Hubertus Knabe, Gastautor / 24.12.2020 / 06:25 / Foto: Imago / 96 / Seite ausdrucken

Weihnachten wie in der DDR?

Verschlossene Restaurants, Schlangen beim Einkauf, Basteln statt Shoppen – Weihnachten 2020 erinnert in mancher Beziehung an den kargen Alltag in der DDR. Doch im Sozialismus waren die Festtage mit ungleich größeren Herausforderungen verbunden.

Dieses Weihnachten ist anders, als die Deutschen es bislang gewohnt waren. Restaurants und Cafés sind seit Wochen geschlossen, Einlasssperren vor den Geschäften sorgen für lange Schlangen und viele bleiben lieber zu Hause, als in festlich geschmückten Einkaufszentren nach Geschenken zu suchen. Lag die Zahl der Kunden im Einzelhandel bereits im Oktober und November rund ein Viertel niedriger als im Vorjahr, herrscht mittlerweile ein Total-Lockdown. Nur noch Geschäfte zur Grundversorgung sind geöffnet.

Das spartanische Weihnachtsfest 2020 erinnert manchen Ostdeutschen an alte Zeiten. Auch in der DDR gehörte das Schlangestehen bei kalten Temperaturen zur Vorweihnachtszeit. Die Restaurants waren zwar nicht geschlossen, aber Schilder mit der Aufschrift „Sie werden platziert“ hinderten viele am Eintreten. Glitzernde Shopping Malls gab es schon gar nicht im Arbeiter- und Bauernstaat.

Weihnachten im Sozialismus

Eigentlich war das ganze Weihnachtsfest der SED ein Dorn im Auge. Denn die Geburt Jesu Christi zu feiern, passte nicht in das ideologische Programm der ostdeutschen Kommunisten. „Religion,“ so hatte es der Führer der russischen Bolschewiki, Wladimir I. Lenin, gelehrt, „ist eine Art geistigen Fusels, in dem die Sklaven des Kapitals ihr Menschenantlitz und ihre Ansprüche auf ein halbwegs menschenwürdiges Leben ersäufen.“

Während Weihnachten in der Sowjetunion deshalb ein ganz normaler Arbeitstag war und das Fest mit Tannenbaum und Geschenken kurzerhand auf Silvester verlegt wurde, war die SED im Kampf gegen die christliche Tradition weniger erfolgreich. Zwar gelang es ihr, Konfirmation und Firmung zum größten Teil durch die kommunistische Jugendweihe zu ersetzen, doch am Weihnachtsfest hielten die Ostdeutschen hartnäckig fest. Selbst das Politbüro legte am Jahresende eine zweiwöchige Sitzungspause ein.

Die DDR-Führung verlegte sich deshalb darauf, das Fest von seinen religiösen Wurzeln abzukoppeln. Von der Geburt Jesu oder vom Christkind war offiziell so gut wie nie die Rede. Stattdessen sprachen die Staatsmedien nur von Weihnachten oder schlicht von den Festtagen. Das Krippenspiel wurde zum Weihnachtsspiel, das Weihnachtsgeld hieß Jahresendprämie, die Weihnachtsfeier im Betrieb nannte sich offiziell Jahresendfeier. Der immer wieder kolportierte Begriff der Jahresendflügelfigur für die pausbäckigen Engelchen aus dem Erzgebirge fand sich bislang allerdings in keinem Dokument.

Die stille Akzeptanz des Weihnachtsfestes hatte für die SED zur Folge, dass sie jedes Jahr im Dezember mit enormen wirtschaftlichen Herausforderungen zu kämpfen hatte. Denn anders als im Kapitalismus, wo Produzenten und Händler um Käufer für ihre Weihnachtsbäume, Lebkuchen oder Kinderspielzeug buhlen, ist im Sozialismus der Staat für Produktion und Handel zuständig – auch beim Weihnachtsgeschäft. Da dieses, wenn es um die Verteilung von Ressourcen oder Lücken bei der Versorgung geht, schnell zu einer politischen Angelegenheit werden kann, musste sich die SED-Spitze höchst selbst regelmäßig mit der Frage befassen, ob für die knapp 17 Millionen DDR-Bürger auch genügend Weihnachtsbäume, Lebkuchen oder Kinderspielzeug zur Verfügung standen.

