Rainer Bonhorst / 20.11.2022 / 16:00 / Foto: Randy43/Bearbeitung / 30 / Seite ausdrucken

Wehe, wenn die Deutschen gut spielen

Was, wenn die Deutschen wider Erwarten toll spielen? Hier vorab die vorläufige Katar-Bilanz: Boykott-Wegschauen klappt nur, wenn sie schlecht spielen. Ansonsten  würden wir in einen Abgrund der politischen Unkorrektheit fallen. Woke ist, wer verliert.

Dass es in der Fifa und in anderen Sportorganisationen leitende Persönlichkeiten gibt, die hinter dem Geld herhecheln wie Rammler hinter ihren Häsinnen, ist keine neue Erkenntnis. 

Dass Katar ein merkwürdiger Ort für die Austragung einer Fußball-Weltmeisterschaft ist, weiß man, seit vor zwölf Jahren entschieden wurde, die Kicker der Welt in die Wüste zu schicken. Gekauft, ist gekauft. Umtausch ausgeschlossen. 

Dass in Wahhabiten-Staaten der Konsum von Alkohol zu Auspeitschung und anderen Unannehmlichkeiten führen kann, dürfte nur in Fußballerkreisen als Überraschung gelten. Ein alter Hut ist auch, dass islamische Staaten mit Homosexuellen so schlecht umgehen wie wir vor einem guten halben Jahrhundert. Was? Wie bitte? Wir haben noch zu Lebzeiten unserer Senioren Schwule ins Gefängnis gesteckt? Und sind erst seit so kurzer Zeit gut und edel? Da fällt man doch glatt vom hohen Ross herunter.

Kurz und schlecht: Jetzt steht die Suppe, die so lange still vor sich hin geköchelt hat, heiß auf dem Tisch. Im Stadion treten zum Auftakt am Sonntag die fußballerischen Mauerblümchen von Katar gegen die Ecuadorianer an, die auch nicht zu den Stimmungs-Kanonen des Weltfußballs gehören. Als Gegenstück zur Müdigkeit im Stadion ist die Stimmung jenseits der Stadien umso lauter. Allerdings etwas anders. Helle Empörung statt wilder Fangesänge. Die Menschheit, soweit sie zu den Guten gehört, steht unter Katar-Schock.

Nicht Wald- und Wiesen-Heuchelei,  sondern Verspätungsheuchelei

Ist die Empörung blanke Heuchelei, wie Fifa-Boss Gianni Infantino sagt? Naja, das kann man eigentlich immer sagen, denn geheuchelt wird jederzeit und überall, besonders im Sport und in der Politik. Im Fall Katar aber kann man die Heuchelei präzisieren. Es handelt sich nicht um die übliche Wald- und Wiesen-Heuchelei, sondern um eine Sonderform: nämlich um Verspätungsheuchelei. Ewig lange Lunte, und dann – überraschend wie jedes Jahr Weihnachten – der Knall. Plötzlich, als das Ereignis losgeht, geht auch der Tsunami der Empörung um die Welt. Ein schreckliches Erwachen nach langem Schlaf. Fast so, als würde ein Land, das sich jahrelang in die Abhängigkeit von russischem Gas und Öl begeben hat, plötzlich merken: Oh, da ist einer ja gar nicht so ein lieber Demokrat, wie wir es uns verschlossenen Auges immer vorgemacht haben.

Man kann zur Unterstützung der Spätempörten sagen: Besser spät als nie. Man kann aber auch mit Michail Gorbatschow sagen: Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben. Die Strafe, die uns während der Katar-WM droht, lautet: Nicht hinschauen. Den Fußballern den Rücken zukehren. Fernseher ausschalten. Public Viewing in Public Not Viewing umfunktionieren. Eine Mehrheit der Deutschen hat das politisch korrekte Wegschauen ebenso edelmütig wie leichtfertig in Aussicht gestellt.

Das wird eine Übung in Charakterfestigkeit, wie sie sonst nur die Ordner in den Fußballstadien kennen, die mit dem Rücken zum Spielgeschehen 90 Minuten lang die Zuschauer beobachten, damit die keinen Unfug treiben. Eine Übung in Charakterfestigkeit mit einem kräftigen Schuss Masochismus.

Weltmeister, und keiner würdigt sie eines Blickes?

Sie kann gelingen, wenn die deutsche Mannschaft kongenial mitspielt. Wenn sie also ein Spiel nach dem anderen verliert. Da würde man sogar wegschauen, wenn die Meisterschaft in der politisch lupenreinen Schweiz stattfände. 

