Archi W. Bechlenberg / 26.05.2021 / 06:15 / Foto: Imago / 40 / Seite ausdrucken

Wegsehen: Betrügerische Online-Shops bei Facebook

Vor ziemlich genau einem Jahr berichtete Achgut.com über massenhaft bei Facebook geschaltete Werbung von Webshops, die geradezu unglaubliche Angebote feil boten. Eine „Omega Speedmaster Automatic“ Uhr für 69,81 oder sechs Geräte von Makita inklusive der Akkus für nicht einmal 90 Euro.

Es bedurfte damals keiner nennenswerten Recherche, um zu beweisen, dass alle diese Shops in betrügerischer Absicht inserierten, woran Facebook sie nicht hindert, schließlich verdient man daran prächtig mit.

Ich kümmerte mich in der Folgezeit nicht mehr um die Sache, da ich Facebook nicht mehr nutzte. Doch vor Kurzem ergab es sich aus Gründen, dass ich dort etwas nachsehen wollte, und da ich das über ein so gut wie nie genutztes Profil tat, waren in der Timeline des Accounts keine persönlichen Einträge, sondern ausschließlich Werbung. Was ich fand, war nicht wirklich überraschend; die Betrugsmasche hat gegenüber dem Zeitpunkt meines ersten Berichts offenbar noch massiv zugenommen. Denn ich fand diesmal nicht eine einzige Werbung, hinter der kein Betrüger steht.

Jeden Morgen stehen unendlich viele Dummköpfe auf

Geworben wird vor allem für Kleidung, Werkzeug, Elektronik und Lifestylegeraffel. Drohnen, Kameras, Fotozubehör, Handys. Die Preise sind unglaublich: Ein Hubschraubermodell für 20 Dollar, ein faltbares Handy/Tablet für 30 Dollar, eine professionell ausgestattete Drohne für 50 Dollar. Und so weiter und so weiter.

Nun kann man natürlich sagen: Wer glaubt, ein ferngesteuertes Hubschraubermodell von der Größe eines ausgewachsenen Dobermanns für 20 Dollar oder (gleich) zwei Bosch-Easy-Cut-Mini-Elektrosägen für 30 Euro erwerben zu können (Einzelpreis im Fachhandel 157 Euro), beweist, dass die Betrüger ihre Geschäfte nicht ins Blaue hinein betreiben. Sie wissen: Jeden Morgen stehen unendlich viele Dummköpfe auf, und um sie zu finden, ist Facebook das ideale Revier.

Wer online nach den Namen der Webshops forscht, wird schnell fündig. Info-Seiten wie scamadviser.com kennen diese Adressen, sei es durch eigene Recherche oder durch die Meldungen betrogener Kunden, die zumindest nicht schamvoll im Schweigen verharren, sondern ihrem Ärger Luft machen. „Betrüger!“ heißt es über einen Shop, der für rund 30 Euro einen „Laptop-Tisch“ anbietet und stattdessen einen billigen Plastik-Klappständer liefert. „Wenn sie überhaupt etwas liefern, dann etwas, das 50 pence wert ist, danach ignorieren sie jegliche Kontaktaufnahme“ schreibt ein anderer Betrogener über den Shop www.huiterr.com.

Kaum jemand wird sich die Mühe machen, sein Geld zurückzubekommen

Es hat mich nicht einmal eine Stunde Zeit gekostet, Dutzende Screenshots von Shops bei Facebook zu machen und online nach den angeblichen Schnäppchenanbietern zu suchen. Sofern sie auf ihren Webseiten überhaupt eine Kontaktadresse angeben, zeigt Google Streetview, dass es sich dabei um anonyme Bürokomplexe handelt, man findet aber auch Privatadressen in der Provinz oder mit Laken verhängte Ladenlokale in einer Dorfstraße. Zu einem Shop habe ich eine Anzeige gefunden, in der ein in Frankreich tätiger Importeur bekannt gibt, dass seine Adresse „gekidnappt“ wurde, also von einem betrügerischen Shop verwendet wird.

