Manuel Freund, Gastautor / 28.12.2019 / 16:00 / Foto: pixabay / 70 / Seite ausdrucken

Warum ich nicht mehr in die Kirche gehe

Von Manuel Freund.

Die Kirche ist ein Ort des Zusammenseins. Deswegen haben wir in Religion gelernt, dass heilig im Prinzip ganz leicht mit „verbindend“ übersetzbar ist. Alles, was Menschen zusammenbringt, ist heilig. So sollte die Kirche doch auch ein Ort des Zusammenkommens sein. Ich habe durch meine katholische Gemeinde ein paar meiner besten Freunde kennengelernt. Kirche sollte heutzutage verständlich und erklärend sein. Eine Wertung sollte eigentlich von jedem Kirchenbesucher für sich selbst getätigt werden.

Bedauerlicherweise bekomme ich immer öfter mit, wie Kirchen sich politisch ganz klar positionieren. Erst vor Kurzem, während der Predigt in der Weihnachtsmesse, musste ich mich zusammenreißen, nicht einfach rauszugehen. Es ging, grob gesagt, um Mitmenschlichkeit und darum, dass Weihnachten ein Fest ist, an dem man sich wieder mit Mitgefühl erfrischen soll. Da stimme ich dem Prediger auch vollkommen zu. Nun ging es allerdings weiter, und er erzählte davon, dass wir Mitmenschlichkeit in Zeiten von „salonfähigem Rechtspopulismus“ besonders bräuchten. Es sollte nicht „Amerika first“ heißen, denn so eine Denkweise zerstöre die Gesellschaft. Ich denke, jedem ist klar, dass es sich hier um direkte Anspielungen auf realpolitisches Geschehen handelt. Die Predigt hat unter anderem die Botschaft vermittelt: Wenn ihr Trump oder die AfD gut findet, gehört ihr nicht dazu. Damit hat der Prediger sich selbst widersprochen. Zusammenkommen heißt auch Differenzen überwinden, seien es kulturelle, persönliche oder politische. Weihnachten schreibt einem nicht vor, wie man sich politisch zu verhalten hat.

Am 1. Adventssonntag singe ich mit meinem Chor unter anderem immer in einem Gottesdienst. Dabei handelt es sich um einen evangelischen Gottesdienst. Hier lief es bedauerlicherweise noch schlimmer ab. Unser Chor ist relativ Grün eingestellt, so haben wir unter den Männerstimmen letztens eine Sonntagsumfrage durchgeführt, und die Grünen hätten, wenn es nach dem Chor ginge, knapp die absolute Mehrheit erreicht – schrecklich, ich weiß. Trotzdem war ich nach dem Gottesdienst definitiv nicht der einzige, der sich fast sicher war, dass dieser von Fairtrade gesponsort wurde. Bei nahezu jedem Programmpunkt wurde Fairtrade mal mehr mal weniger eingebunden. Die Konfirmanden haben die Buchstaben von „fair“ auf kleine bemalte Täfelchen geschrieben, sie auf den Altar gestellt und dann erklärt, wofür dieser Buchstabe jeweils steht. Leider kann ich mich an die Bedeutung der ersten beiden Buchstaben nicht mehr erinnern. „I“ stand jedoch für international.

Warum liefert ihr eure politische Einstellung immer direkt mit?

Wir können nicht mehr nur an uns denken, wir müssen versuchen, dass es allen auf der Welt gut geht. Deutschland müsse Abstriche machen und Menschen in Entwicklungsländern durchfinanzieren. „R“ steht für Recht. Jeder Mensch sollte die gleichen Rechte haben. Es sei nicht okay, dass man nur aufgrund seines Geburtsortes oder aufgrund des Standes seiner Eltern weniger Rechte genießt. Deswegen sollten wir Deutschland öffnen und jedem die Möglichkeit geben, die Rechte Deutschlands auszuschöpfen. Also, tut mir leid, aber eine andere Entschuldigung als Jugendnaivität gibt es für diesen Stuss nicht. Der Ansatz ist ja gar nicht mal so schlecht. Reale Probleme aufzeigen und sagen, dass man sich mit diesen beschäftigen und eine Lösung für diese finden muss. Aber um Himmels Willen, warum liefert ihr eure politische Einstellung immer direkt mit?

