Ahmet Refii Dener / 06.05.2025 / 14:00 / Foto: Montage achgut.com / 25 / Seite ausdrucken

Warum wir den Terror finanzieren, den wir bekämpfen

Es geht nicht nur um Korruption. Es geht um systemischen Irrsinn: Wir werfen Geld in ein System, das darauf spezialisiert ist, genau diese Gelder umzuleiten – in die Hände jener, die den Konflikt am Leben halten

Man muss kein Geheimdienstchef sein, um es zu erkennen: Die islamischen Führer der nahöstlichen Region – ob sie sich Kalif, Präsident, Führer der Gläubigen oder schlicht Märtyrer-Kommandant nennen – sind nicht arm. Sie waren es nie. Sie sind schwerreich. Und das meiste ihres Reichtums stammt aus den Taschen derer, die sich selbst als „die Guten“ betrachten. Als Beispiel sei an dieser Stelle an Jassir Arafat (1929–2004) erinnert, der „allein in den Jahren zwischen 1995 und 2000 rund 900 Millionen Dollar aus den öffentlichen Kassen Palästinas“ abgeführt haben soll.

Westliche Hilfsgelder, Entwicklungshilfe, Waffenlieferungen, „strategische Partnerschaften“ – all das fließt seit Jahrzehnten in Regionen, die man wahlweise als Krisenherde oder als Schachbretter bezeichnet. Nur wird selten darüber gesprochen, dass diese Gelder auf Konten landen, die wenig mit Schulen, Krankenhäusern oder Ernährungssicherung zu tun haben – dafür viel mit Villen, Luxusautos und privaten Armeen.

Es gibt keinen „guten“ Islamismus, den man fördern könnte, keinen „bösen“ Terrorismus, den man getrennt davon bekämpfen könnte. Die Führungsstrukturen sind längst ineinander verwoben. Islamistische Bewegungen, die sich auf den ersten Blick bekämpfen, teilen oft dieselben Finanzströme, dieselben Waffenhändler, dieselben Schutznetzwerke. Wer glaubt, mit Geld „die Gemäßigten“ zu stärken, während man „die Radikalen“ bombardiert, führt ein absurdes Theater auf – eines, das vor allem auf den Bühnen westlicher Außenpolitik funktioniert, nicht aber in der Realität vor Ort.

Wir zahlen, sie töten

Schauen wir genauer hin: Warum haben so viele Terrorführer Villen in Dubai, Häuser in London, Bankkonten in der Schweiz? Warum verschwinden Millionen an Hilfsgeldern aus Europa und den USA regelmäßig spurlos? Warum tauchen westliche Waffen in den Händen genau jener Gruppen auf, gegen die sie angeblich geliefert wurden?

Die Antwort ist brutal einfach: Weil wir schlecht beraten sind. Weil unsere Strategien nicht auf Verständnis beruhen, sondern auf kurzsichtigen Allianzen. Weil wir lieber das kleinere Übel bezahlen, als uns zu fragen, warum wir überhaupt Teil dieses Spiels geworden sind.

Es geht hier nicht nur um Korruption. Es geht um einen systemischen Irrsinn: Wir werfen Geld in ein System, das darauf spezialisiert ist, genau diese Gelder umzuleiten – in die Hände jener, die den Konflikt am Leben halten. Wir nähren damit genau das Monstrum, das wir in unseren eigenen Reden bekämpfen.

Und das Volk? Es hungert weiter. Es stirbt weiter. Es glaubt weiter an Parolen, die von Männern gemacht werden, die nie einen Tag gelitten haben. Wir müssen endlich aufhören, zwischen „guten“ und „bösen“ islamischen Führern zu unterscheiden. Wir müssen aufhören, uns mit Scheinlösungen zu beruhigen. Wir müssen aufhören, unsere eigenen Fehler hinter den Bildern von verhüllten Frauen, maskierten Kämpfern oder brennenden Ölfeldern zu verstecken.

