Während Deutschland unter prohibitiven Strompreisen ächzt, zahlt man in China nur ein Drittel davon. Grund: China nutzt pragmatisch alle Energieformen, Deutschland entleibt sich durch ideologische Vorgaben selbst und verjagt Industrie und Arbeitsplätze.
Viele Menschen, die nicht das Interesse oder die Zeit haben, sich im Alltag über die Energiewende detailliert zu informieren, fallen auf Medien-Überschriften herein, die etwa lauten: „Wie China die Erneuerbaren vorantreibt“ oder „China baut die Erneuerbaren massiv aus“. Es könnte der Eindruck entstehen, dass selbst eine staatskommunistische Wirtschaft auf dem Weg ist, den deutschen Vorreitern nachzueifern. Meist sind diese Beiträge grünlich eingefärbt und sollen suggerieren: „Unser Weg ist richtig“. Es lohnt, sich einmal die Realität anzusehen, um herauszufinden, ob China den Weg der deutschen Energiewende eingeschlagen hat.
Beginnen wir damit, dass es Fakt ist, dass bei den deutschen Vorreitern Strom derart im Preis gestiegen ist, dass die Industrie in hellen Scharen aus Deutschland flüchtet. Eine Deindustrialisierung hat spürbar eingesetzt, und man kann sich des Eindrucks kaum erwehren, dass dies dem grünen Teil der Regierung gar nicht so unrecht ist. Fast die Hälfte der deutschen Unternehmen erwägen, ihre Produktion aus Deutschland zu verlagern. Martin Brudermüller, der Chef von BASF, sagt, dass nur die Profite aus China dem Unternehmen erlauben, die Verluste in Deutschland zu kompensieren. „Nennen sie mir eine Investition in Europa, wo wir noch Geld verdienen können“, sagte er.
Und wohin flüchtet die deutsche energieintensive Industrie? Nach China. Was also machen die Chinesen anders? Ein Teil der Antwort ist ziemlich einfach: In China ist der Strom billig; China ist der größte Treibhausgasemittent der Welt, treibt aber auch den Ausbau der erneuerbaren Energien am schnellsten voran.
China hat mehr Stromkunden
Der Videoblogger Kevin Walmsley von Inside China Business stellt die logische Frage: „Warum ist Chinas Strom so billig?" Seit dem Jahr 2000 hat sich der Pro-Kopf-Primärenergieverbrauch der Chinesen mehr als verdreifacht und damit das Niveau Europas erreicht. Das heißt, der Durchschnitts-Chinese verbraucht nunmehr genauso viel Energie wie der Durchschnitts-Europäer. Trotzdem gehört China zu den Ländern, welche die niedrigsten Strompreise der Welt haben. Strom kostet in China etwa 15 Cent pro Kilowattstunde, also etwa die Hälfte des Preises, den ein US-Amerikaner zahlt, oder fast nur ein Drittel dessen, was Deutsche Stromkunden löhnen müssen. Diese Preise gelten zwar nicht für die Industrie, aber hier gilt das Gleiche im Verhältnis.
China hat mehr Stromkunden als Europa und die USA zusammen. In der Vergangenheit, noch vor 20 Jahren, gab es in China ernsthafte Probleme mit der Stromversorgung. 2003 und 2004 kam es in China zu akuten Strommangellagen, welche die Industrieproduktion erheblich beeinträchtigten.
Dabei war China der größte Kohleförderer und Kohle-Exporteur der Welt und importierte gleichzeitig große Mengen an Erdöl. Die Regierung befürchtete eine zu große Abhängigkeit von Ölimporten und den damit verbundenen geopolitischen Folgen. Die Stromversorgungslücke konnte nicht vollends geschlossen werden, und es kam zu Rationierungen und regionalen Blackouts.
Keine ideologische Ausgrenzung
China hat in den letzten Jahren seine Energiepolitik auf diese Herausforderungen umgestellt. Es entwickelte seine Beziehungen mit den Energieproduzenten Russland, dem mittleren Osten und Venezuela. China baute seinen Energiemix um, auch unter massivem Ausbau der Erneuerbaren. Da treten schon die ersten Unterschiede zutage: Da China so groß ist, geht eben nicht im ganzen Land die Sonne zur selben Zeit unter und Dunkelflauten im ganzen riesigen Land sind seltener. China ist heute führend in der Nutzung von Wasserkraft, Solarstrom und Windstrom. Gleichzeitig werden aber auch die Kohleverstromung und die Kernenergie massiv ausgebaut.