Aber es könnte ja auch anders kommen. Was, wenn die Deutschen wider Erwarten toll spielen? Wenn sie einen Gegner nach dem anderen überrumpeln wie die armen Brasilianer vor acht Jahren? Ein germanischer Siegeslauf und trotzdem nicht hinschauen? Weltmeister, und keiner würdigt sie eines Blickes? Wer das glaubt, wird selig. Nein, im Falle dieses Falles drohen Jubel, Trubel und Siegesgesänge, die von Pirmasens bis nach Katar zu hören wären.

Was dann? Dann hätten wir es mit einer weiteren, bisher wenig beachteten Form der Heuchelei zu tun. Es wäre nicht mehr die eingangs beschriebene verspätete Heuchelei. Vielmehr müssten wir rückblickend von einer hypokrisia praecox sprechen. Von einer vorzeitigen Heuchelei, für die man sich nach den Spielen schämen müsste. Weil es halt anders gekommen ist, als versprochen.

Darum hier eine vorläufige Katar-Bilanz: Wehe, wenn die Deutschen gut spielen. Wir würden in einen Abgrund der politischen Unkorrektheit fallen. Woke ist, wer verliert.

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Bernhard Maxara / 20.11.2022

Ich begreife nicht, warum wir uns nicht ein Beispiel an Claudia Roth nehmen, die der fremden Kultur z.B. bei jedem Iranbesuch Referenz erweist und gern ihr wallendes verführerisches Haarkleid bescheiden nach Landessitte bedeckt! Oder an Repräsentantinnen der deutschen Frauenbewegung, die bei jeder für uns ungewohnten Verhaltensform eines islamischen Mitmenschen (wie etwa Messerattacken o.ä.) den guten Kern der jeweiligen Herkunftskultur in Rechnung stellen! Was dem Schiiten recht, soll dem Wahhabiten nicht billig sein?

Claudius Pappe / 20.11.2022

Invantili : ” Ich bin Katari, ich bin Afrikaner, ich bin schwul…...oh, war ein Scherz ” Schlimmer noch ist die woke Propaganda des DFB : One Love, Diversity wins und Save water for a month oder Eat vegetarian for a week auf Binde, Flugzeug und Bus.

Heiko Loeber / 20.11.2022

Was passiert Fußballspielenden, die auf Allahs grünen Fußballrasen spucken? Sieht die Scharia da etwas vor? Die iranische Blutgrätsche vielleicht? - Ich bin am TV auf jeden Fall dabei und drücke unserer Schaft die Daumen!

A. Ostrovsky / 20.11.2022

Ich lese immer Kater. Was ist da los? Dreimal schwarze Katze? Lasst Euch nicht mit dem Islam ein, das ist nicht gut!

Thomas Holzer Österreich / 20.11.2022

Das mit dem Alkohol ist halt auch so eine Sache: Bei uns hier in Österreich gibt es bei Cup- und anderen Fußballspielen (und ich meine nicht die Kinderliga) auch Alkoholverbote, da wird dann halt Heineken 0,0 verkauft und versoffen.

Helmut Patzina / 20.11.2022

Verlogen und an Heuchelei nicht zu übertreffen. Unsere Millionärstruppe unter der Regenbogenfahne.

Ludwig Luhmann / 20.11.2022

“Ein alter Hut ist auch, dass islamische Staaten mit Homosexuellen so schlecht umgehen wie wir vor einem guten halben Jahrhundert. Was? Wie bitte? Wir haben noch zu Lebzeiten unserer Senioren Schwule ins Gefängnis gesteckt?”——Wissen Sie wirklich nicht, was Mohammedaner mit Homos machen (müssen), oder tun Sie nur so?

Arthur Sonnenschein / 20.11.2022

Wir fassen die Höhepunkte der Negativberichterstattung der letzten fast 5 Jahrzehnte durch die Bessermenschen kurz zusammen: Holland soll gewinnen (1974), die WM gehört nicht ins rechte Argentinien (1978), die WM gehört nicht nach Mexico wegen Erdbeben (1986), die WM im Land der raffgierigen Grossunternehmer und der Mafia (1990), die WM gehört nicht nach USA, Südkorea, Deutschland, Südafrika, Brasilien, Russland (1994, 2002, 2006, 2010, 2014, 2018). Jetzt halt das gleiche Meckern über Katar mit dem Unterschied, dass der Ton aus Niedertracht, Misgunst und Herablassung neue Tiefen erreicht, seit einige Leute die Volksgemeinschaft und den von oben verordneten Konsens offen ablehnen. Wie einem halbtoten in Hund ein vergammelter Knochen zugeworfen wird, haben die Republikverweser jetzt auch noch Wetten Dass reaktiviert. Erbärmlich. In 4 Jahren geht das Theater dann weiter, wenn das Turnier ua in den USA stattfindet.

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