!
„Abrego Garcia kam in ein Gefängnis in Texas, drei Tage später wurde er in das ‚Terrorism Confinement Center‘ in El Salvador ausgeflogen, das für seine unmenschlichen Haftbedingungen bekannt ist. Weder nach seiner Verhaftung noch nach seiner Überstellung in das texanische Gefängnis war Abrego Garcia gestattet worden, mit einem Anwalt zu sprechen – obwohl laut Verfassung allen Personen auf amerikanischem Territorium ein rechtsstaatliches Verfahren garantiert ist.“
Da ist er wieder, der Vorwurf, der keiner ist. Denn ein rechtsstaatliches Verfahren ist das Verfahren, was der Rechtsstaat dafür vorsieht. Und das läuft nicht immer so ab wie in einer amerikanischen Krimiserie. Siehe oben!
„Kilmar Abrego Garcia ist kein amerikanischer Staatsbürger, hielt sich aber legal in den Vereinigten Staaten auf und ist mit einer Amerikanerin verheiratet. Er ist nie eines Verbrechens angeklagt oder gar überführt worden.“
Falsch! Im Jahr 2022 entschied das Gericht, welches den Asylantrag von Garcia prüfte, dass er abgeschoben werden soll. Das Gericht stellte fest, dass er Mitglied der Gang MS-13 sei, die in den USA verboten und sogar als Terrororganisation eingestuft ist. In der Berufung wurde die Ausweisung bestätigte, jedoch setzte man den Vollzug vorläufig aus, weil Garcia glaubhaft machen konnte, dass er und seine Familie „durch eine rivalisierende Gang“ in Guatemala bedroht würden.
Der administrative Fehler war nicht die Abschiebung als solche
Sein Aufenthalt hing also an eben diesem seidenen Faden. Stein irrt also: Das Gericht stellte Garcias Mitgliedschaft in einer Gang fest. Bereits die Mitgliedschaft ist strafbar. In den USA genauso wie in El Salvador, wo die Bande herkommt und mittlerweile unter der Präsidentschaft von Nayib Bukele zerschlagen wurde. Man kann logisch auch nicht Angst vor einer „rivalisierenden“ Bande geltend machen, wenn man nicht selbst zu einer Seite der Rivalen gehört. Ganz abgesehen davon, dass schon der illegale Grenzübertritt bei der Einreise in die USA ein durchaus zu ahndendes Delikt darstellt. Ein Gedanke, der vielen deutschen Weltvereinheitlichern fremd ist. Ein Einbruch wurde begangen, wenn die Tür aufgebrochen ist. Man muss den Einbrecher nicht im Haus dulden, bis er die goldenen Löffel gefunden hat.
„Das ist es, was den Fall so besonders macht: Dass es sich offenkundig um einen Fehler handelt. Selbst die amerikanische Regierung gesteht ein, die Abschiebung sei ein „administratives Versehen“ gewesen.“
In dem einen Punkt hat Stein recht und die ganze moralische Entrüstung der Presse ist auf diesem Fehler aufgebaut. Der administrative Fehler war jedoch nicht die Abschiebung als solche. Man hätte Garcia allerdings vor der Abschiebung erneut vor den Richter bringen müssen, um festzustellen, ob die Gründe für den Aufschub seiner Abschiebung noch bestehen. Die rivalisierende Gang in Guatemala wurde zerschlagen und existiert nicht mehr. Garcias Rückreise in seine Heimat El Salvador führte ihn auch nicht über Guatemala, sondern mit dem Flugzeug direkt nach Hause. Dorthin hätte er nach seiner Anhörung gebracht werden können. Ergo: Er kann abgeschoben werden. Genau das sieht „due process“ in dieser Angelegenheit vor.
Ich hole unseren Jungen heim!