Eine ideologische Ausgrenzung irgendeiner Energiequelle erscheint den Chinesen geradezu absurd. Der Energiemix hat enorme Kostenvorteile: Kernenergie und Kohleverstromung halten die Kosten niedrig, die Erneuerbaren sind in das Kostensystem eingegliedert und machen nicht Sonnenkönige und Windbarone mit Traumrenditen reich – ein EEG gibt es nicht. Das ist der wesentlichste Unterschied: Deutschland steigt aus zwei der drei verfügbaren Energiequellen aus, das sind fossile Brennstoffe und Nuklear und setzt ausschließlich auf sogenannte erneuerbare Energie. China hingegen nutzt jede Energieform, die es bekommen kann. Und der Kohleausstieg ist für 2060 anvisiert.
China hat auch im Gegensatz zu den westlichen Ländern keine „CO2-Bepreisung“, ein Euphemismus für CO2-Steuer, die sich ständig erhöht. In China existiert seit 2021 ein Emissionshandelssystem (ETS). Dieses System soll Unternehmen verpflichten, Emissionsrechte zu kaufen, um ihre CO2-Emissionen zu decken. Bisher werden diese Emissionszertifikate kostenlos erteilt. Die Regierung betreibt Forschung und Entwicklung zur Messung und dem statistischen Erfassen von Emissionen bei Produktionsprozessen. CO2-Bilanzierung und Statistiken sind für die chinesischer Wirtschaft wichtig, aus einem einfachen Grund: Was man nicht richtig messen und erfassen kann, kann man auch nicht kontrollieren.
Vielfältige Finanzierungsquellen
Ein weiterer Unterschied zu Deutschland ist, dass China parallel mit dem Ausbau der Erneuerbaren auch das Stromübertragungsnetz massiv umgebaut hat. Chinas Problem ist, dass wichtige Energiequellen im Norden und Westen des Landes sind, während die Industrie und Bevölkerungsdichte sich im Süden und Osten Chinas konzentriert. Die Chinesen meinen, dass es wirtschaftlicher ist, den Strom über Leitungen zu transportieren als die Rohstoffe zu verbrauchernahen Erzeugern. China nutzt Ultra-Höchstspannungsleitungen von 800 KV oder 1.000 KV Spannung zum Transport ihres Stroms. Je höher die Spannung, je geringer die Verluste.
Diese Höchstspannungsleitungen werden in China in Anlehnung an die japanischen Schnellzüge „Strom-Shinkansen“ genannt. China entwickelte Technologien zum schnellen Ausbau des Hochspannungsnetzes und ist heute Weltmarktführer beim Bau von Höchstspannungsleitungen. Chinas Höchstspannungsnetz hat heute eine Länge von 48.000 Kilometern, reicht also gut einmal um den Äquator. Der Bau eines solchen Netzes verursacht extreme Kosten. Für den Umbau des Verteilnetzes zur Nutzung der Erneuerbaren in Deutschland werden etwa 600 Milliarden Euro veranschlagt.
China finanziert den gigantischen Ausbau seines Stromnetzes durch eine Kombination aus staatlichen Investitionen, öffentlichen und privaten Partnerschaften sowie internationalen Krediten. Auch Einnahmen aus Energieexporten und Rohstoffexporten werden in den Ausbau des eigenen Stromnetzes investiert. Diese vielfältigen Finanzierungsquellen ermöglichen es China, die enormen Kosten des Stromnetzausbaus zu bewältigen, ohne sie auf den Strompreis umzulegen, wie es in Deutschland der Fall ist.
Eine Industrienation braucht für ihren Erfolg, ja für ihr Überleben in einer globalisierten Wirtschaft konkurrenzfähige Energiepreise. Um die Energieversorgung sicher und kostengünstig zu gewährleisten, wird ein Strommix benötigt, der keinen ideologischen Ausschluss von Energieträgern kennt und Energiepolitik nicht in Wahlperioden, sondern in mehreren Jahrzehnten denkt. Investitionssicherheit ist unerlässlich, sonst baut niemand Kraftwerke.
