Gastautor / 14.01.2025 / 14:00 / Foto: Montage achgut.com / 22 / Seite ausdrucken

Warum Terroranschläge „logischer“ sind als gedacht

Von Raymond Ibrahim.

Terroranschläge werden schnell zu sinnlosen Taten von durchgeknallten Irren abgestempelt. Doch so grausam sie auch sind: Die Attentäter handeln nicht wirr, sondern genau nach IS-Vorgabe.

Welche Logik steckt hinter Terroranschlägen wie dem, der sich in den frühen Morgenstunden des Neujahrstages ereignete, als ein muslimischer Mann mit seinem Lastwagen in New Orleans in eine Menschenmenge hineinfuhr und dabei 14 Personen tötete und Dutzende verletzte?

Ähnliches geschah bekanntlich kurz vor Weihnachten in Magdeburg. Am 20. Dezember raste Taleb Abdulmohsen, ein Moslem aus Saudi-Arabien (der seit langem vorgibt, ein zum Christentum konvertierter Anti-Islamist zu sein), mit seinem Wagen durch einen vollen Weihnachtsmarkt in Magdeburg, tötete fünf Menschen und verletzte mehr als 200 weitere.

Medien und Behörden waren und sind ratlos, wenn es darum geht, ein Motiv für einen dieser Anschläge zu finden – außer den üblichen Behauptungen, dass die Männer an psychischen Störungen litten, persönliche Probleme hatten, „Auffälligkeiten“ aufwiesen und so weiter und so fort.

Doch das Motiv – das, wie wir sehen werden, tatsächlich unberechenbar und kontraintuitiv zu sein scheint – wurde vor etwas mehr als einem Jahr geäußert und ist es wert, erneut betrachtet zu werden.

Ein jährlicher Aufruf zum Handeln

Am 3. Januar 2024 veröffentlichte der Islamische Staat eine Erklärung mit scheinbar seltsamen und unerwarteten Behauptungen. Zunächst einmal übernahm die Terrorgruppe die Verantwortung für den Bombenanschlag auf Israels Erzfeind, den Iran, bei dem über 100 Menschen in Kerman getötet wurden. Außerdem teilte sie den Muslimen mit, dass Israel und die Juden zwar tatsächlich die Hauptfeinde des Islams seien und die Muslime aktuell über die Tötung von Palästinensern außer sich seien, es aber nicht an der Zeit sei, Israel zu bekämpfen. Vielmehr forderte ISIS die Muslime auf, wahllos Menschen im Westen zu töten.

Vor diesem Hintergrund ist es natürlich leicht zu verstehen, warum manche die Terrorgruppe beschuldigen, von der CIA, dem Mossad und so weiter geschaffen worden zu sein. Und doch – und das ist der interessante Teil – war alles, was ISIS sagte, mit der islamischen Lehre und dem islamischen Recht verbunden.

„Nicht weniger gefährlich als die Kreuzfahrer“

Erstens hat der IS den Iran angegriffen, weil er die schiitische Nation einerseits als nicht-muslimisch ansieht – und damit als ungläubigen Feind wie alle anderen – und andererseits als so etwas wie einen Wolf im Schafspelz betrachtet. Für den durchschnittlichen sunnitischen Muslim scheint der Iran islamisch genug zu sein; er setzt sich anscheinend für die Belange des Islams ein, zum Beispiel indem er die Palästinenser gegen Israel ausspielt und so weiter. Aber in Wirklichkeit, so argumentiert ISIS, sind Irans „Expansionspläne, ihre Projekte und ihre Verschwörungen gegen Muslime nicht weniger gefährlich und bösartig als die der Juden oder Kreuzfahrer“.

Zweitens rät der IS den Muslimen, Israel nicht zu bekämpfen, weil der Hauptnutznießer eines solchen Kampfes die Palästinensische Autonomiebehörde wäre, die nicht weniger ungläubig ist als Israel, weil sie die Scharia nicht durchsetzt. Welchen Sinn hat es, eine ungläubige Macht zu stürzen, nur um sie durch eine andere zu ersetzen? In der besagten IS-Erklärung von vor einem Jahr heißt es:

„Der Kampf mit den Juden ist ein religiöser und kein nationaler oder populistischer! Es ist kein Kampf um Land, Boden oder Grenzen! ... Ein Muslim bekämpft die Juden, weil sie Kufar [Unglaube] gegen Allah, den Allmächtigen, begangen haben.... [D]er Zweck des Kampfes ist die Durchsetzung der Tawhid für Allah und die Wahrung Seines Wortes. Dieses Ziel wurde bei den jüngsten Kämpfen im Gazastreifen nicht erreicht.“