Ein anderer Shop gibt eine Adresse im Reykjavik an, die sich durch Google innerhalb von Sekunden als „virtual office and business address“ identifizieren lässt. Das muss nicht zwangsläufig auf Betrug hindeuten, aber zusammen mit weiteren Faktoren wie einem unmöglichen Preis für einen hochwertigen Artikel sowie ungenügenden Kontaktmöglichkeiten sollte dies bei einem potenziellen Kunden alle Alarmglocken läuten lassen.

Dass gutgläubige Leute betrogen werden, ist bedauerlich, aber vermutlich so alt wie das Prinzip des Handelns. Darüber zu recherchieren und zu schreiben, lohnt die Mühe nicht. Wer nicht merkt, dass ein solches Angebot, bei Facebook gefunden, nur Betrug sein kann, muss halt Lehrgeld zahlen. Dass die verlangten Preise stets unglaublich niedrig angesetzt sind, hat System: kaum jemand wird sich für 15, 20 oder auch 30 Euro die Mühe machen, sein Geld zurück zu bekommen, erst recht nicht von jemandem, von dem es weder eine reale Adresse noch sonstige Kontaktdaten gibt.

Es soll betont werden, dass – vermutlich – nicht jedes Angebot bei Facebook mit betrügerischer Absicht erscheint. Ich habe heute zwar wieder nur Gaunereien gefunden, aber es ist anzunehmen, dass es auch seriöse Anbieter gibt, die ihre Anzeige dort schalten. Oder demnächst schalten werden.

Faktenchecker könnten ein Erfolgserlebnis nach dem anderen einfahren

Aber der Punkt, um den es geht, ist ein anderer: Facebook ist einer der beliebtesten Tummelplätze selbsternannter Faktenchecker. Voller Eifer, ein „Herr Lehrer, ich weiß was!“ im Herzen, wird nach „Fakes“ geschnüffelt, um andere User des Netzwerks vor Schaden zu bewahren. Das geschieht allerdings nur dann, wenn es um das Thema Corona geht oder bei politisch, dem Mainstream entgegenlaufenden und somit missliebigen Beiträgen. In diesen Fällen werden vermeintliche oder tatsächliche Falschinformationen rigoros verfolgt und bestraft, im günstigsten Fall mit Löschung, zumeist aber mit zeitweiliger oder gar dauerhafter Sperrung des Delinquenten.

Dabei könnten Faktenchecker ein Erfolgserlebnis nach dem anderen einfahren, wenn sie sich um den organisierten Betrug bei Facebook kümmern würden. Diesen Shops das Handwerk zu legen wäre nicht nur eine Tätigkeit im Sinne des Verbrauchers, sprich der Facebook-User, sondern auch mit reichlich Befriedigung für den Faktenchecker verbunden. Mir ist nicht bekannt, dass so etwas geschieht. Denn sonst gäbe es diese Shops alle nicht.

Warum das so ist, liegt auf der Hand. Von Facebook ist ein solches Vorgehen nicht erwünscht, da es beträchtliche Werbeeinnahmen kosten würde. Für die Faktencheckerseite ist es ebenfalls nicht von Relevanz, denn deren Aufgabe besteht darin, kritische Meinungen und Meldungen mundtot zu machen.

Ginge es Faktencheckern tatsächlich um das durchaus ehrenwerte Ziel, Schaden von Usern fernzuhalten, würde etwas unternommen gegen das Millionengeschäft mit falschen Onlineshops. Aber das geschieht nicht. Die Gründe liegen auf der Hand.

Foto: Imago

Sie lesen gern Achgut.com?
Zeigen Sie Ihre Wertschätzung!

via Paypal via Direktüberweisung
Leserpost

netiquette:

Andreas Rochow / 26.05.2021

Der großangelegte, bestenfalls “globale” Betrug ist das Lebenselixier der Oligarchen. Deshalb sind ihnen zahlende Betrüger lieber als unpassende Meinungen. Betrug und ekelhafte Kinderpornographie haben deshalb in den asozialen Netzen Narrenfreiheit, während Kritiker fröhlich gecancelt werden können, St. Heiko sei Dank. Wer traut sich noch, etwas gegen internationale organisierte Kriminalität zu sagen, wenn sich die Großkopferten als Philanthropen bezeichnen und sich vormals demokratische Staatsführer vor ihnen in den Staub werfen?

