Jochen Ziegler / 27.02.2021 / 06:25 / Foto: Pixabay / 110 / Seite ausdrucken

Was zeigt die Israel-Studie zum BioNTech/Pfizer Impfstoff?

"Eine umfassende Studie in Israel zum Corona-Impfstoff von BioNTech/Pfizer hat die sehr hohe Wirksamkeit des Mittels bestätigt", berichtete n-tv jüngst begeistert von einer sehr großen im New England Journal of Medicine veröffentlichten Beobachtungsstudie zur Wirksamkeit des BioNTech/Pfizer-Impfstoffs BNT162b (Tozinameran ist der Freiname). Der Impfstoff, der in zwei Dosen mit einem Intervall von 21 Tagen gegeben wird, sei hochgradig wirksam. Wirksam wogegen? Was ist das für eine Studie, und was ist dabei herausgekommen?

Zunächst ist festzuhalten, dass die Arbeit eine sehr große und auch klinisch (aber nicht mathematisch, siehe unten) gut gemachte retrospektive Beobachtungsstudie vorstellt, bei der knapp 1,2 Millionen Individuen in Israel beobachtet wurden. 596.618 Personen wurden geimpft, und für jeden Impfling wurde nach demographischen und klinischen Eigenschaften ein nicht-geimpftes Individuum als Vergleich herangezogen, was die Autoren angesichts der inhärenten Grenzen des Verfahrens auch gut gemacht haben und überzeugend beschreiben.

Man nennt das Verfahren “matched-pair-design” und setzt es oft dann ein, wenn man retrospektiv arbeitet: Wenn man also nicht, wie bei einer prospektiven Studie, Patienten randomisiert einer Behandlungs- und einer Placebogruppe zuordnen kann, wobei Arzt und Patient nicht wissen, ob der Patient die Behandlung oder das Placebo erhalten hat. Dieses Verfahren nennt man prospektive, randomisierte Doppelblindstudie, es ist das beste Verfahren zum Beweis von medizinischen Hypothesen, weil es unerwünschte Effekte wie Bias (Verzerrung) oder Störfaktoren minimiert.

Da es beim Einsatz von Tozinameran (BioNTech/Pfizer-Impfstoff) das Ziel war, möglichst schnell viele Menschen zu impfen, gab es hier keine Alternative zur retrospektiven Anwendungsbeobachtung. Sie wurde klinisch nach den Regeln der Kunst durchgeführt. Wichtige Grenzen des matched-pair-designs sind: Behandlungsbias des Arztes (Verzerrung der Bewertung des Krankheitsverlaufs durch Wissen über Gabe der Behandlung), Bias bei der Behandlung der Kontrollgruppe (Kontrollgruppe erhält weniger medizinische Zuwendung als Impfgruppe), Vorhandensein von Störfaktoren. Diese konnten natürlich nicht verhindert werden. Das Ergebnis: Tozinameran wirkt auf leichte Grippe.

Tozinameran wirkt gegen leichte grippale Symptome

Die relative Wirksamkeit des Impfstoffs wurde berechnet, indem das relative Risiko (welches das Risiko oder den Schutz durch einen Faktor hinsichtlich der Erkrankungswahrscheinlichkeit untersucht) von 1 abgezogen wurde, um zu berechnen, um wieviel die Chance, nach der Impfung zu erkranken, gesenkt wird. Die wichtigsten Ergebnisse lauten, dass der Impfstoff 7 Tage nach der Gabe der zweiten Dosis (dann geht man von einer vollen Entfaltung der Wirkung aus) folgende klinische Eigenschaften aufwies: Senkung des Risikos eines positiven SARS-Cov-2-PCR-Tests (was die Studie fälschlicherweise als “documented infection” bezeichnet): 92 Prozent. Das Risiko einer symptomatischen (leichten) COVID-Erkrankung: 94 Prozent, Hospitalisierung: 87 Prozent, schwerer Verlauf: 92 Prozent. Die Autoren geben eine Senkung des Risikos, an COVID zu sterben, bis zu 20 Tage nach der ersten Dosis mit 72 Prozent und bis zu 84 Prozent in den ersten 7 Tagen nach der zweiten Dosis an, für den entscheidenden Zeitpunkt 7 Tage nach der zweiten Dosis machen sie zur Sterbewahrscheinlichkeit keine Angaben.

