Roger Letsch / 28.05.2025 / 12:00 / Foto: Imago / 21 / Seite ausdrucken

Weiße Opfer darf es nicht geben

Seit Donald Trump seinem südafrikanischen Amtskollegen Cyril Ramaphosa die schlechte Behandlung der weißen Minderheit vorgeworfen hat, bemühen sich hiesige Medien, ihm falsche Angaben zu unterstellen. Aber was ist, wenn Trump recht hat?

Bis heute sind sich die Medien nicht einig darüber, ob Trump nun ein gerissener und skrupelloser Dieb ist, der Schwarze hasst und bei Putin auf der Gehaltsliste steht, oder doch nur ein dicker alter Mann mit orangen Haaren, dessen IQ in der Nähe der Zimmertemperatur liegt und dessen Rhetorik neben einem Kutscher ausgebildet wurde. Deshalb entscheidet man sich meist für eine Mischung aus beidem und nennt ihn verrückt. Leider sind es aber meist die Hirne seiner Kritiker, die in seiner Gegenwart in den mentalen Ausnahmemodus schalten und nichts, buchstäblich nichts gelten lassen können, was Trump sagt, schreibt oder tut.

Seit Trump im Jahr 2015 die goldene Rolltreppe herunter kam, um seine Kandidatur anzukündigen, geht das nun schon so. Und es ist ermüdend, denn während manche in seinen oft ausschweifenden Reden die Substanz suchen – und oft auch finden –, kommt zuverlässig die eine oder andere Stelle, wo Missverständliches aufblitzt. Ein misslungener Vergleich, eine naive Nachfrage, ein saftiges Bild… meist reicht auch ein weggeschnittener Halbsatz, um eine Aussage Trumps ins Gegenteil zu verdrehen, und in Dauerschleife werden die Medien sich daran abarbeiten, bis etwas Neues zu finden ist.

2020 hieß es in medialer Dauerschleife, Trump habe den Amerikanern empfohlen, sich Chlorbleiche gegen Covid zu spritzen. Upsi, hat er doch nicht – eure offiziellen Faktenchecker (vier Jahre später). Auf die Lüge, Trump hätte weiße Nationalisten und Neonazis „gute Leute“ genannt, begründete Joe Biden sogar seine Entscheidung, 2020 gegen Trump anzutreten. Upsi, wir haben da leider die entscheidenden Stellen weggelassen. Trump verurteilte in dieser Rede weiße Nationalisten und Neonazis – eure offiziellen Faktenchecker (leider auch erst vier Jahre später).

Blindheit westlicher Medien gegenüber den Vorgängen in Südafrika

Die News waren da schon längst weitergezogen, Orange-Man-Bad-Effekt konnte ungestört seine Wirkung tun, und die klammheimliche Richtigstellung einer medialen Lüge fällt stets in die nächste große „Haltet den Dieb!-Saga“. Und so geht es weiter und weiter. Wie lange wird es dauern, bis die Erzählungen der nun in die USA umgesiedelten 59 weißen Farmer zu den Faktencheckern durchgedrungen sind? Wie wird das „Upsi“ dazu ausfallen? Sorry Leute, dass wir euch das mit den vielen Morden nicht geglaubt und euch zu Lügnern erklärt haben… schau dort, ein Vogel!

Die Medien arbeiten sich an einem Nebenaspekt, einem falschen Wort oder einer missverständlichen Formulierung Trumps ab, um sich mit dem Kern dessen, was er meint, nicht befassen zu müssen. Die Angst, die eigenen geliebten Vorurteile nicht bestätigt zu finden, wackelt am Weltbild des Haltungsjournalisten. Angesichts der nun schon etwa sieben Jahre andauernden Blindheit westlicher Medien gegenüber den Vorgängen in Südafrika war deshalb zu erwarten, dass die Medien das kleine öffentliche Tribunal, welches Trump dem Präsidenten von Südafrika, Cyril Ramaphosa, im Weißen Haus bereitete, nicht ohne einen wegwischenden Kommentar stehen lassen konnten.

