Gastautor / 02.02.2025 / 15:00 / Foto: FaceMePLS / 33 / Seite ausdrucken

Warum ist das Shitbürgertum shit?

Von Ulf Poschardt

Das Buch „Shitbürgertum“ hat passenderweise einen so genannten Shitstorm und eine Debatte über Zensur und Feigheit in der Verlagswelt erzeugt. Worum geht es?

Warum dieses Buch mit diesem Titel? Das kann man polemisch verstehen. Oder aber als eine notwendige Diskursverschiebung, um mit unverstellter Respektlosigkeit zu signalisieren, dass ein Teil des Bürgertums den Respekt, der ihm entgegengebracht wird, zur Unterminierung freiheitlicher Grundlagen des Westens genutzt hat.

Respektlosigkeit stellt die Machtfrage. Respekt muss man sich verdienen, Respektlosigkeit auch. Das Shitbürgertum hat nahezu jeden Anspruch auf respektvollen Umgang verwirkt – zumindest für jene Widersacher, die weniger höflich denn ehrlich seine Diskursmacht in Frage gestellt haben und lernen mussten, dass aus der einst heiteren Geste verschiedenster progressiver Anliegen ein weltanschaulicher Panzer aus Machtstreben und Brutalität im Umgang mit Andersdenkenden geworden ist. Häufig mit Steuergeldern finanziert. Milde Kritik am Shitbürgertum wird aus Eitelkeit goutiert. Fundamentale Kritik führt zum Ausschluss aus den relevanten zentralen Diskurssystemen. Dieses Buch operiert mit einer konstruktiven Respektlosigkeit und echot damit auch jenen Vibe Change, von dem Niall Ferguson schrieb: weg von Bullerbü, hin zu Gotham City.

Das Shitbürgertum hat stets Respekt eingefordert und dies auch als Machttechnik eingesetzt. Habituell und stilistisch erinnerte das Shitbürgertum stets an die moralischen Autoritäten der Schule, der Katheder und Kanzeln. Als der österreichische Ökonom Joseph Schumpeter 1911 die kreative Zerstörung konzeptionierte, tat er dies auch im Bewusstsein, dass ohne die Zerstörung des Alten nichts Neues geschöpft werden kann. Innovation kann es nur geben, wenn alte Technologien und Arbeitsweisen entweder an den Rand gedrängt oder aufgegeben werden. Rückblickend war Schumpeter einer der weitsichtigsten Ökonomen, weil er schon lange vor der digitalen und der AI-Revolution die gesellschaftliche Relevanz von Zerstörungsprozessen im Sinne von Wachstum und Innovation anerkannte.

Eine Spur der Verwüstung

Das Shitbürgertum ist die Endmoräne einer die wilde Anthropologie des liberalen und libertären Bürgertums einfangenden Disziplinarmacht. Jeder erkennt den Shitbürger an seinem strengen Blick, den schmallippigen Gesten des Missfallens, dem ewig urteilenden Gestus der Überheblichkeit. Das Shitbürgertum operiert am Nerv der Gesellschaft, in dessen Sprachzentrum und dort, wo der Elan des Einzelnen sich vital in ein Kollektiv fügt. Das Shitbürgertum regelt die Mikroebenen der Macht und hat mit Teilen der politischen Linken, in Deutschland vor allem der Grünen, in den USA mit den Demokraten nach Obama, seinen politischen Arm in den Zentralen der Macht.

Das Shitbürgertum hat in Deutschland eine kulturelle und ökonomische Spur der Verwüstung hinterlassen. Unternehmer und Multimillionäre sind aus dem Einflussbereich des Shitbürgertums in die USA oder die Schweiz geflohen. Das wird auf Dauer Deutschland und damit Europa und am Ende den Westen zerstören. Darum muss das Shitbürgertum umfassend zerstört werden. Im Sinne Schumpeters.

Dieses kleine Buch ist ein Versuch. Es erinnert – um ein wenig verstörende Selbstkritik an den Anfang zu stellen – ein wenig an die langen, mäandernden Wahlkampfreden von Donald Trump, in denen sich große Wahrheiten und historische Analysen mit dem Zorn jener, die aus dem privilegierten Diskurstheater ausgeschlossen sind, verbinden. Das ist fast die Position dieses Buches im Diskursuniversum: nicht ausgeschlossen, doch an den Rand gedrängt. Auch in der eigenen Denkbiographie des Autors ist dieses Büchlein das öffentliche Bekenntnis, endgültig aus dem Selbstverständnis gestolpert zu sein, dass man es mit dem kulturell dominanten Links-/Grün-Bürgertum noch irgendwie hinkriegen könne oder hinkriegen müsse. All die Versuche, auf dieses Milieu zuzugehen, waren aufgrund der eigenen linken Biographie wichtig, vielleicht sogar unerlässlich. Rückblickend waren sie naiv und feige.