Das Problem der „Festtagsversorgung“

In den 1950er Jahren fand deshalb spätestens im September beim Minister für Handel und Versorgung eine Dienstbesprechung zum Thema „Weihnachtsversorgung“ statt. Meist ging es dabei um die zahlreichen Versorgungslücken und wie man diese stopfen könnte. In den 1960er Jahren ist in den Unterlagen dann immer häufiger nur noch von „Festtagsversorgung“ die Rede, ein Begriff, den sich in den 1970er Jahren auch Politbüro und Ministerrat zur eigen machten. Die Dokumente dieser Beratungen möchte man Politikern wie Kevin Kühnert, die in Deutschland erneut den Sozialismus einführen wollen, gerne zur Lektüre ans Herz legen, lassen sie doch die Probleme jeder nicht-kapitalistischen Wirtschaftsweise deutlich zutage treten: zu wenige Waren, zu geringe Produktivität, zu viel Bürokratie, kaum Innovationen – und in der Folge rigide Importbeschränkungen und eine horrende Auslandsverschuldung.

Wie sehr die SED-Führung damit zu kämpfen hatte, die Waren für das Weihnachtsfest bereitzustellen, illustriert ein geheimer „Bericht über den Stand der Vorbereitung der Festtagsversorgung 1974“ für den Ministerrat der DDR. Auf zehn Seiten wird darin die lückenhafte Versorgungslage geschildert, wobei die Verfasser vor dem Problem stehen, dass es dem Selbstverständnis der SED zufolge solche Schwierigkeiten im Sozialismus eigentlich gar nicht geben dürfte. Die Versorgungsmängel werden deshalb nur angedeutet – mit Formulierungen wie, dass das Angebot „weiter verbessert“ werde oder dass die Nachfrage „noch nicht voll befriedigt“ werden könne.

Letzteres war zum Beispiel bei „Hohlfiguren“ der Fall – wie Weihnachtsmänner und Kugeln aus Schokolade in dem Bericht genannt werden. Dasselbe wird für die in der DDR beliebte Zigarettensorte „F6“, für Damenblusen, für hochwertige Schuhe sowie für elektromechanische und hölzerne Spielwaren festgestellt. Auch bei modischer Damenbekleidung, Uhren, Tonbandgeräten und Besteck sei ein stabiles Angebot „noch nicht gewährleistet“. Bei Kunstfaserpullovern sei die Nachfrage ebenfalls „noch höher als die Warenbereitstellung.“ Der ständige Gebrauch des Wortes „noch“ in dem Bericht erinnert an den alten DDR-Witz, in dem nach dem Unterschied zwischen dem Sozialismus und einem Märchen gefragt wird. Die Antwort: Ein Märchen fängt an mit „Es war einmal“, der Sozialismus fängt an mit „Es wird einmal.“

Weniger um den heißen Brei herum reden die Autoren bei Korn und Wodka, bei denen der Bedarf schlicht „nicht gedeckt“ werden könne. Auch die Nachfrage nach Wintermänteln in klaren Farbtönen könne „nicht befriedigt“ werden. Bei Geldbörsen und Necessaires aus Leder sei es ebenfalls nicht möglich, „ein ständiges Angebot (zu) sichern“. Wer vorhatte, sich zu Weihnachten einen Fernseher zu kaufen, hatte gleichfalls schlechte Karten, denn die vertraglich zugesicherte Lieferung von fast 50.000 Geräten aus der Sowjetunion war nicht rechtzeitig eingetroffen.

Kaschierter Mangel

Um die Folgen der Mangelwirtschaft zu überdecken, griffen die sozialistischen Planer auf verschiedene Tricks zurück. Bei Wein und Spirituosen wurden kurzerhand die Vorräte des Großhandels geplündert, was den Mangel zeitlich nach hinten verlagerte. Produkte wie Nüsse oder Südfrüchte hingegen wurden gezielt zurückgehalten und erst in den Wochen vor Weihnachten in die Geschäfte gebracht. Durch diesen „konzentrierten Verkauf“, so heißt es in dem Bericht, sei „eine ausreichende Versorgung gewährleistet.“

Zum Dritten wurden die knappen Güter regional unterschiedlich verteilt. Die „vorrangige Versorgung“ von Ost-Berlin, wo der größte Teil der Funktionäre lebte, war laut Ministerratsbeschluss vom 14. November 1974 bei allen Sortimenten „zu gewährleisten“. Der stellvertretende Handelsminister wurde zu diesem Zweck eigens zum Sonderbeauftragten ernannt. Die ländlichen Regionen gingen dagegen leer aus – eine Ungleichbehandlung, die im Misstrauen vieler Ostdeutscher gegenüber der politischen Elite in Berlin bis heute fortwirkt. Wenn in der Hauptstadt Mangelwaren übrig blieben, waren diese „konzentriert“ in den Bezirksstädten, Arbeiterzentren und den Standorten der DDR-Armee zu verkaufen.

