Susanne Baumstark / 25.12.2017 / 06:06 / Foto: Bundesarchiv / 17 / Seite ausdrucken

Weniger Demokratie wagen!

Maßlosigkeit allerorten: Weil es trotz der gefühlten 99.000 Forschungsinstitute im gesellschaftspolitischen Feld immer noch nicht genug zu sein scheint, wurde Ende November das neue Zentrum für Zivilgesellschaftsforschung am Wissenschaftszentrum Berlin (WZB) eröffnet. Ziel: „die zivilgesellschaftliche Protest- und Bewegungsforschung systematisch mit der Analyse politischer Konfliktstrukturierung und der Sozialkapitalforschung zu verbinden“, um zur Beantwortung grundsätzlicher Fragen der Zukunft der Demokratie und des gesellschaftlichen Zusammenhalts beizutragen.

Dazu gehöre etwa die Erforschung der Mobilisierung politischer Konfliktstrukturen durch soziale Bewegungen und politische Parteien sowie der Veränderungen der zivilgesellschaftlichen Organisationslandschaft. „Geplant ist außerdem die Institutionalisierung einer Dateninfrastruktur zu politischem Protest in Europa.„Welcher Richtung sich das Ganze schon wieder andient, ist angesichts der Rhetorik, der Kooperation mit der Freien Universität Berlin, der Förderung durch die Stiftung Mercator sowie der Volkswagen-Stiftung und der Einladung eines Zeit-Journalisten sowie des Bundestagspräsidenten a.D., Wolfgang Thierse, zur Eröffnungsfeier ausreichend klar – spätestens dann nach Durchsicht des Interviews der Stiftung Mercator mit dem Gründungsdirektor Edgar Grande.

Frage an Grande: „Bislang war mit dem Begriff der ‚Zivilgesellschaft‘ stets ein demokratiestützendes Motiv verbunden. Muss das angesichts der Wutbürger und der Pegida-Proteste anders gesehen werden?"  Antwort von Grande: „…Zivilgesellschaftliche Vereinigungen können auch Gegner der Demokratie sein…“ Die Konfliktlinie „Einwanderung und Europa“ gehe „mit Ausnahme der Grünen mitten durch alle Parteien“.

Wenn sich der Gründungsdirektor da mal nicht vertut. 

Neben dem grünen Kritiker der Zuwanderungspolitik Boris Palmer beklagt inzwischen auch das Grünen-Mitglied im Balinger Stadtrat Peter Seifert:

„Wir erleben hier am Bahnhof Tag für Tag, wie unser Rechtsstaat vorgeführt wird. Wie am helllichten Tag Drogengeschäfte abgewickelt werden, die keiner ahndet.“

Und wenn die Polizei seinen Mitarbeiter auffordere, Bilder von einer Situation zu löschen, weil das gegen die Persönlichkeitsrechte des Randalierers verstoße, habe er

„so langsam den Eindruck, dass wir in einer falschen Welt leben…dass wir uns eine heile Welt zusammengebastelt haben, in der derjenige zum Bösen gestempelt wird, der versucht, seinen Mitmenschen die Scheuklappen von den Augen zu reißen.“

„Treuhänderische Übergangsverwaltungen in politischen Transitionsprozessen

Zu weiteren unfassbaren Vorfällen im Land siehe auch in Homburg, in Krozingen, in Saarbrücken, in St. Ingbert, in Bielefeld, in Köln, in Milbertshofen, in der Hessischen Landesbahn, im Regionalexpress 4, in Neuwiedenthal oder in Bremen.

Was die Akademiker, etwa beim Zentrum für Demokratie- und Friedensforschung, angesichts der Lage umtreibt, sind erneut nicht die gravierenden Folgen für die Opfer und deren Umfeld, sondern: „Politisierungsprozesse in den Bereichen Terrorismusbekämpfung und Grenzsicherheit“ auf europäischer und nationaler Ebene: „Im Angesicht transnationaler Risiken (insbesondere Migration und Terrorismus) nutzen die EU-Institutionen ihre Sicherheitsfunktion zunehmend als Quelle der Legitimation, etwa im Kontext der ausgerufenen ‚Sicherheitsunion‘. Dies stellt im Gegenzug die Legitimität europäischer Sicherheitsinstitutionen zur Diskussion.“ Das Projekt verbinde Debatten zur Politisierung europäischen und globalen Regierens mit der Forschung zu Versicherheitlichung.

Beim Sonderforschungsbereich, Teilprojekt B05, geht es ebenfalls um „Ver- und Entsicherheitlichung“; im Rahmen externer Staatsbildung durch „treuhänderische Übergangsverwaltungen in politischen Transitionsprozessen“. Bisher darauf angelegt, in von Bürgerkriegen zerstörten Ländern wie dem Kosovo Sicherheit und demokratische Staatlichkeit wieder herzustellen, könnte die Angelegenheit bei fortschreitender Ignoranz regierender Politiker auch hierzulande mal relevant werden: „Dadurch soll eine Bevölkerung in die Lage versetzt werden, das Recht auf Selbstbestimmung ausüben und wirksam vor inneren und äußeren Bedrohungen geschützt werden zu können.“ Die Legitimität treuhänderischer Übergangsverwaltungen basiere auf „existenziellen Bedrohungen – wie die Rückkehr von Unterdrückung und Gewalt, mögliche Interventionen durch Nachbarstaaten oder der Aufstieg krimineller Gruppen – die eine temporäre Fremdherrschaft rechtfertigen“. Man sollte jedenfalls auf alles Mögliche gefasst sein.

