Peter Grimm / 13.01.2019 / 13:00 / 54 / Seite ausdrucken

Was fehlt im Magnitz-Video?

Die Debatte über den brutalen Angriff auf den AfD-Bundestagsabgeordneten Frank Magnitz nimmt immer absurdere Züge an. Inzwischen ist kaum noch davon die Rede, dass diese Gewalt generell inakzeptabel sei. Keine Spur mehr vom Nachdenken darüber, inwieweit der staatlich geförderte Ausgrenzungskurs gegenüber jedem, der auch nur einer Nähe zu irgendeiner AfD-Aussage verdächtig war, mit verantwortlich dafür sein könne, dass AfD-Vertreter in manchen Teilen der Gesellschaft als legitime Angriffsziele gelten. Jetzt geht es meist nur noch darum, ob die AfD und Angriffs-Opfer Magnitz den Überfall übertreiben und instrumentalisieren könnten, während das doch eigentlich gar nicht so schlimm gewesen sei. Als Zuschauer, Leser und Hörer bekam man zuweilen den Eindruck, dass alles nicht so schlimm sei, wenn kein Kantholz als Waffe benutzt wurde, wie ursprünglich berichtet wurde.

Plötzlich diskutierte man allerorts darüber, ob die Täter nun in Tötungsabsicht oder doch nur mit dem Ziel einer schweren Körperverletzung gehandelt hätten. Zuweilen klang es so, als ob Letzteres mehr Verständnis verdienen würde. Eine zentrale Rolle spielten bei der Bewertung des Vorgangs logischerweise die Aufnahmen von Überwachungskameras, die bekanntlich vor Kurzem veröffentlicht wurden. Und sie sind nun umstritten, wie beispielsweise die Welt berichtet.

„Nach dem Angriff dreier unbekannter Täter auf den AfD-Bundestagsabgeordneten Frank Magnitz streiten die Polizei und die Bremer AfD über die von den Sicherheitsbehörden veröffentlichten Video-Sequenzen, die den Tathergang dokumentieren. Während die Polizei der Hansestadt betont, dass es sich bei dem veröffentlichten Filmmaterial um das Original-Video handele, und jeden Manipulationsverdacht für abwegig erklärt, hegt die AfD Zweifel an der Aussagekraft der Bilder.“

Eine Lücke ist vorhanden

Das am Freitag auf Antrag der Staatsanwaltschaft Bremen veröffentlichte Video würde „nur die Anfangs- und Endsequenzen der Tat“ zeigen, habe die AfD demnach moniert. Die „mangelnde Qualität“ lasse zwar zu, „den Einsatz eines Kantholzes auszuschließen“, doch ob der Angriff möglicherweise mit einer anderen Waffe ausgeführt worden sei, werde mit dem Video nicht beantwortet. In der Welt heißt es weiter:

„Wenige Stunden [nach der Veröffentlichung] bedauerte die Bremer Polizei auf ihrem Twitter-Kanal „eine zunehmend unsachlich geführte Diskussion um das Video zur Öffentlichkeitsfahndung im Fall #Magnitz“. Sämtliche, vor allem in den diversen sozialen Medien erhobenen Manipulationsvorwürfe entbehrten jeglicher Grundlage.“

Es mag sein, dass niemand die Aufnahmen gezielt nachbearbeitet hat, doch ist es augenscheinlich tatsächlich so, dass in dem präsentierten Video einige Sekunden des Tatablaufs fehlen. Auf den Bildsprung weist beispielsweise ein junger Bremer recht genau hier auf YouTube hin. Was nach einem Schnitt aussieht, muss freilich keiner sein. Es kann auch sein, dass diese Sekunden schon in der Aufzeichnung gefehlt haben. Aber eine Lücke ist auf jeden Fall vorhanden, wie ja auch die Bremer Staatsanwaltschaft einräumt:

„Der Sprecher der Bremer Staatsanwaltschaft Frank Passade verwies auf Anfrage von WELT AM SONNTAG darauf, dass die Videos von Bewegungs-Überwachungskameras stammten, die Bilder nur aufnähmen, wenn sie „ein bestimmtes Maß an Bewegung“ registrierten.

