Chaim Noll / 08.03.2020 / 06:28 / Foto: Freud / 49 / Seite ausdrucken

Was erwartet mich, wenn ich nach Deutschland fliege?

Bisher hat die ElAl meinen Flug Tel Aviv-Berlin nicht abgesagt. Und als Israeli darf ich auch wieder in Israel einreisen, wenn ich von der Reise zurückkomme. Vielleicht muss ich zwei Wochen in meinem Haus in Quarantäne bleiben, wie dieser Tage unsere Tochter, als sie von einer Konferenz in München zurückkehrte. Corona fordert Opfer. Und wie es bei einem Virus und den gegen ihn ergriffenen Maßnahmen zu erwarten ist: einen Sinn sucht man vergebens. Ich würde die zwei Wochen nutzen, meinen Schreibtisch aufzuräumen. Und, falls noch Zeit bliebe, den Garten in Ordnung zu bringen. Das alles schreckt mich nicht wirklich. Und doch schlafe ich schlecht in diesen letzten Nächten. Habe Alpträume. Erwache beunruhigt, zu früher Stunde, wenn der Muahedin im nächsten Beduinendorf seinen durchdringenden Gesang anstimmt und gleich darauf, als hätten sie darauf gewartet, in den leeren Tälern die Schakale heulen.

Das Corona-Virus hat Greta aus den deutschen Medien verdrängt – das soll ihm, auch wenn es sonst viel Verwirrung anrichtet, als Verdienst angerechnet werden. Massenhysterische Wellen tilgen, wie Brecher am Strand, die Fußspuren der vergangenen Inszenierung. Andere Veränderungen erweisen sich als beständig, vielleicht, weil sie sich schleichend vollziehen: die Reduzierung der Rechte des Einzelnen, die Anpassung der Medien an politische Korrektheit, die Verdummung der Schulhöfe, deren deutlichstes Symptom der neu-populäre Antisemitismus ist. Oder die „von oben“ manipulierte Wahl eines Ministerpräsidenten in Thüringen. Und die Ergebenheit, in der sie von den meisten Deutschen hingenommen wird. Das geht also: dass die Kanzlerin in Berlin bestimmt, wer in einem Bundesland Ministerpräsident werden darf – und nicht die Wähler.

Oder die von der Regierung erlassenen und finanzierten Initiativen zur Denunziation von Nachbarn, die „rechtsextremer“ Umtriebe verdächtig sind. Was erwartet mich auf meiner Vortragsreise? Geheime Melder im Publikum? Minutiöse Mitschriften wie damals, 1987, als ein Stasi-Spitzel in Königswinter bei Bonn einen ganzen Vortrag von mir stenographierte, sogar die Reaktionen der Zuhörer („Heiterkeit im Publikum“)? Mich verblüffte, als ich Jahre später das umfangreiche Manuskript lesen durfte, der exorbitante Aufwand. Denn die DDR war sonst immer in Geldnöten. (Auch der Bundesfinanzminister kündigt vorsichtshalber Verluste im Staatshaushalt an.) Was darf ich in Deutschland noch sagen, ohne „Faschist“ oder „Rassist“ genannt zu werden? Wo darf ich auftreten? Wo nicht? Werden junge Muslime – bekanntermaßen empfindlich gegen jede Verletzung ihrer Gefühle – das offene Tragen der Kippa dulden?

Ganz sicher ist es noch nicht, ob ich überhaupt bis Berlin komme

Schon in der Vorbereitungsphase meiner Reise – bevor Corona überhaupt im Gespräch war – gab es Zwischenfälle. Da war die CDU-nahe Stiftung in Hamburg, die diesmal nicht, wie mehrmals in der Vergangenheit, mit den Veranstaltern meines Vortrags kooperieren wollte: „Die Konrad-Adenauer-Stiftung Hamburg möchte ausdrücklich gerne in 2020 eine Kooperationsveranstaltung mit Ihnen machen, aber bitte mit einem anderen Referenten.“ Und andererseits die FDP-nahe Stiftung, die nach der Wahl eines der Berliner Kanzlerin unerwünschten Ministerpräsidenten in Thüringen selbst in „Faschismus“-Verdacht geriet, so dass sich auch hier Wochen lang kein Kooperationspartner für meine Veranstaltung fand. Beide Termine wurden am Ende möglich – es gibt immer noch ein paar Außenseiter im durchregierten Land.

Auf die Außenseiter freue ich mich, auf die Wenigen, die im Gewoge deutscher Panik-Attacken noch ihren klaren Kopf behalten. Sogar ihren Humor. Im Mai bin ich hoffentlich wohlbehalten wieder zu Hause, in der Wüste. Und werde deshalb die Al-Quds-Demo verpassen, eine im sozialistisch regierten Berlin liebevoll gepflegte Tradition, um an die grandiosen Fackelzüge, Bücherverbrennungen und „Tod-den-Juden“-Aufmärsche der großen Zeit zu erinnern, als Berlin noch Reichshauptstadt war. Entschlossen blickende junge Männer marschieren auch diesmal in lockerer Formation den Kurfürstendamm entlang, skandieren Sprechchöre und rufen zur Vernichtung der Juden auf.

Die deutschen Behörden kommen nicht dazu, daran Anstoß zu nehmen, weil sie zunehmend mit dem „Kampf gegen rechts“ beschäftigt sind. Die gleichfalls etwas hysterisch wirkende Kampagne trägt alle Anzeichen einer „moralischen Panik“, wie Stanley Cohen in seiner 1972 erschienenen soziologischen Studie Folk Devils and Moral Panic diese Art inszenierte Stigmatisierung einer – notfalls zu erfindenden – sozialen Gruppe nannte. Womit wir wieder bei der Panik wären, bei Corona und im Übereifer angerichteten Milliardenschäden. Und plötzlich stornierten Flügen. Denn ganz sicher ist es noch nicht, ob ich überhaupt bis Berlin komme.

