Joachim Nikolaus Steinhöfel / 15.11.2018 / 14:30 / Foto: Achgut.com / 91 / Seite ausdrucken

Warum wir wegen der Hessenwahl Strafanzeige erstattet haben

Von Ramin Peymani und Joachim Steinhöfel.

Eine Anfrage bei der Frankfurter Staatsanwaltschaft vom 13.11.2018 hat ergeben, dass bis zu diesem Zeitpunkt wegen der in den Medien umfangreich berichteten zahlreichen Vorfälle in Zusammenhang mit der Landtagswahl in Hessen 2018 noch keine Strafanzeige und kein Strafantrag gestellt wurde. Daher haben wir, der für die FDP im Kreistag des Main-Taunus-Kreises wirkende Ramin Peymani und der Hamburger Rechtsanwalt Joachim Steinhöfel, heute Strafanzeige wegen Wahlfälschung bei der Staatsanwaltschaft Frankfurt erstattet. Und zwar sowohl gegen Unbekannt wie gegen die namentlich verantwortlichen Wahlleiter.

Die Anzeigeerstatter hätten gerne denjenigen Personen den Vortritt gelassen, in deren Verantwortungsbereich die rechtmäßige und richtige Auszählung der Stimmen gehört und die diese auch gegenüber dem Wähler zu verantworten haben. Wir erachten es als verwunderlich, dass Landeswahlleiter Dr. Wilhelm Kanther diesen Schritt noch nicht gegangen ist.

Aus unserer Sicht besteht ein überragendes öffentliches Interesse daran, ohne einen auch nur geringen Restzweifel sicherzustellen, dass den zahlreichen „gravierenden Wahl-Pannen“ (Frankfurter Neue Presse vom 08.11.2018), und zwar in keinem einzigen Wahlkreis, ein strafrechtliches Fehlverhalten zugrunde lag. Das Vertrauen der Bürger in die Glaubhaftigkeit und Integrität der Stimmenauszählung halten wir für erschüttert. Darunter leidet auch die Stabilität unserer Demokratie und die der gewählten Repräsentanten der Bevölkerung.

Erhebliche Asymmetrie der aufgetretenen Fehler

Der Verdacht einer Straftat lässt sich im Unterschied zu flächendeckender Schlamperei direkt aus der erheblichen Asymmetrie der aufgetretenen Fehler zu Lasten bestimmter Parteien (CDU, FDP, AfD) ableiten. Diese Asymmetrie ist die Tatsache, welche die Annahme eines Vorsatzes der handelnden Personen rechtfertigt und damit die Aufnahme von Ermittlungen erforderlich macht. 

Laut Presseberichten mussten allein in Frankfurt in sage und schreibe 88 der insgesamt 490 Wahlbezirke Korrekturen vorgenommen werden. In einem Wahlbezirk in Sachsenhausen holte die CDU zunächst nur 6,9 Prozent – nach Korrektur wanderten dann 100 Stimmen von den Grünen zur CDU. Ein „Kommunikationsfehler“ habe vorgelegen. Aber wenn es sich immer „nur“ um Pannen gehandelt hat, müssten ja alle Parteien mehr oder weniger gleichermassen davon betroffen sein. Es wird daher spannend sein, landesweit die korrigierten Wahlbezirke dahingehend auszuwerten, ob sie auch zu einer Benachteiligung der Grünen führten. 

Aber nicht nur die direkte Wahlfälschung ist eine Straftat, sondern auch die Weitergabe unrichtiger Ergebnisse. Die im Bericht der Frankfurter Rundschau vom 08.11.2018 getroffenen Aussagen der Verantwortlichen erfüllen unseres Erachtens bereits diesen Tatbestand. Laut dem Leiter der Geschäftsstelle Wahlen, Hans-Joachim Grochocki, habe man das Ergebnis wegen fehlender Zahlen in einer Reihe von Wahllokalen nur schätzen können und sich dabei an den benachbarten Wahlreisen orientiert. Die Kreiswahlleiterin Regina Fehler rechtfertigt das damit, dass man „gezwungen“ gewesen sei, dem Landeswahlleiter ein Ergebnis zu liefern. Dieser bedauerte, dass es für Schätzungen keine Regeln gäbe.

