Meine prognostischen Fähigkeiten sind äußerst zweifelhaft, wenn es aber dennoch mal klappt, dann muss ich das auch mal loswerden dürfen! Derzeit sind ja alle Wirtschaftsblätter voll davon, welch hirnrissige Idee es gewesen sei Daimler-Benz mit Chrysler zu verschmelzen. 1998 klang das noch anders. Da beförderte das Manager-Magazin Jürgen Schrempp zum “Manager des Jahres”. Begründung: “Er habe Zeichen gesetzt - mutig und visionär, lobten die Experten Jürgen Schrempp und lenkten den Blick auf dessen spektakulären Chrysler-Deal.” Einer der wenigen Partypupser, jawoll, det war icke! In einem Gastbeitrag für das (inzwischen verschiedene) Magazin “Auto-Forum” schrieb ich die folgenden güldenen Worte:
“Periodisch auftretende Zustände von Paarungsbereitschaft nennen die Biologen ‘Brunst’. Der Hase beispielsweise wird regelmäßig im März davon ergriffen. Ein klug gewählter Termin: Die Kinderschar kommt auf die Welt, wenn die Kräuter saftig, das Wetter mild und die Überlebenschancen gut sind. Die Hasengesellschaft rammelt (so der offizielle Fachbegriff) deshalb stets voller Torschlusspanik. Eine heftige Keilerei gehört dabei häufig zum Vorspiel. Aus zuverlässiger Quelle wird berichtet, dass einzelne Missetäter im Übereifer sogar dem Teckel des Jägers an die Wäsche gehen. In der Autoindustrie wird solch periodisch auftretende Paarungsbereitschaft als „Fusionsfieber” oder auch „Fusionitis” beschrieben. Auch sie ist von Torschlusspanik gekennzeichnet und macht vor niemandem halt. Die Alpha-Tierchen der Automobilwelt schlagen und vertragen sich wie die Hasen im März. Und im Eifer des Gefechts bespringt auch schon mal einer den Teckel des Jägers….
Schließlich gilt es, Daimler-Benz-Boss Jürgen Schrempp in Schach zu halten, der mit dem Zusammenschluss von Daimler-Benz und Chrysler gleich eine „Welt AG” installierte. Die Manager von Daimler-Chrysler glauben an sogenannte „Synergieeffekte”. Dahinter steckt der Gedanke, dass zwei Personen, die sich in ihren Fähigkeiten ergänzen, einen größeren Wirkungsgrad erzielen. Man konnte so einen Effekt kürzlich beobachten, als Bill Clinton und Boris Jelzin gleichzeitig erwischt wurden: der eine mit Monica Lewinsky, der andere mit einer Flasche Wodka. Das Ergebnis der gemeinsamen Anstrengungen ließ sogar die Börsenkurse erzittern.
‘Insgesamt 100 Integrationsteams aus Daimler- und Chrysler-Mitarbeitern forschen derzeit, wie die Unternehmen optimal zusammenwachsen können’, schreibt die ‘Welt am Sonntag’ anerkennend und in freudiger Erwartung munterer Synergien. Alleine schon die Integration der 100 Integrationsteams dürfte sich schwierig gestalten. ‘An irgendeiner Stelle dieses Konzerns wird künftig täglich der zweite Weltkrieg neu ausgefochten’, fürchtet der Chefredakteur des amerikanischen ‘Automobile Magazine’, David Davis. Ich empfehle der Chefetage deshalb eine Standleitung zum Weltsicherheitsrat.
Zum Glück geht die Führungsspitze mit gutem Beispiel voran. So verdient Jürgen Schrempp etwa drei Millionen Mark im Jahr, Chrysler-Boss Robert Eaton erhält demgegenüber mit allem Drum und Dran ein Jahresgehalt von etwa 20 Millionen. Das kann natürlich nicht so bleiben. Die Sache könnte schwierig werden, meint Chrysler-Boß Eaton, „wenn alle an einem Tisch sitzen und gleich viel leisten müssen”. Eaton: „Ich kann mir durchaus vorstellen, dass Jürgen künftig genauso viel verdient wie ich.” Jürgen kann sich das natürlich auch vorstellen - ein klassischer Fall von Synergieeffekt. Wir lernen: Die derzeitige Fusionswelle ähnelt in ihrer völkerverbindenden Wirkung der La-ola-Welle, kommt aber erheblich teurer. Niemand soll sagen, er habe von nichts gewusst…”