Der Vorwurf der Nichtbeachtung eines Genozids ging schließlich auch direkt an die Medien selbst, die darüber nichts sehen, nichts hören und vor allem nichts senden oder schreiben wollen. Bis vor wenigen Jahren taten sie das noch. Doch zuverlässig wie so oft lieferte Trump ihnen diesen einen Lapsus, der nun alle Genozid-Vorwürfe ungültig machen soll, … schau dort, wie der schreckliche Elon Musk sich an seinem Heimatland rächen will!* Doch der Reihe nach.

Den Vorwurf Donald Trumps, in Südafrika finde ein Genozid an weißen Farmern statt, weist n-tv brüsk und pauschal zurück: „Ramaphosa hat die Vorwürfe eines Völkermords an Weißen in seinem Land zurückgewiesen. Das Narrativ ist unter extremen Rechten in den USA und anderswo verbreitet. Zwar hat Südafrika eine vergleichsweise hohe Mordrate. Die überwältigende Mehrheit der Opfer sind jedoch Schwarze.“ Soll heißen: Es gibt nichts zu sehen in Südafrika, und jeder, der etwas anderes behauptet, ist mindestens ein extremer Rechter. Und nur zur Einordnung: Die Journalisten, die uns erzählen, in Südafrika gäbe es keine Probleme für weiße Farmer, sind die selben, die schon sicher wussten, dass mit Joe Biden alles in bester Ordnung sei.

Doch die wenigen dürren Worte bei n-tv und anderswo widerlegen keinen Vorwurf, und das konnte auch Präsident Cyril Ramaphosa nicht, als er sich vor laufenden Kameras vorführen lassen musste. Und zwar auf einer Art und Weise, wie es eigentlich die Aufgabe von Journalisten ist. Doch die haben scheinbar gerade anderes zu tun.

Genozid? Hier doch nicht!

Zurückgewiesen hat Ramaphosa die Vorwürfe, gewiss. Wer würde das nicht tun! Genozid an weißen Afrikanern sei keine offizielle Regierungspolitik, sagte er, na klar! Welche Regierung würde so etwas zugeben und solche Sachen derart plump in Gesetze gießen. Die Morde an weißen Farmern sind nicht das erklärte Ziel der Regierungspolitik, sondern deren Konsequenz. Heute ist es für weiße Farmer in Südafrika bis zu dreimal so wahrscheinlich, durch ein Gewaltverbrechen zu sterben (92–150 pro 100.000) wie für einen Polizisten in dem Land (54–60 pro 100.000).

Die überwältigende Mehrheit der Mordopfer im Land ist allerdings tatsächlich Schwarz, was statistisch kaum anders sein kann in einem Land, in dem Weiße mit knapp acht Prozent eine kleine Minderheit sind. Eine Zahl, die sich seit dem Ende der Apartheid von neun Prozent insbesondere durch Auswanderung schon deutlich verringert hat. Doch gehen Sie weiter, hier gibt es nichts zu sehen! Ganz normale Morde sind das in einem Land mit einer der höchsten Mordraten der Welt. Spätestens an dieser Stelle müsste mediale Kritik oder wenigstens Besorgnis darüber einsetzen, wie das führende Industrieland Afrikas, das aus der dunklen Zeit der Apartheid mit einer prosperierenden Wirtschaft und intakter Infrastruktur in die Zukunft der „Regenbogennation“ startete, so auf den Hund gekommen sein mag. Doch nichts davon.

Da man die ausufernde Gewalt schlecht den paar Weißen in die Schuhe schieben kann angesichts der Tatsache, dass der ANC seit mehr als 30 Jahren alle Macht in den Händen hat, sagt man lieber gar nichts oder bucht die Vorgänge einfach unter Folklore ab. So sei er nun mal, der schwarze Mann, wenn er erst das Joch weißer Vorherrschaft abgeschüttelt und in das das gelobte Land der Gleichheit vorgedrungen sei, wo ungerechte weiße Apartheid ersetzt wird durch bessere, „gerechtere“ Gesetze. Heute sind in Südafrika mehr rassistisch diskriminierende Gesetze in Kraft als während der gesamten Periode der Rassentrennung bis 1994.

