Wasserkraft alaaf!

Der Wasserkreislauf ist eine unerschöpfliche Energiequelle. Über dem Meer verdunstet das Wasser, steigt auf und bildet Wolken, die dann gerne einen Landausflug machen und ihre Last über Berg und Tal abregnen. Da bilden sich dann Rinnsale, Bäche und Ströme, deren Rauschen uns verrät, wie viel Energie hier transportiert wird.

Bei einem Höhenunterschied von 10 Metern und 1 Liter Wasser pro Sekunde werden da 100 Watt freigesetzt, die wir teilweise in Strom verwandeln könnten. Multiplizieren Sie das mit einer Million, und wir haben einen richtigen Fluss und ein richtiges Kraftwerk mit 100 Megawatt. Aber woher kommen die 10 Meter Höhenunterschied? Die Flüsse kommen doch ganz flach daher.

Dazu müssen wir es machen wie die Biber: einen Damm bauen und das Wasser aufstauen. Der Rhein wäre ein Kandidat dafür. 1.000 Kilometer lang mit 1 Kilometer Höhenunterschied von der Quelle bis zur Mündung. Man könnte ein Wasserkraftwerk mit Staudamm in Düsseldorf bauen und den Rhein 100 Meter hoch aufstauen. Stromaufwärts würde der Fluss dann etwas über die Ufer treten und die Landschaft verändern. Bei seiner Neigung von 1 : 1000 würden auf eine Länge von rund 100 Kilometer, vielleicht bis Koblenz, Städte und Ländereien unter Wasser gesetzt. Von Bonn sähe man dann gar nichts mehr, von Köln würden noch die Turmspitzen aus dem Wasser ragen und über der Domplatte würden die Rheintöchter ihre Schwimmkünste zeigen.

Bei aller Begeisterung für saubere Energie wäre dieses Projekt schwer durchsetzbar. Wie hat man das in anderen Ländern gemacht? Nehmen wir zum Beispiel Mozambique, da war das kein Problem. Dort hat man den Sambesi auf einer Länge von gut 200 Kilometer aufgestaut, das ist jetzt der Lake Cahora Bassa. Am Ende steht eine 150 Meter hohe Staumauer mit einem Kraftwerk, das 2 Gigawatt liefert. Der Flussgott namens Nyami Nyami, mit dem Kopf eines Fisches und dem Leib einer Schlange, hat das alles über sich ergehen lassen müssen, und ebenso die ufernahe Bevölkerung, die umgesiedelt wurde.

Paraguay ist der Champion

Manchmal auch kommt das Gelände uns entgegen und liefert einen natürlichen Höhenunterschied in Form einer gewaltigen Stufe stromabwärts. Dann kommt man ohne große Stauseen aus.

Falls Sie vorhaben, demnächst nach Südamerika zu reisen, habe ich einen Tipp: Besuchen Sie die Wasserfälle des Iguazu. Sie liegen, wie so manch andere Fälle, an einem Dreiländereck: Argentinien, Brasilien, Paraguay. Sie werden ein unvergessliches Naturschauspiel erleben, bereichert durch die tropische Umgebung mit den größten Schmetterlingen, die Sie jemals in nüchternem Zustand gesehen haben.

Nicht weit von den Wasserfällen stoßen Sie auf ein anderes Superlativ: das Wasserkraftwerk Itaipu. Es ist eines der größten seiner Art auf diesem Planeten. Seine elektrische Leistung entspricht der von einem Dutzend Kernkraftwerken: 14 Gigawatt. Paraguay wird fast ausschließlich durch dieses Kraftwerk mit Strom versorgt, was es zum grünsten Land der Erde macht, obwohl das kaum jemals erwähnt wird.

Seit 2012 wird Itaipu übertroffen vom Drei-Schluchten-Damm in China, der 22 GW zu bieten hat, sofern der Yangtse genügend Wasser liefert. Wenn er jedoch mehr liefert, als das Kraftwerk schlucken kann, so wird das überschüssige Nass an den Turbinen vorbei durch einen Überlauf die knapp zweihundert Meter nach unten geleitet. Das sind ganz eindrucksvolle Rutschen, künstliche Wasserfälle sozusagen, über die mehr als 100.000 Kubikmeter pro Sekunde rauschen können. Damit könnte man 40 olympische Swimmingpools füllen – pro Sekunde.

Eine europäische Lösung

Südamerika, Afrika, Asien – überall klappt das mit der Wasserkraft, warum nicht bei uns? Warum bauen wir nicht so etwas? Wo bleibt die europäische Lösung?