ISIS hat sich sogar über das Konzept der „palästinensischen Befreiung“ lustig gemacht:

„[D]iese Interpretation der Befreiung setzt selbst Befreiung voraus. Ein Land zu befreien bedeutet nicht, es von einer säkularen Regierung zugunsten einer demokratischen zu befreien, und es bedeutet auch nicht, es von einer jüdischen Verfassung zu befreien, nur um von einer palästinensischen Verfassung regiert zu werden, denn die Gesetze, die Palästina und den jüdischen Staat regieren, sind eins, sie sind von Menschen gemacht, und alle diese Regierungen sind für den Allmächtigen Allah gleich. Ein Land, das nicht nach der islamischen Scharia regiert wird, ist nicht befreit, selbst wenn alle Juden und Invasoren es verlassen. Tatsächlich ist es immer noch ein Gefangener der Kufar-Gesetze und der internationalen Dschahiliya-Kodizes.“

Zufällige Terrorakte

Schließlich war das Töten von Menschen im Westen, indem Fahrzeuge in Menschenmengen gerammt werden, auch die Idee und der Ratschlag von ISIS an seine Anhänger, wie der Titel der Erklärung der Terrorgruppe „Tötet sie, wo immer ihr sie findet“ zeigt. Dies ist eine Umschreibung der Koran-Sure 9, Vers 5, in der islamischen Rechtswissenschaft als „Vers des Schwertes“ bekannt:

Darin fordert Allah die Muslime auf: „(E)rschlagt die Frevler, wo ihr sie findet, und packt sie und belagert sie und lauert ihnen in jedem Hinterhalt auf!“

Im Einklang mit diesem Auftrag forderte ISIS die Muslime auf:

„Jagt Eure Beute, ob Juden, Christen oder deren Verbündete, auf den Straßen Amerikas, Europas und der Welt. Brecht in ihre Häuser ein, tötet sie und raubt ihnen ihren Seelenfrieden mit allen Mitteln, die euch zur Verfügung stehen ... Zündet Sprengsätze, verbrennt sie mit Granaten und Brandbeschleunigern, erschießt sie mit Kugeln, schneidet ihnen mit scharfen Messern die Kehle durch und überrollt sie mit Fahrzeugen ... Greift sie von jeder Tür aus an, tötet sie mit den schlimmsten Mitteln, verwandelt ihre Versammlungen und Feste in blutige Massaker, macht keinen Unterschied zwischen einem zivilen Kufar [Ungläubigen] und einem militärischen, denn sie sind alle Kufar [Ungläubige] und das Urteil gegen sie ist eins.“

Dies waren natürlich nicht die ersten Anschläge dieser Art. Einer der berüchtigtsten Anschläge mit Fahrzeugen fand 2016 statt, als ein muslimischer Mann einen Lastwagen in eine Menschenmenge fuhr, die in Nizza den Nationalfeiertag des Sturms auf die Bastille begingen, und dabei 87 Menschen tötete und 437 weitere verletzte.

Dieser Beitrag erschien zuerst im Middle East Forum.

 

Raymond Ibrahim, Distinguished Senior Shillman Fellow am Gatestone Institute und Judith Rosen Friedman Fellow am Middle East Forum, ist Autor mehrerer Bücher. Seine Arbeiten erschienen u.a. in der New York Times Syndicate, Financial Times und der Jerusalem Post, und er trat u.a. bei CNN, Al-Jazeera und Fox News auf.

Foto: Montage achgut.com

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Leserpost

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Karsten Dörre / 14.01.2025

Der Islam gehört zu Deutschland, sagte mal ein weißer Mann in höchster politischer Position. Eine weise Bundestagvizepräsidentin sagte gestern abend, Migration spiele im Alltag der Bürger keine Rolle. Ich habe herausgefunden, als man mir die Tür zeigte.

Ralf Pöhling / 14.01.2025

Um mich nicht zu wiederholen, verweise ich auf meine beiden Kommentare unter dem heutigen Artikel auf der Achse mit dem Titel “Der konzeptlose Umgang mit Tarik S”. Da gehe ich direkt auf die Besonderheit des IS unter den Terrorgruppen ein.

