Die Zeichensetzer sind wieder am Werk: Der Bundestag schließt die Botschafter von Russland und Weißrussland von der zentralen Gedenkfeier zum 80. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkriegs am 8. Mai aus.
Zwar wäre das Diplomatische Corps, dem alle in Berlin akkreditierten Botschafter angehören, eingeladen worden, aber man hätte dabei wie üblich „die Einschätzung der Bundesregierung zur Einladung von Repräsentanten“ berücksichtigt, teilte die Bundestagspressestelle mit, wie u.a. welt.de meldet. „Diese Einschätzung führte dazu, dass u.a. die Botschafter der Russischen Föderation und von Belarus nicht eingeladen wurden“, heißt es weiter.
Das Auswärtige Amt habe zuvor in einer Handreichung an Länder, Kommunen und Gedenkstätten des Bundes davon abgeraten, die Teilnahme von Vertretern von Russland und Weißrussland bei Gedenkveranstaltungen zum Ende des Zweiten Weltkriegs zuzulassen. Begründet worden sei das mit der Befürchtung, dass Russland diese Veranstaltungen „instrumentalisieren und mit seinem Angriffskrieg gegen die Ukraine missbräuchlich in Verbindung bringen“ könnte.
Dass offizielle Vertreter Russlands alle Veranstaltungen, zu denen sie eingeladen werden, gern in ihrem Sinne instrumentalisieren würden, ist keine sonderlich überraschende Annahme. Dazu bräuchte es allerdings auch die entsprechende Gelegenheit. Wie sollte die aussehen, wenn die geladenen Gäste nur als Zuschauer auf der Besuchertribüne des Bundestags sitzen und höchstens noch protokollarisch höflich am Beginn der Gedenkfeier Erwähnung in der Begrüßung finden? Fürchten Auswärtiges Amt und Bundestagsverwaltung, dass der russische Botschafter mit seinem weißrussischen Kollegen ein Transparent ausrollt oder durch laute Zwischenrufe auffällt? Hält es die deutsche Demokratie nicht mehr aus, wenn die offiziellen diplomatischen Vertreter von Autokratien und Diktaturen einem Staatsakt als Gast beiwohnen? Gehört das nicht zum politischen Alltag, in dem sich angesichts der Verfasstheit der Welt der Umgang mit Autokraten und Diktatoren bzw. deren Vertretern nun einmal nicht vermeiden lässt?
Unklarheiten bei den Zeichensetzern
Es geht nicht darum, irgendetwas an dem menschenverachtenden, brutalen und blutigen Krieg in der Ukraine zu beschönigen, zu relativieren oder zu verharmlosen, aber dass Deutschland einen der Weltkriegssieger auslädt, hat einen merkwürdigen Beigeschmack. 80 Jahre nachdem sowjetische Soldaten im Reichstag an den Wänden ihre Spuren hinterließen, die – bei der Reichstags-Sanierung denkmalpflegerisch konserviert – extra sichtbar gemacht wurden, wird der diplomatische Vertreter Russlands explizit ausgeladen. Damit wollen Deutschlands Politiker – wie sie es gerne machen – natürlich ein Zeichen setzen.
Nur leider wissen die Zeichensetzer nicht immer genau, was sie mit ihren Zeichen eigentlich zeigen. Diesmal ist es ein Zeichen völliger Verzagtheit. Denn es geht nicht um eine Relativierung der deutschen Verbrechen, wenn man sich fragt: Wäre die Gedenkfeier zum 80. Jahrestag des Kriegsendes im Reichstag nicht eine Gelegenheit gewesen, um im Angesicht eines offiziellen russischen Gastes auch über die Erfahrungen der Ostmittel- und Osteuropäer mit sowjetischer Gewaltherrschaft in den Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg zu sprechen? Wie leicht hatte der Westen vergessen, dass der Sieg über das NS-Regime für einen Teil der Europäer leider noch keine Befreiung war. Und wenn man bei den üblen Nachwirkungen des Sowjetsystems, dessen Zusammenbruch Wladimir Putin bekanntlich sehr bedauerte, angekommen ist, sollte ein Redner auch über den Ukraine-Krieg, dessen hohen Blutzoll und dessen Verursacher nicht schweigen. Dann säßen der russische und der weißrussische Botschafter doch ganz richtig im Publikum.
Aber dazu hätten sich die Gedenkfeier-Organisatoren natürlich einen geeigneten Redner einladen müssen und nicht – wie – Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Da ahnt eigentlich schon jeder, welche Textbausteinsammlung am 8. Mai zu Gehör gebracht wird. Dem Anlass ist das kaum angemessen. Und zu dieser Rede nicht eingeladen worden zu sein, dürften der russische Botschafter und sein weißrussischer Kollege wohl kaum als schmerzhafte Sanktion empfinden.
Peter Grimm ist Journalist, Autor von Texten, TV-Dokumentationen und Dokumentarfilmen und Redakteur bei Achgut.com.

