Stefan Frank / 17.12.2024 / 16:00 / Foto: X / 6 / Seite ausdrucken

Wegen US-Unterstützung für Israel – Attentat auf christliche Schulkinder

Im nordkalifornischen Oroville hat ein 56-jähriger Weißer einen Angriff auf eine konfessionelle Schule verübt, weil er diese mit Waffenlieferungen an Israel in Verbindung brachte.

Mit einer Schusswaffe verletzte Glenn Litton zwei Jungen lebensgefährlich, deren Verletzungen als „sehr, sehr schwer“ bezeichnet wurden. Der 56-jährige Täter selbst wurde am Tatort tot aufgefunden, offenbar hatte er sich im Anschluss selbst getötet. Das FBI unterstützt die laufenden Ermittlungen. Beamte sagen, der Mann hatte es offenbar explizit auf diese Schule abgesehen und ein Treffen mit der Schulleitung genutzt, um sich Zugang zum Gelände zu verschaffen. Medienberichten zufolge war Litton vorbestraft – nicht aber wegen Gewalttaten – und psychisch krank. Seine kognitiven Fähigkeiten waren hingegen offensichtlich ausreichend, um den Anschlagsplan auszuarbeiten und auszuführen.

Die Opfer, der sechsjährige Roman Mendez und der fünfjährige Elias Wolford, wurden in einem örtlichen Krankenhaus behandelt und haben „einen sehr langen Weg der Genesung vor sich“, so Kory Honea, Sheriff von Butte County, auf einer Pressekonferenz. Der jüngere der beiden kann nach Angaben seiner Tante die Beine nicht mehr bewegen und wird vielleicht nie wieder laufen können.

Für den Nachrichtensender CNN ist der Fall ein weiterer in einer langen Reihe von Schusswaffenangriffen in Schulen: „Der Angriff auf die kleine Feather River Adventist School in Oroville ist ein weiteres Beispiel für die Geißel der Waffengewalt auf amerikanischen Schulgeländen. In diesem Jahr wurden in den USA bereits mindestens 78 Schusswaffenangriffe an Schulen registriert. Waffen sind in den USA die häufigste Todesursache bei Kindern. … Die Schule ist mit der Kirche der Siebenten-Tags-Adventisten verbunden, einem Teil der protestantischen Glaubensgemeinschaft, deren Anhänger an die Bibel als unfehlbares Wort Gottes und an die Wiederkunft Christi glauben. Die Anhänger besuchen samstags den Gottesdienst und fördern einen gesunden Lebensstil.“

Obwohl das alles richtig ist, blendet CNN hier aus, was noch über die Tat bekannt ist: Bei Litton wurde nach Angaben des örtlichen Sheriffs ein Schriftstück gefunden, in dem Litton von „Maßnahmen“ gegen die Schule als Reaktion auf die US-Beteiligung am Konflikt im Nahen Osten gesprochen habe. Wie die Times of Israel berichtete, habe es in der Notiz geheißen, die „Hinrichtungen von Kindern“ als „Reaktion auf Amerikas Beteiligung am Völkermord und der Unterdrückung der Palästinenser sowie auf die Angriffe auf den Jemen“ durchführen zu wollen.

„Das war eine Motivation, die ihm im Kopf herumschwirrte. Wie es dazu kam, dass er die Geschehnisse in Palästina und im Jemen mit der Kirche der Siebenten-Tags-Adventisten in Verbindung brachte, darüber kann ich nicht spekulieren. Ich bin mir nicht sicher, ob wir das jemals erfahren werden“, sagte Honea. Der Umstand, dass die Schule von den Siebenten-Tags-Adventisten betrieben wird, die den Evangelikalen zugerechnet werden, verdient Würdigung.

Die örtliche Tageszeitung Oroville-Mercury Register hatte Ende November über Proteste beim nordkalifornischen Militärflughafen Travis berichtet, die sich gegen Waffenlieferungen an Israel gerichtet hatten und bei der es einige Festnahmen gab. 