Probleme gab es allerdings nicht nur in der Produktion, sondern auch im Handel. Viele Produkte kamen einfach nicht in den Geschäften an – was im Beschluss des Ministerrates nebulös als „Auspack- und Auslieferungsrückstände“ umschrieben wird. Um diese zu beseitigen, sollten auch Verwaltungskräfte des Handels zeitweilig an Schwerpunkten des Warenumschlags eingesetzt werden. Zudem sollten Betriebsverkäufe für Spielwaren und Winterwaren organisiert werden. Ein Problem war auch, dass manche staatlichen Geschäfte einfach die alten Sommerwaren in den Auslagen beließen. Verstärkt sollten deshalb „Sortimentskontrollen“ durchgeführt und „Altbestände herausgelöst“ werden – damit sich in den Läden auch „die Leistungen der Werktätigen (…) in vollem Umfang widerspiegeln“.

Zehn Jahre später hatte sich die Versorgungslage offenbar verbessert – jedenfalls, wenn man einem weiteren Bericht zur Festtagsversorgung Glauben schenkt. Der Rapport, den Politbüro und Ministerrat im September 1983 billigten, kommt zu dem Schluss, dass die Versorgung bei vielen Produkten für das Weihnachtsfest „stabil gesichert“ sei. Bei anderen – zum Beispiel Mandeln, Orangen, Kohl oder Spielwaren – würden zumindest dieselben Mengen wie im Vorjahr bereitgestellt. In Rechnung stellen muss man dabei allerdings, dass der Hang zur Schönfärberei unter SED-Chef Erich Honecker weiter zugenommen hatte. Außerdem lebte der Arbeiter- und Bauern-Staat damals ungehemmter denn je über seine Verhältnisse. Im Sommer 1983 stand die DDR kurz vor der Zahlungsunfähigkeit – bis die Bundesregierung für einen Milliardenkredit bürgte.

Weiterhin Mangelware waren Geldbörsen, Akten- und Reisetaschen. Bei Pyramiden, Nussknackern und Leuchtern aus dem Erzgebirge könne der Nachfrage „wie in den Vorjahren nicht voll entsprochen werden“. Auch bei elektrischen Lichterketten sowie hölzernen und mechanischen Spielwaren sei „die Nachfrage höher als das mögliche Angebot“. Bei Küchen sowie kompletten Schlaf- und Wohnzimmern werde es ebenfalls nicht möglich sein, ein ständiges Angebot zu gewährleisten.

Bei Abfahrts- und Tourenski sowie bei  Eiskunstlaufkomplets und Zigaretten würden dem Bericht zufolge immerhin Verbesserungen gegenüber dem Vorjahr erreicht. Bananen und Spielzeug wollte man wieder zurückhalten, um sie dann „konzentriert“ in der Vorweihnachtszeit in den Handel zu geben. Probleme gab es offenbar auch bei Glaskugeln für den Weihnachtsbaum, denn der Minister für Glas- und Keramikindustrie wurde beauftragt, eine Angebotslücke im Wert von 1,9 Millionen DDR-Mark „sofort“ zu schließen.

Plan und Wirklichkeit

Ob das gelungen ist, geht aus den Unterlagen nicht hervor. Überhaupt waren die Vorbereitungen auf das Weihnachtsfest in der Praxis deutlich schwieriger, als es die Berichte nahelegen. So stieg zwar die Zahl der angebotenen Weihnachtsbäume zwischen 1974 und 1983 von 2,5 auf 3,3 Millionen. Doch wie diese aussahen, erfuhr die Führung nicht. Viele Ostdeutsche haben indes noch gut in Erinnerung, dass oft nur Kiefern oder verkümmerte Fichten verkauft wurden – so dass man zwei Bäume erstand, um die Zweige des einen an den kahlen Stellen des anderen zu befestigen. Die prächtigen Tannen wurden hingegen nach Westdeutschland exportiert.