Rauschende Feste, Kampfgesänge und verborgene Zahlen

Kampfgesänge mit eindeutiger Botschaft wie das „Kill the Boer, kill the farmer!“, gern von Julius Malema, dem Chef der kommunistischen Partei „Economic Freedom Fighters“ zur Gemeinschaftsbildung in Stadien mit 70.000 Anhängern gesungen, würde man europäischen oder amerikanischen Nationalisten mit ethnischer Schlagseite kaum als Folklore und Reminiszenz an die guten alten Zeiten des Kampfes gegen die Apartheid durchgehen lassen. Aber der Rassismus der gesenkten Erwartung und verfestigten Doppelstandards ignoriert problemlos, dass Malema keineswegs der geknechtete Angehörige einer unterprivilegierten, unterdrückten Gruppe ist. Der Mann hat Kommunikationswissenschaften studiert und sein Studium sogar abgeschlossen. Durch seine Beziehungen hat er es für einen Revolutionär zu bemerkenswertem Reichtum gebracht: Sein persönliches Vermögen wird auf drei Millionen US Dollar geschätzt, und er zeigt seinen Reichtum gerne bei rauschenden Festen der schwarzen Elite.

Malema weiß genau, was er tut. Er ist der Kopf der drittstärksten Partei im Land, und er verklärt auch nicht vergangene Zeiten des Widerstands, sondern blickt in die Zukunft des Landes. In dieser Zukunft kommen weiße Afrikaner nicht vor.

Merkwürdig auch, dass in der Presse so sehr auf einer „überwältigenden Mehrheit Schwarzer“ in der Mordstatistik beharrt wird. Hat da mal jemand nach Zahlen gefragt? Denn das dürfte schwierig werden, weil die ethnische Zugehörigkeit von Mordopfern seit 2007 in Südafrika nicht mehr erfasst wird. Zwar hängt im heutigen Südafrika für Status und Karrierechancen so gut wie alles per Gesetz davon ab, ob man in die Kategorie „black“, „coloured“ oder „white“ gezählt wird, doch ausgerechnet in der Opferstatistik nicht. Ein Schelm ist, wen da Zweifel an den Beschwichtigungen beschleichen – wenn nicht gar ein rechter Hetzer, weil er unter das Handtuch zu schauen versuchte. Ein Handtuch, das vor Blut trieft.

Der Unterschied zwischen Zivilisation und Barbarei

Im Jahr 2012 wagte es die deutsche Presse noch, einen Blick zu riskieren. So die ZEIT, die über den Hügel voller weißer Grabkreuze berichtete, der an die ermordeten Farmer erinnern soll. Ein Hügel, der 2004 angelegt wurde und seitdem regelmäßig weiter wächst. Aus etwa 3.000 Kreuzen besteht das Witkruis Monument heute. Noch 2018 scheint das Problem im öffentlichen Bewusstsein geduldet worden zu sein. Auch in der ARD, die im Weltspiegel über mehrere besonders grausame Morde und Folter berichtete.

Das Problem mit offiziellen Zahlen getöteter Farmer hatte 2018 jedoch schon Lauren Southern bei ihrem Versuch, den Morden im Rahmen einer Dokumentation auf den Grund zu gehen. Für „Farmlands“ suchte Southern deshalb dort nach Beweisen, wo nach erfolgten Morden und vor der Verteilung der Beute der unangenehme Teil des Aufräumens erfolgt: Tatortreinigung. Eine Branche, die offenbar floriert, und was die Mitarbeiter besonders auf Farmen zu sehen bekommen, nachdem sie meist nächtlichen Besuch von bewaffneten Banden hatten, schildern sie in „Farmlands“ in drastischen Worten.

