Die deutsche Wirtschaft boomt, der Konsum steigt, die Arbeitslosigkeit sinkt. Alle sind happy, nur einer ist angepisst: Richard David Precht, der Florian Silbereisen der Geisteswissenschaft. „Wir haben viel zu viele Dinge, die wir nicht brauchen. Wir müssen wieder lernen, zu verzichten.“ mahnt der smarte Philosoph (das gilt selbstverständlich nicht für siebenstellige Buch-Erlöse. Spätestens da hört sich’s dann auf mit dem Verzicht).
Inzwischen ist es sogar per Gesetz verboten, eine Polit-Talkshow zum Thema Kapitalismus ohne den Beststellerautor zu führen. Selbst die FDP musste ihn bei ihrem letzten Freiheitskongress fast 20 Minuten reden lassen.
Vereinfacht gesagt lautet Prechts These: Freie Märkte führen uns alle in den moralischen, ökologischen und sozialen Ruin. Und wer in den letzten Jahren mal die Schweiz besucht hat, sieht mit eigenen Augen, wie erschreckend die Lebensqualität in Lausanne, Zürich oder Genf ist. Da sollte man sich doch lieber mal an Nordkorea, dem Iran oder Kuba ein Beispiel nehmen.
Warum nur sind so viele Intellektuelle in den Gedanken verliebt, der Kapitalismus wird uns alle zerstören? Weil der Markt nicht Klugheit sondern Knappheit belohnt. Viele Geisteswissenschaftler verachten den Kapitalismus, weil er ihnen gnadenlos vor Augen führt, dass ein Lyrikband auf dem freien Markt weniger wert ist als ein Song von Dieter Bohlen. Das ist zugegeben schwer zu ertragen. Natürlich ist es demütigend, dass irgendein oberflächlicher Taugenichts mit einer bekloppten Idee wie z.B. dem Tamagochi unvorstellbar reich werden kann, während man mit einer Promotion über die zweite Lautverschiebung im Althochdeutschen gerade mal einen Aushilfsjob als Taxifahrer bekommt.
Deswegen reden Intellektuelle auch so gerne vom Niedergang von Moral und Kultur. Was in den seltensten Fällen damit zu tun hat, dass Moral und Kultur tatsächlich die Grätsche machen. Viel mehr meinen sie damit die Tatsache, dass sich kaum einer für ihre Thesen und Gedanken interessiert. Die große Masse hört lieber Mario Barth als Bert Brecht.
Da sich aber dummerweise viele Intellektuelle für klüger und weitblickender halten als das einfache Volk, ist die Ablehnung der Marktwirtschaft nur allzu verständlich. Der verbreitete Antikapitalismus unter vielen schlecht bezahlten Soziologen, Germanisten und Philosophen befriedigt gleichzeitig deren Minderwertigkeits- und Überheblichkeitsgefühle. (Paradoxerweise auch dann noch, wenn Sie wie Herr Precht zu den Besserverdienern gehören.)
Für viele Welterklärer gibt es kaum eine schlimmere Vorstellung als von ihrem intellektuellen Ross herabzusteigen um mit dem gemeinen Fußvolk um einen Arbeitsplatz zu kämpfen. Deshalb sehnen sich viele zurück nach autoritären Gesellschaften, in denen der Gebildete automatisch zur gehobenen Führungsschicht gehörte. Die gefährliche Idee dahinter ist, dass unter vielen Intellektuelle der tiefverwurzelte Glaube herrscht, unsere „rücksichtslose turbokapitalistische Gesellschaft“ müsse mit machtpolitischen Mitteln geführt und gelenkt werden, weil sie sonst ins Chaos versinken würde. Kaum ein Intellektueller ist jemals auf die Idee gekommen, dass es das Beste sein könnte, die Menschheit einfach in Ruhe zu lassen.
Ob es einem gefällt oder nicht. Aber Kapitalismus dient nicht einem höheren Zweck. Genauso wie die Gravitationskraft ist er einfach vorhanden. Das daraus entstandene Prinzip von Angebot und Nachfrage ist das einzige Wirtschaftssystem, das keine Ideologie darstellt. Wahrscheinlich ist es genau das, was Menschen wie Herrn Precht daran so stört.