Paul Siemons / 26.05.2021

@Arno Josef: ich vermute, sie wurden von einer der angesprochenen Organisationen geschickt, um hier die vermeintlichen Aufgaben von Faktencheckern umzudefinieren. Falls sie von Correctiv kommen, lesen sie doch noch einmal den offiziell verkündeten Sinn und Zweck von deren Faktengechecker durch. Ich zitiere wörtlich: “Im Zentrum von CORRECTIV steht der investigative Journalismus. Unsere Reporter recherchieren langfristig – im Sinne des öffentlichen Interesses mit Sorgfalt und Ausdauer – und decken systematische Missstände, Korruption und unethisches Verhalten auf.” Da steht nichts von ausschließlich im politischen Bereich. Missstände, Korruption und unethisches Verhalten - kann man betrügerisches “Handeln” durch gefälschte Inserate besser definieren als mit diesen Worten? Und der deklarierte, investigative Journalismus “mit Sorgfalt und Ausdauer” wird offensichtlich höchstens von Achgut betrieben und nicht von Faktencheckern. Die gucken, wie der Artikel aufweist, bei dieser Variante von Missständen, Korruption und unethischem Verhalten ganz bewusst weg.

Arthur Sonnenschein / 26.05.2021

War das Internetz heute wieder böse zu Ihnen? Hindert Sie das daran, auf einer Webseite zu veröffentlichen, die Ihre Reichweite nutzt um mit der Aufforderung in Ethereum zu investieren, um mit WLan-Verstärkern, die Netzbetreiber gerne verbieten möchten und mit japanischen handgefertigten Messern für 29 Euro Geld zu verdienen? Frage für einen Freund.

Th. Stoppel / 26.05.2021

Nicht nur auf Facebook gibt es solche Lockofferten, auch auf Youtube werden teilweise Angebote in die Videos separat eingeblendet. Ich kann aus eigener Erfahrung nur davor warnen so ohne weitere Infos darüber was zu bestellen.

Johannes Schuster / 26.05.2021

Facebook wurde gebaut um defizitäre narzisstische Nerds an den Klebstreifen zu bekommen (wer fliegt zum Streifen, oder fliegt der Streifen). Soll ich mich jetzt aufregen, weil Zuckerberg mit dummen Puten und Möpsen sein Geld verdient?: Es sind nicht seine Puten und nicht seine Möpse. Zuckerberg verpokert sich bei seinen Nutzern nur in einer Hinsicht gravierend: Er ist nicht der Handelnde, das sind seine “Mitarbeiter”, er selbst ist die Idee nicht die Zensur: Er wird über die christliche Moral stolpern und das im amerikanischsten Sinne, der sich denken läßt: Erst wird man frenetisch canceln, dann wird man in der Stunde der Erkenntnis über das Mitmachen moralisch aufschreien und zum Schluß ist “Zuckerberg der Jude”, der gemachte Sündenbock für die ganze Bigotterie, die um ihn herum entstanden ist und die sich seinem Einfluß - praktisch - zu jeder Zeit entzog. Ich warte schon auf den Tag, wo das irre Geschrei losgeht: “Wir wurden verführt, wir wurden alle verführt (wie Schafe gehen), wir das Lamm Gottes wurden alle verführt, Facebook ist vom Teufel, wir sind die Opfer, Herr Jesus errette uns von dem Bösen (Juden), denn wir sind geläutert, Dein Volk und Dein Reich und…..” ..... in Ewigkeit Moral. Die Prüderie und die rosarote Moral Gott das christliche Paradies erklären zu wollen, das ist das Problem, nicht die Erscheinungen, die sich aus der Prüderie quetschen und die der Moral die Kontermoral entgegenstellen. Die christliche Welt braucht den “bösen Juden” für ihr Nachfolgen dem Herrn, still verfolgt sie das Errichten ihrer Heilsgeschichte immer wieder aufs Neu.

