Markus E. Wegner, Gastautor / 15.11.2018 / 13:00 / 48 / Seite ausdrucken

Weidelsches Spendensyndrom: Wo ist der Kern des Problems?

Was für ein mediales Bohei. Keine Titelseite, kein Nachrichtenblock ohne Weidel-Spende. Zu Recht? Worin liegt eigentlich der Kern des Problems? Die AfD hat also eine ganze Reihe von Überweisungen vor der Wahl 2017 erhalten zur Verwendung für Alice Weidels Bundestagswahlkampf und Social-Media-Aktivitäten. Gestückelt flossen Beträge immer unter 10.000 Euro auf die AfD-Konten. Diese rund 130.000 Euro wurden dann wohl auf einem Unterkonto des Kreisverbandes Bodensee gesammelt. Ein Teil des Geldes soll in bisher unbekannter Höhe verwendet worden sein (!), der Gesamtbetrag jedoch in 2018 fast komplett von diesem AfD-Konto wieder an den unbekannten Spender aus der Schweiz zurückgezahlt worden sein. Eine weitere Zahlung aus Belgien über 150.000 Euro soll unmittelbar zurückgesandt worden sein.

Beim Präsidenten des Bundestages (BT) wird derzeit geprüft, ob eine Sanktion nach § 31c PartG gegen die AfD ausgesprochen werden kann, die eine Zahlung bis zur Höhe des dreifachen geldwerten Vorteils durch die AfD zur Folge haben könnte. Das würde den ansonsten sehr besonnen auftretenden AfD-Bundesschatzmeister kaum erfreuen und Mitglieder der Partei auch nicht. Die Staatsanwaltschaft Konstanz will sogar ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen Frau Weidel einleiten und bittet den BT um Immunitätsaufhebung. Das dürfte sowohl Frau Weidel als auch die gesamte AfD als solche noch weniger erfreuen.

"Schauen wir ins Gesetz", lautet der typische Satz eines Universitätsprofessors im 1. Semester Jura, und versuchen wir zu entschlüsseln was dort steht. Wir dampfen hier jedoch die komplizierten Regelungen auf den eigentlichen Kern ein: Nach § 25 des Parteiengesetzes (PartG) ist die Annahme von Parteispenden – wenn diese aus dem nichteuropäischen Ausland kommen – untersagt. Der Spender ist nicht bekannt, also weiß keiner, ob es ein Deutscher oder Europäer ist, und auch Frau Weidel hat keinen blassen Schimmer … das Schweizer Unternehmen sollte und wollte nur als Treuhänder fungieren und gibt keinerlei weitere Auskunft. Die Überweisung kam in Schweizer Franken aus der Schweiz. Die AfD muss sich den Tatbestand einer nichteuropäischen Geldzuwendung zurechnen lassen. Und genau das ist nach dem PartG nicht legal. 

Unklar sind die Sanktionen und die politischen Folgen

Anders liegt der Belgische Spendenfall: Hier hätte eine Annahme erfolgen können, diese wurde aber wegen Unklarheit des Spenders und dessen Absicht zurückgesandt und die Bundestagsverwaltung sofort in Kenntnis gesetzt.  

Unklar sind die Sanktionen und die politischen Folgen der Schweizer Spende: Schon in Absatz 4 des § 25 PartG ist nicht im mindesten klar beschrieben, was WANN folgen soll:

 „Nach Absatz 2 unzulässige Spenden sind von der Partei unverzüglich, spätestens mit Einreichung des Rechenschaftsberichts für das betreffende Jahr (§ 19a Abs. 3) an den Präsidenten des Deutschen Bundestages weiterzuleiten.“ 

Was bedeutet aber „unverzüglich, spätestens mit Einreichung“? Hätte die AfD dieses Geld noch 2017 weiterzuleiten gehabt ODER erst mit Abgabe des Rechenschaftsberichts? Dieser ist für 2017 aufgrund der stets gewährten Verlängerungsfrist erst am 31.12.2018 fällig und würde – positiv unterstellt – den Hinweis auf erhaltenes aber zurückgezahltes Geld vermutlich korrekt enthalten. Wär’s das dann?