Der Terror lebt nicht in Höhlen oder auf den Schlachtfeldern. Er lebt in den Büros derer, die verhandeln, während sie gleichzeitig das nächste Schlachtfeld vorbereiten. Und ja – er lebt auch in uns, in unseren bequemen Vorstellungen davon, dass sich das Böse irgendwo „dort draußen“ befindet, weit weg von den westlichen Bankkonten, die es erst möglich machen. Wir zahlen, sie töten – und wir tun überrascht. Solange wir den Terror finanzieren, den wir bekämpfen, sind nicht sie das Problem – sondern wir.

 

Ahmet Refii Dener ist Türkei-Kenner, Unternehmensberater, Jugend-Coach aus Unterfranken, der gegen betreutes Denken ist und deshalb bei Achgut.com schreibt. Mehr von ihm finden Sie auf seiner Facebookseite und bei Instagram.

Foto: Montage achgut.com

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Wolfgang Richter / 06.05.2025

“Wer glaubt, mit Geld „die Gemäßigten“ zu stärken” - In Syrien werden nach dem “Sturz” des Bösen mit EU- und Berliner - Steuergeld jetzt sogar direkt die “Nicht-Gemäßigten” mit 3stelligen Millionenbeträgen gefördert, die während ihrer Regentschaft in der Provinz Idlib noch als “Kopfabschneider” benannt und deshalb “bebombt” wurden.

Ralf Pöhling / 06.05.2025

Und noch ein Nachsatz: Wer also am laufenden Meter Hilfsgüter oder Hilfsgelder in Krisengebiete versendet, spendet im Endeffekt für unsere(!) westliche Rüstungsindustrie. Denn wenn die sich in den Krisengebieten mittels Missbrauch von Hilfsgeldern/Gütern Waffen kaufen und dann wieder Krieg führen, wird von westlicher Seite irgendwann dort immer militärisch interveniert, weswegen dann letztlich hier bei uns auch Waffen gekauft werden, damit der westliche Militärapparat in den Krisengebieten den Aufstand überhaupt bekämpfen kann.

Ralf Pöhling / 06.05.2025

Absoluter Volltreffer. Eigentlich müsste man gar nicht mehr dazu schreiben. Eine Sache kann man vielleicht noch ergänzen, weil gerade von den Hilfsorganisationen ja immer wieder zu hören ist, sie würden schon dafür sorgen, dass Geld oder Hilfslieferungen nicht missbraucht würden: Wo Geldzahlungen letztlich landen, lässt sich wegen des im Nahen Osten verbreiteten Hawala Systems gar nicht sagen. Da wird einfach irgendwo im Hintergrund um drei Ecken wegen irgendwelcher Verpflichtungen die sonst keiner kennt der Geldkoffer getauscht und niemand kann das zurückverfolgen. Das gleiche gilt auch für Hilfsgüter: Hilfsgüter kann man wieder zu Geld machen, indem man sie vielleicht sogar gewinnbringend weiterverkauft.  Und mit dem Geld kann man dann Waffen kaufen. Oder sich einen Palast hochziehen. Das Phänomen kennt man im kleinen sogar hier aus Deutschland, wo Sozialhilfebezieher ihre Essensgutscheine erst im Supermarkt gegen Nahrungsmittel einlösen und diese darauf wieder unter einem Vorwand umtauschen, um mit dem Geld dann Zigaretten oder Alkohol zu kaufen, was mit Essensgutscheinen ja nicht möglich ist. Bisweilen Entwickeln Menschen unglaubliche Kreativität, wenn es darum geht, feste Beschränkungen zu umgehen. Das gilt natürlich insbesondere dann, wenn es um Geldwäsche oder Schwarzmarkthandel zum Zwecke des verschleierten Kaufes von Waffen geht. Die Amerikaner haben USAID ja gerade den Hahn zugedreht. Genau aus diesem Grund. Es lässt sich einfach nicht verhindern, dass das Geld den Kanal wechselt oder die gelieferte Ware wieder zu Geld gemacht wird und damit dann Waffen gekauft werden oder sich irgendein Despot damit einen Palast baut. Wenn es um Entwicklungshilfe geht bin ich deshalb der absolute Verfechter von “Gebt ihnen keine Fische, sondern Angeln und zeigt ihnen, wie man damit fischt.” Gebt den Menschen kein Geld sondern Wissen, das sie nur zu dem Zweck einsetzen können, sich selbst eine legale Existenz aufzubauen. Dann hört das alles auf.