W. Hoffmann / 26.05.2021

Weiter gedacht müsste man folgern, dass der IQ von Facebook-Nutzern (u,v,w) drastisch gesunken ist. Was nicht weiter erstaunt, wenn es überwiegend Linke und Grüne sind, die sich dort in ihrer Blase tummeln. Die haben halt Pech beim Denken, habe ich mal gelesen.

Hans Reinhardt / 26.05.2021

Irgendwie muss der arme Mark Sackhaarberg ja sein Geld verdienen. Wer noch denken kann wird abgeschaltet, wer doof ist wird abkassiert. Als Geschäftsmodell bisher ziemlich erfolgreich. Wer im “Fressenverzeichnis” bzw. “Fratzenbuch” unterwegs ist, verdient in meinen Augen nichts besseres.

Arno Josef / 26.05.2021

Es ist nicht Sinn und Zweck von Faktencheckern, Kunden und Nutzer vor Betrugsmaschen zu schützen, sondern Politik und Regierung vor Informationen zu schützen, die den Staat oder ihre Politik und Narrativ potenziell gefährden. Das gilt allgemein für alle asozialen Medien, die mehr an ihrem Profit orientiert sind, einschließlich EBAY und Amazon. Das ist die amerikanische Welt, an die wir in Europa nicht wirklich gewöhnt sind.

Weitere anzeigen Leserbrief schreiben:

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen
Archi W. Bechlenberg / 05.03.2023 / 10:00 / 32

Comeback von „Fawlty Towers“?

Im englischen Badeort Torquay, sorgte ein gewisser Basil Fawlty als Hotelbesitzer, zuverlässig dafür, dass aus kleinstem Anlass ein größtmögliches Chaos entstehen konnte. Die Serie wurde…/ mehr

Archi W. Bechlenberg / 21.07.2022 / 14:00 / 21

Viva Carlos Santana!

In einer Zeit, als das Radio so gut wie nichts spielte, das uns interessierte, hörten wir im dunklen Keller die erste Platte von Carlos Santana.…/ mehr

Archi W. Bechlenberg / 20.07.2022 / 12:00 / 42

Die Gedanken sind Brei

Ich bin Passagier auf der Titanic. An Bord befinden sich eingeschleuste Piraten, im Osten hat ein riesiger Eisbär eine Insel plattgemacht. Nur die Passagiere der…/ mehr

Archi W. Bechlenberg / 25.04.2022 / 12:00 / 46

Nachhaltiger Montag!

Sie müssen wissen: der Begriff „Nachhaltigkeit“ in allen denkbaren Zusammenhängen ist zwischen Joshi und mir längst zu einem Running Gag geworden, und manchmal mailen wir…/ mehr

Archi W. Bechlenberg / 20.03.2022 / 10:00 / 52

Konflikte, Kasperle und Kokolores – Lauter Knall in Wuppertall 

Freund Joschi versteht es meisterhaft, Konflikten aus dem Weg zu weichen. Um nichts in der Welt wollte er mit mir essen gehen. Jedenfalls nicht dort,…/ mehr

Archi W. Bechlenberg / 13.03.2022 / 06:15 / 101

The lunatics are in the grass

Im Spätherbst 1972 zog ich auf einen alten Bauernhof, fernab jeglicher Hektik. Ich hatte ihn entdeckt bei einem Ausflug mit meinem ersten Motorrad, einer Dürkopp MD…/ mehr

Archi W. Bechlenberg / 09.01.2022 / 10:00 / 75

„O Gottogottogott!“ Donald Ducks Sprachwitz wird getilgt

So lange ich mich zurück erinnern kann, bin ich ein begeisterter Anhänger von Donald Duck. Zu meinen ersten Spielsachen in den 50er Jahren gehörte ein…/ mehr

Archi W. Bechlenberg / 12.12.2021 / 12:00 / 68

Handreichung für Unbotmäßige: Raymond Ungers „Impfbuch”

Spätestens jetzt, wo der Druck zunimmt (Stichwort Impfpflicht), ist es unerlässlich, umfassend informiert zu sein. Dazu sollte man „Das Impfbuch“ von Raymond Unger lesen. Wollte…/ mehr

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com