Der Staatsapparat - immer fetter und unbeweglicher

Der Zustand des Landes, der Gesellschaft und mit Deutschland als europäischer Großmacht auch des Kontinents hat mit der verheerenden Wirkung des Shitbürgertums Anfang des 21. Jahrhunderts zu tun. Das Shitbürgertum in den USA hat 2024 Trump auch deshalb wieder zurück ins Amt gebracht, weil Trump die Angriffe der bürgerlichen Eliten gegen den Common Sense listig zu seinen Gunsten nutzen konnte. Den elitären Hass des Shitbürgertums gegen die eigene Privilegiertheit hat er zusammen mit einer Horde wüst libertärer und konservativer Intellektueller wie JD Vance und Elon Musk mit einem ruchlosen, unterhaltsamen Populismus gekontert. Auch bei uns kündigen sich Wahlerfolge der Populisten durch den großen und schädlichen Einfluss des Shitbürgertums an.

Der Staatsapparat wird immer fetter und unbeweglicher. Deshalb braucht Deutschland die „Kettensäge“.  Die kulturelle Dominanz des Shitbürgertums hat die Gesellschaft gespalten, die wirtschaftliche Vernunft vertrieben, Unternehmer und Unternehmen vergrätzt, Investoren und Wissenschaftler verschreckt. Um als Volkswirtschaft wieder zu wachsen und als Gesellschaft wieder zu funktionieren, müssen die kulturellen Koordinaten rekalibriert werden. Deswegen lohnt sich ein Blick in die Geschichte des Shitbürgertums, wie sie nach dem Zweiten Weltkrieg zum Beispiel in der Gruppe 47 seinen schauerlichen Anfang nahm: in Verdrängung der eigenen Schuld, in Verklärung der eigenen Moral, im Zorn gegen all jene, die in den Augen der Gruppenmitglieder schuldig und böse waren.

Das Shitbürgertum gibt es überall im privilegierten Westen. Besonders toxisch ist sein Wirken in Deutschland, bis 1989 austariert im rheinisch-katholischen Kapitalismus, in verschiedenen Etappen nach 1990 im säkularprotestantischen Deutschland der Berliner Republik, angeführt von einer Protestantin aus dem sozialistischen Pfarrhaus in Templin.

Das Shitbürgertum hat den Kompass der Gesellschaft zudefäkiert, wie wir in Franken sagen würden. Jetzt geht es darum, den Kompass wieder zu reinigen, um das Mündigwerden abseits der Umerziehungsanstrengungen des Shitbürgertums möglich werden zu lassen.

Wer nicht steht, der kniet

Dem Shitbürgertum bietet das Buch vielleicht die Möglichkeit der Selbstannahme, auch um das eigene Wirken kritisch zu reflektieren, vor allem vor dem Hintergrund der Anamnese der eigenen Abspaltungsgeschichte. Die Wahrscheinlichkeit dafür? Eher gegen null. Deswegen geht es künftig politisch nicht darum, dieses Bürgertum und seine steuerfinanzierten Institutionen zu reformieren, sondern umfassend zu defunden, das heißt den Härten des Marktes auszusetzen. Da, wo es den Markt in Deutschland überhaupt noch gibt. Der vorpolitische Raum muss von Steuergeldern bereinigt werden. Dort ist das Biotop des Shitbügertums. Sie leben vom Geld derjenigen, die sie beschimpfen, verachten und zerstören.

Wer nicht steht, der kniet. Das ist fast schon wieder lustig. Auf dem Weg zur Veröffentlichung habe ich meine ursprüngliche Verlegerin verloren. Sie wollte das Buch so nicht. Die Verlagslandschaft ist längst eine Monokultur. Berühmte Verleger erzählen mir privat beim Lunch, dass sie am liebsten Söder wählen würden, und gehen dann ins Büro und machen linksradikalen Quark. Ich freue mich, dass wir in Zeiten von Amazon Books on demand leben.

Dieser Text stammt aus dem Vorwort von Ulf Poschardts Buch „Shitbürgertum“. Es erscheint im Eigernverlag, auf Twitter finden Sie ihn und sein Buch hier.  

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Leserpost

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Mathias Hartmann / 02.02.2025

Zu diesem Thema haben andere Autoren längst alles wichtige geschrieben. Das Desaster ist nun soweit fortgeschritten, daß Ulf P. es für vorteilhafter hält, die Seiten zu wechseln. Da er inhaltlich nicht mehr punkten kann, versucht er mit einer provozierenden Bezeichnung Aufmerksamkeit zu bekommen.