Auch die angeblich ausreichende Versorgung mit Stollen stellte sich in der Praxis anders dar. Viele Bäcker verlangten nämlich von den Kunden, dass sie die Zutaten selbst beschafften. Wer nicht Monate vorher nach den stets knappen Mandeln, Sultaninen oder Korinthen Ausschau gehalten hatte, hatte schlechte Karten. Selbst die staatlichen Großbäckereien kamen nicht an Zitronat und Orangeat heran, so dass sie stattdessen auf kandierte grüne Tomaten und auf Möhren zurückgreifen mussten. “Da war kaum ein Unterschied zu schmecken”, meint die Geschäftsführerin der traditionsreichen Pulsnitzer Lebkuchenfabrik lapidar in einem Buch mit Zeitzeugenberichten zum Weihnachtsfest in der DDR

Lametta gab es zwar genügend in der DDR, doch dieses bestand aus Aluminium und hing deshalb nicht am Baum herunter. Wer schweres West-Lametta aus Zinn und Blei besaß, bewahrte es sorgfältig auf und bügelte es oft am Weihnachtstag wieder glatt. Der „konzentrierte“ Verkauf von Südfrüchten im Dezember bedeutete auch nicht, dass man wenigstens in dieser Zeit nach Belieben Orangen kaufen konnte. Die Abnahme war vielmehr begrenzt und auf dem Lande gab es für jede Familie nur eine einzige Tüte Apfelsinen. Ähnliches galt bei Salzheringen für den in der DDR so beliebten Heringssalat.

Vor allem aber hieß es immer wieder, die Geschäfte abklappern und im Freien Schlange stehen, um für die Kinder den gewünschten Teddy oder am Weihnachtstag die vorbestellte Gans zu erstehen. Besonders begehrte Produkte bekam man nur, wenn man den Verkäufer persönlich kannte – die sogenannte „Bückware“, weil sie sich nicht im Regal befand, sondern unter der Ladentheke. Wer nicht zu den Auserwählten zählte, musste sich etwas anderes ausdenken, zum Beispiel Kuscheltiere selber nähen. Auch nach dem Fest hieß es noch einmal Schlange stehen, um – streng limitiert –Silvesterknaller und Raketen aus dem VEB Pyrotechnik Silberhütte zu bekommen, wofür sich viele bereits in der Nacht anstellten.

Schließlich gab es bestimmte besonders begehrte Produkte – außer im Intershop gegen Devisen – überhaupt nicht in der DDR: Jeans von Levis, Schokolade von Trumpf, Handcreme von Nivea oder Seife der Marke Fa. Diese Dinge bekam nur, wer einen guten Draht zu Verwandten im Westen hatte, denn die schickten in den 1980er Jahren fleißig Pakete in die DDR – rund 25 Millionen pro Jahr. Die Pakete mussten zwar die Aufschrift „Geschenksendung – keine Handelsware“ tragen, doch der Planwirtschaft flossen dadurch kostenlose Importe im Wert von rund fünf Milliarden DDR-Mark zu. Allein die 12.000 Tonnen Kaffee, die per „Westpaket“ – so der Titel eines einschlägigen Buches – jährlich in den Osten gelangten, senkten den Importbedarf um 20 Prozent.

Auch im Jahr 2020 wird der Paketzusteller mehr denn je zum vielbeschäftigten Weihnachtsmann. Anders als zu DDR-Zeiten kann heute allerdings jeder selbst entscheiden, was der Online-Händler nach Hause liefern soll. Und kein Staatssicherheitsdienst prüft mehr, ob sich in den Paketen verbotene Zeitschriften, Bücher, Tonträger oder Medikamente befinden – wie einst zur Weihnachtszeit in der DDR.

 

Der Text erschien zuerst in: Die Welt vom 16. Dezember 2020. Auf Hubertus Knabe.de finden Sie außerdem eine Reihe Fotos zum Thema.

Foto: Imago

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Conrad Beckert / 25.12.2020

Ja das stimmt alles - trotzdem hatte man es dann immer irgendwie geschafft, zu Weihnachten alles zusammen zu haben. Die Sachen haben halt länger halten müssen - unsere Engel gehen mittlerweile auf die 60 zu -genauso wie der Rest der Deko. Apfelsinen und (Dosen Ananas) - immer ein Thema (und dann gab es nur die grünen “Kuba”- Stroh- Orangen-zur Versaftung und eigentlich nicht zum Essen. Man ging halt nicht einkaufen sondern auf Nahrungssuche und alles erforderte Planung, Geduld und Einbeziehung der ganzen Familie. Wenn es dem Esel zu gut geht, geht er aufs Eis tanzen. Freunde aus dem Beitrittsgebiet - seit keine Esel. Frohe Weihnachten.