Selbstverständlich gibt es für Schätzungen von Wahlergebnissen keine Regeln, denn Wählerstimmen müssen ausgezählt werden! Alles andere ist eine elementare Missachtung der Grundsätze des allgemeinen und gleichen Wahlrechts. Liegen Ergebnisse noch nicht vor, können sie eben nicht übermittelt werden, und alle Beteiligten müssen sich gedulden, bis dies der Fall ist. Sich dem politischen oder zeitlichen Druck zu beugen, der mit Blick auf eine rasche Ergebnisverkündung eventuell von Seiten der Landesregierung oder einzelner Parteien ausgeübt wird, bedeutet die Axt an die Wurzel der Demokratie zu legen.

Soweit uns, aus welcher Quelle auch immer, zuverlässige Informationen über die Vorgänge erreichen, werden wir diese prüfen und gegebenenfalls zur Akte nachreichen.

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Ines Schumann / 15.11.2018

Sehr geehrter Herr Steinhöfel, Sehr geehrter Herr Peymani. Ich finde das sehr gut und richtig, dass Sie diese Strafanzeige erstattet haben. Es darf diesen sogenannten Verantwortlichen in den Wahlbüros nicht durchgehen, dass sie Wahlbetrug fördern und nicht zur Verantwortung gezogen werden. Das passiert in Deutschland! Und wie wurde vor den Bundestagswahlen durch die Medien gebetsmühlenartig kolportiert, dass man “vor russischen Hackern” warnt, die die Wahlen bei uns beeinflussen könnten! Nein, die Fälscher sitzen im eigenen Land. Undemokratischer und unwürdiger geht es wohl kaum. Es muss diesen Leuten das Handwerk gelegt werden. Unbedingt! Sonst haben wir hier wieder DDR-Verhältnisse.

H.Milde / 15.11.2018

Zustände ähnlich wie in DDR 1.0, wo ewig weise vitale Staatslenker noch als Mumien Rekordergebnisse >90% einfahren. Müßte nicht auch wegen evtl. politisch motivierter StrafTat das BfV ermitteln?

Martin Landvoigt / 15.11.2018

Danke! Klärung ist hier dringend geboten. Die Unregelmäßigkeiten als Versehen oder Kavaliersdelikte abzuwiegeln ist in der Tat völlig unzureichend.Der Wähler muss sich auf die Korrektheit der Stimmenauszählung verlassen können. Wenn es eine klare Tendenz in den Veränderungen gab, ist eine versehentliche Panne auszuschließen.

A. Teichert / 15.11.2018

Ich bin mal gespannt was da raus kommt. Ich hoffe hier wird über den Fortgang der Dinge in Sachen Hessenwahl berichtet, ich glaube kaum das ich in der Tagesschau oder bei heute viel davon erfahre.

Bernd Ackermann / 15.11.2018

Mit einem Wort: yeah! Ich frage mich nur warum die Staatsanwaltschaft nicht von sich aus tätig wird, wenn ein(e) KreiswahlleiterIn öffentlich bekennt Stimmen und Wahlergebnisse “geschätzt” zu haben, was ja auch nur ein anderes Wort für “gefälscht” ist. Ist Wahlbetrug kein Offizialdelikt, so wie eine Hakenkreuzschmiererei?

Frank Stricker / 15.11.2018

Beim ZDF würde man sagen , grüne Wahlhelfer haben die Wahlergebnisse “journalistisch eingebettet”, also alles halb so schlimm.  Obwohl so schlecht finde ich das gar nicht , dass man sich bei Wahlpannen an den Nachbarkreisen orientiert. Bei Pannen bei der Bundestagswahl würde ich mich an Österreich orientieren , dann wäre die Raute mit dem freundlichen Gesicht ganz schnell verschwunden……….

FriedrichLuft / 15.11.2018

Aufrichtigen Dank!

Thomas Weidner / 15.11.2018

Ganz ehrlich: Was nützt eine korrekte Auszählung der Stimmen - wenn der Wähler durch Falschinformation und Manipulation gar keine Chance hat, sich eine Meinung basierend auf Fakten zu bilden? Bitte nie vergessen: Wer 8h täglich arbeitet, 2h täglich auf dem Weg zur Arbeit ist - soll der noch stundenlang im Internet wühlen, um sich dann ein einigermaßen korrektes Bild der Lage in Deutschland zu machen?!? Um nicht mißverstanden zu werden: Für Wahlmanipulateure muss es Haftstrafen ohne Bewährung geben!

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