In meinem letzten Beitrag hier auf Achgut.com hatte ich ja eine Chronologie der Angriff und Widerstände gegen die Bremer AfD dokumentiert. Wer nun glaubt, allein die AfD sei in Bremen die Zielscheibe von antidemokratischem Verhalten, der täuscht sich gehörig. Auch die Bremer Linkspartei ist, wenn auch nicht im Ausmaß der AfD, die Adressatin von Hass und Menschenverachtung.
Schusswaffen-Anschläge auf Bremer Linkspartei
In den Jahren 2018 und 2019 war die Linkspartei jeweils Ziel von Anschlägen, die mutmaßlich mit einer Schusswaffe begangen wurden. So gab es zunächst im Februar 2018 ein Attentat auf das Parteibüro in der Bremer Neustadt. Die Bremer Polizei schrieb damals dazu:
„Gestern erhielt die Polizei Bremen Kenntnis von einer Sachbeschädigung. In der Fensterfront des Parteibüros im Buntentorsteinweg wurden zwei Löcher festgestellt. Wann und wodurch diese entstanden sind, müssen jetzt die weiteren Ermittlungen zeigen“.
Die Bremer Linkspartei hatte seinerzeit eine weitergehende Vermutung, die den Einsatz einer Schusswaffe in Erwägung zog, die Fotos legen dies zumindest nahe:
„Auf das Büro in der Bremer Neustadt wurde offenbar geschossen. Die örtliche Polizei bestätigte die Vermutung, dass es sich um Einschusslöcher handele. Der Staatsschutz ermittelt.“
Im März 2019 war dann das Abgeordnetenbüro des LINKE-Bürgerschaftsabgeordneten Cindi Tuncel Ziel eines Anschlags. Die taz berichtete seinerzeit:
„Ein Beiratsmitglied und ein Kreisvorstand, die sich im Büro aufhielten, hätten um Viertel vor neun ein Geräusch gehört, berichtet Tuncel: ‚Sie schauten nach und entdeckten ein Loch in der Scheibe der Fensterfront.‘ Dies sei ‚glatt und nicht groß, weswegen es eher nach einer Kugel als nach einem Stein aussieht‘ […] [Tuncel]: ‚Es sieht so aus, als hätte jemand versucht, gezielt jemanden durch die Scheibe zu treffen.‘"
Erdogan-Anhänger drohen jesidischem Linkspartei-Politiker
Wie im vorangegangenen Fall hatte auch hier der Staatsschutz der Polizei die Ermittlungen aufgenommen, „weil eine politische Motivation nicht ausgeschlossen werden könne“. Für das Jahr 2018 verliefen die Ermittlungen ins Leere. Der Polizeisprecher dazu: „Es konnten keine Täter ermittelt werden.“
Cindi Tuncel, dessen jesidische Familie 1985 aus der Türkei floh, ist wiederholt das Ziel von fanatisierten Erdogan-Anhänger und Islamisten geworden, da er sich in seiner parlamentarischen Arbeit unter Anderem kritisch mit Erdogans Bremer Vasallen und dem Islamischen Staatauseinandersetzt. Die taz schreibt dazu:
„Er [Cindi Tuncel] selbst bekomme täglich Drohanrufe. Im Hintergrund laufe dann oft militärische Musik, die Anrufer beschimpften ihn auf Türkisch und Deutsch, ohne jedoch konkrete und justiziable Drohungen auszusprechen“
Trotzkist Sebastian Rave erhält Todesdrohung
Wie die Kreiszeitung berichtet, wird seit Freitag, dem 10. Mai 2019, der Linkspartei-Politiker und Trotzkist Sebastian Rave mit dem Tode bedroht. Rave ist Organisator des Bremer „Bündnis gegen Rechtspopulismus und Rassismus“, das am 25. Mai 2019 eine Demonstration gegen Rechts abhält. Die Bremer Polizei schreibt dazu (Pressemitteilung vom 10.05.2019):
„Ein 37 Jahre alter politisch engagierter Bremer hat in der Nacht zu Freitag eine Drohmail erhalten. Der Staatsschutz der Polizei Bremen hat die Ermittlungen aufgenommen. Der Bremer erstattete am Freitag bei der Polizei Strafanzeige wegen Bedrohung. Ein anonymer Absender hatte ihn zuvor in einer E-Mail mit dem Tode bedroht. Der Staatsschutz der Polizei Bremen steht in Kontakt mit dem 37-Jährigen und prüft einen politisch motivierten Hintergrund. Die weiteren Ermittlungen dauern an.“
Die E-Mail, die Sebastian Rave dazu ins Netz gestellt hat, klingt nach bekanntem neonazistischen Szenesprech, den man nicht leichtfertig als „ungefährlich“ abqualifizieren sollte:
„Betreff: du bist so gut wie tot
dreckige zecke
wir werden dich aufschlitzen
der 25.5. wird dein todestag!“
Denn wenn eines zwar nicht für Bremen, dann aber doch für dessen Exklave Bremerhaven gilt: Hier gibt es einen harten Kern von Neonazis. Da bei Bremer Bürgerschaftswahlen für das Bremerhavener Stadtgebiet eine gesonderte 5%-Hürde gilt, gelang die rechtsextreme DVU in den Jahren 1987, 1999, 2003 und 2007 einzig durch deren Überwindung in Bremerhaven in die Bürgerschaft. Aktuell versucht die neonazistische Kleinpartei „Die Rechte“ hieran in Bremerhaven anzuschließen und tritt auch nur dort zur Bürgerschaftswahl 2019 an.
Raves Demonstrationsaufruf triggert Neonazis
Die Bremen Linkspartei twittert dazu:
„Drohungen von Nazis gegen unsere Mitglieder werden uns nicht unterkriegen. Deshalb am 25. Mai zur Demo gegen Rechts und am 26. die AfD unter 5% halten #nazisraus“
Der Demonstrationsaufruf, der zu der Todesdrohung führte, enthält folgende Passage, die die Bremer Rechte beziehungsweise deren Nazis definiert:
„Wir rufen dazu auf, sich an unserer Kampagne gegen AfD, BIW und Neonazis zu beteiligen. Am 25. Mai, einen Tag vor den Wahlen, möchten wir ein Zeichen setzen – mit einer breiten und vielfältigen Demonstration: Gegen Rassismus und Rechtspopulismus – in der Bürgerschaft und überall!“
Allein dieser Aufruf scheint bereits neonazistische Kreise in Bremen beziehungsweise Bremerhaven dermaßen zu triggern, dass sie ihre vollständige Demokratieunfähigkeit in einer Eruption von Hass und Menschenverachtung freien Lauf lassen. Wenn die Verfasser dieser Drohmail meinen, Raves trotzkistischem Gebaren mit Todesdrohungen begegnen zu müssen, sagt das doch nur eines über sie aus. Dass nämlich ihre Weltanschauung totalitär ist. Kurzum: Die Schreiber dieser Drohmail sind Faschisten. Und so sollte man sie auch nennen.