Lisa Deetz / 24.12.2020

“Die Weihnachtskarten von der entfernten Verwandtschaft aus der SBZ kamen hier immer schon Ende Oktober an, man brachte sich in Erinnerung, damit man beim Paketversand nicht vergessen wurde.” ...und kam dem dann mit der billigen Aldi-Schokolade und dem nutzlosen Kram, den man als Zugabe irgendwo bekommen hatte, nach -  gell, Herr @Ackermann! Und weil die armen Brüder und Schwestern in der Ostzone sich liebend gern revanchieren wollten, zierte man sich als Wessi auch nicht und wünschte sich als Gegenleistung - aber nur, wenn’s keine Umstände macht! - gute Fachbücher, Schnitzereien aus dem Erzgebirge, echte Dresdner Butterstollen und andere Raritäten! Das sind MEINE Erinnerungen und Erfahrungen aus dem Bekanntenkreis, obwohl ich meine Weihnachtspost stets erst im Dezember verschickt habe!—-Zum Glück gab es auch gute Erinnerungen, anders als die oben geschilderten. Als die DDR zusammenbrach,  zogen sich merkwürdigerweise viele Verwandte im Westen zurück, plötzlich hatten sie wohl Bedenken, dass ihnen die armen Brüder und Schwestern zu dicht auf die Pelle rücken könnten!——- Lange vorbei, aber nicht vergessen! Ich wünsche trotzdem ALLEN hier auf der Achse ein friedvolles gesegnetes Weihnachtsfest!

Mike Scheu / 24.12.2020

Die ersten 25 Jahre meines Lebens habe ich in der DDR verbracht. Wie haben wir Kinder uns gefreut, nie wieder habe ich einen Stollen wie den meiner Eltern gegessen welchen sie beim Dorfbäcker ausbacken ließen. Man freute sich, nicht nur an Weihnachten, über kleine Dinge. Es war eine Zeit welche ganz anders war wie heute. An der Vergangenheit kann man nichts ändern. An der Zukunft schon. Und wenn da die Mehrheit der Menschen in den alten Bundesländern nicht wach wird gibt es in fünf, sechs Generationen eh kein Weihnachten mehr. Denn dann hat der Islam die Macht.

Joseph Hausmann / 24.12.2020

Der ärgste Feind des Historikers ist der Zeitzeuge. So werden sich erst in 100 Jahren die aktuellen Turbulenzen korrekt erschließen - aus den Akten des Inlandsgeheimdienstes und ähnlich seriöser Quellen (sofern China dann noch sprachkundige Fachleute vorhält). Bis dahin: Angenehme Feiertage!

Karl Eduard / 24.12.2020

@Sabine Schönfelder Ja. Sie haben mich durchschaut. Wie jener, der aus meinem Kommentatornamen schloss. Ich will die Achse vergiften. Dazu fällt mit diese Lindenberg Zeile ein: “Bist ein armes Kind, bist ein dummes Kind ... ” Ich weiß auch nicht wieso. Wenn Sie nicht mal mit anderen Meinungen fertig werden, wer trägt Sie dann über die Straße? Und wie kommen Sie damit damit klar, das Haus verlassen zu müssen? Überall Menschen, die nicht wie Sabine Schönfelder denken! Das muß doch unerträglich sein. Also ich würde sofort verrückt, mich erschiessen und in den Landwehrkanal springen, um dann als gefeierte Leiche jedes Jahr Kränze entgegen zu nehmen. Jeder Mensch hat seinen Lebenslauf, seine Erfahrungen und seine Ansichten. Herr Broder hat als Jahrgang 46 ganz andere als meine Wenigkeit, der Jahrgang 61 ist. Mein Vater hat mir erzählt, wie ihn die Tschechen fast abgeknallt hätten, wie er Kohlen klauen mußte, für eine warme Stube,  und Zuckerrüben für etwas im Magen. Hat er Glück gehabt, daß er meine Mutter um den Finger wickeln konnte, die in einer Bauernkate lebte. Ab da gab es immer gut zu Beißen, weil der Krieg nicht bis dahin gekommen war,  aber als Magdeburg brannte, war der Feuerschein auch 80 Kilometer weiter noch zu sehen. Ich bin behütet aufgewachsen. In der DDR. Ja, stellen Sie sich das mal vor. Statt Pepsi gab es Muckefuck und wer auf die Kacke hauen wollte, hatte zum Wäsche aufhängen eine leere Packung “Weißer Riese” dabei. Ich kann die Leute nur verachten, die einem weismachen wollen, Alles wäre nur Unterdrückung gewesen und Stasispitzel all überall. Menschen können auch in Diktaturen normal leben ohne sich andauernd an die Brust schlagen zu müssen und zu rufen: “Ich bin Opfer! Opfer! Versteht Ihr?! Warum bedauert mich keiner?” Warum ich das schreibe? Na vielleicht ist bei Ihnen noch nicht Alles verloren und es brennt irgendwo noch ein Licht. Ich war Soldat in zwei Armeen, Bürger zweier Staaten und mir muß keiner sagen, was ich Denken darf oder nicht.

