Gunter Weißgerber / 14.08.2024 / 16:00 / Foto: KI / 46 / Seite ausdrucken

Artikeltyp:Meinung

Wen wählen?

Ich gebe weder eine Wahlempfehlung noch einen Tipp für die kommenden Wahlen ab. Ich erzähle lediglich von meinem persönlichen Wahlproblem.

Ich habe ein Problem, ein großes, dickes. Wen wähle ich am 1. September in Sachsen zur Landtagswahl? Wählen werde ich. Solange ist das mit dem Erringen des freien, geheimen und direkten Wahlrechts in Ostdeutschland nicht her, dass ich dieses Recht nicht mehr schätzen würde, es nicht nutzen würde. Doch wie dieses Recht nutzen, wenn ich keine Parteien sehe, denen ich meine mir wertvolle Stimme geben kann?

Ich sehe auf der einen Seite weit und breit nur Parteien, die den großen maoistischen Schritt in die Große Transformation mitgehen wollen. Egal ob SPD, FDP, CDU/CSU, alle tragen sie grüne Seidenschlüpfer unterm Parteikleidchen. Von den Grünen ganz abgesehen. Die laufen im grünen Ganzkörperkondom durch die Gegend. Allesamt unwählbar für mich.

Auf der anderen Seite sehe ich fast nur Parteien, die mit Putins Krieg keine Probleme, mit dem Überlebenskampf der Ukraine dafür Riesenprobleme haben. Allesamt unwählbar für mich. Da hätte ich 1989 auch zu Hause bleiben können.

Ich wähle definitiv keine Parteien, die meine Lebensgrundlagen gefährden bzw. zerstören und das alles als Weltrettungs- oder Friedenspolitik framen.

Ich will keine Energiewende, keine Zerstörung der Automobilindustrie, keine Nirwanatransformation der Wirtschaft, keine Verkehrswende, keine Agrarwende, kein Gendern, keine multikulturelle Zerstörung der Gesellschaft, keine Angleichung von Okzident und Orient auf Orientniveau, keine Zensurgesetze, keine Fahrt in den Parteienstaat. Den ganzen Klamauk will ich nicht. Meine Stimme für eine dieser Klamaukparteien würde von denen als Zustimmung, keinesfalls als Kritik eingebucht. Ohne mich!

Ich will den Geist des Korbes 3 des KSZE-Prozesses, also keine Grenzänderungen ohne Willen und Einverständnis betroffener Staaten und Bevölkerungen! Ich will den Geist des Budapester Memorandums, wonach wichtige Staaten Sicherheitsgarantien für den atomaren Selbstentwaffnungsprozess für die Ukraine abgaben und leider nicht einhielten.

Ich will Frieden für die Ukraine in deren souveräner Selbstbestimmung. Das Opfer definiert seine Überlebensziele, nicht der Täter! Auch nicht deutsche Irrläufer können das tun, die Deutschland und Russland unter Ausblendung der dazwischen liegenden Staaten Polen, Estland, Lettland, Litauen, Tschechien, Slowakei als direkte Nachbarn sehen und damit auf Hitlers und Stalins Europaaufteilungspfaden marschieren.

Ohrfeigen oder Reißzwecken verteilen?

Mancher Zeitgenosse will in den kommenden Wahlen Ohrfeigen verteilen. Entweder an die Transformatoren oder an die Überfallfreunde. Ich kann und werde das nicht tun. Eine Ohrfeige für die einen Gefährder meiner Lebensumstände ist gleichzeitig ein wohlwollender Schlag auf die Schulter der anderen Gefährder. Das Bild der Affenschaukel (die Szene ab 0:13) in „Mein Name ist Nobody?“ drängt sich auf.

Mancher Zeitgenosse denkt an die Nichtwahl angesichts der Alternativlosigkeit. Kann man machen, ärgert aber die Gefährder beider Seiten nullkommanicht. Nichtwähler verteilen keine Prozente. Alle Prozentteile gehen an die Angekreuzten. Deren Kuchen wird größer.

Ich habe das Problem in zwei Tabellen gesteckt. Und siehe da, gehe ich zur Wahl und kreuze eine unbedeutende und deshalb nach der Wahl keinen Schaden anrichtende Partei an, dann bekommt die prozentuale Anteile, die sonst bei den Transformatoren oder den falschen Friedensfreunden auf dem Konto anlanden würden.

Ich entschied mich für diese Variante. Ich gehe wählen und gebe meinen Gefährdern keinen noch so kleinen Prozentanteil. Meine Variante der Wahlteilnahme ist keine Ohrfeige bei gleichzeitigem Schulterklopfen. Ich würde eher von einer Reißzwecke in den Allerwertesten derer reden, denen ich meine Stimme verweigere.