Begünstigt werden die Verbrechen nicht nur dadurch, dass es keinerlei Schutzmaßnahmen durch die Polizei gibt. Die ignoriert das Problem einfach. Dadurch dass die Farmen oft sehr weit verstreut und vereinzelt liegen, ist Hilfe ohnehin nur schwer zu bekommen. Während der in Südafrika täglich für mehrere Stunden anhaltenden rollenden Blackouts funktionieren auch Alarmanlagen nicht, es sei denn, man ist vermögend genug, sich durch Solaranlagen, Akkuspeicher und Dieselgeneratoren unabhängig vom Netz zu machen. Der Unterschied zwischen Zivilisation und Barbarei liegt in einer Woche Stromausfall, so heißt es. Ein Blick nach Südafrika zeigt, dass über den Zeitraum wohl noch Uneinigkeit herrscht.

Während in Deutschland eine Solaranlage auf dem Dach als Abzeichen braven Spießbürgertums mit Hang zur affirmativen Begeisterung für grünen Wirtschaftsumbau gelten darf, ist sie in Südafrika ein Zeichen des Misstrauens und der Eigenverantwortung. Sich vom unzuverlässigen staatlichen Stromanbieter ESCOM unabhängig zu machen, ist für viele Firmen überlebenswichtig. Kein Strom, kein Geschäft, so einfach ist das. Und wo Strom ist, muss noch was zu holen sein, sagt sich der korrupte Staat und plant, das Ausweichen seiner Bürger auf Selbstversorgung nun auch zu Geld zu machen: mit einer geplanten Steuer auf Solarmodule.

Wir brauchen keine Erlaubnis

Doch zurück ins Weiße Haus und zur Frage, worüber sich die Journalisten eigentlich so aufregten und reflexartig reagierten. Die Muster sind nämlich eintrainiert und das tägliche Brot einer Branche, die sich mit oberflächlichen Faktenchecks gern an den Worten Trumps abarbeitet, um das Gesagte nicht zur Kenntnis nehmen zu müssen. So bezeichnete Trump die in einem Video zu sehenden Kreuze am Straßenrand als Gräber, was sie natürlich nicht waren. Auch in Südafrika werden Mordopfer nicht am Straßenrand verscharrt. Es handelte sich vielmehr um eine Aktion zur Erinnerung an die ermordeten 3.000 Farmer, die auch nicht permanent am Straßenrand zu sehen war. Via Google Maps die Stelle aufzusuchen, dort keine Kreuze vorzufinden und „debunked“ zu rufen, ist so albern wie aus Bildern vom leeren Platz vor dem Brandenburger Tor in Berlin zu schließen, es gäbe in Deutschland keine „Demos gegen Rechts“.

Doch kein großer Auftritt von Trump wäre perfekt, wenn nicht an irgendeiner Stelle seiner Oberflächlichkeit in Detailfragen ihm Behauptungen entfleuchten, die seine Anhänger stöhnen und seine Kritiker jubeln ließen. Und man darf sich schon fragen, was ihn bewog, den Vorwurf eines Genozids in Südafrika mit Fotos aus dem bürgerkriegsgeschüttelten Kongo zu untermauern. Hat er die Mappen verwechselt? Hat er frustriert bemerkt, dass es wenig kamerataugliches Material über die Morde an weißen Farmern gibt und sein Presseteam angewiesen „gebt mir irgendwas“? Erwartete er womöglich Widerspruch von Ramaphosa? Der war sich seiner Sache nämlich auch nicht sicher und griff nicht erklärend ein. Er schien unsicher gewesen zu sein, dass die Fotos nicht vielleicht doch das zeigten, was Trump behauptete. Wie auch immer, die Bilder waren echt, zeigten aber eben keine toten weißen Farmer. Für Reuters, woher die Bilder stammen, sind ermordete weiße Südafrikaner ja ohnehin kein Motiv. Für die empörten Medien war dieser eine Fehler Trumps natürlich der perfekte Anlass, seine sämtlichen Vorwürfe in Bausch und Bogen zu verdammen. Dabei haben die es wirklich in sich.