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E Ekat / 08.03.2020

Sehr geehrter Herr Noll, es gab viel zu lernen in den letzten Jahren. Ihre Feststellung: “Und die Ergebenheit, in der sie von den meisten Deutschen hingenommen wird”. könnte noch etwas nachgeschärft werden. Ein wenig beneide ich Sie für Ihre Möglichkeit in Israel ohne Quarantäne einreisen zu können, um den damit verbundenen Hintergrund. Man muß es hinnehmen: Deutschland wurde äußerst raffiniert in die Richtung von Irrelvanz gelenkt,  wobei die Duldung, die Ergebenheit der Deutschen äußerst kenntnisreich instrumentalisiert wurde, und wird.

Paul Siemons / 08.03.2020

Was will man in Deutschland, wenn man in Israel lebt? Ich habe Deutschland schon vor längerer Zeit verlassen, und nichts zieht mich noch einmal dort hin. Heute noch 1001 mal weniger als zur Zeit meines Fortgangs. Es genügt mir, das Elend aus einigermaßen sicherer Entfernung zu betrachten. Selbst das ist mir meist schon zu viel. Bitte überlegen Sie sich die Reise noch einmal. Übrigens: gerade beim Schreiben schlug mir die Rechtschreibkorrektur “überleben” statt “überlegen” vor.

Michael Wilde / 08.03.2020

Lieber Herr Noll, bitte geben Sie auf sich acht! Sie werden dringend gebraucht. Alles Gute, Michael Wilde

Sabine Lotus / 08.03.2020

Nicht Herr Noll! Bitte nicht! In spätestens 14 Tagen ist Deutschland das ‘Hotel California’, “...you can check in every time you like, but you can never leave…”. Riskieren Sie das bitte nicht. Dafür ist Ihre Stimme viel zu wichtig.

Wilfried Düring / 08.03.2020

‘Das Corona-Virus hat Greta aus den deutschen Medien verdrängt – das soll ihm, auch wenn es sonst viel Verwirrung anrichtet, als Verdienst angerechnet werden.’ Chapeau! Möge dieses Virus dazu beitragen, die unerträglichen Hüpf-Apostel und ihre Wander-Prediger und lärmenden Untergangs-Propheten nachhaltig zu disziplinieren. In Nord-Italien soll es schon (zunächst zeitlich befristet) Demonstrations-Verbote geben, die das Militär auch konsequent durchsetzt. Man stelle sich das einmal vor: Demonstrations-Verbote! Vielleicht bald auch in Deutschland! Ich träume nachts schon davon. Ahhhhh. Diese Ruhe. Herrlich.

Sabine Schönfelder / 08.03.2020

Zuversicht, werter Autor, Corona ist völlig überbewertet und noch ist das Ziel der Linken, die vollkommene Unterwerfung einer ehemals stolzen deutschen Nation, nicht erreicht. Aber auch in Israel, in dem Land in dem Sie leben, arbeiten subversive Elemente daran, dem Boot Israel eine linke Schlagseite zu verpassen, wie uns Herr S.@Marek gestern hier auf dem Blog eindringlich darstellte (Dank an ihn, diese Machenschaften waren mir in diesem Ausmaß unbekannt). Das bedeutet, Herr Noll, egal in welche Richtung Sie fliegen, es gibt jede Menge zu tun!! Gott schütze Sie und gebe Ihnen immer mindestens die Kraft, die Sie benötigen.

Richard Kaufmann / 08.03.2020

Als Israeli würde ich mich von diesem ekelhaften Land fern halten.  Nur Wahlsyrer sind hier willkommen, insbesondere wenn sie jung und ohne Begleitung (also krawalllustig und -fähig) sind. Bleiben Sie, wo Sie sind, Sie leben ja in einem schönen und zivilisierten Land. Wussten Sie, dass im Ruhrpott eine Leninstatue aufgestellt wird?

Johannes Schuster / 08.03.2020

Verehrter Herr Noll, wenn die Abwesenheit der Mission dem jüdischen Denken eines einbrockt, ist es die Passivität und damit die Abwesenheit jeder Strategie für ein Handeln in Unterzahl. Peter Scholl - Latour ist der einzige Jude, den ich kenne, der in sich dieses “Ihr schafft mich alle nicht” hatte- er war katholisch getauft und bei Jesuiten gelandet, von der einen Seite hatte er das Denken, von der anderen das Handwerk. Er war in Indochina und hatte eine Mentalität wie eine ganze Division Makkabäer nicht. Die Frage sollte nicht passiv gestellt werden, nicht, was einen Juden in Deutschland erwartet, sondern es in eine Aussage bringen: “Ihr könnt was erleben - wenn ihr mir quer kommt”.  Kippa auf, das Gewehr geladen- Augen zu, Hirn aus - und durch. Wer lange fragt, geht lange irr. Kognition ist nicht alles, manchmal muß der Nagel mit dem Hammer in die Wand. Geist ist nichts, wenn er nichts wirkt, und eine Haltung kann brillant sein, sie ist wertlos, wenn man sie nicht durchboxen kann um hernach nicht mehr zu sein, wie die Haltung an und für sich an ihrem Anfang. Und vor allem soll man sich nicht abhängig von den Irren und Wütigen in der Welt machen, nicht fragen, was man tut oder nicht tut, ob ihrer. Man soll tun, was man für richtig hält, was man gewissentlich vertritt und aus dem Gefühl heraus für sich verantworten kann. Selbst eine rhetorische Angst ist auch keine Stärke. Es ist nicht schlau- immer intelligent zu sein.

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