Projektionsfläche Evangelikale

Evangelikale Christen machen etwa ein Drittel der US-Bevölkerung aus; unter den Protestanten sind es sechzig Prozent. Evangelikale werden oft mit dem konservativen politischen Spektrum assoziiert, doch auch der ehemalige Präsident Jimmy Carter hatte sich seit jeher dieser Strömung zugerechnet und galt in seiner Amtszeit als „Evangelikaler im Weißen Haus“. Feinde Israels verabscheuen die Evangelikalen oft genauso, wie sie den jüdischen Staat hassen. Der Grund sind Mutmaßungen über eine vermeintliche Allmacht der Evangelikalen als Strippenzieher hinter der Politik. So werden antisemitische Stereotypen auch auf sie projiziert, wie der folgende Text zeigt:

„Christliche Zionisten in den Vereinigten Staaten zögern nicht, mit Israel beim Völkermord an den Palästinensern zusammenzuarbeiten. Im Namen ihres religiösen Glaubens scheinen evangelikale Christen bereit zu sein, den kaltblütigen Mord an unschuldigen Zivilisten zu akzeptieren, wenn nicht gar zu billigen, während sie ungeduldig darauf warten, dass sich biblische Prophezeiungen erfüllen.“

Der Beitrag, der auf der englischsprachigen türkischen Website Politics Today erschien, gibt typische Schlagworte des linken und islamischen Anti-Israel-Diskurses im Hinblick auf Evangelikale wieder. 

Unter dem Titel „Warum unterstützen die evangelikalen Christen Israel?“ interviewte ein Al-Jazeera-Moderator im Dezember 2023 den Chef der antiisraelischen „Menschenrechtsorganisation“ Al-Haq, Jonathan Kuttab, der als palästinensischer Christ vorgestellt wurde. Kuttab bezichtigte die Evangelikalen pauschal, antisemitisch zu sein und Israel aufgrund einer „verdrehten Theologie“ zu unterstützen. Die Zusage Gottes an Abraham und seine Nachkommen „Und ich will segnen, die dich segnen“ (1. Mose 12,3) werde von Evangelikalen missverstanden, die nicht wüssten, dass sich das „auf Jesus Christus“ beziehe.

Kuttab verbreitete hier die antisemitische Substitutionstheologie, wonach Gott das Volk Israel wegen der Kreuzigung Jesu verworfen und enterbt habe und alle Zusagen, die er den Juden gegeben habe, auf die Christen übergegangen seien. In dem Interview stellte Kuttab Evangelikale außerdem als gefährliche „Antisemiten“ dar, während er Hamas-Anhänger – zwei Monate nach dem 7. Oktober 2023 – als „mild und moderat“ bezeichnete und behauptete, die Hamas-Führung sei an einer „langfristigen Waffenruhe“ interessiert. Der Moderator stellte fest, Evangelikale führten offenbar einen „heiligen Krieg“. 

Kein Zufall

Auch in Deutschland werden Evangelikale immer wieder als fanatische Strippenzieher amerikanischer Unterstützung für Israel dargestellt. „Was Evangelikale vereint, ist, dass sie die Bibel nahe am Text auslegen, sozial konservativ eingestellt sind und bedingungslos hinter dem Staat Israel stehen“, hieß es kürzlich in einem Beitrag der taz unter der Schlagzeile „Armageddon für Trump“.

Antisemitisch motivierte Anschläge auf jüdische Schulen sind leider bekannt. Im März 2012 ermordete Mohamed Merah drei jüdische Grundschulkinder und ihren Lehrer in der Ozar-Hatora Schule in Toulouse. Da Evangelikale aus Sicht mancher Israelfeinde als die vermeintlich mächtigen Helfer Israels in Washington angesehen werden, erscheint die Tat von Oroville als Parallele dazu. An einen Zufall mag man nicht glauben. So, wie es wohl auch keiner ist, dass der vom Täter genannte Bezug zu Israel von manchen Medien ausgeblendet wird.