Das Video im Weißen Haus zeigte gleich zu Beginn Ausschnitte einer Rede von Julius Malema im südafrikanischen Parlament, in der er verkündet: „Menschen werden Land besetzen. Wir brauchen dafür keine Erlaubnis vom Präsidenten“. Die Faktenchecker bei Reuters behaupten, es handele sich um ungenutztes Land, und die Besetzer seien verzweifelt, weil sie sonst nirgends hin könnten. Doch wenn das so ist, warum mussten sich die Wirtschafts- und Bürgerrechtsorganisationen AfriBusiness und Afriforum vor Gericht eine Verfügung erwirken, die es Malema und seiner EFF untersagt, Menschen zum Landraub aufzufordern? Nicht dass dies viel genutzt hätte, aber wozu etwas verbieten, was angeblich niemandem schadet? Und weil wir gerade bei Gerichten sind, schauen wir uns doch mal das gesetzliche Umfeld an, in dem das alles stattfindet. Und zwar am Beispiel der zwei wichtigsten Säulen des neuen südafrikanischen Rassismus.

BEE – „Diversity“ auf Speed

Klang „Black Economic Empowerment“ bei Einführung 1994 noch nach Gerechtigkeit und Teilhabe, ist die Erweiterung, „Broad-Based Black Economic Empowerment“ (BBBEE) aus dem Jahr 2003, Diversity auf Speed. Es handelt sich um staatliche Richtlinien und Verhaltensregeln bei Investment, Personalpolitik und Unternehmensführung, die jedes Unternehmen einhalten und akribisch dokumentieren muss, wenn es beabsichtigt, direkt oder indirekt mit oder im südafrikanischen Staat Geschäfte zu machen. Es betrifft also so gut wie jeden.

Ziel ist es, möglichst wenige Weiße an Positionen mit Entscheidungsmacht – und sei die noch so klein – zu haben. Im Rahmen von BBBEE gelten als Schwarze Menschen unter anderem Schwarzafrikaner, Farbige, Inder und Chinesen. In einem komplexen Punktesystem werden zum Beispiel Eigentum am Unternehmen, Managementpositionen, Expertise und Lieferantennetze überprüft und fließen in ein neunstufiges Bewertungsmodell ein, das von „Stufe 1“ bis hinab zu „Nichteinhaltung“ reicht. Je besser die Einstufung, umso geschmierter laufen die Geschäfte mit dem Staat und fließen die Subventionen. Das System verschlingt erhebliche Ressourcen und ist eine Einladung zu Korruption, Erpressung und Ineffizienz und schreckt ausländische Investoren ab. Letzterem abzuhelfen, war der eigentliche Grund für Ramaphosas Besuch im Weißen Haus, denn die Wirtschaft in Südafrika geht mittlerweile auf dem Zahnfleisch. Ob Ramaphosa angesichts der Bilder vom Treffen mit seiner Charme-Offensive erfolgreich war, darf bezweifelt werden.

Das öffentliche Interesse

Im Januar 2025 unterzeichnete Präsident Cyril Ramaphosa ein Gesetz, das die entschädigungslose Enteignung von Land erlaubt. Die Verwirrung, die weltweit bewusst über die Zustände in Südafrika herrscht, ist geradezu exemplarisch in der Reaktion auf dieses Gesetz enthalten. Es sei eine Kann-Bestimmung, so heißt es. Doch das für die Enteignung notwendige „öffentliche Interesse“ definiert die Regierung. Das Gesetz enthalte keine Formulierung, dass nur weiße Farmer betroffen seien. Aber es betrifft eben nur diese, weil weiße Farmer dank BBBEE längst keine Definitionsmacht mehr über „öffentliches Interesse“ haben. Nahm der Druck, Farmland „freiwillig“ zu verkaufen, jahrelang durch die brutalen Überfälle zu, können die Interessenten nun darauf hoffen, am Ende gar nichts für das Land bezahlen zu müssen. Dass Enteignungen erst erfolgen dürfen, wenn die Behörde erfolglos versucht hat, eine Einigung mit dem Eigentümer zu erziehen, ist angesichts der Machtverhältnisse zwischen Käufer und Verkäufer nichts als ein legalistisches Feigenblatt.