Selbstverständlich weiß ich, dass die Wirkung auf die prozentualen Anteile keine Auswirkung auf die Mandatzahlen haben wird. Dennoch, die Prozentzahlen werden sich, wenn auch geringfügig, unterscheiden, und diese Unterschiede müssen die Wahlauswerter in Funk, Fernsehen und in den Parteien erklären, wenn sie es denn wollen oder sollen.

Für alle Leser dieses Textes sage ich eindeutig, ich gebe weder eine Wahlempfehlung noch einen Tipp für die kommenden Wahlen ab. Das steht mir überhaupt nicht zu. Ich informiere lediglich über mein persönliches Wahlproblem. Auch gilt für mich das Wahlgeheimnis. Ich sage nicht, wem ich meine mir wertvolle Stimme geben werde.

Viel einfacher wäre es nicht nur für mich, würde die Union auf den ganzen Klamauk verzichten, konsequent auf allen Feldern dagegen opponieren. CDU/CSU könnten sich wahrscheinlich vor absoluten Mehrheiten nicht retten.

Aber wer will schon absolute Mehrheiten für sich, wenn er seine grünen Seidenschlüpfer dafür im Gegenzug in die Tonne werfen müsste…

Glück auf!


Hier die Tabellen:
 

Tabelle 1: 100 Wahlberechtigte, davon 98 Wähler und zwei Nichtwähler

CDU   25 Stimmen   25,5 Prozent

SPD   18 Stimmen   18,4 Prozent

AfD   33 Stimmen   33,7 Prozent

Grüne   7 Stimmen   7,1 Prozent

BSW   12 Stimmen   12,2 Prozent

FDP   3 Stimmen   3,1 Prozent

Nichtwähler   2 Stimmen   entfällt

 

Tabelle 2: 100 Wahlberechtigte gleich 100 Wähler, statt Nichtwähler Stimmen für sonstige Parteien

CDU   25 Stimmen   25,0 Prozent

SPD   18 Stimmen   18,0 Prozent

AfD   33 Stimmen   33,0 Prozent

Grüne   7 Stimmen   7,0 Prozent

BSW   12 Stimmen   12,0 Prozent

FDP   3 Stimmen   3,0 Prozent

Sonstige   2 Stimmen   2,0 Prozent

 

Gunter Weißgerber (Jahrgang 1955) trat am 8. Oktober 1989 in das Neue Forum ein und war am 7. November 1989 Gründungsmitglied der Leipziger SDP. Für die SDP/SPD sprach er regelmäßige als Redner der Leipziger Montagsdemonstrationen 1989/90. Er war von 1990 bis 2009 Bundestagsabgeordneter und in dieser Zeit 15 Jahre Vorsitzender der sächsischen Landesgruppe der SPD-Bundestagsfraktion (1990 bis 2005). Den Deutschen Bundestag verließ er 2009 aus freier Entscheidung. 2019 trat er aus der SPD aus. Die Gründe dafür erläutert er hier. Er sieht sich, wie schon mal bis 1989, wieder als “Sozialdemokrat ohne Parteibuch”. Weißgerber ist studierter Ingenieur für Tiefbohr-Technologie. Er ist derzeit Unternehmensberater und Publizist.

Foto: KI

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Leserpost

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W. Renner / 14.08.2024

Ich habe vor mehr als 20 Jahren meine Füsse befragt. Sowohl das grössere, als auch die kleineren Übel müssen seither auf meine Abgaben zu deren überflüssigem Dasein verzichten.

Irene Luh / 14.08.2024

Verehrter Autor, die Sache läuft heute so ab. ++ Wahlen waren ursprünglich als geheim erdacht. ++ Man soll ja niemanden sagen, wen man wählt.  Und selbst wenn man das tut, bringt nix. ++ Sagen Sie was Sie wollen, solange Ihr Kreuzchen, bei der einzigen intelligenten Partei, der AfD landet. ++ Aber, auch dank der heutigen SPD weiß niemand mehr so recht, ob das Kreuz bei der AfD dann später auch so ausgezählt wird. ++ Bei meiner letzten Wahl, egal welche, “zwang” man mich mein Kreuz mit Bleistift zu machen. Ein klarer Verstoß gegen das Bundeswahlgesetz. Eine Frechheit sondergleichen. ++ Das Vertrauen in Wahlen ist für mich dahin. ++ Meine Güte, wenn Sie sich schämen, lassen Sie laut verkünden, von Ihrem Balkon, Terrasse, daß Sie weiter diese SPD-Luschen wählen, machen dann aber Ihr Kreuz bei der AfD. ++ Wer nicht die AfD wählt, ist mit dem Untergang dieses Landes einverstanden. ++ Ich habe dann mit dem Bleistift so fest aufgedrückt, daß eine mögliche Änderung sichtbar würde, und die AfD gewählt, aber es niemanden dort gesagt. ++ Jedoch, wer dem Wähler Bleistifte aufzwingt, der spielt falsch und hat an einer fairen demokratischen Wahl kein Interesse. ++ Übrigens: die Brandmauer ist ein klarer Verstoß, gegen jede demokratische Gesinnung: ein Verbrechen, die Stimmen anderer Menschen, derart auszuhebeln.

