@Silas Loy: “Die IRA war eine üble Bande von brutalen Terroristen, die die harten Reaktionen der britischen Seite erst heraufbeschworen haben” Die Aussage ist an sich stimmig, verschweigt aber die 300 vorangegangen Jahre Verbrechen der Engländer an den Iren (welcher Herr Ederer erwähnt). “… [Die IRA] war immer rechtsnationalistisch” das ist schlicht falsch: Die IRA ist sozialistisch, gerade weil der “Unterdrücker” die englische Upper-Class ist. Der politische Arm der IRA, die Sinn Féin ist Sozialdemokratisch und in der gleichen EU-Parlamentsfraktion wie DIE LINKE. @Alle: Alles in allem finde ich den Artikel einen großen Erkenntnisgewinn für mich. Persönlich bin ich den Engländern und auch dem Brexit zugeneigt, auch und vielleicht gerade weil dieser wie eine disruptive Hoffnung für Europa wirkt. Zumal es keinen Sinn macht, die Demokratie über Bord zu werfen, selbst wenn 100% aller Ökonomen das empfehlen. Man darf aber auch nicht vergessen, dass Großbritannien genau wie die EU eine Union ist und dadurch ähnliche, tiefe Verwerfungen besitzt (kleinerer Maßstab, dafür weiter im Prozess als die EU). Jedes Argument gegen die eine Union bedeutet eines gegen die andere (@Silay Loy: persönliche Beziehungen? Das Argument gilt ebenfalls für die EU). Dementsprechend würde ich Herrn Ederers Argument erweitern und behaupten: Am Brexit kann auch die EU zerbrechen. Gäbe es nicht die jüngere, von Herrn Ederer rezitierte Geschichte Großbritanniens als Gegenbeweis, man würde mutmaßen in London wird wird genau darauf spekuliert. Viel wahrscheinlicher ist jedoch eine Planlosigkeit beiderseits des Kanals, mit einer Prise mehr Elan seitens der Europäer (vor allem der Franzosen) die Engländer zu schädigen.
Zu diesem Text fällt einem - ausnahmsweise - nur Tony Blairs Zuruf in Richtung des damaligen Premierminister John Major während einer UInterhausdebatte der 1990er ein: “Weak! Weak! Weak!” 1. Enoch Powell ist und bleibt umstritten - aber ihn mit dem R-Wort abzutun, wird seiner Rezeption im heutigen GB , auch durch liberale und linke Kommentatoren kaum gerecht. 2. Der Daily Mirror ist kein rechtsstehendes Blatt, sondern gilt als Labour-nah. Auch sonst zu viele Klischees, insbesondere, was das einstige und das heutige Verhältnis zu Irland angeht. Hätte mein moralisierender 1968er Englisch-Lehrer seinerzeit nicht simplifizierter präsentieren können. Nur das Wesentlichste: “Bis ins 20. Jahrhundert hinein durften die Iren ihre Sprache nicht sprechen und kein Getreide ernten.” Unfug, den so nicht einmal mehr die Sinn Féin-Partei behauptet. Irisch war nicht offiziell anerkannt, das zumindest stimmt. Aber seit den 1890ern blühte der Gaelic Revival, griffen Landreformen und andere Maßnahmen, die die Macht der Jahrhunderte zuvor aus Schottland und England implantierten Großgrundbesitzer de facto brachen. Irische Politiker unterschiedlicher Schattierungen wurden zwei Jahrzehnte lang zu den Königsmachern im Londoner Parlament. Die Unterhauswahlkreise, weder in Irland vor 1922, in Nordirland danach, noch auf der britischen Insel heute, entsprachen oder entsprechen nicht den historischen Counties und haben in ihrem Zuschnitt nichts mit dem nordirischen “gerrymandering” der 1920er bis 1960er Jahre zu tun, dessen sich der Verfasser nach vierzig Jahren vermutlich noch vage zu erinnern scheint. Ebensowenig gab es einen blutigen Freitag in Derry / Londonderry. Der Autor hatte wahrscheinlich den Bloody Sunday 1972 gemeint, verantwortet von Soldaten des Parachute Regiment der britischen Armee. Bloody Friday hingegen bezeichnet eine Reihe von Bombenanschlägen der IRA in Belfasts Einkaufszentren. Und Ian Paisley, den man wahrhaftig nicht mögen muss, hat sich immer als Iren verstanden.