Das klingt vielversprechend. Betrachtet man allerdings die absoluten Zahlen, sieht man, dass die relativen Zahlen trügerisch und die absoluten Effekte allesamt sehr klein sind. Sie sind auch schwer zu erfassen, weil Infizierte nur selten schwer an COVID erkranken, meistens verläuft die Infektion mit SARS-CoV-2 ja ohne Symptome (80 bis 90 Prozent) oder mir sehr leichten (5 bis 10 Prozent).

Bei der symptomatischen leichten COVID-Erkrankung betrug die absolute Risikodifferenz 7 Tage nach der zweiten Impfung nur 4,6 auf 1.000 Personen, bei Hospitalisierung 0,22 auf 1.000, bei schwerem Krankheitsverlauf 0,32 auf 1.000 und bei Tod (gemessen 14 bis 20 Tage nach der ersten oder bis zu 7 Tage nach der zweiten Dosis) 0,03 bzw. 0,06 auf 1.000 Personen. Bis auf den zweiten Endpunkt (leichter Verlauf) sind das winzige Effekte.

Was ist aus mathematisch-statistischer Sicht von diesen Daten und ihrer Auswertung zu halten? Der erste betrachtete Endpunkt (documented infection) ist invalide, weil ein positiver PCR Test laut WHO keine Infektion anzeigt. NEJM hätte diesen Endpunkt gar nicht durchgehen lassen dürfen. Der zweite Endpunkt, der leichte Verlauf (Husten, Schnupfen, Heiserkeit, leichtes Fieber, Gliederschmerzen, Durchfall) ist valide und zeigt den einzigen absoluten Effekt, der einen nennenswerten Umfang hat: Tozinameran wirkt gegen leichte grippale Symptome. Die absolute Risikodifferenz bei den anderen Endpunkten (Krankenhausaufenthalt, schwerer Verlauf, Tod) ist, insbesondere beim Tod, so gering, dass die relativen Angaben irreführend sind. Interessanterweise haben die Autoren der Studie die Effekte nicht ausreichend statistisch getestet. Zwar geben sie Konfidenzintervalle für die Effektgrößen an, doch haben sie den bei rechtszensierten Daten (das sind Daten, bei denen man den Verlauf nicht zu Ende beobachten kann) üblichen Log-Rank-Test zum statistischen Beweis der Effekte nicht durchgeführt oder die Ergebnisse der Durchführung nicht gezeigt.

Denn dabei wäre wohl herausgekommen, dass nur die ersten beiden Endpunkte zu einer statistisch signifikanten Senkung des Risikos führen (wobei der erste Endpunkt aber klinisch invalide war), während die anderen Endpunkte höchstwahrscheinlich zu geringe Effekte haben, um statistisch signifikant zu sein. Die Abwesenheit von Signifikanzangaben aus einem Test weist stark darauf hin, dass es sich bei den Angaben zu den Endpunkten Hospitalisierung, schwerer Verlauf und Tod um Zufallseffekte handelt (falsch-positive Ergebnisse). Beim wichtigsten Endpunkt Tod durch Viruspneumonie liegt wahrscheinlich auch data dredging (Datenmanipulation) vor, da es ein Absinken des Effekts über die Zeit und das Fehlen von Daten zum Zeitpunkt 7 Tage nach der Impfung vollkommen unplausibel wirken – man hätte einfach die bis dahin Gestorbenen heranziehen können.

Entsprechend überzeugen die Kaplan-Meier-Kurven zur Mortalität nicht, ebenso wenig die zu den schweren Verläufen: Die Ordinatenskala für die Effekte bei Hospitalisierung und schwerem Verlauf ist winzig, bei Tod ist sie mikroskopisch, und die Kurven liegen bei Tod mit Sicherheit nicht signifikant auseinander, was ein einfacher Log-Rank-Test zeigen würde. Die Autoren geben auch Detaildaten zur Wirksamkeit des Impfstoffs auf den leichten Verlauf an und zeigen, dass die Impfung auch bei alten Patienten auf leichte Symptome hat; das ist ja ganz nett, aber klinisch uninteressant. Für die anderen Endpunkte machen sie derart detaillierte Angaben nicht, wahrscheinlich weil die Effekte zu klein sind oder bei Risikogruppen sogar fehlen. Auch dies ist data/result dredging: Das Unterdrücken negativer Ergebnisse.

Was bedeutet das?

