Henryk M. Broder / 18.07.2016 / 12:20 / Foto: R4BIA.com / 36 / Seite ausdrucken

Was Sie als Zuschauer der Tagesschau sagen dürfen und was nicht

Als Zuschauer der ARD-tagesschau haben Sie die Möglichkeit, die gesendeten Berichte zu kommentieren. Es gelten die üblichen Regeln: Keine Aufrufe zur Gewalt, keine Hassmails etc. Diese Regeln werden durchaus flexibel gehandhabt, je nachdem, um wen und worum es geht. Geht es zum Beispiel um den türkischen Staatspräsidenten Erdogan, einen lupenreinen Demokraten, sollen Beleidigungen und unpassende Vergleiche unterbleiben. Deswegen richtete das Moderatoren-Team am 16. Juli um 22.45 Uhr den folgenden Appell an die "lieben User":

Bitte verzichten Sie bei Ihren Ausführungen auf Vergleiche zwischen dem Nationalsozialismus und der aktuellen Lage in der Türkei. Entsprechende Analogien werden von der Moderation nicht freigeschalten.
MfG
Die Moderation

Das ist doch mal eine klare Ansage: Sie dürfen alles sagen, nur nicht, dass Erdogan ein Despot ist, der das Recht mit Füßen tritt, wie es auch Onkel Adi und die Nazis getan haben. 

Für diese Regieanweisung aus der Hamburger Zentrale kann es drei Erklärungen geben.

Erstens: Die tagesschau möchte den guten Ruf des Nationalsozialismus nicht durch Übertreibungen beschädigen.

Zweitens: Die tagesschau möchte kein Verfahren wegen Beleidigung des türkischen Präsidenten riskieren. 

Drittens: Die tagesschau findet, der Nationalsozialismus ist eine deutsche Erfindung, die uns niemand streitig machen darf, wie die Curry-Wurst, der Leibniz-Keks, der Kaffeefilter und der Strandkorb. Hände weg von unseren Kulturgütern! Das Copyright auf den Nationalsozialismus (und den Holocaust) haben wir!

Bleibt nur die Frage: Darf man die tagesschau mit der "aktuellen kamera" des DDR-Fernsehens vergleichen, wo man auch nichts Abfälliges über den Sozialismus sagen durfte?

Foto: R4BIA.com via Wikimedia Commons

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Leserpost

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Detlef Schneider / 18.07.2016

Kurz, knackig, köstlich. Broder ist unverzichtbar.

Cosmos / 18.07.2016

Solange es Journalisten wie Sie gibt, Herr Broder, die mit Scharfsinn und Humor alles gefälschte und gekünstelte offenbaren, gibt es Hoffnung für das Land der Dichter und Denker. Köstlich.

Ludger Vieth / 18.07.2016

Hastings, Chef des Bezahlsenders Netflix glaubt, dass lineares Fernsehen einen schleichenden Tod stirbt und in 20 Jahren vom Markt verschwunden sein werde. Warum müssen wir solange warten?

Steffen Lindner / 18.07.2016

“Wenn Du wissen willst, wer Dich beherrscht, musst Du nur herausfinden , wen Du nicht kritisieren darfst.”(Voltaire)

Andreas Horn / 18.07.2016

Mensch, Herr Broder, da haben Sie aber Schwein, daß die Kahane nicht mehr von der Normannenstrasse aus operiert und Maas Hohenschönhausen noch nicht reaktiviert hat. Herrlicher Artikel, vielen Dank!

Der schöne Danny / 18.07.2016

Traurig, aber wahr. Aber wenn ich mir die Duckmäuserei und das Desinteresse in der Gesellschaft und leider auch meinem Umfeld ansehe, muss ich sagen. Wir haben es nicht anders verdient. Trotzdem danke für den Schraubenzieher, Herr Broder. Danke auch an die anderen Autoren. Sie kämpfen einen aufrechten Kampf. Grüße aus Köln ( zur Zeit Langeoog) Der schöne Danny

Andreas Säger / 18.07.2016

Warum sollte es dort anders zugehen als hier?

Jan Korbelik / 18.07.2016

Sehr schön geschrieben, danke, Herr Broder. Nur würde ich zu den deutschen Erfindungen (Curry-Wurst, der Leibniz-Keks, der Kaffeefilter und der Strandkorb) einige Erfindungen, die viele von uns TÄGLICH verwenden dazuschreiben—nur eine Auswahl: Otto-Motor, Aspirin, Zahnpastatube und Porzellan. Die letztgenanngen haben übrigens die Sachsen erfunden. Von wegen Moderator-Deutsch: Vermutlich verwenden die “gestorkenes Deutsch”: schalten-schielt-geschalten https://verben.texttheater.net/Starke_Verben/S

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