Mit einer Yacht mitten in den Fettnapf. Nicolas Sarkozy hat in Frankreich sein Amt als Präsident noch nicht angetreten, und schon hat er die erste Affäre am Bein. Sich kurz nach einem Wahlkampf, in dem er schmerzhafte Reformen beschwor, von einem Milliardär zum Luxusurlaub einladen zu lassen, ist instinktlos. Zumal in einem Land, das von den Eskapaden seiner politischen Klasse die Nase voll hat. Mit Recht hat Sarkozy angekündigt, den beinahe selbstverständlichen Zugriff traditioneller Eliten auf die Spitzenpositionen in Staat, Wirtschaft und Verwaltung zu brechen.
Dennoch ist die Moralapostelei rund um Sarkozys Jetset- Urlaub übertrieben. Die Empörung der Sozialisten hat auch mit Sozialneid zu tun. Gegen einen Politiker, der derart polarisiert, dass auch drei Tage nach seiner Wahl noch aus Protest Autos angezündet werden, ist so eine Kampagne beinahe logisch. Aber sie bleibt unsachlich.
Denn es mag sich zwar mancher wünschen, dass Politiker in den Ferien bei Dosenravioli zelten fahren – aber den Obdachlosen in Paris und den Arbeitslosen in Marseille wird das nicht helfen. Für sie wird die politische Bilanz Sarkozys entscheidend sein, unabhängig von seiner Ferienplanung. Die Arbeitsplätze, die Frankreich braucht, müssen übrigens von Unternehmern geschaffen werden, nicht vom Staat. Es spricht also nicht per se gegen den konservativen Politiker, der nicht erst gestern auf einer Yacht im Mittelmeer zu einer wirtschaftsliberalen Haltung fand, dass er Freunde in Unternehmerkreisen hat.
Anrüchig und korruptionsverdächtig wäre es allerdings, wenn Sarkozy solche Kontakte geheim hielte. Aber nach den öffentlichen Ferien wäre jede politische Gefälligkeit für seinen Freund aus der Wirtschaft ein Riesenskandal – und dieser Umstand schützt Sarkozy wohl eher vor Korruption, als sie zu ermöglichen. Zumindest vorerst.
Kommentar im Kölner Stadt-Anzeiger, 10.5.07