Henryk M. Broder / 02.08.2014 / 10:44 / 11 / Seite ausdrucken

Was Didi auf dem Herzen liegt

Nach geltender Rechtsprechung darf man einen Antisemitin bzw. eine Antisemitin nur dann einen Antisemiten oder eine Antisemitin nennen, wenn man das begründen kann. Das ist im Prinzip auch richtig so. Man darf einen Kinderficker nur dann einen Kinderficker nennen, wenn er Kinder sexuell missbraucht.

Während aber im Falle des Kindesmissbrauchs der Tatbestand ziemlich klar ist, gibt es im Falle des Antisemitismus einen relativ großen Interpretationsraum. Was dem einen Antisemitismus ist, ist dem anderen legitime Israelkritik bzw. Antizionismus. Also wird von Fall zu Fall entschieden, was im Prinzip auch richtig ist. Jürgen Elsässer geht zur Zeit gegen Jutta Ditfurth vor, die ihn einen “glühenden Antisemiten” genannt hat. Wäre “Antisemit” ohne ein Adjektiv ok gewesen? Wäre “lendenlahmer Antisemit” auch eine Beleidigung? Und wie steht um die Kombo “intelligenter Antisemit”? Ist das nicht eher ein Kompliment, da Antisemten normalerweise als dumm gelten?

Meine Definition des Antisemiten ist einfach, kompakt und überprüfbar: Antisemit ist, wer Juden etwas übel nimmt, das er Nichtjuden nicht übelnimmt. Wer sich über das Gemetzel in Syrien nicht aufregt, es nicht mal zu Kenntnis nimmt oder gar rechtfertigt, im Falle von Gaza aber von einem “Völkermord” spricht, der ist ein Antisemit.

Nehmen Sie zum Beispiel den Komiker Dieter Hallervorden. Der hat neulich zusammen mit seinem Sohn eine “offene Stellungnahme” auf seiner FB-Seite gepostet. “... wir träumen davon, dass es in Deutschland möglich ist, der israelischen Regierung einen ständigen Verstoß gegen UN-Resolutionen und die Menschenrechte vorzuwerfen, ohne gleich in den Verdacht zu geraten, Antisemit zu sein!”

Wenn Sie grade ein paar Minuten Zeit haben, dann versuchen Sie bitte eine “offene” oder verdeckte “Stellungnahme” von Hallervorden und seinem Sohn zu Syrien, zu den Massakern an Christen in Nigeria oder zu der Lage der Baha’i im Iran zu finden. Es wird Ihnen nicht gelingen. Was in Syrien, in Nigeria und im Iran passiert, geht den Hallervordens an ihren Komikerärschen vorbei. Ein klassischer Fall von selektiver Wahrnehnung - und von Antisemitismus. Auch die Palästinenser sind diesen Betroffenheits-Simulanten wurscht, so lange sie von anderen Arabern massakriert werden, wie z.B. in Jarmouk bei Damaskus oder Naher al-Bard bei Tripoli. Diese Pali-Freunde haben nur einen Traum. Sie wollen einfach “Judenschweine” rufen können, ohne gleich in den Verdacht zu geraten, Antisemit zu sein! Das ist alles.

Und das Schönste daran ist, dass sie es selber bestätigen. Nachdem eine Mara Müller eine höfliche Anfrage auf Hallervordens FB-Seite gepostet hatte, was er denn so von Syrien, Nigeria, Sudan und anderen Konfliktherden halten würde, antwortete der Komiker: “Das ist alles richtig, was Sie sagen. Ich persönlich setze aber trotzdem meinen Schwerpunkt, so wie ich das für richtig halte. Und zwar nicht danach, was gerade populär ist, sondern danach, was MIR auf dem Herzen liegt.”

Eben. Was IHM auf dem Herzen liegt. Eine Kanaille, wer dabei an die Juden denkt.

Wenig später postete er eine weitere Stellungnahme: “All denen, die mir auf meinen Post damit geantwortet haben, dass ich ein Antisemit sei muss ich sagen, dass ich mich seit Jahren in Organisationen gegen Rechts engagiere. Das ist wirklich das Letzte, was man mir vorwerfen kann!...”

