Joachim Nikolaus Steinhöfel / 18.01.2016 / 20:00 / 7 / Seite ausdrucken

WDR bestreitet, regierungstreu zu berichten

Der WDR nötigt, soweit überhaupt noch erforderlich, seine Mitarbeiter, positiv über Flüchtlinge und die Flüchtlingspolitik von Bundeskanzlerin Angela Merkel zu berichten. „Wir sind natürlich angewiesen, pro Regierung zu berichten“, sagte die WDR-Journalistin Claudia Zimmermann (WDR-Studio Aachen) in einer Diskussionsrunde des niederländischen Radioprogramms „De Stemming“ (Die Stimmung) auf L1.

In der Sendung wurde über die Massenstraftaten in Köln an Silvester und die Stimmung in Deutschland diskutiert. Wörtlich sagte die freie Journalistin: „Wir sind öffentlich-rechtlicher Rundfunk und darum angehalten, das Problem in einer mehr positiven Art anzugehen. Das beginnt mit der Willkommenskultur von Merkel bis zu dem Augenblick, als die Stimmung kippte und es mehr kritische Stimmen im Rundfunk und auch von der Politik gab.“ Die Anweisungen gingen Zimmermann zufolge von mehreren für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zuständigen Ausschüssen aus. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk mit seiner Gebührenfinanzierung sei so ausgerichtet, eher in Richtung Regierung und nicht aus Oppositionssicht zu berichten.

Es hätte der Äußerung von Frau Zimmermann in keiner Weise bedurft, da man sich jeden Tag mühelos selber einen Eindruck davon verschaffen kann, dass das, was sie arglos ausgeplaudert hat, zutreffend ist. Ob diese „Anweisungen“ von Ausschüssen kommen oder subtiler durchgesetzt werden, spielt dabei keine Rolle. Freie, die nicht linientreu berichten, bekommen dann keine Aufträge mehr. Der öffentlich-rechtliche gestählte Funktionär verfügt da über zahlreiche Überzeugnungsmöglichkeiten. Einer von Deutschlands führenden Publizisten hat das Ergebnis dieser Praxis einmal zutreffend auf den Punkt gebracht: „Drei Viertel dessen, was ‚tagesschau‘ und ‚heute‘ senden, ist Regierungspropaganda, der Rest Schrott“.

Der WDR reiht sich da nahtlos ein.

Es war klar, dass Frau Zimmermann mit ihrer Äußerung, nachdem diese in Deutschland Wellen schlug, nicht davon kommen würde. Das Imperium schlug zurück.

Bevor man sich aber mit ihren korrigierten Erklärungen befasst, sollte man sich kurz vor Augen führen, dass Zimmermanns Beruf „irgendwas mit Medien“ ist. Sie hat tagein tagaus mit Interview-Situationen zu tun. Führt solche, gibt welche. Erstellt Berichte, Sendungen, Artikel. Es ist ihr täglich Brot. Die Schockstarre, in die der eine oder andere verfallen mag, wenn sich eine Kamera auf ihn richtet oder ein Mikrofon, ist ihr von Berufs wegen fremd. Sie ist – in soweit – Profi.

„Nach einem Gespräch mit dem Sender“ erklärte Claudia Zimmermann am Montagnachmittag: „Ich habe an dieser Stelle Unsinn geredet. Unter dem Druck der Live-Situation in der Talkrunde habe ich totalen Quatsch verzapft. Mir ist das ungeheuer peinlich.“

Das ist so glaubwürdig, als würde Philip Lahm erklären, er hätte Angst vorm Fußball spielen. Ist es wirklich vorstellbar, dass eine langjährige Mitarbeiterin des WDR „unter dem Druck der Live-Situation“ derartiges aus heiterem Himmel herbeiphantasiert? Nimmt ihr das auch nur eine einzige naive Seele ab?

