Thilo Schneider / 28.08.2020 / 15:00 / Foto: Timo Raab / 34 / Seite ausdrucken

„Wenn alle maulen, können wir sowas wie Corona nicht mehr machen!“

Ich las neulich den hübschen Satz: „Leute, wenn alle maulen, dann können wir sowas wie Corona nicht mehr machen!“ Da ist was dran. Denn Corona hin und Covid her – der Deutsche kocht nach wie vor gerne an den beliebtesten Krankheitsherden Europas sein eigenes Süppchen. Natürlich ist es da zu erwarten, dass der oder die oder das eine oder andere sich etwas einfängt, was für Virologen interessanter als für Urologen oder Gynäkologen ist.   

Bei uns in Bayern ist man mit Bleistift und Block und einer gehörigen Portion Aktionismus vorbereitet: Wer aus dem Ausland angeschwebt kommt, der muss „der zuständigen Behörde“ auf Verlangen und auf Deutsch oder Englisch ein ärztliches Attest vorlegen, dass keine Anzeichen vorliegen, dass er ein Virenmutterschiff ist. Dieses Verlangen muss die „zuständige Behörde“ innerhalb von 14 Tagen äußern, sonst gilt es nicht. Und unser Flugunverschämter hat im Zweifelsfall halb Rosenheim bereits infiziert, sofern er nicht wusste, dass er mehr als ein Souvenir im Gepäck hatte. Weiß der Heimkehrer allerdings, dass er bereits die Seuche hat, dann muss er sowieso noch 14 Tage an seinen Urlaub dranhängen, weil er nämlich daheim in Quarantäne sitzt. Theoretisch. Man merkt das ja, ob man eine Erkältung hat und die von der Flugzeugklimaanlage oder von dem Nieser des Vorgängers am Buffet stammt.

Das gilt jedoch nicht, wenn die betreffende Person bereits nach der Landung ein Zeugnis vorweisen kann, weil ihr im Urlaub das Essen so gar nicht geschmeckt und sie nichts Besseres zu tun hatte, als sich auf Mallorca mit seiner bekannt hochklassigen Medizin testen zu lassen. Außerdem Passagiere, die anhand von Fahrscheinen glaubhaft machen können, dass sie gleich wieder weg sind und durch Bayern nur transieren, ohne in Neuschwanstein Chinesen anstecken zu wollen.

Das Ganze ist schon ziemlich durchdacht

Das gleiche gilt, wer nicht aus einem Risikogebiet (das sich täglich ändern kann) einreist und sich auch nicht 14 Tage vorher in einem Risikogebiet aufgehalten hat. Zu schnell? Also: Wer nicht aus einem Risikogebiet einreist und sich dabei auch nicht in einem Risikogebiet aufgehalten hat, der muss auch kein ärztliches Zeugnis vorlegen oder eines machen lassen, darf aber selbstverständlich ein einwandfreies Zeugnis aus einem nicht verkündeten Risikogebiet zumindest haben, das er gerne herumzeigen kann, aber nicht zwingend muss. Außer, er kommt mit Corona zurück. Dann schon. Aber erst nach 14 Tagen. Wenn er die Nase wieder aus der Türe stecken darf.

Außerdem braucht niemand ein Attest, der ein Risikogebiet wie Tirschenreuth lediglich ohne Aufenthalt durchfahren hat, wobei es sowieso keinen triftigen Grund gibt, in Tirschenreuth anzuhalten und auszusteigen. Außer für tschechische LKW-Fahrer, die sich ihre Vesper holen. Wobei die dann schon ein ärztliches Zeugnis bräuchten, wäre Tschechien ein Risikogebiet. Die müssten das dann in der Metzgerei vorzeigen, sonst gibt’s keine Leberkäs-Brötchen.

Das Ganze ist schon ziemlich durchdacht. Wer es also schafft, von Griechenland zu Fuß quer über den Kontinent zu marschieren, um vor irgendetwas (beispielsweise Armut) Schutz zu suchen, der hat, sofern ihn sich nicht die bayerische Grinspolizei angelt, Glück gehabt und braucht kein ärztliches Zeugnis und bekommt ein schönes Willkommensgeschenk von der Willkommens- und nicht der Virenkultur.

Es sieht wohl so aus, dass sich jeder testen lassen kann

Daneben gibt es aber auch noch eine landesrechtliche Ausnahme für Personen, die an ihrem Wohnsitz oder sonstigen ersten Aufenthaltsort (welcher, außer dem Wohnsitz könnte das sein? Die Eckkneipe?) keiner häuslichen Quarantäne nach der Einreise aus einem Risikogebiet unterliegen. Sie können den Satz gern dreimal lesen, ich habe ihn nach dem vierten Male auch nicht verstanden, vermute aber, dass er eine Bevölkerungsgruppe betreffen könnte, nach der eher ungern Soßen und Schnitzel benannt werden.

