Was alles nach Deutschland gehört

Nun ist es amtlich. Hussein K., der Mörder von Maria L, gehört zu Deutschland. Und das lebenslang. Aber darum soll es hier nicht gehen. Denn was so alles zu Deutschland gehört, darüber ließe sich ein Buch mit 82 Millionen Seiten schreiben. Es soll um das gehen, was den Satz "X gehört zu Deutschland" zum einen so dämlich und zum anderen so beliebt macht. Es ist einer dieser Schrödinger-Sätze: Er stimmt und er stimmt nicht. Und er kann sich verdammt schnell ändern.

Es ist noch gar nicht lange her, da wollten die Grünen beispielsweise, dass die Pädophilie zu Deutschland gehört. Das hat sich irgendwie nicht so recht durchgesetzt, und heute wollen die Grünen davon gar nichts mehr wissen. Nach den Segnungen der sexuellen Revolution geht es im Moment um die Segnungen der religiösen Buntheit. Es ist das Gesetz der Demokratie: An einem bestimmten Punkt schlägt Quantität in Qualität um. Diesen "turning point" hat unser aller Sonnenkanzlerin geschickt verstärkt. Nun sind sie halt da und ihre Religion gehört zu Deutschland.

Theodor W. Adorno schrieb den hübschen Satz: "Das Leben lebt nicht". Genau so verhält es sich mit allem anderen, was für sich nicht greifbar ist und daher einen Träger braucht. Ergo auch mit dem Islam. Es gäbe ihn nicht, wenn es keine Menschen gäbe, die an ihn glauben würden. Aber der Satz "Die Moslems gehören zu Deutschland" reicht gewissen politischen Kräften nicht. Es muss etwas Metaphysisches her, etwas Durchdringendes, das man nur raunen kann. Dass einem bei dem Satz trotzdem ganz wuschig zumute wird, hat unter anderem auch damit zu tun, dass uns jahrelang die Islam-Verbände, ihre Wissenschaftler, Ausleger und Lobbyisten versucht haben, einzureden, dass es DEN Islam gar nicht gibt. Und jetzt soll etwas, das es gar nicht gibt, zu Deutschland gehören? Das macht etwas schwindlig.

Und natürlich soll der Satz "Der Islam gehört zu Deutschland" mehr als nur ein deskriptiver Satz sein. Man spürt die Absicht hinter dem Satz erst, wenn man den Islam durch etwas anderes Schönes ersetzt. Zum Beispiel: Der Antisemitismus gehört zu Deutschland. Oder eben: Die Pädophilie gehört zu Deutschland. Beide Sätze sind so wahr oder unwahr wie der über den Islam. Aber kein Politiker bei Trost würde sich hinstellen und das verkünden. Denn derartige Aussagen sollen ja gerade unterstreichen, dass es gut ist, wenn dies oder das zu Deutschland gehört. Bei Pädophilie und Antisemitismus sagt man das also nicht. Zumindest nicht mehr.

Der Islam hat keine Zustelladresse

Es gibt also seit 2010, als der damalige, etwas unglücklich wirkende Bundespräsident Christian Wulff den Satz am 3. Oktober, dem Nationalfeiertag der Deutschen, das erste Mal in die Mikrofone trompetete, eine wachsende Schar deutscher Politiker, die unbedingt möchten, dass der Islam in Zukunft zu Deutschland gehört. In diese Schar hat sich natürlich auch die deutsche Bundeskanzlerin eingereiht. Und da der Islam nun keine Zustelladresse hat und wie alles Metaphysische schwer zu greifen und zu definieren ist, zielt der Satz darauf ab, dass der Islam – bitteschön! – ab jetzt und für immer zur deutschen Kultur dazugehören soll.