Dieser Beitrag erschien zuerst bei Mena-Watch.

 

Stefan Frank, geboren 1976, ist unabhängiger Publizist und schreibt u.a. für Audiatur online, die Jüdische Rundschau und MENA Watch. Buchveröffentlichungen: „Die Weltvernichtungsmaschine. Vom Kreditboom zur Wirtschaftskrise“ (2009); „Kreditinferno: Ewige Schuldenkrise und monetäres Chaos“ (2012)

Foto: X/Twitter

Achgut.com ist auch für Sie unerlässlich?
Spenden Sie Ihre Wertschätzung hier!

Hier via Paypal spenden Hier via Direktüberweisung spenden
Leserpost

netiquette:

Wilfried Cremer / 17.12.2024

@ liebe Frau Grimm, nicht nur gläubige Christen sind für Israel. Es gibt sicher auch ein paar Chinesen mit und ohne Kontrabass.

sybille eden / 17.12.2024

Würden die Lehrkräfte in den Schulen bewaffnet sein, geschult und trainiert damit umzugehen, hätte das 90% der umgekommenen Schüler das Leben gerettet ! ( siehe Columbine )

Franz Klar / 17.12.2024

“Evangelikale Christen machen etwa ein Drittel der US-Bevölkerung aus; unter den Protestanten sind es sechzig Prozent”. Opioidkrise plus Gottesvergiftung ... das wird bös enden !

Ilona Grimm / 17.12.2024

Warum unterstützen bibelgläubige – wiedergeborene – Christen (u.a. „Evangelikale“ genannt) Land und Volk Israel und lassen sich dafür als „Nazis“, „Faschisten“ usw. diskreditieren, bedrohen, verfolgen? Gründe liefert die Bibel, Gottes Wort höchstselbst, z.B. Jesaja 40: >>1 Tröstet, tröstet mein Volk!, spricht euer Gott. 2 Redet mit Jerusalem freundlich und predigt ihr, dass ihre Knechtschaft ein Ende hat, dass ihre Schuld vergeben ist; denn sie hat doppelte Strafe empfangen von der Hand des HERRN für alle ihre Sünden. 3 Es ruft eine Stimme: In der Wüste bereitet dem HERRN den Weg, macht in der Steppe eine ebene Bahn unserm Gott! 4 Alle Täler sollen erhöht werden, und alle Berge und Hügel sollen erniedrigt werden, und was uneben ist, soll gerade, und was hügelig ist, soll eben werden; 5 denn die Herrlichkeit des HERRN soll offenbart werden, und alles Fleisch miteinander wird es sehen; denn des HERRN Mund hat’s geredet.<< - - Dies ist eine Prophezeiung (ca. 700 v.Chr.), die noch unerfüllt ist, aber „am Ende der Tage“ in Erfüllung gehen wird. - - Klare Warnung an alle Feinde Israels: Sacharja 2,12: >> Wer euch antastet, der tastet meinen Augapfel an.<<  - - Warum reibt alles an Israel und wendet sich alles (außer gläubigen Christen) gegen Israel und die Juden und meint, „Zionismus“ bekämpfen zu müssen? Die Antwort findet sich bei Sacharja 12: >>1 Dies ist die Last, die der HERR ankündigt. Von Israel spricht der HERR, der den Himmel ausbreitet und die Erde gründet und den Odem des Menschen in ihm macht: 2 Siehe, ich will Jerusalem zum Taumelbecher zurichten für alle Völker ringsumher, und auch Juda wird’s gelten, wenn Jerusalem belagert wird. 3 Zur selben Zeit will ich Jerusalem machen zum Laststein für alle Völker. Alle, die ihn wegheben wollen, sollen sich daran wund reißen; denn es werden sich alle Völker auf Erden gegen Jerusalem versammeln.<< Dieser Zustand ist meines Erachtens erreicht.