Chris Van Hollen, der Senator von Maryland, reiste auf Steuerzahlerkosten nach El Salvador und scheint nach seiner Rückkehr etwas kleinlauter geworden zu sein. Sprach er vorher noch von der Heimholung eines gänzlich unschuldigen Mannes aus Maryland, mahnte er später vor allem diesen Verfahrensfehler an. Und hier besteht ein Problem. Man könnte Garcia doch einfach in einen Flieger setzten, ihn in den USA vor seinen Einwanderungsrichter stellen. Doch der würde sofort das Nichtfortbestehen von aufschiebenden Gründen gegen die Abschiebung feststellen und Garcia dann wieder zurück nach El Salvador bringen, wo er wegen seiner Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung natürlich und nach el-salvadorianischem Recht im Gefängnis sitzt.
Dazu müsste Garcia allerdings erneut illegal in die USA einreisen. Genau das fordert ein Bezirksrichter nun, der sich den Trump’schen Abschiebungen in den Weg stellt. Dabei ist der administrative Fehler so bedeutend für den weiteren Verlauf des Verfahrens, als würde es im „Terrorism Confinement Center“ in El Salvador Bohnen zum Mittag geben, obwohl Linsen auf der Karte standen.
„Am Fall Abrego Garcia, das wird immer deutlicher, wird sich erweisen, inwiefern es sich bei den Vereinigten Staaten heute überhaupt noch um einen Rechtsstaat handelt – oder ob das Land den Weg in Richtung Autokratie einschlägt.“
Doch Stein war der amerikanische Rechtsstaat in den letzten Jahren ziemlich gleichgültig. Wir wissen zwar immer noch nicht, wer das Land in den letzten Jahren tatsächlich führte – Joe Biden kann es kaum gewesen sein –, aber der millionenfache Rechtsbruch an der Grenze zu Mexiko raubte dieser Art von Berichterstattern nicht den Schlaf oder den Glauben an den Rechtsstaat, schließlich handelte der in ihrem Sinn. Dabei ist das bewusste Offenlassen der Grenze und die Nichtdurchsetzung geltenden Rechts so autokratisch, wie es nur sein kann, aber es war eben die richtige Autokratie mit den richtigen Autokraten, die Demokratur der besseren Menschen in den besseren Vierteln mit den besseren Einkommen und der besseren Security.
Kein Pieps war von der Fraktion Stein zu hören über Rechtsbrüche, über Morde, die nie hätten geschehen dürfen, das Wiedererstarken von Drogenkartellen und buchstäblich von Gangs eroberte Appartementkomplexe in Aurora, Colorado. Es seien doch nur wenige gewesen, meinte Martha Raddatz auf ABC im August letzten Jahres dazu. Und wenn die guten Menschen doch einmal mit den Konsequenzen von „no borders, no nations“ konfrontiert werden, die über die Beschäftigung von billigem Hauspersonal hinausgehen, reagieren sie wie die Einwohner von Martha’s Vineyard im September 2022 und setzten die Störenfriede mit Selfie, Schokoriegel und guten Wünschen wieder vor die Türen anderer Leute.
Als Texas etwas gegen das massenhafte Herumtrampeln auf rechtsstaatlichen Prinzipien unternehmen wollte, war es die Biden-Regierung, die dem Staat mit dem Hinweis in den Arm fiel, das sei Aufgabe von Washington, selbst wenn die Aufgabe so „erledigt“ wurde, dass man geltendes Recht gerade nicht angewendet hat. In den Vereinigten Staaten hat der Rechtsstaat in den letzten Jahren teilweise die Arbeit verweigert, ein Land mit instrumentalisierter Justiz, in dem sogar Anwälte verurteilt werden konnten, weil man deren Vertretung der Interessen ihrer Mandanten in Prozessen als Verbrechen einer kriminellen Vereinigung behandelte. Nein, Herr Stein, die Sorge muss sein, ob die Vereinigten Staaten noch rechtzeitig die Richtung gewechselt haben, statt endgültig zur Beute einer politischen Clique zu werden.