„Nach einem Gespräch mit dem Sender“, das man sich lebhaft vorstellen kann und das sich vielleicht ja auch um juristische und arbeitsrechtliche Aspekte und die berufliche Zukunft von Frau Zimmermann drehte, wurde ihr dann klar, sie habe „Unsinn geredet“. Der Druck des „Gesprächs mit dem Sender“ ist natürlich in keiner Weise mit dem „Druck der Live-Sendung“ vergleichbar. Wenn die eigenen journalistische Existenz auf dem Spiel steht, ist man in aller Regel ganz cool.

Was für eine groteske Räuberpistole, die man der Öffentlichkeit da aufbinden will. Eigentlich ist man im Funkhaus beim Manipulieren der Öffentlichkeit doch recht geschult.

Der Sender ergänzt: „Der WDR steht für einen ausgewogenen und unabhängigen Journalismus. Unser breit aufgestelltes Programm zeigt besonders in diesen Tagen, wie umfangreich, unabhängig, kritisch und differenziert wir über die Flüchtlingsproblematik berichten.“

Das ist so gut, das könnte von Peter Altmaier stammen.

Siehe auch Joachim Nikolaus Steinhöfels Blog hier

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Leserpost

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Enrico Stiller / 21.01.2016

Herr Steinhöfel! Bitte nehmen Sie endlich zur Kenntnis, dass eine Zensur und eine politische Einflussnahme auf die Medien in Deutschland nicht stattfindet! Niemals! Sie ist ja auch gar nicht nötig, da unsere Journalisten aufgrund ihres hervorragenden professionellen Hintergrundes von selbst wissen, wie sie zu berichten haben. Selbst in schwierigen Fällen. Ein Beispiel von gestern: Der ZDF-Videotext berichtete von einem Vorfall, bei dem ca. 2000 Leute ca. 200 andere Leute daran gehindert hätten, zu demonstrieren. Ein Berufsanfänger hätte nun naiverweise auf die Idee kommen können, hier hätten 2000 Chaoten und Randalierer 200 Leute daran gehindert, ihr legales Demonstrationsrecht auszuüben. Aber weit gefehlt. Das ZDF hat hellsichtig erkannt, dass es sich bei den 2000 um “engagierte Bürger” handelte. Die 200 anderen waren nämlich Pegida-Leute. Das muss einem doch Respekt abnötigen. Selbst Eduard von Schnitzler wäre bei dieser Professionalität vor Neid grün geworden.

Wolfgang Behr / 20.01.2016

Frau M.Dreyer ,so las ich gestern,wird auf keinen Fall in einer der sogenannten Elefantenrunde teilnehmen ,wenn ein Mitglied der AfD dabei wäre. Nur soviel zum Demokratieverständnis dieser Politikerin. Es wird mit “Hinz und Kunz” gesprochen nur nicht mit einem Vertreter einer demokratisch gewählten Partei. Der SWR sieht das aber nicht als eine Art der Erpressung an. Wahrscheinlich hat die Dame auch sehr wenig Vertrauen in Ihre eigene Politik,um auf dieser politischen Bühne Ihre sachlichen Argumente vorzutragen.

Peter Schuh / 20.01.2016

Dazu passt doch perfekt die heutige Nachricht dass die TV-Debatten zu den Landtagswahlen im März leider ohne Politiker der AfD stattfinden müssen. SWR Intendant Boudgoust hat mit “zusammengebissenen Zähnen” akzeptiert dass das nicht geht, weil SPD und Grüne mal so dagegen protestiert haben! Selbstverständlich steht der SWR natürlich “für einen ausgewogenen und unabhängigen Journalismus”. Weiterhin kommt auch in der Stellungnahme des SWR wieder zu Tage wie die Ausrichtung der “Jounalisten” dort gepolt ist: Da die AfD in den Umfragen ja nur auf 5-10 Prozent kommt reicht es docht wenn man da ein Interview am Ende der Debatte einspielt. Komisch nur dass INSA die AfD gerade heute bei 12,5 % sieht. Ausgewogen eben…

Jürgen Albrink / 19.01.2016

Ich wohne in Frankfurt und kann bestätigen, dass man die komplette Geschichte 1:1 auch auf den Hessischen Rundfung (HR) anwenden kann. Vor allem auf HR-Info läuft dieses “Volkserziehungprogramm” rund um die Uhr.