Dadurch entstehe womöglich der unzutreffende Eindruck, das Material sei an entscheidender Stelle geschnitten worden. Passade verwies darauf, dass Magnitz als Opfer der Tat jederzeit sämtliche aufgezeichneten Bilder des Tatabends anschauen könne.“

Ob diese Erklärung zur Lücke stimmig ist, lässt sich nur sagen, wenn man weiß, in welchem Bereich die Bewegungsmelder eine Aufzeichnung auslösten. Manchmal können es auch einfach peinliche technische Fehler sein, alles ist möglich. Nur lässt sich in der Tat angesichts dieser Lücke mit dem Video auch nicht beweisen, dass es keinen Einsatz einer Waffe oder eines waffenähnlichen Gegenstands gegeben hat. Es sind solche vollmundigen Aussagen, die die Zweifel nähren. Die beklagte „zunehmend unsachlich geführte Diskussion um das Video“ wurde erst auf der Basis dieser Zweifel möglich. Egal welche Ursache der Bildsprung an der heiklen Stelle hat, der Versuch, eine Aussage aus dem Video abzuleiten, die nur ohne eine solche Lücke tragbar wäre, hat einfach einen schalen Beigeschmack.

Dieser Beitrag erschien auch hier auf sichtplatz.de

Sie lesen gern Achgut.com?
Zeigen Sie Ihre Wertschätzung!

via Paypal via Direktüberweisung
Leserpost

netiquette:

Kevin Reimann / 13.01.2019

Oh, was haben wir denn hier? Ein zweites Kennedy-Attentat-Video? Und schon fühlen sich die Spurensuchhunde, Hobby-Gerichtsmediziner und “ich sehe was, was du nicht siehst”-Erleuchtenden berufen, allen anderen zu erklären, was tatsächlich abgelaufen ist. Für vorangegangene Schläge geht Magnitz im zweiten Teil aber noch ganz gemütlich mit Händen in der Hosentasche seines Weges. Bei einem brutalen Schlag von vorne hätte er wohl auf dem Rücken gelegen?  Er wurde auch nicht mit einem Gegenstand in den Nacken geschlagen, da er dort keine (große) Verletzung hatte. Vielleicht - reine Spekulation - hat der Schläger Magnitz etwas vors Gesicht gehalten auf das er zunächst geprallt ist. Der eine Angreifer scheint dem anderen was zu übergeben, vielleicht klatschen sie sich auch nur “erfolgreich” ab. Haben die bei der Kripo keine Fachleute, die mehr aus dem Material rausholen können?

Engelbert Gartner / 13.01.2019

Ob an dem Video geschnitten wurde, kann ich nicht beurteilen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass dort noch etwas Wichtiges verdeckt werden sollte. Was ich, und auch andere gesehen haben ( u.a.  Kommentare auf Welt online ) ist, dass ein sehr wahrscheinlich harter Gegenstand, mit voller Wucht, H. Magnits am Kopf trifft. Schaut man sich das Video weiter an kann man auch sehen, dass dieser Gegenstand an den links laufenden Komplizen übergeben wird. Sieht man sich die Verletzung und den harten Schlag mit Gegenstand an, kann man von einer Tötungsabsicht ausgehen. Mit traurigen Grüßen E Gartner

Dirk Jungnickel / 13.01.2019

Als Filmprofi kann ich nur sagen, dass ich den jungen Mann , der das Video präsentiert, seriös finde und seine Bedenken teile. Eindeutig ist die zweite Kamera erst dann eingeschnitten, als die Täter schon in Aktion waren.  Da kann man trefflich spekulieren, warum nicht eingangs ein leeres Bild zu sehen ist . Mich wundert aber viel mehr, warum die Sequenz der ersten Kamera so wenig Beachtung findet. Eindeutig vermummen sich die Täter, weil sie das Opfer in bestimmter Absicht verfolgen. Leider wird die miserable Aufnahmetechnik der Polizei es nicht erlauben, die Täter eindeutig zu identifizieren.  Man fragt sich, warum dann überhaupt Überwachungskameras installiert werden.