Ganz so einfach ist es indes doch nicht: Denn im Raum steht die VERWENDUNG des Geldes. Und offenbar scheinen sich die verschiedenen parteiinternen Lager derart uneins zu sein, dass alles mögliche aus der AfD nach außen dringt. So auch die erst bestrittene, dann wieder bestätigte Mitteilung, es seien von dem Geld ein Anwalt Frau Weidels sowie Ausgaben für Facebook-Aktivitäten bezahlt worden. Wenn nun das Geld quasi als „Vorfinanzierung“ Verwendung fand, wurde der Sinn und Zweck der parteigesetzlichen Vorgabe – illegale Zuwendungen nach Höhe und Herkunft alsbald an den Präsidenten des BT abzuführen, also eben NICHT zu verwenden – vorliegend hintertrieben. Dabei macht es auch keinen wesentlichen Unterschied, ob das „unverzüglich“ einer zeitlichen Ausdehnung bis zum 31.12.2018 widerfährt, wenn mit dem Geld eben gearbeitet wurde. 

Was ist dran an einer strafrechtlichen Relevanz?

Für die Sanktionen des BT-Präsidenten macht es im Übrigen einen kleinen Unterschied, ob beispielsweise die 130.000 Euro wieder an den Spender zurückgezahlt werden, da bei einer Nicht-Weiterleitung an den Bundetagspräsidenten immer Sanktionen in dreifacher Höhe gemäß § 31c PartG fällig werden und keine Anrechnung weitergeleiteter Beträge möglich ist. Sollte das im Belgischen Fall beabsichtigt worden sein? Oder anders gefragt, wie kann sich eine Partei ungewollter Spenden erwehren, ohne dass sie Sanktionen befürchten muss? Und im Schweizer Fall können dies bis zu 390.000 Euro werden, fragt sich nur, WIE und in WELCHER HÖHE eine Verwendung festgestellt und überprüft werden soll: Etwa durch „Parteifreunde“?

Für die Fraktionsvorsitzende Weidel ergibt sich ein anderes Bild: Zwar ist ihrerseits kein schuldhaftes Verhalten bei der bislang unterlassenen Anzeige zu erkennen, das Geld aus unbekannter Herkunft jedoch einstweilen – zu welchen Zwecken auch immer – zu parken und gegebenfalls zu verwenden und dann noch zu sagen, man wüsste so eigentlich von nichts, dürfte politisch nicht nur ziemlich dumm, sondern als AfD-Frau Saubermann des Bundestages geradezu irrwitzig sein.

Und was ist dran an einer strafrechtlichen Relevanz? Auch hierzu muss man wieder das Parteiengesetz sorgfältig lesen und sich bewusst sein, dass diese Transparenzregelungen im Laufe der Zeit entstanden sind, um z.B. die Handhabung schwarzer Kassen und Zureichung ominöser Briefumschläge unklarer Provenienz zu verhindern. Ein Gesetzgeber macht vielerlei, aber immer nur das „wat mut“. Deshalb lautet § 31d (1)

„Wer in der Absicht, die Herkunft oder die Verwendung der Mittel der Partei oder des Vermögens zu verschleiern oder die öffentliche Rechenschaftslegung zu umgehen,

1.  unrichtige Angaben über die Einnahmen oder über das Vermögen der Partei in einem beim Präsidenten des Deutschen Bundestages eingereichten Rechenschaftsbericht bewirkt oder einen unrichtigen Rechenschaftsbericht beim Präsidenten des Deutschen Bundestages einreicht oder

2.  als Empfänger eine Spende in Teilbeträge zerlegt und verbucht oder verbuchen lässt oder …“.