Die Autoren interpretieren ihre Daten so, als hätten sie nicht nur eine Wirksamkeit der Impfung auf leichte Verläufe, sondern auch auf schwere Verläufe und den Tod durch Viruspneumonie (oder andere Effekte wie Virusmyokarditis) gezeigt. Doch das ist nicht der Fall: Die Effekte sind schwach, statistisch nicht bewiesen und wahrscheinlich durch verschiedene Arten von Bias entstanden, nicht zuletzt durch data dredging. Eine Wirkung auf die Mortalität schließen die Daten aus den oben genannten Gründen aus. Die statistische Analyse der Daten ist ungenügend, selten habe ich eine mathematisch so schlecht gemachte Studie im NEJM gesehen. Der Druck auf die Herausgeber muss groß sein. Die Berichterstattung in den Medien ficht das nicht an. Sie sind begeistert vom Impfstoff.

Was bedeutet das für die Impfung? Wer sich mit Tozinameran (also dem BioNTech/Pfizer Impfstoff) impfen lässt, bekommt einen guten Schutz gegen leichte Grippesymptome mit den Varianten des Virus, die zwischen Dezember und Januar in Israel prävalent waren. Vor dem schweren Verlauf schützt der Impfstoff wahrscheinlich kaum, insbesondere nicht bei den Risikogruppen. Vor dem Tod schützt er mit Sicherheit nicht. Sein mittel- bis langfristiges Risikopotenzial, das darin besteht, Autoimmunerkrankungen oder Entzündungen im Gehirn hervorzurufen, ist weiterhin unbekannt. 

Sie lesen gern Achgut.com?
Zeigen Sie Ihre Wertschätzung!

via Paypal via Direktüberweisung
Leserpost

netiquette:

Dieter Kief / 27.02.2021

Da gerne (ohne Quelle) gesagt wird, die Grippeimpfung bringe nichts, nochmal eine Studie. Die hier zeigt, dass die Grippe-Geimpften 37% weniger im KKH sind zur Behandlung und über 80% weniger auf Intensivstationsbetten - - : - - “Influenza Vaccine Effectiveness in Preventing Influenza-Associated Intensive Care Admissions and Attenuating Severe Disease among Adults in New Zealand 2012-2015”, by Mark G. Thompson, PhD, Nevil Pierse, PhD, Q. Sue Huang, PhD, Namrata Prasad, MPH, Jazmin Duque, MPH, E. Claire Newbern, PhD, Michael G. Baker, MD, Nikki Turner, MD and Colin McArthur MD. DOI:

Silas Loy / 27.02.2021

Die Wirksamkeit zum Schutz des Geimpften ist also fraglich bzw. vernachlässigbar, die Wirksamkeit zum Schutz für andere (sterile Immunität) ist unbekannt, die (Langzeit-) Impffolgen sind nicht annähernd erforscht. Was folgt daraus? Wer Angst vor diesem grippalen Infekt hat, kann sich ja impfen lassen. Er ist dann vermeintlich vor Ansteckungen sicher und muss nicht von anderen verlangen, dass sie sich impfen lassen, um ihn ihrerseits zu schützen oder auch nicht. Es ist eine Ungeheuerlichkeit, wenn Polizisten, Lehrer oder medizinisches Personal gezwungen werden sollen, in ihre körperliche Unversehrtheit (=Grundrecht) einzugreifen, um andere zu “schützen”, die sich doch selber “schützen” können, obwohl das Risiko überhaupt nicht kalkulierbar ist und die Wirksamkeit nicht erwiesen. Das ist doch absurd. Und das ist noch freundlich gesagt.

Sigrid Leonhard / 27.02.2021

Peter Bauch, zu “die Impfung wirkt nur bei leichten Fällen ...Das kann dann nur zur Folge haben:  Sämtliche Lockdownmaßnahmen, Maske, Abstand, Kontaktverbote u.s.w. bleiben uns erhalten.” Frau Merkel sagte schon vor Monaten, dass Impfung nicht heißt, dass Maßnahmen nicht mehr nötig sind.

