Manfred Haferburg / 10.11.2021 / 16:00 / Foto: Claude Truong-Ngoc / 58 / Seite ausdrucken

Was nicht in Euren Zeitungen steht: Macron hebt lächelnd den Mittelfinger

Die deutschen Medien erwecken gern den Anschein, als sei die Kernenergie eine sterbende Technologie. Das Gegenteil ist der Fall. Doch nun dreht sich der Wind in Europa. Rapide steigende Preise auf dem Energiesektor, verursacht durch politisch gewollte Verknappung von Energie, lassen Stimmen zugunsten der Kernenergie lauter werden. 

Die Klimakanzlerin Angela Merkel besuchte Emmanuel Macron, der ihr die höchste französische Auszeichnung, das Großkreuz der französischen Ehrenlegion („Légion d’honneur“) umhängte. Es wurde maskenlos gebusselt und umarmt, als gäbe es kein Corona in Frankreich und als wäre man sich in allem einig – Friede, Freude, Crêpes. 

Im Burgundischen Beaune kam man dann mit First Lady und First Gentleman privat zum Luxusdinner zusammen, nach dem burgundischen Motto: „Bon appétit et large soif (Guten Appetit und gesegneten Durst)“, den „Anschela“ ja durchaus haben soll. Es gab Eier und Rindfleisch in Rotweinsoße vom Sternekoch und lokale Weine aus den besten Lagen und von den besten Jahrgängen. Einige Franzosen sollen sogar „vive Mutti“ gerufen haben. Dies alles wurde von den deutschen Medien ausführlich gewürdigt. Auf den dazugehörigen Fotos konnte man sehen, dass nur die armen Dolmetscher und Domestiken Masken tragen mussten.

Niemand weiß so genau, was Macron beim Rotwein in Beaune mit Merkel ausgekuschelt haben könnte, zum Beispiel nämlich, dass Kernenergie von der Europäischen Union als „grüne Energiequelle“ eingestuft wird. Ursula von der Leyen hat doch tatsächlich gesagt: „dass die EU neben den Erneuerbaren die Atomenergie als stabile Energiequelle benötige, sowie während des Übergangs zur Klimaneutralität auch Erdgas“. Wer glaubt denn, dass sie so etwas offiziell ohne Absprache mit Ihrer Chefin äußern würde? 

„Um die Energieunabhängigkeit Frankreichs zu gewährleisten“

Gestern hielt der Französische Präsident wieder einmal eine Ansprache an die Nation. Neben der Coronapolitik ging es auch um ein wesentlich handfesteres Thema, die Kernenergie. Und siehe, plötzlich verstehen die meisten deutschen Journalisten kein Französisch mehr und können daher leider nicht berichten, dass Macron unmissverständlich den Geisterfahrern des deutschen Atomausstiegs den ausgestreckten Mittelfinger gezeigt hat.

Präsident Emmanuel Macron hat am Dienstag, den 9. November, angekündigt, dass Frankreich neue Kernreaktoren bauen wird. Er betonte die Vorteile dieser Energie, insbesondere unter dem Gesichtspunkt des Klimas. "Wir werden zum ersten Mal seit Jahrzehnten den Bau von Kernreaktoren in unserem Land wieder aufnehmen und die Entwicklung erneuerbarer Energien fortsetzen", sagte er in einer im Fernsehen übertragenen Ansprache. 

Macron betonte, dies solle geschehen, "um die Energieunabhängigkeit Frankreichs zu gewährleisten, die Stromversorgung unseres Landes zu sichern und unsere Ziele, insbesondere die Kohlenstoffneutralität im Jahr 2050, zu erreichen". Frankreich, das den größten Teil seines Stroms aus Kernenergie bezieht, baut derzeit den Prototyp-Kernreaktor einer neuen Generation, den EPR in Flamanville (EDF), dessen Bau 2007 begann und noch nicht abgeschlossen ist. Nebenher modernisiert Frankreich seine 56 Kernreaktoren mit einem Milliardenprogramm, um sie für eine 20-jährige Laufzeitverlängerung fit zu machen.

In Deutschland brach 2021 die Windstromerzeugung trotz Zubaus von hunderten Windrädern um fast 20 Prozent ein. Nun ist es nicht etwa so, dass 2021 ein „windarmes“ Jahr war. Sondern nach den windreichen Jahren 2019 und 2020 blies der Wind 2021 wieder normal, also eher schwach. Die verbliebenen sechs Kernkraftwerke, Kohle- und Gaskraftwerke mussten oft als Windersatz einspringen, sonst wären die Lichter ausgegangen.

Nur mal so zur Erinnerung, falls sich Energiewendeschönrechnerin Kemfert wieder zu Wort meldet: In Frankreich mit über 70 Prozent Kernenergie kostet der Strom nur halb so viel wie in Deutschland, dafür stößt der Durchschnittsfranzose nur halb so viel Kohlendioxid aus wie sein deutsche Nachbar. Und nicht zu vergessen: Der CO2-Abdruck der Deutschen wird sich genauso wie der Strompreis noch weiter erhöhen, wenn die letzten Kernkraftwerke 2022 abgeschaltet werden. Die dann fehlenden 12 großen 500-MW-Gaskraftwerke als Kernenergieersatz wird es nicht geben, da man noch nicht einmal mit ihrer Projektierung begonnen hat. 