Dieser Beitrag erschien zuerst auf Susanne Baumstarks Blog Luftwurzel hier.

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Leserpost

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Karla Kuhn / 25.12.2017

Fanny Brömmer, ich glaube, davon träumen einige nicht nur Weihnachten 2017. 2018 werden wahrscheinlich viele davon träumen und vielleicht werden die Träume sogar Wirklichkeit ?? Übrigens, gab es nicht mal den Begriff ABM -Arbeitsbeschaffungsmaßnahme ? Und immer zahlt der Steuerzahler ? Heute habe ich gelesen,  Mitte 2017 seien fast 600000 (Sechshunderttausend !!) Flüchtlinge als erwerbsfähige Leistungsberechtigte in Hartz IV gewesen. Mit einem gesunden Menschenverstand ist das kaum noch zu ertragen.

Dirk Jungnickel / 25.12.2017

@W.Kaufmann Da freue ich mich am meisten auf die russischen Soldaten unter St. Putin, der die Völkerfreundschaft predigen wird.

Stefan Bley / 25.12.2017

Teile dieses Landes kennen nur noch allzu gut wie es ist, wenn sich ein Staatsapparat mehrheitlich mit propagandistischer Erziehung seines Volkes beschäftigt und Jagd auf die Kritiker des Systems macht. Die Mutti, als Abkömmling jenes Systems, weiß sich in Perfektion des entsprechenden Toolkits zu bedienen (siehe zwangsfinanzierte Staatsmedien und meinungsbildende, regierungsnahe Institutionen) . Einziger Trost ist, das bisher alle totalitären Systeme irgendwann unter gingen. Darauf ein Frohes Neues Jahr 2018.

Fanny Brömmer / 25.12.2017

Ich muss gestehen, angesichts der desaströsen Sicherheitslage in Deutschland durch die absichtlich herbei geführte und mit hunderten deutschen Steuermilliarden von den zu Unterwerfenden zwangsfinanzierte moslemische Invasion aus dem arabischen Halbmond und Afrika wünsche ich mir ein solches Szenario. Die Entmachtung der moslemischen Marionetten in Berlin und auf sämtlichen Ebenen staatlichen Handelns, am liebsten durch die Amerikaner, von denen es ja Gott sei Dank noch genug in Deutschland gibt. Anschließend, wie nach dem Ende des braunen Faschismus, Aburteilung der Verbrecher an eigenen Volk, Aufbau einer neuen Verwaltung und Gerichtsbarkeit aus jetzigen Oppositionellen, also “Nazis, Rassisten und Islamophobikern” und unbelasteten Bürgern, und vor allem Entfernung ALLER linksgrünbuntmoslemischen Lehrer aus sämtlichen Bildungsanstalten von der Kita bis zur Universität /Berufsakademie/Volkshochschule. Davon träume ich zu Weihnachten 2017 in Deutschland… Und bin der Einstufung der Koran - Gläubigen als terroristische Vereinigung mit der Konsequenz des Verbots. Beweise für diese Einschätzung gibt es inzwischen beinahe stündlich.

Reinhard Lange / 25.12.2017

Demokratie ist, wenn im Grundgesetz steht: “Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen ... ausgeübt”, aber Abstimmungen zu allen wichtigen, das ganze Volk berührenden Themen, nicht stattfinden dürfen. So wenigstens habe ich unsere Politiker verstanden.

Fritz Hoffmann / 25.12.2017

An diesem Zentrum hat es doch bestimmt Platz für dreiunddupplich neue Professorinnen der grundsätzlichen Schwadronierwissenschaften mit vorher abgebrochenem Soziodingspolitgrund. Inklusive diverser Sedierstäbe, Sonderfloskelbereiche und Parameterstühlen. Finanziert vom Steuerzahler, kostet also nix.

Gregor Reichelt / 25.12.2017

Zuallererst geht es bei solchen “Instituten” erstmal um die Rechtfertigung der eigenen Existenz bzw. des eigenen Jobs. & dazu muss ein Problem her. Zu diesem Zweck kann man entweder etwas zum Problem erklären, das keins ist (Transgender) oder man kann schlicht & ergreifend Probleme schaffen. Natürlich haben wir Anschläge & Messerangriffe, Zerstörung von Häusern, Brandstiftung & Raub. Aber all das schafft auch viele, viele Arbeitsplätze: Man braucht Hilfsorganisationen, Sozialarbeiter, Bauarbeiter, Polizisten, Politiker, die einem die Situation “erklären” & Journalisten, die sich mit wirklich wichtigen Themen beschäftigen, zum Beispiel einem Präsidenten auf der anderen Seite der Welt ;)

Reinhold Schmidt / 25.12.2017

Ich weiss nicht, ob es in den Zusammenhang passt, aber hatte die sehr verehrte Frau Bundeskanzlerin nicht auch schon einmal folgendes von sich gegeben: “Wir haben wahrlich keinen Rechtsanspruch auf Demokratie und soziale Marktwirtschaft auf alle Ewigkeit.“

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