Die Delegation

Schaut man sich nun die Delegation an, mit der Ramaphosa angereist war, fallen die vielen weißen Nasen auf, die er dabeihatte. Doch man darf annehmen, dass Trump die Absicht erkannte und schon deshalb so harsch reagierte, weil er sich auf gut deutsch verarscht vorkam. Bezeichnend ist zudem, dass bis auf den Landwirtschaftsminister keiner der mitgebrachten Promis in Südafrika lebt. Johann Rupert, der als reichster Mann Südafrikas gilt, lebt in Genf und London. Golfprofi Ernie Els in Palm Beach. Retief Goosen, ebenfalls Golfprofi, hauptsächlich in Orlando, Florida. Ramaphosa brachte also weiße Exilanten zum Treffen mit Donald Trump, um irgendwie zu beweisen, dass es kein Problem für Weiße in Südafrika gibt. Noch dazu handelte es sich durchgehend um Menschen, die sich problemlos jede Art von privater Sicherheit leisten können, wie man sie überall auf der Welt für Geld kaufen kann. Und selbst bis in diese Kreise ist die „Verschwörungstheorie“ von den Problemen weißer Farmer offenbar vorgedrungen. Es war nämlich Goosen, der Trump erzählte, dass die Farm seiner Familie in Polokwane auch schon von den Angriffen betroffen war. Debunking sieht irgendwie anders aus.

Doch was ist nun dran am Vorwurf des Genozids, den Medien und südafrikanische Regierung so vehement bestreiten? Man sollte hier nicht vom Ende her denken. Nicht jeder Genozid erreicht die Ausmaße des Holocaust. Genozid ist jedoch ein mehrstufiger Prozess, dessen Ablauf einer inneren Logik folgt. Es braucht die Vollendung mehrerer Phasen, um immer noch einen Schritt weiter gehen zu können, wie es Professor Gregory Stanton in seinem 10-stufigem Eskalationsmodell darlegt. Die Eskalation beinhaltet Folgendes: Klassifizierung, Symbolisierung, Diskriminierung, Entmenschlichung, Organisation, Polarisierung, Vorbereitung, Verfolgung, Vernichtung, Leugnung.

Beim vorletzten Punkt, der Vernichtung, ist Südafrika zum Glück noch nicht angelangt. Alle anderen Kriterien lassen wenig Zweifel, dass sich das Land derzeit auf keinem guten Weg befindet. Leider hat nach der Machtübernahme durch den ANC die afrikanische Krankheit auch Südafrika befallen: Man benutzt Macht und Freiheit nicht, um das Land voranzubringen, indem man das Leben aller Bürger verbessert, sondern bereichert kurzsichtig Familie und Stamm. Und der ANC ist eine sehr große Familie!

Als sich der amerikanische Präsident Lincoln nach seiner Wahl von Schmeichlern umringt sah, die Posten und Pöstchen von ihm haben wollten, soll er entnervt ausgerufen haben: „To many pigs for the tits!“ – zu viele Ferkel für zu wenige Zitzen. Solch ein Schrei müsste wohl auch dem südafrikanischen Präsidenten entfahren, um dort das Ruder noch herumzureißen und die Politik entlang ethnischer Zugehörigkeiten endlich durch ein echtes meritokratisches System zu ersetzen. Dass Cyril Ramaphosa dies schaffen kann, darf bezweifelt werden, jedoch sollte man sich das im Interesse der Menschen eines Landes, das wohl zu den schönsten dieses Planeten gehört, dringend wünschen.

(* Dieses Schmierenstück von ARTE bedarf einer gesonderten Betrachtung. Sehen Sie es sich bitte als Hausaufgabe für „Jugend forscht nach Ursache und Wirkung“ schon mal an.)