Michael Blum / 02.02.2025

Ich lese die Artikel von Ulf in der WELT immer wieder mit Vergnügen. Das Buch könnte tatsächlich ein wichtiger Beitrag sein, um die noch dominierenden linksgrünen Meinungsführer im Land in die Wüste zu schicken, was längst überfällig ist. Als Medienmenschen sollten wir vor allem sehen, dass dieses moraltriefende Pack bei der Mehrheit de Menschen im Land nur noch auf Verachtung stößt. Die Wahl am 23. Februar wird zeigen, dass Nichtwähler, CDU/CSU, FDP und AfD die Mehrheit bilden. Jedwede Beteiligung von SPD, Grünen, BSW und Linken an einer zukünftigen Regierung würde den Willen des Souveräns konterkarieren. Es muss in diesen letzten Wochen vor der Wahl klar gemacht werden, dass diese Parteien dem Land einen Schaden zufügen, der immer größer wird und von dem es sich schon jetzt lange nicht erholen wird, der aber immer größer zu werden droht.

Dirk Jungnickel / 02.02.2025

Die Schildbürger nahmen immerhin Säcke mit, um Licht in ihr dunkles Rathaus zu tragen. Der deutsche Michel und die Omas gegen Räächts lassen sich von den Medien und Regierenden verhetzen und glauben immer noch mehrheitlich an ein DUMMLINKSGRÜNROTES Schlaraffenland.

Sabine Drewes / 02.02.2025

Ach, Herr Poschardt, die Botschaft hör’ ich wohl… Ich kenne die WELT schon zu lange und zu gut, um nicht zu wissen, dass diese Zeitung so um das Jahr 2000 herum anfing, die verbliebenen liberal-konservativen Autoren nach und nach hinauszuekeln und mit ihnen alle zu beschimpfen oder dem Vergessen zu überantworten, die vor genau dem warnten, was Sie heute zu recht bitterlich beklagen. Es war keine Kunst, das Unheil kommen zu sehen, es verlangte lediglich ein wenig gesunden Menschenverstand, etwas Geschichtskenntnis sowie die Bereitschaft, der Wahrheit ins Auge zu sehen – anstatt ideologische Scheuklappen aufzusetzen oder einem Wunschdenken anzuhängen. Doch wie schrieb der einstige liberal-konservative WELT-Journalist Enno von Loewenstern einmal sehr treffend: Im Himmel ist mehr Freude über einen, der Buße tut, als über 99 Vonvornhereinvernünftige.

Peter Wagner / 02.02.2025

So viele - zu spät kommende - Wörter. Mich bewegt nur, ob eine konservative Politikwende - ohne Merz - zustande kommt und die ÖRR gesäubert werden.

Alois Ludwig / 02.02.2025

Mein lieber Herr Gesangverein, was ist nur in diesen Poschardt gefahren. Aber gut, jeder verdient eine zweite Chance. Zumal in einem Land, wo Mörder ein um das andere mal schon nach ein paar Jahren wieder fröhlich durch die Freiheit spazieren oder gar nicht erst eingesperrt werden, weil die Gerichte angeblich überlastet sind. Aber das ist ein anderes Thema. Ulf Poschardt sieht, dass tausende „treudoofe und auf eine bestimmte Art dumme bürgerliche Biedermänner und Gutmenschen“  von besonders widerlichen Shitbürgern aufgehetzt und auf die Straße getrieben werden, weil die Demokratie angeblich in Gefahr sei. Dabei geht es nicht um die Demokratie, sondern um ein profitables Meinungsmonopol, das sich wie eine Seuche ( illegale Migration, Corona, Klima, Energie, Angst u.v.m.) durch die Gesellschaft gefressen hat, immer mehr Schaden anrichtet und in den Untergang des Landes führt. Und es geht um Geld, u. Posten in Verbindung mit Vetternwirtschaft. Nun, Poschardt muss es ja wissen, war er doch viele Jahre möglicherweise ein kleiner Biedermann, sicher jedoch ein guter u. eifriger Gutmensch mit Hang zum Shitbürgertum. Ulf weiß, dass den unzähligen politisch Grün-Links agierenden NGO endlich -nicht nur- der Geldhahn zu gedreht werden muss. Das aber geht nur mit der AfD, daran muss er sich erst noch gewöhnen. Aber einen Anfang hat er mit seinem Buch schon gemacht. Er hat die großmäuligen „Nichtnutze“, die die Geschichte durchziehen benannt und die heutigen bloßgestellt und in den öffentlichen Diskurs gezerrt. Deshalb: Danke und Respekt Ulf Poschardt. Späte Einsicht ist immer noch besser als keine Einsicht!

Arthur Dent / 02.02.2025

Herr Poschardt hat zwar erkannt, dass etwas schief läuft, aber eine wirkliche Lösung für das Problem kann bzw. will er auch nicht nennen. Klar ist ein wichtiger Schritt die Vorfeldorganisationen, die sogenannten NGOs, vom Staatsgeld abzuschneiden. Doch wer soll das machen? Eine FDP, eine CDU? Nein, derzeit steht nur die AfD dafür diesen Augiasstall auszuräumen. Doch diesen Schritt will er nicht gehen. Wie viele “Intellektuelle”  vertraut er auf en Wunder,  Somit ist er ein typischer Vertreter der Fraktion “Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass”.  Zwei Schritte vor, einen zurück.

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