„Der Wahnsinn, wenn er epidemisch wird, heißt Vernunft“

Zusätzlich sollen bis 2030 ja noch diverse Kohlekraftwerke stillgelegt werden. Das bedeutet die Notwendigkeit weiterer 15 Gaskraftwerke. Die Zeit für die Projektierung und Errichtung eines Gaskraftwerkes beträgt ungefähr acht Jahre. Diese fast 30 Gaskraftwerke müssten vom Staat gebaut werden, da sich ihre Errichtung im Energiewende-Subventionsgestrüpp nicht rentiert und kein Investor, der bei Trost ist – wir reden insgesamt über mehr als 35 Milliarden Euro –, dort investiert. Jeder mag selbst entscheiden, wie lange es dann dauert und ob es überhaupt Lieferkapazität dafür gibt. Und wenn sie dann irgendwann laufen, wo kommt das Gas her und was kostet es? 

Parallel dazu kommt der Netzausbau für 35 Milliarden (ohne Erdkabel, lt. Bundesregierung) und die Errichtung von 10 Windrädern und 500 Solaranlagen pro Tag für die nächsten 10 Jahre, nur um die derzeitig veröffentlichten amtlichen „Ausbaupläne der Erneuerbaren“, die Minister Altmaier verkündet hat, zu realisieren. Das Ausplündern der Steuerzahler und Stromkunden hat aber ganz sicher irgendwo eine Grenze, genauso wie die Zerstörung sämtlicher Grundlastkraftwerke. Wie sagte Henryk Broder? „Der Wahnsinn, wenn er epidemisch wird, heißt Vernunft“.

Deutschland steckt mit seiner Energiewende in der Sackgasse, eine Wendeschleife ist nicht in Sicht. Ab dem 31.12.2022 befindet sich Deutschlands Stromwirtschaft im Tal der Tränen. Dann fehlen ein paar tausend Megawatt im deutschen Netz, nämlich sechs große Grundlastkraftwerke zur Bedarfsdeckung bei Flaute und Dunkelheit. Wehe, wenn die Nachbarn dann ihren Strom selber brauchen. 

Deutschland hat sich hoffnungslos in eine veritable Energiekrise manövriert. Na dann: Bon courage Allemagne für die kommenden Dunkelflauten.

Foto: Claude Truong-Ngoc CC BY-SA 3.0 via Wikimedia Commons

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Leserpost

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Jürgen Fischer / 10.11.2021

Warum muss ich gerade an Loriot denken? „Otto Kohl fühlt sich unwohl am Pol ohne Atomstrom!“ Tja, wohl nicht nur Otto Kohl am Pol ...

Claudius Pappe / 10.11.2021

Klimawandel…............................Wohlstandswandel…...................................................... ( von der Mittelschicht nach unten und in die Staatskasse für die Staatsbediensteten)

Ralf Leistner / 10.11.2021

Auch hier gilt, was Frau Stockmann über die Coronapolitik geschrieben hat: “ist eigentlich nur etwas für ausgemachte Zyniker mit einem pessimistischen Weltbild”. Oder etwas poetischer ausgedrückt: kennst du das grüne Deutschland noch nicht? Morgens kein Wasser ( weil kein strom für die Pumpen) Abends kein Licht.

Ernst Dinkel / 10.11.2021

Herr Haferburg, der Hofreiter Toni hat vor einiger Zeit bezüglich der deutschen Energiewendepläne festgestellt: “Mir ham’ des oalles durchgerechnet.” Und der Habeck Robert hat seine friesischen Kuhställe auch Wind-gepämpert, da wird er das zusammen mit Annalenchens Kobolden doch wohl auch noch für den restlichen Schwerindustrie-Kram schaffen. Immer diese Schwarzseherei, mir fehlt jedes Verständnis ...

J.G.R. Benthien / 10.11.2021

Nennen Sie doch die korrekten Grössenordnungen: Deutschland werden TeraWatt fehlen. 1000 MegaWatt = 1 GigaWatt, 1000 GigaWatt = 1 TeraWatt. Deutschland braucht derzeit pro Jahr ca. 78 TeraWattStunden. Mit »ein paar tausend MegaWatt« kann man grade mal eine Kleistadt am Leben halten. Nur damit die Leser das besser einordnen können ;-)

Bernhard Krug-Fischer / 10.11.2021

Nachdem die Grünen ja bekanntlich die Atomkraft verteufeln, sollte Frankreich den Wunsch der Grünen nachkommen und keinen Atomstrom mehr liefern. Was würde Danisch sagen: geliefert wie bestellt. Na dann gute Nacht und fröhliches Frieren.

Ludwig Luhmann / 10.11.2021

Alle Globalisten stehen still, wenn dein ungeimpfter Arm es will”

Harald Unger / 10.11.2021

“... Monsieur Le Grand wußte nur wenig gebrochenes Deutsch, nur die Hauptausdrücke - Brot, Kuß, Ehre - doch konnte er sich auf der Trommel sehr gut verständlich machen, z. B. wenn ich nicht wußte, was das Wort »liberté« bedeute, so trommelte er den Marseiller Marsch - und ich verstand ihn. Wußte ich nicht die Bedeutung des Wortes »égalité«, so trommelte er den Marsch »Ça ira, ça ira - les aristocrates à la lanterne!« - und ich verstand ihn. Wußte ich nicht, was »bêtise« sei, so trommelte er den Dessauer Marsch, den wir Deutschen, wie auch Goethe berichtet, in der Champagne getrommelt - und ich verstand ihn. Er wollte mir mal das Wort »L’Allemagne« erklären, und er trommelte jene allzueinfache Urmelodie, die man oft an Markttagen bei tanzenden Hunden hört, nämlich Dum – Dum – Dum – ich ärgerte mich, aber ich verstand ihn doch.” Heinrich Heine “Das Buch Le Grand”

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