Recht und Richter
„Am Freitag erschütterte ein weiterer Fall im Zusammenhang mit der verschärften Einwanderungspolitik das amerikanische Rechtssystem. US-Bundesbehörden nahmen eine Richterin des Bundesstaates Wisconsin vorübergehend fest. Bezirksrichterin Hannah Dugan aus Milwaukee County werde Justizbehinderung vorgeworfen, hieß es in einer Strafanzeige des Bundesjustizministeriums. Sie habe sich am 18. April geweigert, einen per Haftbefehl gesuchten mutmaßlich illegal eingewanderten Mann an Einwanderungsbehörden zu übergeben, als dieser während eines anderen Verfahrens gegen ihn ihren Gerichtssaal betrat. Dugan habe das Vorgehen als „absurd“ bezeichnet und auch versucht, dem Mann zur Flucht zu verhelfen, hieß es weiter. Er soll sich in Haft befinden.“
Auch hier sieht Stein den Leibhaftigen am Werk, denn Richter sind in seiner Welt, sofern sie gegen und nicht mit Trump arbeiten, unantastbar! Wenigstens stimmen einige der Details in Steins Schilderung. Der Spiegel verstieg sich gleich zur tendenziösen Aussage, die Trump-Regierung befinde sich mal wieder im „Konflikt mit der Justiz“.
Was war wirklich passiert? Richterin Dugan sollte einen Fall verhandeln, in dem ein illegaler Migrant beschuldigt war, zwei Menschen zusammengeschlagen und ernsthaft verletzt zu haben. „Ein anderes Verfahren“, schreibt Stein, üblicherweise nennt man so etwas Verfahren wegen Körperverletzung. Beide Opfer, Staatsanwaltschaft und Verteidigung, warteten im Gerichtssaal, ebenso Beamte der Einwanderungsbehörde, die im Fall einer Verurteilung gleich zur Abschiebung hätten schreiten können. Doch die Richterin war der Meinung, es sei besser, dem Angeklagten zur Flucht zu verhelfen, indem sie ihm eine verschlossene Tür öffnete. Der kam nicht weit und wurde nach einer Verfolgungsjagd zu Fuß durch Milwaukee gefasst. Es war also die Richterin, die in Konflikt mit der Justiz geraten war, und von ihr ging im „Zusammenhang mit der verschärften Einwanderungspolitik“ auch die „Erschütterung“ aus. Das Recht der beiden vergeblich im Gerichtssaal wartenden Opfer auf „due process“ zählte für Richterin Dugan an diesem Tag nicht.
Stein macht daraus ein Menetekel, dass Trump nun selbst vor Richtern nicht mehr Halt mache, wenn sie sich ihm in den Weg stellen. Was für ein Unsinn! Es ist Richtern in Rechtsstaaten schlicht nicht gestattet, Verfahren so abzukürzen, dass sie Angeklagte in Prozessen wegen Körperverletzung noch vor Prozessbeginn den kürzesten Weg aus dem Gerichtsgebäude freimachen und damit durchkommen. Man muss sich also fragen, wovor Richter eigentlich noch Halt machen und ob hier Richter zu Kriminellen werden oder vielmehr Kriminelle zu Richtern ernannt wurden.
Immobilen, Kredite, Reflektionen
Doch weil wir schon bei Menetekeln und Gerichten sind: Erinnert sich noch jemand an Letitia James, die Staatsanwältin, welche Donald Trumps Geschäfte in New York beenden wollte, weil der die Werte seiner Immobilien zu hoch angegeben habe? Es gab keine Geschädigten, niemand hatte sich als Opfer gemeldet, und die Gouverneurin Kathy Hochul von New York versuchte sogar hektisch, Trumps Verurteilung nicht zum Exempel aufzublasen. Denn jeder Immobilienentwickler in der Stadt war schon drauf und dran, New York in Panik zu verlassen. Das machen wir nur mit Trump, nicht mit euch, also keine Sorgen, war die Botschaft. Doch abgesehen davon, dass die Berufung das Urteil sehr sicher kassieren wird, scheint Anklägerin Letitia James nun vor einem Karma-Problem zu stehen.
In Steins Artikel kommt James leider nicht vor, vermutlich ist selbst ihm nicht wohl dabei, aus der nun laufenden Ermittlung gegen die Staatsanwältin einen „Rachefeldzug Trumps“ zu basteln, wie die Frankfurter Rundschau es in großzügiger Weglassung von interessanten Details tut. Die Vorwürfe gegen James haben nämlich pikanterweise etwas mit Immobilen, deren Bewertung und Finanzierung zu tun und könnten sich nicht schöner in denen spiegeln, die Letitia James gegenüber Trump erhoben hatte. Nur gibt es hier (mutmaßlich, schon klar) tatsächlich einen Geschädigten: Banken und der Steuerzahler.