Andreas Neubrand / 19.01.2016

In solchen Situationen fällt mir immer das Zitat von Sandra Bullock aus “Demolition Man” ein: “Ich danke ihnen für die Korrektur meiner inneren Einstellung.”

Max Wedell / 18.01.2016

“Wir sind natürlich angewiesen, pro Regierung zu berichten”. Ich meine allerdings auch, daß die Zimmermann das mißverständlich ausgedrückt hat. Die Journalisten sind de facto angewiesen, pro Asylbewerber, pro Migration, pro offene Grenzen zu berichten… pro Regierung ist das nur, wenn die Regierung auch pro Asylbewerber, pro Migration, pro offene Grenzen ist und handelt, was ja der Fall ist. Ich glaube aber nicht, daß es nicht heftigste und breiteste Kritik aus den Medien an der Regierung gäbe, wenn diese eine ganz andere, eine harte Asyl- und Einwanderungspolitik umsetzen würde. Die eine Hälfte der Journalisten ist mehr oder weniger links orientiert und hält unbegrenzte Offenheit für die Armen dieser Welt für Deutschlands (und das Eintreten dafür für ihre persönliche) moralische Pflicht, genießen auch gern die guten Gefühle, jemand zu sein, der das meint und dementsprechend berichtet… das Setzen der Interessen der Inländer vor die aller anderen ist sowieso außer Mode gekommen… und die andere Hälfte hat sich beeindrucken lassen vom Horrorszenario, das von dieser Hälfte ständig an die Wand gemalt wird: Kritische Berichterstattung beflügelt “Ausländerfeinde” nicht nur rechtsaußen, sondern “irgendwo” rechts, die dann in großer Anzahl gewaltsam gegen Ausländer vorgehen könnten, was letztendlich in quasi bürgerkriegsähnlichen Zuständen gipfeln kann. Was der Bürger aber nicht weiß, macht ihn nicht heiß. Wer will schon derjenige sein, dem irgendwann mal die Verantwortung für die Auslösung von Massenkrawallen in die Schuhe geschoben wird. Wer will schon derjenige sein, der im gesellschaftlichen Kampf gegen Rassismus nicht richtig mitmacht, indem er, so die absehbare Beschuldigung, den Rassisten Munition liefert. Mit brisanten Informationen, kritischen Meinungen “verantwortlich” umgehen heißt dann eben auch mal, sie verschwinden zu lassen, sie nicht (her)vorkommen zu lassen. Es bleibt aber natürlich die Frage, was im Sommer beim während der Zuspitzung der Flüchtlingskrise schnell anberaumten Treffen der Kanzlerin und der ÖR-Intendanten besprochen wurde. Damals waren die Gutachsler nach meiner Erinnerung die einzigen, die darüber überhaupt berichteten. Die Geheimniskrämerei darum stimmt natürlich nachdenklich, aber ich meine nicht, daß die Merkel es damals nötig hatte, die Intendanten auf eine bestimmte Linie zu bringen… “Wir wollen doch alle das Gleiche” wird sie gesagt haben, und das wäre ja wirklich nicht gelogen. Sie musste sicher nicht hinzufügen: “Die aber das Gleiche wollen, sollten doch nicht schlecht voneinander reden.”

Werner Geiselhart / 18.01.2016

Die ÖR-Sender sind nur regierungstreu, wenn ihnen die Richtung der Regierung passt. Und das ist z.B. bei der Energiewende, der Genderpolitik und der Flüchtlingspolitik der Fall. Die links-grüne Belegschaft würde sofort in militante Opposition verfallen (Panorama und Co.), wenn die Regierung einen Richtungswechsel durchführen würde. Während der CDU/FDP-Koalition ab 2009, die anfangs vernünftige Politik betrieb, war nichts von Regierungstreue zu spüren, die ÖR betrieb starke Agitation, insbesondere gegen die FDP. Ich empfinde es eher so, dass die derzeitige Regierung eine “medientreue” Politik betreibt, also den Medien-Mainstream bedient.

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