Ja die englische Privatwirtschaft funktioniert super! Die Autoindustrie im Fremdbesitz - Rover und Rolls jetzt BMW. Die Eisenbahn zerschlagen in lauter kleine Privatbahnen - man kann kein vernünftiges Ticket von London nach Birmingham kaufen, koordinierte Fahrpläne gibt es auch nicht, und alle naslang melden die Firmen Konkurs um dann wieder von neuem aufgekauft zu werden. Auch die zahlreichen Unfälle gehen auf wegen Rendite-Erwartungen reduzierte Wartung zurück, der Steuerzahler blutet nicht nur hier. Ein Erfolgsmodell, das ja auch bei uns probiert wird mit denselben Folgen (die Deutsche Bahn definiert einen Zug als “verspätet” nach 6min, international üblich sind 4, und vergessen wir nicht den Radreifen von Eschede). Die englische Wasserversorgung auch privatisiert, mit der Folge, daß - wegen fehlender Langfrist-Investitionen in die Infrastruktur - die Leitungen so marode sind daß 30% (!) des Trinkwassers versickert. Wie im alten Witz: was passiert wenn in England der Kapitalismus eingeführt wird: lange nichts, dann wird in England (!) das Wasser knapp. Danke, Margaret! (Wie Staatliche Eisenbahn funktionieren kann zeigt uns die Schweiz, es geht, wenn man das will). Zu den Drohungen mit neuerlich ausgebrochenem Zwist in Irland: ich halte das für Teil der Kampagne, mit der die EU den Austritt der Briten madig machen will.
1. Über 50 % derer, die zur Wahl gegangen sind, haben sich gegen die EU entschieden. Punkt! 2. Das britische Parlament ist offensichtlich (auch durch das Wahlrecht bedingt) näher bei den Wählern, als die im “Dem deutsche Volke” gewidmeten Hause residierenden Parteisoldaten der Einheitsfront. 3. Ich würde mir mehr solcher Parlamentarier wie die Herrn Rees-Mogg oder Farage, also Menschen von Bildung und Geschmack, in unserem Parlament wünschen. 4. Mich würde interessieren, welche historischen Vergleiche Sie bei Mitgliedern des Bundestages anstrengen möchten.
Es wird keinen Brexit geben. Ansonsten, Herr Ederer, haben Sie wirklich den Eindruck, dass Enoch Powell sich geirrt hat? Gut, der Tiber ist noch nicht rot von Blut, aber an der Themse arbeitet man dran.
Den Iren ist natürlich sehr die politische Einheit ihrer Insel zu wünschen! Diese sollte und kann aber friedlich, erreicht werden und nicht mit der Hilfe von Leuten, die auf “Gräber pissen” wollen. Die IRA war eine üble Bande von brutalen Terroristen, die die harten Reaktionen der britischen Seite erst heraufbeschworen haben. Man sollte meinen, daß wenigstens in Europa die Zeiten vorbei sind, wo man auf solche Weise Politik machen will. Und katholisch war das sowieso nie, das war immer rechtsnationalistisch (hier ist der Begriff mal zutreffend). Der Autor übersieht außerdem merkwürderweise vollkommen die vielfältigen und schon lange sehr umfangreichen persönlichen Beziehungen zwischen den Bürgern der beiden Inseln, nicht zuletzt wegen der Attraktivität des britischen Arbeitsmarktes. Es ist deshalb umso perfider jetzt historische Verbrechen der Briten zu beschwören und das Wiedererwachen des kriminellen Terrors in Nordirland an die Wand zu malen, ja beinahe als gerechte Strafe hämisch herbeizureden, anstatt die guten Möglichkeiten der weiterhin friedlichen Entwicklung zu betonen, die auch durch ein paar Schlagbäume nicht einfach so zerstört werden. Wird der Brexit ein Erfolg, so gilt das auch für das bezaubernde Eire nebenan, wird es keiner, werden die Iren umso alternativloser vom imperialen Brüssel abhängig, das wahrscheinlich unter französischer Führung Einheitssteuersätze für Unternehmen in der gesamten EU durchzusetzen sich anschickt.
Naja - „Wir sind das westlichste Land Europas…” stimmt glaube ich eher nicht - aber geschenkt. Ich denke man kann den Austritt seitens der EU hässlich machen oder nicht. Das ist ein Frage der Vernunft. Und wenn der EU daran liegt, den UK-Austritt hässlich zu machen, dann werden natürlich wieder die Grenzhäuschen zwischen Irland und Nordirland stehen. Ich denke die Briten haben daran kein Interesse.
der bericht bringt von anderer seite licht in die geschichte von gb. trotzdem glaube ich, dass die briten den austritt durchziehen sollten. es wird auch hier anders kommen als wir in letzter zeit immer wieder lesen und hören. ich habe vor der brexitabstimmung und 2014 / 15 vermehrt mit engländern gesprochen und sie gefragt was denn ihre meinung sei. die meisten antworten, auch von geschäftsleuten waren im sinne von: ja, niemand weiss so genau was da so alles an verborgenem zum vorschein kommt. was die kosten dafür sein werden und wie weit gb in die ganze schuldenpolitik eingebunden sei. daneben aber waren die meisten eher für einen austritt, konnten aber den ausgang nicht abschätzen. bereits damals war es ein kriterium, wie die wahlbeteiligung sei. nachdem allerdings hier wohl der hinterste und letzte brite wusste um was es bei der abstimmung ging, kjann man nicht von einem knappen ausgang sprechen. auch alle früheren wahlen liefen nach demselben muster ab. ich bin zuversichtlich und gebe nichts auf die eu-katastrophen prognosen. die eu selbst muss ja hoch interessiert sein am weiteren handel mit gb. b.schaller
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