H. Volkmann / 13.01.2019

@Herr Precht, das mit dem “bestimmten Maß an Bewegung…” ist keine “fadenscheinige Erklärung” , sondern eine Lüge und damit sehr ernst zu nehmen. Denn in diesem Kontext weist Sie darauf hin, daß etwas verdeckt werden soll. Also weitere Lügen und Manipulatioen.. Solche “Erklärungen” sind doch meist aufschlußreicher als bezweifelbare Fakten. Wie in Chemnitz. da waren die Lügen auch aufschlußreicher als das Video mit dem Hasen. Auf die Lügen sollte man sich konzentrieren, das sind viel weiterführende “Fakten”.

Raphael Jung / 13.01.2019

Ohne Verschwörungstheorien Vorschub leisten zu wollen, aber weder das “Bewegungsmeldungsargument” noch der zweite Teil des Videos als Beweismittel verfängt. Jede billige Bewegungsmelderkamera aus dem Baumarkt funktioniert nach einem einfachen aber sehr wirkungsvollen Prinzip: Sie nimmt sensorisch die ganze Zeit auf und speichert die Bilder in einem Buffer. Wenn der Bewegungsmelder eine Bewegung detektiert sind also im Buffer die Sekunden/Minuten vor dem Bewegungsevent vorhanden und werden vollautomatisch in eine echte Datei gespeichert. Die Schnitt-Theorie ist also Humbug! Des Weiteren ist vollkommen unklar, ob die zweite Sequenz überhaupt mit der ersten zu tun hat. Weder Opfer noch Täter sind hier zu erkennen. Könnte also auch eine “produzierte” Sequenz sein. Es könnte auch sein, dass die Täter wiederkamen, um Magnitz, der Ihnen noch nicht malad genug war, noch einen mitzugeben und dann der Bauarbeiter einsprang und wir diese Sequenz schlicht nicht zu sehen bekommen. Viele Grüße aus der Hauptstadt dieses ehemals blühenden Landes Raphael Jung

Susanne Weis / 13.01.2019

Wenn man sich das Video anschaut und dann noch mal in Zeitlupe (youtube), sieht man eindeutig, dass der Schläger einen Gegenstand in der linken Hand hat. Der Gegenstand sieht im Video hell, länglich, starr aus und ragt etwa 5-10 cm aus der linken Faust des Angreifers heraus. Als der Angreifer seinen linken Arm mit diesem Gegenstand zum Opfer führt (das wäre die entscheidende Sequenz, um zu sehen, ob und wie er das Opfer mit dem Gegenstand schlägt oder traktiert), wird der Arm vom Körper des Angreifers verdeckt, so dass man ihn nicht sehen kann, da die Kamera die Rückenansicht des Geschehens filmt. Direkt nach der Attacke übergibt der Schläger, im Davonlaufen, den Gegenstand aus seiner linken Hand an seinen links neben ihm laufenden Kumpanen, der den Gegenstand mit seiner rechten Hand abnimmt. Das sieht ähnlich einer Staffelstab-Übergabe aus und wirkt sehr routiniert und wirkt wichtig für die beiden Angreifer, den Gegenstand sofort, noch im Davonlaufen zu übergeben ... Die Frage, ob mit einem Gegenstand geschlagen worden ist, oder nicht, sei entscheidend dafür, ob die Anklage auf Mordversuch (=mit Gegenstand) oder Körperverletzung (=ohne Gegenstand) laute, so las man. Deshalb ist dieses Detail so wichtig.

Klaus-Dieter Ohström / 13.01.2019

Sehen wir es doch mal so - die Polizei ist an Weisungen gebunden und der Staatsanwalt ebenso. Was machen sie also, wenn eine bestimmte Wahrheit von der politischen Führung verlangt wird ? Eben . Damit dürfte alles gesagt. sein.