Wolfgang Richter / 14.01.2025

@ Thomas Szabo - “Man muss von Haus aus eine primitive, perverse, pathologisch bösartige Kreatur sein, um an der Ideologie des IS gefallen zu finden. Um so eine widerliche Kreatur zu werden, muss man dazu erzogen werden.”—Kann man so sehen, hilft aber zum Verstehen des Problems nicht weiter. Soweit ich das verstanden habe, lebt der Moslem eigentlich nicht im Jetzt, sondern für ein -kurz formuliert- ewiges Leben im Paradis. Und dorthin zu gelangen, wird vieles, bei manchen halt alles untergeordnet, gepaart mit der Angst, es halt nicht dorthin zu schaffen und in einer der Höllen zu schmoren, ggf. auf Ewig.  Und die darauf ausgerichteten ideologisch-religiösen Handlungen von Fundamentalisten sind sicher nicht “bösartiger” als die irgendwelcher ideologisch-politischer, wie zB die des Maoismus, wobei der “Wahre Islam” ja auch das gesamte Leben des Gläubigen leitet und durchdringt. Das soll bei weitem keine Rechtfertigung für irgendwas sein, nur eine Erklärung der Motivation der Handelnden, die von der hiesigen zunehmend von religiösem Unverständnis oder Naivität geprägten Gesellschaft und ihren Institutionen -aus meiner Sicht fälschlich- schlicht und vereinfacht unzutreffend als “psychisch krank” tituliert werden. Ggf. steckt auch die Absicht dahinter, sich nicht mit dem “Wesen der Ideologie der Handelnden” öffentlich auseinandersetzen zu wollen / müssen, als “Rotherham-Syndrom”. Und um diesen Zustand zu erhalten, selbst nicht entlarvt zu werden, werden “Kritiker” kurzerhand zu “Rassisten” gemacht. Klappt bis das gesamte Lügengebäude um dieses Konstrukt wie ein Kartenhaus zusammenfällt. Mr. Musk als eine -zumindest im Moment- kaum angreifbare Person der Weltgeschichte rüttelt gerade an einer der in GB aufgestellten “Karten”.

Wolfgang Richter / 14.01.2025

@ Emil.Meins- “Aber die gutmenschliche Mehrheit mit ihrem Glauben an einen friedlichen Islam ist dank permanenter Infiltration, Agitation und Propaganda nicht in der Lage zu erkennen, daß sie an seiner eigenen Ausrottung arbeitet.” - Alles Folge der systemischen Bildungsmisere im Lande, denn niemand ist gehindert, die entsprechenden Bücher plus der verständlich formulierten Erklärungen zB eines Konstantin Schreiber oder Abdel-Samad oder diverser anderer Autoren zu lesen. Insbesondere sollte es Pflichtlektüre der politischen Entscheider sein. Aber die haben natürlich keine Zeit und müssen zur Weltenrettung um selbige düsen. Das ist so, als würde ein Philosophiestudent ohne weitere Kenntnisse zB mit dem Bau eines Kernkraftwerks beauftragt. Aber in Schland natürlich inzwischen Normalzustand, wo entsprechende Entscheidergremien mit Ethikern oder Theologen besetzt werden, oder ein KinderbuchCoAutor den Wirtschaftsminister mimt. Aber die sind ja nicht von Ungefähr auf die Posten gekommen, sondern als Ergebnis der Kreuzeleien des offenbar bildungsunwilligen Souveräns. So wird dieser seine Lektionen per “Learning by Doing” schmerzhaft lernen müssen, bis er kapiert. Ob dann allerdings noch was zu retten ist ........

Wolfgang Richter / 14.01.2025

@ sybille eden / Marcel Seiler - “liberale Muslime sind keine Muslime ! Liberale Muslime sind ein europäisches Traum, - und Wunschbild !” - Um es verständlich zu formulieren: Sie werden von den Rechtgläubigen als Abgefallene vom Glauben angesehen, stehen damit noch unterhalb der “Ungläubigen”. Wo sie stehen, zeigt für das Jenseits die Idee der Hölle mit 7 Stockwerken, wo selbige die 7. Etage als qualvollste auf Ewig bevölkern werden. Bekanntestes Beispiel in Berlin die Frau Ates, die eine “liberale Moschee” ins Leben rief und recht schnell scheiterte, dafür meines Wissens unter Polizeischutz leben muß.

Wolfgang Richter / 14.01.2025

“Die Menschen aber hat Gott nach der Form der buchstaben des Namens Mohammeds, dem Gott gnädig sei und Heil verleihen möge, geschaffen.  . . . .  Von den Ungläubigen schaffte er keinen nach der Form der Buchstaben seines Namens, sondern ihre Gestalt wird in ganz anderer Weise, und zwar der Gestalt der Schweine, gebildet. Davor möge Gott uns behüten.”—So wird in der islamischen Tradition dieser Teil der Schaffung der Welt formuliert. Weiß man also Bescheid, wer wo religiös - ideologisch seinen Platz hat.

W. Renner / 14.01.2025

Demnach sind die Konzeptgeber des IS keine durchgeknallten Irren, oder wie soll ich das verstehen?

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