Es kommt also ausschließlich auf „bewirkte … unrichtige Angaben“ gegenüber dem Präsidenten des BT (und nicht auf eine zeitweilige Verwendung) an, die aber aufgrund der Verlängerungsfrist zur Abgabe der Rechenschaftsberichte nach § 19a (3) PartG noch gar nicht erklärt sind. Und die „Zerlegung in Teilbeträge“ hat die Partei weder durch Frau Weidel noch durch die Schatzmeisterin veranlasst oder hergestellt, sondern vielmehr auf einem einzigen Konto zur Zusammenfassung einer Gesamtspende auch noch gesammelt. 

Danach müsste der Bundestagspräsident das Ersuchen der Staatsanwaltschaft als von vornherein als zum Scheitern verurteilt zurückweisen. Aber politisch wird bekanntlich jede Sau durchs Dorf getrieben.

Nachbemerkung des Autors vom 16.November zur Klarstellung von Sachverhalten, die in einigen Leserbriefen angesprochen wurden: 

  • Richtig ist, dass nicht das „europäische Ausland“ sondern das „Nicht-EU-Ausland“ – die Schweiz ist kein EU-Mitglied – gemeint war.
  • Zur Spende bzw. den Spenden aus den Niederlanden (zum Zeitpunkt des Beitrages war noch von Belgien die Rede) ist anzumerken, diese wurden jeweils sehr zeitnah zurückgesandt und eine Meldung an den Präsidenten des Bundestages erübrigt sich bei Weigerung eine Spende in welcher Höhe auch immer anzunehmen. Der Sinn und Zweck der Regelung ist ja EMPFANGENE Spenden bekannt zu machen.
  • Die Schweizer Stückelungen zum Erreichen der meldepflichtigen Grenze unter 10.000 Euro sind irrelevant, da die Spende einer Firma aus dem Nicht-EU-Ausland ohne Kenntnis des Eigentümers sowieso illegal ist. Einzig stellt sich hier die Frage nach dem angemessenen Zeitpunkt von Rückzahlung bzw. Weiterleitung und ob eine Mitteilung an den Bundestagspräsidenten im Zeitraum „… unverzüglich, spätestens bis …“ zur Berichtsabgabe zu erfolgen hat. Die Frist für die Abgabe des Berichts ist jedenfalls noch nicht einmal abgelaufen.

Der Autor galt zu Beginn der 1990er Jahre als Hamburger CDU-Rebell. Er erwirkte beim Hamburgischen Verfassungsgericht die Aufhebung der Landtagswahl zur Hamburgischen Bürgerschaft wegen undemokratischer Kandidatenaufstellungen in der Hamburger CDU und zog anschließend 1993 mit der von ihm spontan gegründeten Wählervereinigung STATT Partei in die Bürgerschaft ein. 

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E. Heinkel / 15.11.2018

Wie wäre es denn mit dieser Variante: eine der “freundlich"gesinnten Parteien inszeniert diese freundlichen Geldüberweisungen. Natürlich nur, um maximalen Schaden für die Partei zu erreichen. Dass das Geld wieder zurückfließt, war ohnehin zu erwarten.