Ein Staudamm à la Drei-Schluchten würde recht gut in die Straße von Gibraltar passen und er würde das Mittelmeer vom Atlantik abtrennen. Was würde passieren? Der Wasserspiegel im Mittelmeer würde anfangen zu sinken, weil mehr verdunstet, als Rhone und Nil nachliefern können. Man hat geschätzt, dass er jährlich um einen halben Meter fallen würde. Wenn wir 500 Jahre warten, dann haben wir 250 Meter Höhendifferenz am Damm von Gibraltar: draußen, am Atlantik wäre der Meeresspiegel einen viertel Kilometer höher als drinnen.

Das Mittelmeer hat eine Fläche von rund 2 Millionen Quadratkilometern, das heißt, pro Jahr verdunsten rund 1 Billion Kubikmeter, sofern das mit dem halben Meter jährlicher Absenkung stimmt. Wenn man dieses Volumen an Wasser aus dem Atlantik nachfließen lässt und das Gefälle zum Antrieb von Turbinen und Generatoren benutzt, dann könnte man rund 70 Gigawatt erzeugen, genug um Deutschland total grün und total nachhaltig zu machen – ein zweites Paraguay.

Schade um die griechischen Inseln

Man müsste sich bei diesem Projekt überlegen, ob man das Schwarze Meer auch trockenlegt oder ob man am Bosporus einen Damm errichtet, vielleicht mit Minaretten und hübschen Mosaiken, damit er ins Stadtbild passt. Der Suezkanal allerdings hätte dann keine so rechte Funktion mehr, weil die Höhendifferenz von 250 Metern zum Mittelmeer für Schiffe schwer zu überwinden wäre.

Natürlich würde sich landschaftlich und städtebaulich einiges ändern: Die jetzigen Hafenstädte des Mittelmeeres lägen auf dem Trockenen, viele Kilometer vom Wasser entfernt. Es würden zwar neue Küsten geschaffen, aber ich bezweifle, dass die Architekten von heute dort noch einmal so anmutige Orte wie Neapel, Barcelona oder Venedig hinbekämen. Schade wäre es auch um die schönen griechischen Inseln, die ohne Wasser viel von ihrem Charme einbüßen müssten.

Und dann wäre da noch die Bedrohung des neuen Mittelmeerraumes durch einen Bruch des Damms von Gibraltar. Das wäre dann die Mutter aller Tsunamis, das Ende der neu geschaffenen Küstenregionen.

Endlich trockene Fluchtwege

Die Idee stammt übrigens von dem deutschen Architekten Hermann Sörgel, der diese 1920 entworfen und anschließend weiterverfolgt hatte. Das Projekt ging unter dem Namen Atlantropa in die Geschichte ein. Es kam aber, wie Sie vielleicht mitgekriegt haben, nicht zu seiner Umsetzung – bisher jedenfalls.

Das könnte sich jetzt aber ändern. Ein Jahrhundert nach Entstehung der Idee ist man weniger zimperlich hinsichtlich Kollateralschäden an Mensch und Natur. Man opfert Wald, Vögel und Lebensqualität unbarmherzig auf dem Altar der Nachhaltigkeit. Wo die Energiewende hintritt, wo die Windkraft marschiert, da gibt es kein Halten und kein Erbarmen. Wenn 100 Prozent Karbonfreiheit für Deutschland endlich in greifbarer Nähe ist, dann müssen alle bereit sein, Opfer zu bringen. „Atlantropa, wir kommen!“

Und noch etwas: Endlich könnten Flüchtlinge trockenen Fußes von Nordafrika nach Europa gelangen: Entweder über die Krone des 20-Kilometer-Damms von Marokko nach Gibraltar oder, falls die Briten da Probleme machen, über den szenischen Fußweg Tripoli, Lampedusa, Palermo.

Vielleicht wenden Sie jetzt ein, dass in 500 Jahren, wenn alles fertig sein wird, die politischen Gegebenheiten in Europa sich geändert haben könnten und dass es zu Widerständen gegen das Projekt kommt. Mag sein; aber eines ist sicher: Deutschland wird noch die selbe Kanzlerin haben und sie wird dafür sorgen, dass wir auch das schaffen.

Dieser Beitrag erschien zuerst auf Hans Hofmann-Reineckes Blog Think Again.