 

Roger Letsch, Jahrgang 1967, aufgewachsen in Sachsen-Anhalt, als dieses noch in der DDR lag und nicht so hieß. Lebt in der Nähe von und arbeitet in Hannover als Webdesigner, Fotograf und Texter. Sortiert seine Gedanken in der Öffentlichkeit auf seinem Blog unbesorgt.de.

Foto: Imago

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Leserpost

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Bernd Seliger / 28.05.2025

Ich las, vor einiger Zeit, Weiße würden in Südafrika bei der Jobsuche aktiv diskriminiert. Zuerst kämen alle nicht-weißen, erst dann, wenn überhaupt Weiße. Nur insofern, falls der Arbeitgeber ein Schwarzer, Nicht-Weißer sein sollte?

Th. Gerbert / 28.05.2025

Unabhängig von der Frage, was in Südafrika tatsächlich passiert, ist es doch putzig, dass Journalisten, die sonst jeden Migranten, der in Deutschland um Asyl bittet, sofort als “Schutzsuchenden” bezeichnen, also als jemanden, der ein legitimer Asylsuchender ist (egal, welche Lebensgeschichte und Motivation er haben mag), sich jetzt herablassend, verächtlich oder spöttisch über die in die USA eingereisten weißen Farmer und um die Gewährung von Asyl durch die US-Regierung äußern. Wobei wir wieder beim beliebten Thema “Doppelstandards” wären.

kai marchfeld / 28.05.2025

Vor allem die Menschen mit einem “linken” Weltbild beeindrucken mich immer wieder mit ihrem betonierten, fest gerasterten Weltbild. Jede Info wird konsequent so zurecht gebogen, dass sie in ihr gusseisernes Weltbild passt. Nur so lässt es sich erklären, dass Menschen aus islamischen Ländern (auch durch unsere Kirchen) mit Barmherzigkeit geradezu überschüttet werden - unabhängig davon, ob diese das wollen oder verdienen oder auch nicht. Gleichzeitig herrscht Schweigen über das Schicksal der koptischen Christen…findet einfach nicht statt. Ich bin auch immer wieder fasziniert von linksgrünen Frauenbewegten, die lautstark jeden “zu lange dauernden” Blick eines (hiesigen) Mannes anklagen…gleichzeitig öffnen sie Tür und Tor für Heerscharen von Zeitgenossen, deren Frauenbild im späten Mittelalter anzusiedeln ist. Wenn dann einer dieser “Schutzbefohlenen” mal wieder entgleist, seine Frau die Treppe hinunterwirft, ist dieser dann entweder auch noch Opfer seiner Sozialisation in seinem patriarchalischen Heimatland (wofür der Westen auch verantwortlich ist)...oder eine bunte Bereicherung unseres Zusammenlebens. Dieses pausenlose, notorische “Ans-eigene-Bein-Pissen” muss irgendeine fehlgeleitete sexuelle Komponente haben. Es ist krank und geht mir auf den Keks.

Peter Gallert / 28.05.2025

Diskriminierung Weisser gibt es in Suedafrika, genau so wie es in Deutschland die Diskriminierung von Maennern gibt: In der Absicht, vormalige Vorteile auszugleichen, hat man(n) jetzt einen Nachteil. Dass das schlecht fuer die Wirtschaft ist—in Suedafrika wie in Deutschland—weiss man und nimmt man in Kauf, um die naechsten Wahlen wieder zu gewinnen. Genozid ist Quatsch, zumindest zur Zeit noch. Wie schon im Artikel erwaehnt, verzichtet Suedafrika sogar darauf, die ethnische Zugehoerigkeit ueberhaupt zu erfassen. Andere typische Faktoren wie Entmenschlichung, Entwaffnung, Polarisierung (gemaess dem verlinkten Artikel auf Gfbv) fehlen auch. Allerdings ist die Kriminalitaetsrate derart hoch, dass man meinen koennte, sich im Krieg oder unter Belagerung zu befinden, egal, wieviel Licht man reflektiert. Die 60 Hanseln, die jetzt ausgewandert sind, kamen aus dem extremen Praekariat. Ich goenne ihnen die neue Chance. Gruss von einem Weissen aus einem Nachbarland Suedafrikas!