Insgesamt sieht es wohl so aus, dass sich jeder testen lassen kann, der sich testen lassen muss und dann 14 Tage in Quarantäne bleiben soll, bis er das Testergebnis hat, es sei denn, er erfährt innerhalb von den ersten 5 Tagen in Quarantäne, dass das Ganze sinnlos ist, weil der Test, so ihn der Unerkrankte erhält und er nicht verbummelt wurde (der Test, nicht der Unerkrankte, obwohl die ja auch gelegentlich verloren gehen …), negativ war, allerdings muss er eben dann zusehen, dass er sich in diesen 5 Tagen nicht anderweitig etwas geholt hat und/oder Tirschenreuther ist, weil das Ganze sonst wieder von vorne los geht und er sich wieder testen lassen muss oder stirbt oder schlimmstenfalls nochmal 14 Tage auf der Couch netflixt und vom Pizza-Lieferdienst geduzt wird.

Was passiert, wenn mal wieder jeder macht, was er will, lässt sich derzeit in Hamburg beobachten: Weit über eine Person sind allein am 27. August an Corona gestorben! Das sollte uns allen zu denken geben.

(Weitere Denksportaufgaben des Autors unter www.politticker.de)

Foto: Timo Raab

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toni Keller / 28.08.2020

Was geschieht ist sowas von dermaßen absurd, dass man es einfach nicht glauben kann. Manchmal stelle ich mir vor: in 20 Jahren fragt mein Enkel oder Urenkel mich, warum wir es zugelassen haben, dass wegen eines Feld-Wald- und Wiesenvirus (und ja selbst an einem harmlosen Durchfallvirus kann man sterben, sofern man so krank ist, dass man aus purer Gewohnheit noch lebt) ein ganzes Land an die Wand gefahren wurde und alle sich brav zum Affen haben machen lassen, indem sie brav einen dreckigen Lappen vor’s Gesicht gebunden haben (Zur Info medizinische Masken müssen regelmäßig gewechselt werden) und damit dafür gesorgt haben, dass sie den eigenen Dreck angereichert wieder eingeatmet haben, aller spirituellen Praxis aller Völker zum Trotz,. Die spirituelle Praxis aller Völker und Religionen hat es nämlich mit den Einatmen und Ausatmen, und trennt da fein säuberlich. Genau diese Trennung wird aber durch das Maskentragen aufgehoben, ich atme ein, was ich ausatme! Ich höre mich dann stottern, “Aber Kind, was hätten wir denn machen sollen? Klar war ich dagegen aber dein Vater war doch noch in der Ausbildung und überhaupt wenn man nicht aufpasste war man seinen Job los!” und dann seh ich vor meinem geistigen Auge wie der Enkel mich genauso ungläubig und verachtend ansieht wie ich meine Großeltern angeschaut habe, die mir auch was erzählt haben von wegen “Wir waren ja dagegen, aber was hätten wir denn machen sollen?”

Tobias Kramer / 28.08.2020

Herr Schneider, Sie bringen diese ganze Absurdität auf den Punkt. Und dann erwarten Merkel, Spahn und Konsorten, dass man das alles widerspruchslos über sich ergehen lässt? Bei dieser Dilettantentruppe sollten wir hoffen, dass es nicht eines Tages zu einer realen Bedrohungslage kommt. Die sind doch alle zu blöd, einen Puddingbecher zu öffnen.

Thomas Taterka / 28.08.2020

Hab’ ich mir schon gedacht. Darum steht in den Paralipomena zu Faust II : ” Mach’s kurz, am Jüngsten Tage ist es nur ein Furz.”- Oder war’s bei Schopenhauer? Ehrlich gesagt , ich hab’s vergessen. Meine Zitate muß ich suchen noch.Grüße von Yoda.

Rolf Mainz / 28.08.2020

Wer wird schon - z.B. per PKW kommend aus dem “Heimaturlaub” in der Türkei oder im Kosovo - an der deutschen Grenze angeben, aus einem Risikogebiet einreisen zu wollen? Um dann in Quarantäne zu müssen? Eben. Typisch deutsches Bürokraten-Hirngespinst, überreglementiert und maximal praxisfern. Ebenso unsinnig, wie Zuwanderungswillige ohne Papiere nach deren Herkunft, Alter und Bildungsgrad zu befragen… Was wird dabei herauskommen? Die Wahrheit - sicher…

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