James muss als Staatsanwältin von New York auch dort wohnen. Immobilienkredite für den Hauptwohnsitz sind etwas günstiger, weil Banken davon ausgehen, dass solche zuletzt ausfallen. Um einen günstigeren Kredit für eine Immobilie in Maryland oder New Jersey zu bekommen, gab sie an, dort ihren Hauptwohnsitz zu haben. Gleiche Schummelei bei Größenangaben zu einer Wohnung, was für Steuersätze entscheidend ist. Ab dem fünften Schlafzimmer wird es teurer… gut, dass man vergessen kann, eins anzugeben. Dazu kommt noch der Vorwurf der Urkundenfälschung, weil James auf einem Kreditvertrag angab, mit ihrem eigenen Vater verheiratet zu sein.
Das sind alles Schummeleien, wie sie wahrscheinlich millionenfach vorkommen. Doch wenn die Gerichtshöfe der Moral erst eröffnet sind, stehen die Richter im selben Schlamm wie jene, die sie geschworen haben, zur Strecke zu bringen. In das schadenfreudige Lachen der Amerikaner über die (mutmaßliche) Doppelmoral von Letitia James mag Hannes Stein natürlich nicht einstimmen. An Moral mangelt es nämlich immer nur den „Anderen“.
Doch lassen wir ihn stattdessen noch eine Conclusio zum Fall Abrego Garcia abgeben und mutmaßen, warum die Trump-Regierung den „Maryland Man“ nicht zurückholen möchte.
„Die Antwort ist wohl, dass der Zeitpunkt, zu dem man Abrego Garcia heimlich hätte zurückbringen können, längst verstrichen ist. Jetzt würden Kamerateams seine Heimkehr begleiten. Und Abrego Garcia würde die Fiktion platzen lassen, dass von Trump nur Leute verfolgt werden, die es verdient haben.“
Ja, das muss es sein. Denn wie könnte es jemand verdient haben, abgeschoben zu werden, der laut Einwanderungsbehörde, Gericht und Berufungsgericht Mitglied der Gang MS-13 ist, dessen Frau zweimal Anzeige wegen häuslicher Gewalt gegen ihn erstattete und der 2022 bei seiner Verhaftung bei einer Verkehrskontrolle in Tennessee das Auto „seines Chefs“, eines verurteilen Menschenschmugglers fuhr, der kurz zuvor verurteilt und abgeschoben wurde. Im Auto Garcias befanden sich acht Männer, die ihre dreitägige Reise von Texas nach Maryland ohne Gepäck und Papiere angetreten hatten, kein Wort Englisch sprachen und „zur Arbeit“ wollten. Einen gültigen Führerschein hatte Garcia nicht, dafür bündelweise Bargeld.
Die Polizei in Tennessee ließ Garcia schließlich laufen, auf Anordnung desselben FBI, das sicher „wusste“, dass der Laptop von Hunter Biden russische Desinformation sei. Hauptsache, die Kamerateams machen bei der geforderten „Heimkehr“ von Abrego Garcia keine allzu deutlichen Aufnahmen von den Tattoos, welche seine Ehefrau Jennifer Vasquez Sura auf TikTok vorsorglich mit Herzchen verdeckte, obwohl die natürlich überhaupt nichts bedeuten. Die Frage, wie das Bild vom „liebenden Ehemann“ mit den Anzeigen wegen häuslicher Gewalt gegen ihn zusammenpasse, beantwortete Jennifer Vasquez Sura nach einigem Zögern… nicht. Er sei am Leben, das sei alles, was sie sagen könne. Es klang mehr wie ein Hilferuf als nach einer ausweichenden Antwort.
Roger Letsch, Jahrgang 1967, aufgewachsen in Sachsen-Anhalt, als dieses noch in der DDR lag und nicht so hieß. Lebt in der Nähe von und arbeitet in Hannover als Webdesigner, Fotograf und Texter. Sortiert seine Gedanken in der Öffentlichkeit auf seinem Blog unbesorgt.de.