Lutz Liebezeit / 28.05.2025

Was man dieser Tage feststellen kann, daß Gegen- und Protestbewegungen nur entstehen, wenn das Regime das will. 1981: „300.000 gegen den NATO-Doppelbeschluss – Deutschlandfunk“ Ins Leben gerufen haben den Massenprotest die Atomwissenschaftler Max Born, Otto Hahn und Werner Heisenberg. 1958 kam es auf Initiative von SPD, DGB und kirchlichen Gruppen zur Gründung des Ausschusses “Kampf dem Atomtod”. Dieser organisierte eine Reihe von Massendemonstrationen gegen die atomare Bewaffnung. Die Grünen sind keine eigenständige Bewegung, sondern eine Abspaltung von DGB, SPD, kirchlichen Gruppen. Deshalb sind die Programme alle austauschbar. Das ist alles dasselbe.  Joschka Fischer hält Vorträge vor Investmentbankern, Annalena Baerbock posiert mit George Soros und ist vom WEF zum YGL nominiert worden und die halbe Bande ist Gast bei den Bilderbergern gewesen. Corona-Scholz traf da “zufällig” auf Impf Bill Gates. Der schlimmste Scharfmacher ist dieser reaktionäre Freak Anton Hofreiter, seine Stunde war mit Corona gekommen, da war er als I.G.Farben Apostel unterwegs und wollte alle zwangsspitzen, und jetzt ist er der olivgrüne Kriegstreiber gegen Russland. Diese Freaks haben früher aus der Entfernung wegen der langen Haare liberal gewirkt, aus der Nähe waren die strunzdumm und reaktionär. Auf so einem Parteitag der Grünen wurde der normale Mensch schnell desillusioniert.

Lutz Liebezeit / 28.05.2025

Amelie Fried und Heiner Bremer haben sich in ihrer Talkshow gegen eine Re-Nationalisierung Deutschlands ausgesprochen. Was heißt das anders, als die Deutschen als Volk auszulöschen? Was heißt das anderes, als daß man sich bei den Deutschen mit dem Völkerrecht das Rektum abputzt? Die benutzen ja auch die Verfassung als Fußmatte. Das wissen die sehr wohl, denn viele Parlamentarier waren und sind Juristen! Man kriegt heute im politisch-medialen Komplex keinen Fuß auf den Boden, wenn man nicht antideutsch tickt. Sarrazins Buch “Deutschland schafft sicht ab” hat die Rassisten im Parlament auf dem falschen Fuß erwischt, die halten das “Pack” für genauso käuflich wie sich selber. Gauck hat dazu aufgerufen, die nationalen Identitäten in Europa zu zerstören, was ist das anderes als Rassismus gegen Weisse? Unterdrücker eiern mit Schutzbehauptungen herum, fahren ein Programm präventiver Schuldzuweisung - und weichen aus. Die sind empört wie der Falschspieler, wenn man ihn ertappt, und antworten niemals direkt. Phrasengauckelei. Die führen einen verdeckten Krieg gegen uns und die europäischen Stämme! Die sind durchtrieben, heimtückisch, verlogen und total arrogant, die leben in dem Wahn, eine Herrenrasse zu sein. Wir merken nicht, wenn Talk Show-Simpel nur in logischen Brüchen denken und rassistische Sprüche klopfen? Die sind nicht anders als die römischen Barbaren, die können nicht anders regieren als über Leichen.

P. Wedder / 28.05.2025

Habe kurz nach der Jahrtausendwende das Buch „Schande“ von J. M. Coetzee gelesen. Der Wandel in der südafrikanischen Gesellschaft samt Hass und Schuldgefühle, war fast körperlich in diesem Buch spürbar. Sehr beklemmend. Das, was jetzt in den Medien thematisiert wird, wurde in diesem Buch schon geschildert. Offensichtlich hat sich in 20 Jahren der Grundtenor nicht geändert.

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