Wenn dann jedoch jemand aus dem Kabinett Merkel verlauten lässt, "eine spezifisch deutsche Kultur ist, jenseits der Sprache, schlicht nicht identifizierbar", der Islam aber zu dieser nicht identifizierbaren Kultur dazugehören soll, dann kommt zum Schwindel noch die Übelkeit hinzu. Hier wird an einem Weltbild gezimmert, dass es einem den Magen umdreht. Übrigens: Der damaligen "Integrationsministerin" Aydan Özoguz (SPD), die sich als bundesdeutsche Ministerin dadurch auszeichnete, dass sie keine deutsche Kultur identifizieren konnte, hat die Kanzlerin nie widersprochen. Ganz im Gegensatz zu ihrem neuen Innenminister, den sie gleich in der ersten Regierungserklärung dafür rüffelte, als er darauf bestand, dass der Islam nicht zu Deutschland gehöre.

Erst durch eine Detailverschiebung verrät der Satz, der der Kanzlerin so wichtig ist, seine Intention. Die Uneindeutigkeit der deutschen Sprache, ob bei diesem Satz das "zu" als Adverb oder als Präposition gesetzt wurde, führt zu einer Vernebelung der Aussage. Sie lichtet sich erst, wenn man das "zu" als Präposition durch eine ähnliche Präposition ersetzt: "Der Islam gehört nach Deutschland". Jetzt erst streift der Satz das Unschuldskleidchen des Beschreibenden vollständig ab, öffnet sich dem Zukünftigen und offenbart den autoritären und imperativen Duktus des Sprechers: "Der Islam gehört nach Deutschland" entlarvt sich schließlich als der Befehl, der er sein will.

So dürfen wir uns glücklich schätzen, eine Bundeskanzlerin zu haben, die weiß, was alles nach Deutschland gehört. So war es ja schon 2015 mit Hussein K., der gehörte damals auch nach Deutschland. Aber das ist wieder eine andere Geschichte.

Vom Autor erschien jüngst das Buch: Markus Vahlefeld: Mal eben kurz die Welt retten – Die Deutschen zwischen Größenwahn und Selbstverleugnung, Mai 2017. Erhältlich im Buchhandel, auf amazon oder direkt auf markus-vahlefeld.de

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Leserpost

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Wilfried Cremer / 24.03.2018

Gehören Ehrenmorde auch nach Deutschland, als Wiedereinführung der Hexenverbrennung? Wobei damals Rudimente heidnischen Aberglaubens unter der Decke der Religion virulierten, im Falle des Islam dagegen oben und unten vom Wesen her dasselbe sind.

Uwe Samsel / 24.03.2018

Der Islam gehort zu Deutschland, passt aber nicht zu Deutschland.

Werner Arning / 24.03.2018

Was wollen diese „Der Islam gehört zu Deutschland“ -Ausrufer eigentlich ursprünglich damit sagen? „Gehört zu“bedeutet, etwas darf nicht fehlen. Eine Person oder Sache ist fester Bestandteil eines Ganzen. Ein Lenkrad gehört zu einem Auto. Bei einem Ehepaar gehört der eine zum anderen. Das Ehepaar ist nur zu zweit komplett. Oder man gehört zu einer Gruppe. Der Gitarrist gehört zu uns. Er spielt in unserer Band die Gitarre. Ohne ihn können wir nicht auftreten. Aber der Islam gehört zu Deutschland? Warum? Und der Buddhismus? Was ist am Islam deutsch? Was macht ihn für Deutschland unverzichtbar?  Geht es um die Menge seiner Anhänger? Was ist Deutschland, was ist deutsch? Oder will man uns auf eine falsche Fährte locken? Geht es um die inhaltliche Entleerung eines Nationalgefühls? Geht es um Beliebigkeit. Um das angestrebte globale Denken? Um die Relativierung alles Altbekannten?