Transformationen im Energiesektor dürfen daher auf Grund hohen Finanzbedarfs und langer Bauzeiten der Erzeugungsanlagen nicht übereilt und widersprüchlich durchgeführt werden. Stromkosten treibende willkürliche Steuern, wie zum Beispiel die CO2-Bepreisung, zerstören die Industrie und müssen unterbleiben. Eine erfolgreiche Energiepolitik muss technologieoffen sein. Umweltschutz-Grenzwerte müssen wissenschaftlich und nicht ideologisch gesetzt werden.
Die deutsche Energiewende hält die aufgezählten Bedingungen nicht ein und wird daher früher oder später scheitern. Andere Länder wie China lernen von Deutschland bestenfalls, wie man es nicht machen darf. Deutschland ist zum energiepolitischen Geisterfahrer geworden. Ein Ende der selbstzerstörerischen Energiepolitik ist nicht abzusehen. Es muss wohl erst zum Crash kommen, bevor die „Besserrwisserr“ (finnisches Wort für den Begriff „Besserwisser) zur Vernunft zurückkehren. Besser wäre: Von China lernen, heißt siegen lernen.
Da passt die Meldung ins Bild, dass die deutschen Autofahrer etwa eine Millliarde Euro für Fake-Umweltschutzprojekte in China ausgegeben haben, weil das zuständige Umweltbundesamt die Kontrollen über den deutschen Steuer-Geldregen in China an betrügerische Prüfgesellschaften ausgelagert hatte, die Klimaschutzprojekte im fernen China zertifiziert und validiert hatten, die gar nicht existierten. Da fragt man sich unwillkürlich: Wo in aller Welt bezahlt der deutsche Steuerzahler eigentlich noch den vermeintlichen Klimaschutz? Die zuständige Ministerin Steffi Lemke (Grüne, Ausbildung „Agrarwissenschaftlerin“) weist jede Verantwortung von sich und hofft (!), dass „die Kriminellen bestraft werden“. Und wieder einmal gilt, dass die 1.000 Millionen Steuergeld ja nicht weg sind – sie haben nur andere.
Zum Thema kürzlich von Manfred Haferburg und Klaus Humpich erschienen:
Das Nachwort stammt von dem Wissenschaftsphilosophen Michael Esfeld. Sie können das Buch hier in unserem Shop bestellen,
Zum Inhalt des Buches: Es ist keine Frage ob, sondern lediglich wann „die dümmste Energiepolitik der Welt“ (wallstreet-Journal) - in Deutschland euphemistisch „Energiewende“ genannt - beerdigt wird. Und was dann? Überall auf der Welt werden längst wieder die Weichen für die Kernenergie gestellt, CO2-frei wie bisher, aber intelligenter, resilienter, mobiler und preiswerter als je zuvor. Die Atomenergie kann auch hierzulande der Nukleus für einen neuen Wohlstand sein, auch diese Einsicht wird sich unter der Last des Faktischen durchsetzen. Die beiden Energieexperten Manfred Haferburg und Klaus Humpich analysieren den deutschen Irrweg und zeigen Wege aus der Sackgasse. Dieses Buch ist ein Almanach der Vernunft für alle, die in Deutschland erfolgreich wirtschaftlich tätig sind und damit fortfahren wollen.
Manfred Haferburg wurde 1948 in Querfurt geboren. Er studierte an der TU Dresden Kernenergetik und machte eine Blitzkarriere im damalig größten AKW der DDR in Greifswald. Wegen des frechen Absingens von Biermannliedern sowie einiger unbedachter Äußerungen beim Karneval wurde er zum feindlich-negativen Element der DDR ernannt und verbrachte folgerichtig einige Zeit unter der Obhut der Stasi in Hohenschönhausen. Nach der Wende kümmerte er sich für eine internationale Organisation um die Sicherheitskultur von Atomkraftwerken weltweit und hat so viele AKWs von innen gesehen wie kaum ein anderer. Im KUUUK-Verlag veröffentlichte er seinen auf Tatsachen beruhenden Roman „Wohn-Haft“ mit einem Vorwort von Wolf Biermann.