Was für ein lobotomierter Dummbatz! Er engagiert sich gegen Rechts und kann deswegen kein Antisemit sein! Und ich bin Vegetarier und hab deswegen nix gegen Blondinen!

Didi, du Knallcharge, du bist der Prototyp des postnazistischen Antisemiten. Komm, verklag mich. Ich kann dir sogar einen Anwalt empfehlen, der sich auf die Verteidigung von Antisemiten spezialisiert hat. Make my day, you scumbag!

 

 

 

 

Sie lesen gern Achgut.com?
Zeigen Sie Ihre Wertschätzung!

via Paypal via Direktüberweisung
Leserpost

netiquette:

Annen Nerede / 02.08.2014

Danke. Das müsste sitzen. Allerdings: Würden Sie einem Didi n i c h t vorwerfen, er sei ein antisemitischer Drecksack, wenn er nachweislich schon seit zwei Jahren syrienkritische oder irakkritische oder libyenkritische Bemerkungen gemacht hätte? Hätten Sie dann Achtung vor Didi?

Weitere anzeigen Leserbrief schreiben:

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen
Henryk M. Broder / 03.04.2024 / 12:00 / 120

Kein Freibrief von Haldenwang

Von „Verfassungshütern“ wie Thomas Haldenwang geht die größte Gefahr für Meinungsfreiheit und Demokratie in unserem Land aus. Wenn die Bundesrepublik eine intakte Demokratie wäre, dann…/ mehr

Henryk M. Broder / 12.03.2024 / 14:00 / 62

Christian Wulff: Liechtenstein? Nein, danke!

Unser beliebter Ex-Präsident Christian Wulff hat Angst, Deutschland könnte auf das Niveau von Liechtenstein sinken. Das kleine Fürstentum hat auf vielen Gebieten längst die Nase…/ mehr

Henryk M. Broder / 07.03.2024 / 16:00 / 19

Aserbaidschanische Kampagne verhindert Armenien-Debatte

Eine in Berlin geplante Buchpräsentation und Diskussion über bedrohtes armenisches Kulturgut konnte aus Sicherheitsgründen nur online stattfinden. Die Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik e.V. (DGAP)…/ mehr

Henryk M. Broder / 04.03.2024 / 14:00 / 23

Michael Blume: Vom Zupfgeigenhansl zum Ersten Geiger?

In der Dienstzeit des Antisemitismus-Beauftragten Michael Blume hat die Zahl antisemitischer Straftaten in Baden-Württemberg erfolgreich zugenommen. Aber der Mann hat andere Sorgen. Ende Dezember letzten…/ mehr

Henryk M. Broder / 24.02.2024 / 12:15 / 35

Eilmeldung! Herr Schulz ist aufgewacht!

Im Büro der Bundestagsabgeordneten und Vorsitzenden des Verteidigungsausschusses Marie-Agnes Strack-Zimmermann war nach einem Bericht von Achgut.com die Luft heute morgen offenbar besonders bleihaltig. Richtet man…/ mehr

Henryk M. Broder / 24.02.2024 / 06:00 / 125

Frau Strack-Zimmermann hat Cojones, ist aber not amused

Es spricht für Marie-Agnes Strack-Zimmermann (MASZ), dass sie mein Schaffen verfolgt. Deshalb hat sie noch eine Rechnung mit der Achse offen. Marie-Agnes Strack-Zimmermann (MASZ) hat…/ mehr

Henryk M. Broder / 22.02.2024 / 10:00 / 80

No News aus Wolfsburg in der Tagesschau

In Wolfsburg stellt sich der VW-Chef auf die Bühne, um Weltoffenheit zu demonstrieren. Die Belegschaft hat derweil andere Sorgen. Die Tagesschau meldet, auch an diesem Wochenende hätten tausende…/ mehr

Henryk M. Broder / 18.02.2024 / 11:00 / 57

Eine Humorkanone namens Strack-Zimmermann

Ja, wenn einem deutschen Politiker oder einer deutschen Politikerin nichts einfällt, irgendwas mit Juden fällt ihm/ihr immer ein. Dass immer mehr Frauen in hohe politische…/ mehr

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com