Hjalmar Kreutzer / 14.08.2024

AfD, wen sonst?

Sean Manger / 14.08.2024

Es sollte jedem Vernunftbegabten und Realisten einsichtig sein, dass ein Ende der gegenwärtigen, vergrünten Verhältnisse nur über sehr großes Leid zu erreichen ist. Der Stolz ist übermächtig und macht unfähig, ehrlich Fehler einzugestehen. Erkennt man dieses gefährliche Hemmnis nicht als zu bekämpfende Ursache, damit Besserung und echte Nachhaltigkeit möglich wird, wird es zwangsläufig früher oder später zu großem, sehr großem Leid kommen. Erst dann dürfte die Sicht unserer Verunstalter klarer werden und sie werden im günstigsten Fall Scham verspüren. Nach pol. Schlüsselentscheidungen halte ich es schon länger exakt wie der Autor. Unser beider Analysen hinsichtlich Wahloptionen sind deckungsgleich. Dabei motiviert mich allerdings nicht die Möglichkeiten einer Reißzwecke, als vielmehr die Aussicht auf die Freude über einen Achtungserfolg eines Zuwachs von vielleicht einem halben Promillepunkt bei einer das objektiv Gute bewahrenden, bürgerlichen Kleinstpartei, die mit viel Idealismus, Eifer und Opfer ihrer Unternehmung die Treue hält, ungeachtet ihres Wissens, zeitnah keinerlei Aussicht auf die Teilhabe an der pol. Gestaltung in diesem Land zu haben. Diesen couragierten Bürgern gebührt ganz großer Respekt, den man mit seiner Stimme ausdrücken kann. Es bleibt bekanntlich die Hoffnung, dass “Gut Ding will Weile haben”.

G. Männl / 14.08.2024

Nicht wählen ist eine schlechte Wahl. Man kann auch eine gesicherte Oppositionspartei wählen die dann über 33% im Parlament hat. Ohne die gehen dann keine grundsätzliche Gesetzesänderungen. So kann dann eine breit angelegte Regierung schön regieren, aber ach nicht mehr. Das ist dann eine taktische Entscheidung.

Thomas Szabó / 14.08.2024

Lieber Herr Weißgerber. Wir können der Ukraine nicht helfen, wenn wir die Ampel gewähren lassen die deutsche Wirtschaft zu zerstören. Zuerst muss die Ampel weg. Nachher Deutschland aufräumen. Über die Ukraine können wir erst nachher verhandeln.

Helmut Dr Rüberg (80) / 14.08.2024

Klamaukpartein sind auch Friedensfreunde. Sie wollten doch die Zerstörung unserer Gesellschaft mit Greendeal, Gender usw. verhindern. Wollen Sie lieber die Nationalisten in der Ukraine retten oder anderswo drangsalierte Staaten oder Völker. Für Weltenrettung sind Sie gut bei den Grünen untergebracht. Aber das wollen Sie auch nicht. Es ist nicht möglich sich die Welt zu backen, wie man sie gerne hat. Das ist “Villa Kunterbunt”. Zunächst geht es darum, dass der Niedergang unserer Gesellschaft, Wirtschaft und Kultur beendet wird. Sie müssen einfach akzeptieren, dass die Parteien für die politischen Willensbildung gedacht sind und dafür Konzepte entwickeln. In Ihrer Partei sind wahrscheinlich das einzige Mitglied. Das ist das Erfolgsrezept für Einflusslosigkeit und anschließendem Weltenschmerz.

Franz Zotter / 14.08.2024

Oft ist es einfach erforderlich, taktisch zudenken. Wenn man sich für Vanille- oder Schoko-Eis entscheidet, kann man ruhig kindlich an die Sache herangehen. Ganz im Ernst. Wie viel Schaden wird nur in diesem Jahr durch die aktuelle Politik verursacht? Wie viele Menschen werden durch diese Politik ihr Leben verlieren? Ermordet, vergewaltigt, verstümmelt werden. Wie viele Kinder bekommen keine vernünftige Schulausbildung, werden jedoch stattdessen in eine Geschlechtsidentitätskrise getrieben, deren Folgen sie oft ein Leben nicht mehr loswerden. Frauen wagen sich in immer mehr Gegenden abends nicht mehr auf die Straße. In Schulen nimmt der Druck der Moslems auf christliche Kinder zu. Wie weit wird die Kriegstreiberei noch gehen? Und so weiter und so fort. Sorry, aber es gibt nur zwei Möglichkeiten: Weiter so oder deutlicher Richtungswechsel. Und da kann durchaus taktisches Vorgehen notwendig sein, wenn man sich für einen Richtungswechsel einsetzt. Alles andere sind Ausreden oder Kindereien. Jeder in der Bevölkerung ist Teil des ganzen. Und jede persönliche Entscheidung entscheidet über die Zukunft mit.

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