Jens Breitenbach / 15.11.2018

Der Blick ins Gesetz lohnt sich wirklich. Schade nur, dass der Autor es nicht gründlich genug getan hat. Sonst wäre ihm §25(3) PartG aufgefallen: “Spenden, Mitgliedsbeiträge und Mandatsträgerbeiträge an eine Partei oder einen oder mehrere ihrer Gebietsverbände, deren Gesamtwert in einem Kalenderjahr (Rechnungsjahr) 10 000 Euro übersteigt, sind unter Angabe des Namens und der Anschrift des Zuwenders sowie der Gesamthöhe der Zuwendung im Rechenschaftsbericht zu verzeichnen. Spenden, die im Einzelfall die Höhe von 50 000 Euro übersteigen, sind dem Präsidenten des Deutschen Bundestages unverzüglich anzuzeigen. Dieser veröffentlicht die Zuwendung unter Angabe des Zuwenders zeitnah als Bundestagsdrucksache.” - Zwei Dinge fallen auf. Erstens: Die Spenden aus der Schweiz waren so gestückelt, dass Einzelspenden unterhalb der Grenze von 10 000 EUR lagen; das ist ein altbekannter Trick, der bei Geldwäsche immer wieder versucht wird und für den es inzwischen den Begriff des Smurfings gibt. Schade, dass der Autor dies nicht erwähnt hat. Zweitens: Da die Spende in Höhe von 150 000 EUR aus den Niederlanden (nicht Belgien, wie man heute erfahren hat), nicht offensichtlich unter Absatz 2 fällt (sie stammt aus einem EU-Mitgliedsstaat), greift §25(3). Und hier gilt das “unverzüglich” ohne Einschränkung. Das Geld ist am 13. Februar eingegangen, der Bundestagspräsident wurde erst jetzt darüber informiert. - “Unverzüglich” sieht, mit Verlaub, anders aus.

Anders Dairie / 15.11.2018

Erstaunlich ist es schon, dass in einer Partei von Intellektuellen die Regelungen zum Gelde nicht so konkret sind, dass sie jeder Verantwortliche kennt.  Wenn der Kämmerer eines Landesverbandes allein !  Spenden erhalten, verwalten und fakturieren darf,  sind alle Klippen umschifft.  So wird er auch zuständig für Meldungen und Zahlungen an Bundeskassen.  Die Fristen können ohne weiters auf die Kontrollfristen für Rechnungen gesetzt werden.  Es besteht immer die Gefahr,  dass führende Köpfe einer Partei hereingelegt bzw. “entfernt”  werden sollen.  Wer das zulässt oder keine Vorkehrungen trifft,  ist selbst schuld. Noch eine Frage:  Wie transferiert die SED/PDS/LINKE die 324 (ohne Zinsen)  Mio. DEM der DDR-Staatsbank aus dem Ausland zurück ?

Peter Wachter / 15.11.2018

Gibt es von den Spenden auch ein Video von Antifa-Zeckenbiss?

Günter Schaumburg / 15.11.2018

Zu Herrn Dieter Krapp: Sehe ich genau so. Anständige Politiker in CDU, SPD, Grünen, FDP Linken? War nie und wird nie sein. AfD sollte aber nicht in deren Fahrwasser gelangen…

Elmar Schürscheid / 15.11.2018

Wo ist denn der Bimbes den Rolli Wolli noch so versteckt hat? Wer im Glashaus sitzt…...?!?

Alexander Mazurek / 15.11.2018

“Denn die einen sind im Dunkeln und die andern sind im Licht und man siehet die im Lichte die im Dunkeln sieht man nicht”, so B. Brecht. Und man leuchtet nur da, wo’s einem nützt, mal hier, mal dort. Also bei Frau Dr. Weidel “Spot an!” und sonst “Licht aus!”, im Dunkeln ist gut munkeln, das darf aber nich jeder, sondern nur die “Auserwählten” ...

Gert Köppe / 15.11.2018

“Die Sau noch eine Weile durch’s Dorf zu treiben”, selbst wenn zum Schluss nichts heraus kommen würde, könnte einigen Parteien ganz gelegen kommen. Dazu noch der Antrag die AfD vom Verfassungsschutz beobachten zu lassen. Hat fast den Anschein, als wolle man die AfD mit lauter Nebenschauplätzen beschäftigen und dadurch in ihrer Parteiarbeit behindern. Immerhin ist diese Partei die einzigste Oppositionspartei im Bundestag, welche sich offen gegen diesen unsäglichen Migrationspakt (zurecht) wendet. Der Termin der Unterzeichnung rückt immer näher. Womöglich schlichte Taktik?

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