Thomas Taterka / 17.12.2024

Tja , Herr Frank , wenn alle prominenten Evangelikalen das reine Herz und den messerscharfen Verstand von Denzel Washington hätten , dann ... ja dann . - Haben sie aber nicht , Punkt und Basta ! Schließlich besitzt man ja noch INSTINKT aus Erfahrung . Und auf den hört man zuerst, zuletzt und zwischendurch , also - IMMER . - Ich empfehle eine Lehrbuch -Folge aus ” Für alle Fälle Fitz ” mit dem Titel ” Teuflische Verführung ” , tut auch nicht weh , ist ja “Planck-Zeit” .

L. Luhmann / 17.12.2024

“Waffen sind in den USA die häufigste Todesursache bei Kindern.” - Was für eine völlig schwachsinnige Behauptung!

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen
Stefan Frank / 08.02.2025 / 06:00 / 39

Eine kurze Geschichte der US-Zölle

Importzölle sind nichts anderes als eine Steuer, die den Konsumenten auferlegt wird. Sie senken die Reallöhne. Donald Trump setzt eher auf die Androhung von Zöllen, um einzuschüchtern,…/ mehr

Stefan Frank / 28.01.2025 / 15:15 / 13

Antisemitische Anschläge in Australien

Der Brandanschlag auf eine Kindertagesstätte (Foto) ist der jüngste Akt in einer Serie von rasch aufeinander folgenden antisemitischen Anschlägen im australischen Sidney. In der australischen…/ mehr

Stefan Frank / 18.01.2025 / 15:00 / 11

Antiisraelische Organisation verfolgt weltweit israelische Soldaten

In Brasilien wurden auf Ersuchen der Anti-Israel-Organisation Hind-Rajab-Stiftung gegen einen israelischen Touristen Ermittlungen wegen angeblicher Kriegsverbrechen eingeleitet. Ein Israeli, der den Angriff der Hamas beim Nova-Musikfestival…/ mehr

Stefan Frank / 13.01.2025 / 14:00 / 45

Los Angeles: Jetzt brennt es auch in der Politik

Beim schlimmsten Brand in der Geschichte der Stadt Los Angeles starben bis Sonntag mindestens 16 Menschen, Tausende Gebäude wurden ein Opfer der Flammen. Es stellt…/ mehr

Stefan Frank / 09.01.2025 / 06:15 / 25

Free Burger! Woke-Wirtschafts-Wende

Lange Zeit war es in der Wirtschaft opportun sich an die Spitze der Woke-Bewegung zu setzen. In USA firmierte das unter "Diversity, Equity and Inclusion" (DEI). Jetzt…/ mehr

Stefan Frank / 19.12.2024 / 16:00 / 1

Erneut antisemitischer Anschlag in Australien

In einem jüdischen Viertel in Sydney hat eine weitere antisemitische Gewalttat die jüdische Gemeinde erschüttert. Am 11.12. 2024 gab es dort eine schwere Brandstiftung, Sachbeschädigung…/ mehr

Stefan Frank / 13.12.2024 / 16:00 / 8

Die Angst wächst – ein Brandanschlag auf eine Synagoge in Melbourne

In den letzten Jahren entwickelte sich in Australien eine radikale und gewalttätige Bewegung gegen jüdische Gemeinden und deren Einrichtungen, wie jüngst der Brandanschlag auf eine…/ mehr

Stefan Frank / 10.12.2024 / 12:00 / 15

Mord an Samuel Paty: Französischer Prozess um „Online-Fatwa“

In Paris findet ein Prozess wegen Bildung einer terroristischen kriminellen Vereinigung statt. Im Zentrum steht der Vorwurf einer „Online-Fatwa“ gegen den Lehrer Samuel Paty, die dessen Ermordung zur Folge hatte. „Hätte es mich…/ mehr

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com