Ist da nicht noch dieser andre Gedenktag in Rußland, dieser Sieg über Nazi Deutschland, wo European leaders ” mit schweren Konsequenzen rechnen müssen, wenn sie hinfahren? So die EU Außenbeauftragte Frau Kallas. Hmmh, wie kommt jetzt eine Außenbeauftragte der EU dazu, u.a. auch der Deutschen Präsidentin der EU Kommission vorzuschreiben, wo sie hinreisen darf u. wo nicht? Also wäre ich Frau v.d. Leyen würde ich mir sowas nicht bieten lassen. Erst recht nicht von einer nachrangigen Dame und schon gar nicht in Anbetracht der deutschen Geschichte.´(Weil, die ist halt auch noch da…...) Der Premier der Slowakei scheint da mehr Geschichtsbewusstsein u. Rückgrat zu haben, es lohnt, seine Rede als Antwort auf die Drohung von Fr. Kallas anzuhören. War nicht der franz Präsident Macron 2019 auch beim victory day? Die DDR schickte scheinbar auch einst Delegierte dorthin. Aber seit es die UdSSR u. die Mauer nicht mehr gibt, haben sich die Verhältnisse in Russland sehr verschlechtert, gerade was die Religionsfreiheit anlangt. Diese neue russische Vielfalt an “nicht inkludierten” Glaubensbrüder*innen, (Christen, Muslime, Juden und noch mehr…. könnte vielleicht erklären , warum eine wiedervereinigte ” DDR” keine Delegierten mehr zum Victory day am 9. Mai schickt. Das mit dem Fall der Mauer u. d. eisernen Vorhang scheint man Gorbi irgendwie nicht verziehen zu haben. Na ja, vielleicht gelingt es ja ersatzweise, aus d. vereinigten Deutschland eine DDR 2 zu machen und aus Europa ein Pendant zur “Sowjetunion” ohne “Opium fürs Volk…..”
Das die Täter die Opfer anklagen hat doch eine lange Tradition in Deutschland.
Hallo Frau Neidhardt, Sie können doch nicht allen Ernstes Stalins mörderischen Feldzug selbst gegen die eigenen Leute, Stalingrad, mit einer Brüskierung von Russland sich schön reden. Man muss doch nicht gerade Putin einladen, aber Vertreter der gemeinsamen deutsch - russischen Kriegsgräber Fürsorge, die gemeinsam trauern um ihre gefallenen Väter und Söhne in einem brutalen Krieg und die nie wieder einen solch mörderischen Krieg erleben wollen. Natürlich haben nach dem Krieg die Sowjetunion die Konzentrationslager weiter geführt, das ist verachtenswert, aber wollen sie nicht auch Versöhnung mit Menschen, denen Frieden genauso am Herzen liegt, wie uns, das können auch Russen sein. Ausgrenzung der Frieden liebenden Menschen ist kein Weg.
“Weltkriegssieger” war die UdSSR nur Dank Amerika. Als Hitlers ehem. Kriegsverbündete sollte man in RU ganz ruhig sein und mal die Geschichte aufarbeiten. RU hat an diesem Anlass nichts zu suchen. Sie hat sich keinen Deut gebessert. Immer noch die Leute unterdrücken und andere Länder angreifen. Wir sind den Weltkriegs-Mitverursachern nichts schuldig. An die RU-Liebhaber: keiner könnte einen Weissrussen, Ukrainer oder Russen voneinander unterscheiden ohne Sprachkenntnisse. Aber an ihrer Einstellung schon. Weissrussen und Ukrainer sind freiheitsliebend und haben keinen Grössenwahn. Wieso lädt man nicht Vertreter der Ukraine und Weissrussland ein (nicht Lukaschenko sondern jemanden von der Opposition im Ausland)? Diese zwei Länder haben unter dem Hitler-Stalin-Pakt am meisten gelitten. Putin kann zur Hölle fahren am 9. Mai.
Es wäre zum Lachen…
@ Sofie Lauterbach War Ihre Frage ironisch gemeint? Reemtsma hat mit seinem Wanderzirkus “Verbrechen der Wehrmacht” nur eine Seite der Geschichte erzählt. Es gibt aber auch die Dokumentation “Verbrechen an der Wehrmacht”. Im Krieg ist keine Seite unschuldig.
Der einzige Fehler bei dieser Veranstaltung ist, daß sie überhaupt stattfindet. Welches Volk außer den Deutschen feiert seine eigenen Niederlagen? Sollen die Ex-Sowjets doch in Moskau und Minsk eilig von der Donbass-Front geholte Panzer an einer Tribüne vorbeirattern lassen. Hätten Stalin und Schukow die russische Armee von heute gehabt, wäre die Wehrmacht schon im September 1941 in Moskau gewesen. Die haben keinen Grund für Großkotz, aber so ist die ostslawische Seele nun mal. Aber wir? Räumt endlich die schäbigen Denkmäler der Sowjets ab, baut welche für die vergewaltigten Frauen von damals hin und gut ist.