Sabine Schönfeld / 13.01.2019

Es gibt jede Menge Grund, hier die Aussage der Bremer Polizei zu bezweifeln. Die Kamera war ja zuvor schon gelaufen und hat aber zufällig genau die entscheidenden 9 Sekunden - den Beginn des Angriffs - nicht aufgezeichnet? Und beginnt dann mit einer merkwürdig schattenhaft / durchsichtigen Überblendung? In der sichtbaren Sequenz ist Magnitz schon am Fallen, d.h. ein Teil des Angriffs fand offenbar vorher schon statt. Dann sieht man neben dem Ellbogenschlag mit dem rechten Arm, wie der Täter mit der linken Hand nochmals in Richtung von Magnitz’ Kopf/Gesicht schlägt, möglicherweise mit einem kleinen Gegenstand in der Hand, den er kurz danach seinem Komplizen übergibt. Weiterhin ist für mich die Frage, warum die Aufzeichnung so undeutlich ist - insbesondere, warum ist ausgerechnet die Zeitleiste verschwommen, wenn ich sonst Bilder von Überwachungskameras sehe, ist die Zeitleiste i m m e r scharf! Dann widersprachen offenbar die Aussagen der Handwerker zumindest anfangs der Darstellung der Bremer Polizei und weiterhin passen die Wunden von Magnitz’ ebenfalls nicht dazu. Z.T. sind zwar Schürfwunden zu sehen, aber schon die tiefe Platzwunde auf dem Oberkopf passt nicht zu einem Aufprall beim Fall, sondern sieht aus wie eine Schlagverletzung - zumal sie am Oberkopf ist. Man kann unmöglich gleichzeitig mit Gesicht und Oberkopf aufkommen, da der Kopf rund ist und nicht flach. Wir haben hier also nicht nur eine Merkwürdigkeit, sondern die Darstellung der Bremer Polizei ist tatsächlich eine einzige Ungereimtheit. Mir erscheint diese Darstellung deshalb schlicht nicht glaubwürdig.

Weitere anzeigen Leserbrief schreiben:

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen
Peter Grimm / 12.04.2024 / 06:15 / 136

Kein Drama beim Höcke-Duell

Dass Thüringens CDU-Chef Mario Voigt mit seinem AfD-Pendant Björn Höcke in ein TV-Duell ging, sorgte für Aufsehen und Protest. Heraus kam eine ganz normale Fernsehsendung,…/ mehr

Peter Grimm / 11.04.2024 / 12:45 / 50

Die Rundfahrt eines Polizeibekannten

Der Irrwitz deutscher Asylpolitik zeigt sich zuweilen auch in absurden Geschichten aus dem Polizeibericht. Bei zu vielen Asylbewerbern drückt sich das Verhältnis zur Gesellschaft im…/ mehr

Peter Grimm / 09.04.2024 / 06:15 / 140

Droht eine Landesregierungs-Entmachtung nach AfD-Sieg?

Fünf Jahre nach dem „Rückgängigmachen“ einer Ministerpräsidentenwahl überlegen Juristen jetzt, wie man missliebige Landesregierungen mittels „Bundeszwang“ entmachten und zeitweise durch einen Staatskommissar ersetzen könnte. Sie…/ mehr

Peter Grimm / 03.04.2024 / 13:00 / 33

Wer darf Feindsender verbieten?

Wenn Israel das Gleiche tut wie EU und deutsche Bundesregierung zwei Jahre zuvor, dann ist selbige Bundesregierung plötzlich besorgt. Bei Doppelstandards ist Deutschland immer noch…/ mehr

Peter Grimm / 30.03.2024 / 09:00 / 75

Durchsicht: Die populärste Kommunistin?

Sahra Wagenknecht verteidigte als Kommunistin die DDR und begeistert heute selbst Konservative. Klaus-Rüdiger Mai beschreibt, wie die Frau zu verstehen ist. / mehr

Peter Grimm / 24.03.2024 / 12:00 / 77

Fürchtet Putin Angriffe aus verdrängten Kriegen?

143 Todesopfer hat der Anschlag auf ein Konzert in der Moskauer Region gefordert. Der Islamische Staat hat sich dazu bekannt, doch der Kreml hätte gern andere…/ mehr

Peter Grimm / 18.03.2024 / 10:00 / 78

Durchsicht: Migrationstheater im Bundestag

Am Freitag debattierte der Bundestag wieder einmal über die Migrationskrise. Die Selbstdarstellung der Nach-Merkel-CDU war, wie auch die Reaktion aus der SPD, bemerkenswert. Politisch wenig…/ mehr

Peter Grimm / 14.03.2024 / 12:30 / 55

Nix rausgekommen beim Kanzler?

Am Mittwoch stellte sich Bundeskanzler Olaf Scholz den Fragen der Bundestagsabgeordneten und schaffte es wieder, mit vielen Worten keine klare Antwort zu geben. Und er…/ mehr

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com