H.Nietzsche / 24.12.2020

Fragt man sich, wie haben wir überlebt? Es gab keine Existenzängste, keine Geldsorgen.  Auf Arbeit hatte man Freiräume und es wurde viel gelacht, täglich ein neuer politischer Witz. Und weil alles so knapp war, und manches gab es eigentlich gar nicht, konnte man seine Lieben so richtig überraschen. Wer ein Klappfahrrad bekam, wußte, welche Mühe und Zeitaufwand für die Ergatterung dahinter steckte. Und wer ein Jahr die zugesteckten Westgroschen sparte und seinem Sohn im Intershop ein Matchboxauto kaufte, (so nah hinter der Scheibe, aber unerreichbar) wird sein Leben lang an die glänzenden Augen denken. Man strickte, häkelte und bastelte. In dem Sinne war es weihnachtlicher als im Westen. Warum ich das erzähle? Weil wir ohne das nicht überlebt hätten.

Friedrich Richter / 24.12.2020

Hier prallen die Ansichten aufeinander, dass es jeden kalten Krieger freuen würde. Ich glaube, die meisten Ostdeutschen, die hier schreiben, waren damals Kinder, Jugendliche oder bestenfalls junge Erwachsene (ich war 23, als der Zusammenbruch kam). Da hat man logischerweise schöne Erinnerungen an Weihnachten. Der Mangel drückte einen nicht so, als Student brauchte man sowieso kaum etwas. Und zuhause kümmerten sich die Eltern. Diejenigen, die über 40 Jahre in der DDR eine Familie über Wasser zu halten hatten, dürften das anders sehen, und ich beneide sie nicht. Und selbstverständlich sollen Westdeutsche Ihre Sicht zu diesem Thema hier äußern. Was wären wir für ein armseliger Verein, wenn wir uns, je nach Thema, gegenseitig das Recht dazu absprechen würden. Dann wären wir nicht besser als gewisse Medien, die sich heute so verhalten.

Detlef Fiedler / 24.12.2020

@Sabine Schönfelder: Werte Frau Schönfelder, der Angriff auf Karl Eduard war nicht gerechtfertigt. Schreibt er bisweilen ziemlichen Blödsinn, hatte er es dieses Mal jedoch nicht verdient. Er beschreibt nämlich genau das, was in der DDR ein Überleben sicherte. Die Nische, welche man sich weder von der Staatsmacht noch von deren Schergen nehmen liess. Ein Zusammenhalt in der Familie und im engeren Freundeskreis, welcher sich eben gerade nicht an der offiziellen Staatsräson und Parteilinie orientierte, sondern ein aktiver Gegenpol dazu war. Mit den widrigen Umständen klarkommen und sich davon nicht das Leben versauen zu lassen. Einer der das so beschreibt, muss kein Freund der damaligen Umstände, kein DDR-Romantiker sein. Einer der vielen damaligen gangbaren Wege zu leben, obwohl manches in der DDR echt Scheisse war, auf deutsch gesagt. Ein Leben bei dem man auf offizielle Verlautbarungen, Parteigedöns und die Historische Mission der Arbeiterklasse einen grossen Haufen schiss und stattdessen ganz andere Werte hoch hielt. Das mit der Banane und dem Bohnenkaffe war übrigens voll daneben. Und eins können Sie mir glauben, mehrmals von der Stasi verhaftet, habe ich keinerlei Grund einen linken DDR-Romantiker zu verteidigen. Aber viele Zeitgenossen, die ich nach der Wende kennenlernen durfte, hätten in der damaligen DDR komplett und jämmerlich versagt. Stichwort: Aus Scheisse Bonbons machen (Ich entschuldige mich bei allen für die deftige Ausdrucksweise).

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