Frank Holdergrün / 24.03.2018

Weil sie, die Muslime, HALT da sind, gehört der Islam HALT zu Deutschland. So meinte es Wulff, halbherzig ebenso wie Merkel. Bei beiden ist keine echte, tiefe Zuneigung zu erkennen. Keiner der beiden erklärte mir, was diese Religion kulturell positiv gebracht hat und ob sie mit unserem Grundgesetz vereinbar sei. Ehrlich gesagt habe ich kein “gehört nach Deutschland” erkannt. Ich sah und sehe nur die komplette Unlust, überhaupt darüber zu reden - und hier liegt das Problem. Die komplette Verneinung einer aufklärenden Diskussion über den Islam war der Nebel vergangener Jahrzehnte. Wenn ich es positiv sehe, war es der kindliche Glaube, dass Religionen bei uns sowieso ausgedient hätten, alle eigentlich lieb und harmlos seien. Als Ergebnis dafür dürfen sich alle Politiker der herrschenden Parteien einen Nebellichter wie Dr. Curio anhören, der endlich die problematischen Suren und ein Weltbild in den Bundestag befördert, das keinesfalls unsere Toleranz in Anspruch nehmen darf. Selten habe ich den Plenarsaal so sprachlos gesehen wie bei der letzten Rede von Dr. Curio. Diese ganzen völlig abgehobenen Ignoranten haben es in Kauf genommen, dass ein ehemaliger SPD Wähler wie ich nur noch eins will: eine öffentliche Diskussion um jedes Wort, das die Ideologie des Islam in ihren Grundlagenwerken vorhält, und welche Taten sie in den letzten 1300 Jahren begangen hat.

Jürgen Keil / 24.03.2018

Für die meisten Muslime sind die Angehörigen anderer Konfessionen Ungläubige. Die relativ wenigen aufgeklärten Muslime haben keine Meinungsmacht, sie müssen im Gegenteil selbst mit Repressionen ihrer radikalen Glaubensbrüder rechnen. Der Anteil der Muslime in Deutschland wird wachsen. Um so größer ihr Anteil an der Bevölkerung wird, um so mehr werden sie politisch Einfluss nehmen wollen, werden sie ihre religiösen Meinungen und ihre Lebensweise missionieren. Wer das nicht wahrhaben will, muss nur die abendländischen Religionen kritisch betrachten. Auch diese sind nicht unpolitisch! Trotz Trennung von Kirche und Staat nehmen sie Einfluss auf die Politik. Wer das nicht sieht ist blind. Sterbehilfe, Abtreibung sind nur zwei Beispiele von vielen, wie die Kirchen Einfluss nehmen. Oder die Juden in den USA; haben die keine politische Macht? Religionen sind immer auch politisch, der Unterschied besteht darin, mit welcher Radikalität sie missionieren. Die in Deutschland lebenden Muslime sind da. Das ist zu konstatieren und zu akzeptieren. Aber die politische Macht sollte man ihnen nicht geben,

beat schaller / 24.03.2018

Danke Herr Vahlefeld, wie immer bringen Sie die Finessen auf den Punkt. Leider schreitet für mich die Veränderung viel zu langsam voran. Lieber wäre mir, wenn der “Bettvorleger"zusätzlich zu seinem Statement zum Islam auch noch klar sagen würde: Mutti, Du und der Hosenanzug gehören nicht mehr” nach, zu, in und auf” Deutschland. b.schaller

Heiko Stadler / 24.03.2018

Aus dem Satz “Der Islam gehört zu Deutschalnd” sollte man zwei etwas abgewandelte Sätze machen: “Der Islam gehört zu Merkel” und “Merkel gehört nicht zu Deutschland”

A. Witzgall / 24.03.2018

Wenn es Frau Merkel gerne so sehen möchte, könnte sie ja weiter “feststellen”. Mein politisches Versagen als Kanzlerin gehört zu Deutschland. Asylmissbrauch gehört zu Deutschland. Rechtsbruch gehört zu Deutschland. Illegale Einwanderung gehört zu Deutschland. Missbrauch der Sozialsysteme gehört zu Deutschland. Marode Schulen gehören zu Deutschland. Messerstechende Kinder gehören zu Deutschland. Waffen bewehrte Feste gehören zu Deutschland. 30 jährige Minderjährige gehören zu Deutschland. Horrende Energiekosten gehören zu Deutschland. Flaschen sammelnde Rentner gehören zu Deutschland. Kampf um entsorgte Lebensmittel gehört zu Deutschland. Nicht tauchende U-Boote gehören zu Deutschland. Nicht fliegende Bundeswehrhubschrauber gehören zu Deutschland. Versagen bei der Energiewende gehört zu Deutschland. Der schlafende Michel gehört zu Deutschland. ..... Nun sind sie mal da und ich wüsste nicht, wie ich es anders hätte machen sollen.  

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