Felix Perrefort / 11.02.2020 / 15:00 / 13 / Seite ausdrucken

Was ist mit dem Deutschen Journalisten-Verband los?

Ein Licht auf den Zustand des politischen Journalismus hierzulande wirft der „Deutsche Journalisten-Verband“ (DJV), dem ich in einem auch auf Achgut.com erschienenen Artikel vor Kurzem mangelnde Urteilsfähigkeit attestierte. In einem aktuellen Kommentar stellt er diese nun erneut unter Beweis. DJV-Pressesprecher Hendrik Zörner konstatiert da, „dass die Vergiftung der Debattenkultur in den sozialen Medien durch Extremisten und Trolle und die Beeinflussung des Publikums für eine bestimmte politische Richtung trotz der Selbstverpflichtungen der Konzerne munter voran schreitet“, was „unübersehbare Auswirkungen auf den Journalismus“ habe: „Die Nachrichtenportale müssen sich immer häufiger mit Hasskommentaren auseinandersetzen.“

Welch eine Mammutaufgabe. Anstatt einfach einen Werkstudenten einzustellen, den man angemessen dafür bezahlt, strafrechtlich relevante Kommentare zu löschen bzw. solche, die aus der untersten Schublade stammen, favorisiert Zörner die „Regulierung durch die EU“ und hofft daher untertänig darauf, „dass nicht Jahre vergehen, bis aus Europa wirksame Regeln kommen“. Peinlich... 

Bezeichnend ist dabei, dass es in dem Tagesschau-Artikel, auf den der DJV sich bezieht, noch nicht einmal explizit um Hasskommentare geht, sondern vielmehr um politische Werbung, die als solche nicht gekennzeichnet sei. Der DJV assoziiert sich hier offenbar die angeblich nur von Hass motivierte Kritik gegen seinesgleichen herbei, gegen die vorzugehen er sich die starke Hand des Souveräns wünscht.

Paranoide Angst vor „giftigen Trollen“  

So ganz geheuer ist dem Journalisten-Verband die ganze Angelegeheit dann aber doch nicht, denn sonst würde die Überschrift nicht lauten: „Droht Regulierung von oben?“ Na, was denn nun? Droht die Regulierung oder verspricht diese Rettung? Was ist von einem Journalismus zu halten, dem es nicht einmal gelingt, Überschrift und Text in Einklang zu bringen?    

Dafür, dem latenten Bewusstsein für die in der Tat bedrohliche Gefährdung der Meinungsfreiheit durch die EU-Bürokratie und die Social-Media-Giganten denkend nachzugehen, fehlt dann aber doch der Mut. Denn als heimlicher Verteidiger angeblich überall lauernder „Trolle“, die ihr „Gift“ in die Debatte injizieren – ein überaus fragwürdiges Sprachbild übrigens – möchte man derzeit eben auf keinen Fall verdächtigt werden. 

Lieber sucht man der schlichtweg paranoiden Angst vor angeblich omnipräsentem Hass, dem „antifaschistische“ Attacken auf FDP-Politiker und ihre Familien gemeinhin nicht zugerechnet werden, damit beizukommen, die undemokratische EU um Hilfe zu bitten. Und das obwohl man ahnt, dass dem Journalismus die jenseits bürgerlichen Rechts operierende Regulierung mit Hilfe „automatisierter Systeme und menschlicher Kontrolle" (Facebook) auf die Füße fallen – sich der sogenannte Kampf gegen rechts vor allem auch als Kampf gegen die eigene Freiheit entpuppen wird. 

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Leserpost

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Henry Merling / 11.02.2020

Die unerträgliche Erbärmlichkeit des Schreiberleins.

Rolf Mainz / 11.02.2020

Deutschland braucht nicht nur endlich neue, gute Politiker/innen, sondern auch dringend neue, gute Journalisten/innen.

Steffen Rascher / 11.02.2020

Das erinnert mich alles an 89 im Herbst, als man die Glaceehandschuhe im Umgang mit der Opposition in diesem Land (Ostdeutschland) ausziehen wollte. Jetzt will man den Krebs abschneiden, befindet sich dabei aber schon in den Räumen der eigenen Partei. Irgendwann wird man anfangen zu lächel und behaupten: „Demokratie braucht Opposition“ und sich frisch ans Werk machen, um den Laden in dreißig Jahren nochmal zu kippen, ganz demokratisch versteht sich. Nie mehr als zweimal vier Jahre für Oberbürgermeister, Minister, Ministerpräsidenten, Bundespräsidenten und Kanzler. Es geht regelmäßig schief. Eh ich es vergesse, Merkel tut mir leid. Sie sollte mal Achse lesen. Und jetzt Fantasie einschalten – ihr Gesicht ist dann schlagartig faltenfrei.

Sabine Lotus / 11.02.2020

Och du armer DJV: “Die Nachrichtenportale müssen sich immer häufiger mit Hasskommentaren auseinandersetzen.“ Ich hätte da einen extrem einfach umsetzbaren Vorschlag: Alle Hass- und Hetzespuckenden Politiker (“Pack, Nazis, Krebsgeschwür, Ratten, etcpp.”) müssen in der Öffentlichkeit nach ihrem Hasskommentar für mindestens ein halbes Jahr die Klappe halten. Dann müssen die anderen nicht mehr darauf reagieren (was dann fast wie Hass klingen mag) und schon ist Ruhe. Aber ja natürlich, kratzt lieber an der EU Tür. Warum einfach, wenn’s auch EU geht. Jetzt habe ich doch gerade tatsächlich “Pack” gedacht. Seltsam, so etwas kam mir vor Gabriel eigentlich nicht in die Synapsen.

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