Foto: Jperrygodfrey CC BY-SA 4.0 via Wikimedia Commons

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A. Ostrovsky / 23.02.2020

In dear fünften Jahreszeit sind die Rathäuser ohnehin schon in Narrenhand. Da kommt es auf einen Narren mehr oder weniger überhaupt nicht an. Für die Nutzung der Wasserkraft kommen ohnehin nur zwei Bundesländer ernsthaft in Betracht, Bayern und Bayern. Zu allem Unglück haben die Bayern eine lange Reihe sehr eigenartiger Könige. Der vorletzte, König Horst, hat das Thema Wasserkraft abschließend behandelt: Lohnt nicht, ist alles schon ausgeschöpft. Man hätte aber erwogen eine Megavolt-Gleichspannungsleitung von der Nordsee oder Ostsee nach Bayern zu legen und dann dort mit überzähligem Windstrom Wasser auf den Berg zu pumpen. Das scheiterte eigentlich nur daran, dass König Horst vier Grundstückseigentümern nachgegeben hat, die Gleichstromleitungen optisch für eine Schande halten. Seitdem versickert das Thema. So bin ich noch nicht einmal in die Lage gekommen, dem König Horst einen offenen Brief zu schreiben, dass man ja das Wasser gar nicht erst auf den Berg hochpumpen muss, weil es ja von dort oben runter kommt. Der Horst denkt viel kleiner als der Autor mit seinem Grosz-Germania-Stauwerk. Horst denkt eigentlich winzig. Der neue König Markus hat andere Probleme,, als das Wasserlassen und so kommt es, dass allen noch die Worte vom König Horst in den Ohren schallen, wie einstmals Wagners Opern vom Grünen Hügel. Im nächsten Jahrtausend vielleicht, in diesem nicht mehr.

Andreas Rochow / 23.02.2020

@ Heiko Stadler - Sie haben recht. Ob das Umvolkung oder neudeutsch Resettlement heißt, bestimmen "Stichwortgeber" in der UNO. Global Government heißt ihre Wissenschaft. Ihr Plan ist totaler als jede Kolonialordnung der vergangenen Jahrhunderte. Neue Weltordnung ist Ausdruck des globalistischen Größenwahns. Nicht der Mensch, die ganze Menschheit soll mit diesem Experiment beglückt und gleichgeschaltet werden. Vielfalt ist das paradoxe Framing dafür. Der konkrete Plan, die große Transformation, muss so ungeheuerlich sein, dass er von der UNO-Oligarchie geheimgehalten und nur scheibchenweise offenbart wird. Zu Recht scheut man demokratische Entscheidungen der (noch) Nationalstaaten. Der UN-Migrationspakt sollte ohne eine Abstimmung im Bundestag eingegangen werden. Die UNO liefert die Vorwände für die Alternativlosigkeit der Neuen Weltordnung. Krisen und kriegerische Eskalationen werden auch das Problem der Überbevölkerung lösen müssen, denn andere Problemlösungen werden gar nicht erwogen. Bedenklich und hochgefährlich, wenn drängende Themen nicht offen diskutiert werden dürfen. Das ist der Nährboden für die Synchronisation globaler Fehlentwicklungen, Kriege und Krisen - die Schattenseite der Globalisierung eben. Sörgel war mit seinen Wasserspielen zu früh, die UNO gab es vor 100 Jahren zum Glück noch nicht.

G. Kramler / 23.02.2020

Einst waren die Grünen gegen Umweltzerstörung, auch durch Wasserkraft. Allerdings war das, bevor sie zu Lobbyisten der Öko-Industrie mutiert sind.

Thorsten Pallmauer / 23.02.2020

Warum bauen wir nicht einfach eine Betonwanne in den Bodensee? In der Mitte ist der See >200m tief, so dass mit einer zylindrischen Wanne mit Radius 3km 5,6 Mrd m³ Wasser verdrängt würden. Bei einer mittleren Differenz der Wasserhöhe im Zylinder von 50m können also dauerhaft 560 Mio KWh gespeichert werden. Bei 1 Cent pro KWh sind das 5,6 Mio Euro pro Tag (2 Mrd Euro p.a.), so dass zinslos auf 20 Jahre abgeschrieben um die 40 Mrd Euro rauskämen, für die sich die Investition lohnt. Pro m² Wandfläche (insg. sind es ~4 Mio m²) stünden dadurch 10.000 Euro zur Verfügung. Sollte also machbar sein. Oder habe ich mich verrechnet?

W. Giebler / 23.02.2020

Was bei der Idee mit dem Rhein als Energielieferant nicht berücksichtigt wird, ist der Umstand, dass er als Transportweg für enorme Lasten dient. Autobahnen sind dafür keine Alternative, da ohnehin bereits extrem überlastet. Waren auf die Schiene zu bringen hat die Bahn bzw. die Politik in den vergangenen Jahren versäumt. Ansonsten wäre der Vorschlag von HaJo Wolf eine gute Idee, zumal es die preiswertere und realistischere Lösung gegenüber einer (oder mehrerer) Staumauer/n wäre.

Kevin Seicht / 23.02.2020

Meine Vermutung:Der Autor ist wohl Düsseldorfer ...Köln unter Wasser setzen

Peter Holschke / 23.02.2020

Das klingt nach einem großartigen Plan für die Zeit nach dem Endsieg!Also müssen die Anstrengungen verdoppelt, ach was, verdreifacht, verfünffacht werden.

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