dr. gerhard giesemann / 06.05.2025

@Sofie L.: “Die Geldgeber wissen natürlich, daß sämtliche Zahlungen ausschließlich zur Vernichtung Israels verwendet werden.  Andernfalls würden sie auch nicht zahlen”. Wie wahr. Wer sind diese Geldgeber? S. auch meinen Kommentar weiter unten. War immer schon so, nichts Neues unter der Sonne: Kohelet 1,9 “Was geschehen ist, wird wieder geschehen, / was man getan hat, wird man wieder tun: / Es gibt nichts Neues unter der Sonne”. Na dann, weiter so. Dass die Moslems nicht erkennen, wer ihr schlimmster Feind ist, auch so ein Kapitel. Da versaut ihnen der Islam das Leben seit mehr als tausend Jahren - und die merken es nicht. D.h., sie merken es schon, schieben es aber auf andere, auf Al Kaffirun, Al Kartofflarun. Deren Produkte, deren Erkenntnisse etc. sie rauben wollen mit allen Mitteln, von der Waschmaschine über das “Handy” bis zur Atombombe. Wollen aber ihr Zeugs auch uns noch aufhängen, wie doof ist das denn? Es ist allerdings unsere Sache, den erklärten finanziell-demografischen Jihäd zu unterbinden. Und Allah Waduhu schaut herab auf die Seinen und ER weint bittere Zähren. #It’s the economy, simply. Die sollen unsere Produkte dort kaufen, wo sie sind&hausen;, basta. Bezahlen sollen sie mit ihren Rohstoffen, DAS Geschenk Allahs für sie. Wir sind da etwas kurz gekommen ... . Eigentlich ideale Handeslpartner für ein Exportland ohne Roh, oder? Win-win.

Sam Lowry / 06.05.2025

Großer Schlag gegen die Drogenmafia in Koblenz: 17 Wohnungen in Neuendorf aufgebrochen, einmal Haft. Saubere Arbeit PI KO pp. ...

sybille eden / 06.05.2025

Adolf Eichmann hat ja in einem mitgeschnittenen Interview bei sich zu Hause leidenschaftlich bedauert, daß seine Nazis nur 6 Millionen Juden umbringen konnten und nicht alle. Nun muss natürlich jemand den Rest in diesem kleinen Land besorgen. Und wer ist das wohl heute ? Wer setzt die Tradition außerhalb des Islam fort ?  Da kommt doch nur einer in Frage, - die geistigen Erben der Eichmänner. Ist doch eigentlich logisch, oder ?

dr. gerhard giesemann / 06.05.2025

“Wir müssen endlich aufhören, zwischen „guten“ und „bösen“ islamischen Führern zu unterscheiden”. Wie wahr, der schlimmste Feind der Moslems ist der Islam und seine Führer.  Sollten wir nicht finanzieren. Warum tun wir es trotzdem? Die Erkenntnis ist schließlich nicht ganz neu. Ist es doch der riesige islamisch/indische Markt, der lockt?  Schnell wachsend, voller Rohstoffe, ideal für ein rohstoffarmes Exportland? Bin gespannt, wann dieser Gedanke mal Eingang findet in solcherlei Überlegungen wie die von Herrn Dener. It’s the economy, simply. Die Kollateralschäden und -kosten trägt der Pöbel, die Industrie macht ihre Geschäfte. Ganz einfach das.

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