Bernd Zeller / 28.11.2011 / 20:52 / 0 / Seite ausdrucken

Was genau versteht man eigentlich unter rechts?

Im Folgenden wollen wir uns mit der Frage befassen, was konkret mit „rechts“ im politischen Sinne gemeint sei, ohne darauf eine abschließende Antwort geben zu können. Rechts ist aus linker Sicht, was nicht zu Links gehört, das aber beantwortet höchstens die Frage nach dem Wo. Die Nazis sind rechts, irgendwelche rechten Parteiflügel sind rechts – bedeutet das einen Zusammenhang, der nicht nur aus linker Perspektive erscheint, so wie der Mond neben der Venus steht und die Sonne im Sternbild Schütze, sondern gemäß allgemeinen Kriterien bestimmbar ist? Gibt es eine inhaltliche oder strukturelle Gemeinsamkeit bei Rechts, die eine Zusammenfassung überhaupt zulassen kann?

Bei links kann man eine Gemeinsamkeit von Gemäßigt bis radikalextremistisch feststellen: Links ist, wo das Primat des Wunsches herrscht. Die Ideologie, die Ansichten, besser gesagt die feststehenden Auffassungen anstelle von Ansichten, sind Wunscherfüllungen. Deshalb sind sie unumstößlich oder nur durch Überwindung eines ganz hohen Widerstandes zu hinterfragen, sie machen das Leben leichter und nützen dem, der sie hegt.

Die Übergänge von wünschenswerten Wünschen zu Trugbildern sind fließend, aber sie müssen nicht im Praxistest bestehen, sondern werden durch die anderen Szenegruppenmitglieder bestätigt. Aus dem verdrängten Wissen, dass es sich um virtuelle Konstrukte handelt, kommt die Sympathie für Terroristen; die tun wenigstens was.

Es ist nicht verwunderlich, dass als rechts, also unlinks, gilt, wer die Wunschbilder nicht teilt, gleich, ob sie wegen ihres Inhalts abgelehnt werden oder weil sie nicht als Ersatz für Wirklichkeitswahrnehmung gewollt sind. Sarrazin wieder und die.

Warum nun sind die Nazi-Mörder rechts? Weil sie menschenverachtend sind, lautet die gängige Antwort. Das sind sie zweifellos, sie morden aus niedrigen Beweggründen, in diesem Sinne wären aber auch Gewaltpornos rechts oder Schulmassaker. Nein, die Nazis nur sind politisch motiviert.

So, und das nun ist die interessante Frage: welche Politik? Welche politische Haltung findet denn in diesen Taten und Tätern ihre konsequente oder auch nur vermeintlich konsequente Umsetzung? Gefragt wird nach einer realen Politik. Dass sich eine Gaunerbande als Partei ausgibt, kann doch nicht reichen, oder? Wo ist der kausale Zusammenhang zu intoleranten unfeuilletonistischen Internetseiten oder, wie Cem Özdemir es nennt, „dem Buch“? Wer ist das rechte Gegenstück zu Sahra Wagenknecht? Friedrich Merz, Roland Koch? Wer zu Gysi, Lötzsch, Ernst, Sommer? Guido Westerwelle? 

Oder: An wen richten sich die Bekennervideos? Doch an die anderen Gestörten und nicht an eine Sympathisantenszene.

Man kann, wie es aussieht, eben nicht einen Übergang von nichtlinks/konservativ/flügelrechts zu den als rechtsextrem bezeichneten Verbrechern feststellen, jedenfalls nicht, ohne die Kausalitätslücken mit Metaphern von Nährboden und Stimmung zu überbrücken, was allerdings als Wunscherfüllung wie eine Argumentation gilt.

Der Kampf gegen rechts war insofern erfolgreich, als dass die echten Nazis darüber nur lachen konnten und sich sicher fühlten, wodurch sie letztlich aufgeflogen sind.
Es wurde gewarnt, die Nazimörder doch nicht als Terroristen zu bezeichnen, um sie nicht zu heorisieren.

Hätte man sie lebend geschnappt, man hätte höchstwahrscheinlich defizitäre Persönlichkeiten festgestellt, nahe an der Schuldunzurechnungsfähigkeit.
Es sagt etwas über den Zustand unserer Gesellschaft, dass hierzu klargestellt werden muss, das das keine Relativierung bedeuten soll.

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