Auch bei den Fürbitten wurde Gott darum gebeten, uns beim Spenden zu helfen. Wieder einmal ein Widerspruch zur Kirche, Spenden sollte immer freiwillig geschehen, denn Gott beurteilt uns nicht danach, wie viel wir für andere getan haben, und Gott schreibt erst recht kein Spenden vor. Dann fing die Pastorin plötzlich an, darüber zu reden, dass Jesus Fairtrade unterstützen würde, wenn er heute noch leben würde. Alles in allem ein Gottesdienst, in dem ich sehr ungern gesungen habe.

Abwarten und beten

Jedoch sind es nicht nur die Gottesdienste, die sich verändern, es ist das gesamte Kirchenkonstrukt. Das Ganze hat begonnen, als Gregor Gysi stellvertretend für alle linken Parteien in Europa den Papst stellvertretend für die ganze christliche Kirche um Zusammenarbeit gebeten hat. Auch die Kirche bemerkt die politische Veränderung in der Gesellschaft und bleibt sich deswegen nicht treu. Immer mehr Leute mit Halbwissen mischen sich in die Politik ein. Nun will ich der Kirche jedoch nicht als Halbwissenden abstempeln. Vielmehr ist es so, dass die Kirche auf alles eher einen sozialen Blick hat. Die 10 Gebote besagen nun mal nicht, dass man seine wirtschaftlichen Grundlagen nicht zerstören soll.

Nun hat der Papst sogar angekündigt, eine Öko-Sünde einzuführen. Grundsätzlich gar keine so schlechte Idee. Wer mit Absicht die Umwelt verschmutzt, der hat etwas Schlechtes getan. Wenn man einen Fluss mit Chemikalien vollkippt, ist das in meinen Augen eine Sünde. Das Problem ist, dass die Einführung einer Öko-Sünde politisch ein enormes Statement wäre. Mit solchen Reformen macht sich die Kirche zum Vorreiter der kurzsichtigen links-grünen Politik.

Ich kritisiere die Kirche nicht dafür, dass sie für Mitmenschlichkeit plädiert, ich kritisiere sie dafür, dass sie Methoden mitliefert. Wenn ich viel Geld habe, dann kann ich natürlich einfach einen Haufen Geld spenden. Aber ich kann auch ein Unternehmen gründen, damit Arbeitsplätze schaffen, somit mehr Einnahmen und weniger Ausgaben für den Staat schaffen und am Ende noch mehr verdientes Geld spenden. Sowas ist aber leider kein Thema für eine Kirchenpredigt. Somit bleibt mir nur noch abwarten und beten übrig.

Manuel Freund ist 17, Schüler aus Hamburg und veröffentlichte diesen Beitrag auch auf dem Jugend- und Schülerblog Apollo-News.

Foto: pixabay

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Leserpost

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Rico Martin / 28.12.2019

Der Kirche kann man kündigen. Dem lebendigen Gott niemals.

Sonja Bauch / 28.12.2019

1487 fasste der Dominikaner und Inquisitor Heinrich Kramer im “Hexenhammer” seine Vorstellung von Hexen und deren Verfolgung zusammen. Papst Sixtus der Vierte legitimierte dieses Buch und es diente als Anleitung zur Überführung und Verurteilung von vermeintlichen Hexen. Was man den Menschen damit angetan hat, welches Leid und welche Ängste damals in der Bevölkerung ausgelöst worden sind,  da herrscht heutzutage Stillschweigen bei den Kirchenoberen.

F. Auerbacher / 28.12.2019

Kirche heutzutage geht gar nicht! Die katholische ist ja de facto eine kriminelle Vereinigung und gehört verboten. Die “Protestanten” sind zwar weniger uniform, aber das Sagen haben heute Flagellanten in modernem Gewand - absolut zum Erbrechen. Meine Steuern bekommen die seit Jahren nicht mehr.