E Ekat / 27.02.2021

@Henri Brunner, zu: wer uns da hineinmanövriert hat. Regimes, .... aber auch die Medien und - nicht zu vergessen - die durch nichts zu überbietende Dämlichkeit der Menschen. Stimmt alles, könnte aber noch ergänzt werden. Sie werden keine Globalisierung hinbekommen, ohne die Menschheit nicht fortlaufend durchimpfen zu müssen. Das ist der richtige Kern der Message von Bill Gates, der seit Jahren für die Möglichkeit zur Durchimpfung der Menschheit trommelt. (Zusammen mit der WHO. Dahinter: China). Ohne Globalisierung keine Pandemie ! Ds gehört zusammen. Das krasse Gegenteil von Globalisierung ist derzeit der Lockdown, die zwandsverordnete Vereinzelung der Menschen, die wir derzeit ja erleben als Beweis, daß Globalisierung als Auslöser, und Pandemie als Folge zusammengehören. Bill Gates ist kein Menschenfreund. Er ist Globalist und er will dies bleiben. Das ist der Antrieb seiner Impf-Mission.  Gleiches gilt für Merkel, die WEF usw. Zurück zu Ihrer Frage: was hat uns in diese Lage hineinmanövriert ? Wie werden wir uns daraus wieder befreien können? Impfung? Oder Beendigung der Globalisierung?  Klingt wie Nazi. Nach der vielleicht dritten Pandemie könnte sich die diesbezügliche Dämlichkeit der Menschen lockern.

giesemann gerhard / 27.02.2021

Zusatz: dabei gehen wir davon aus, dass die Adjuvantien im saisonalen Impfstoff zumindest mein angeborenes Immunsystem stimulieren - ist das etwa nichts?

giesemann gerhard / 27.02.2021

Gestern mein Anruf bei meinem Hausarzt: Kann ich mich gegen die saisonale Grippe impfen lassen? Sofort kam ein „Selbstverständlich“, Termin am Montag, den 1. März um 15.30 Uhr. Das hilft sicher auch gegen Corona, denn diese Viren waren immer schon dabei, bei allen saisonalen Grippen, Stichwort Kreuzimmunität. Ansonsten gilt der alte Pharmakologenspruch: Wannst nix brauchst, huift ois (= hilft alles).

HaJo Wolf / 27.02.2021

@ Wolfgang Albrecht: Belegen Sie mal den „Haufen Fehldeutungen“ in diesem Artikel, sonst ist Ihr Beitrag nur als Öffi-Troll zu werten. Und von welcher Pandemie reden Sie hier? Von der, die von der WHO als nicht existent erklärt wurde?  Lassen Sie sich ruhig impfen, wir brauchen freiwillige Versuchsmenschen… Wie alt sind Sie?

Sabine Schönfelder / 27.02.2021

Fühlen Sie sich geschmeichelt, werter Autor, ihre Beiträge reizen immer wieder die Anhängerschaft und medizinischen Vertreter der bundesregierlichen Pro-Impfung-Einheitsmeinung zu Ihrer Desavouierung und Faktenverwässerung. Zunächst bekommen Sie von ´Wernerˋ @ Ihr „Fett“ weg, die STIKA, hahaha, unabhängig und repräsentativ wie Montgomery und Drosten, lobt die Impfung und ich setze noch einen drauf, Herr Fett, die Leopoldina, die bis 31.12.2021 !!! den Lockdown ab März im NACHHINEIN begründen soll, wird der STIKA recht geben, und Merkel auch!! Ein bißchen frecher kommt Kollege @Hinze daher. Der Autor ist begriffsstutzig, dafür widerlegt er ungeahnt, daß diese Spritze gegen den Tod wirkt. Vielleicht sogar noch gegen Dummheit. Dr. Hinze kann uns in seinem nächsten Beitrag vielleicht darüber aus erster Hand berichten, aber bitte mit Peer- Review aus dem drostlichen Wissenschaftsbereich. Grüezi Wolfgang @Albrecht, der „gläubige Kämpfer“ für Alten- und Senilen-Impfung. WARUM, frage ich Sie, sollen noch hochbetagte Menschen mit BEKANNTEN Vorerkrankungen geimpft werden mit einer fast ungetesteten neuartigen SUBSTANZ, deren Kompatibilität mit Vorerkrankungen und deren Medikation NIE untersucht wurde. Das ist Wahnsinn und das wissen Sie alle ganz genau. Schämen Sie sich. Freuen Sie sich nicht zu früh, auch Sie persönlich sind nicht gegen Alter und Krankheit gefeit. Arbeiten Sie weiter an ihrem eigenen „Versuchsstatus“ für die globale Impfindustrie.

Weitere anzeigen Leserbrief schreiben:

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen

Es wurden keine verwandten Themen gefunden.

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com