Sepp Kneip / 28.12.2019

Der junge Mann hat Recht Die Kirchen sollen sich aus der Politik heraus halten. Auch ich musste schon an mich halten, um nicht aus der Kirche zu gehen, als der Pfarrer auf die einzige OIppositionspartei einprügelte. Ja, ihre Mitglieder und damit auch ihre Wähler sogar als die falschen Propheten bezeichnete. Nicht etwa Mohamed und den Islam. Dem unterwirft man sich und versteckt seine Kreuze. Was veranlasst die Kirchen, sowas zu tun? Ein Wunder ist es nicht. Peter Sutherland, einer der radikalsten Umvolker war bis zu seinem Tod der ein enger Berater des jetzigen Papstes. Die Kirchen sind voll ein gebunden in die Umvolkung Europas. Papst Benedikt XVI., der das nicht mitmachen wollte, musste gehen. Das Christentum wird an den Islam verschleudert.

Heiko Stadler / 28.12.2019

Wenn der Papst die Ökosünde einführt, wie sollte dann Angela Merkel, die trotz aller Möglichkeiten der Videokonferenzen alle drei Monate den Erdradius mit ihrem Regierungsflieger zurücklegt, außer Sühne noch Zeit zum Regieren haben?

Anton, Michael / 28.12.2019

“Je größer der Dachschaden, desto schöner der Ausblick zum Himmel.” K.H. Deschner Die Doktrinen von Unfehlbarkeit und Absolutheitsanspruch feiern gerade Auferstehung. Die Trinitätslehre wird entrümpelt und an neue Gewißheiten angepasst. Der zum Himmel Geflogene wacht jetzt über Greta, Mikroplastik und dem teuflischen Atomkram. Immerhin hat er als einziger Mensch keine einzige Tüte und keinen Strom verbraucht und als Zimmermann jeden Nagel wiederverwendet. Obwohl er jetzt 2000 Jahre tot ist, gelang es, eine erfolgreiche PR Agentur in seinem Namen aufzuziehen, die bei uns mehr Lobbyisten aufstellt, als die gesamte Autoindustrie zusammen. Ähnlich wie der öffentliche Rundfunk sind sie ein aufgeblasener Moloch, der über Alle und Alles hinweggeht, welche ihre Fakten und Fiktionen anzweifeln oder die göttliche Einzugsermächtigung widerruft.

Bernhard Krug-Fischer / 28.12.2019

Ich war 6 Jahre im Kirchenvorstand und überlege auch aus der Kirche auszutreten. Wenn man in einer Partei ist, und die Partei arbeitet gegen eigene Ziele und Interessen, tritt man aus. Logisch. Genauso verhält es sich mit der Kirche. Sie wird immer politischer, und manche Stimmen behaupten, es gibt Parallelen mit dem 3. Reich. Spätestens, wenn die EKD ein Schiff für die Seenotrettung ersteigert hat (für mich ist das Schleusung!), werde ich austreten. Auch die Verwandtschaft überlegt sich diesen Schritt. Auf der Seite von Vera Lengsfeld gibt es einen wunderbaren Brief bzgl. Kirchenaustritt (Offener Brief an die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) vom 18.12.2019). Diesen werde ich ein wenig umformulieren und an meinen Pfarrer, mit dem wir jedes Jahr zusammen in Urlaub fahren, überreichen. Unser Landesbischof Bedford-Strohm unterstützt ja „unfreiwillig“ Kirchenaustritte. War doch vor Weihnachten in den Fürther Nachrichten von ihm zu lesen: „Die Zukunft der Kirche entscheidet sich nicht an ihren Mitgliedszahlen, sondern an ihrer Ausstrahlungskraft.“ Hallo?? Trinkt der täglich 5 Liter Messwein?? Eigentlich sollten alle aus der Kirche austreten und schauen, wie weit die Ausstrahlungskraft dann kommt.

aaron treppe / 28.12.2019

Früher gingen alle Parteien regelmässig die Wände hoch, wenn der Pfarrer es wagte den Hirtenbrief des Bischofs vorzulesen, dass man doch bitte eine christliche Partei wählen möge, fand ich gut, dass die das nicht so hinnahmen, die heutigen Zustände sind keine Verbesserung, es sollte egal sein ob ein Priester begeisterter Grüner ist, oder nicht, er muss für alle seine ‘Schäfchen’ da sein, nicht nur für die mit dem gleichen Parteibuch.

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