Von Wolfgang Zoubek.
ウォルフガング ツオウベク
Frage: Wer kennt in Japan Greta Thunberg? Antwort: Niemand. Oder so gut wie. Es finden sich in den sozialen Medien zwar einige Übersetzungen ihrer Panikaufrufe, aber die Panik findet nicht statt. Dafür war das Timing zu schlecht gewählt, denn im März waren Schulferien, und das neue Schuljahr beginnt erst im April. Keine gute Zeit für einen Streik durch Schuleschwänzen. Und selbst wenn, japanische Eltern sind an einer guten Ausbildung für ihre Kinder interessiert, die kämen nie auf die Idee, Streiks ihrer Sprösslinge an Schultagen zu organisieren. Für welches Ziel auch immer.
Es ist nicht so, dass sich in Japan keine Hypes und Hysterien inszenieren ließen, aber nicht aus rein ideologischen Gründen. Es wird in Japan allgemein wenig gestreikt, selbst nach Fukushima ließen sich keine Massendemonstrationen gegen die Kernkraft auf die Beine stellen. Aus deutscher Sicht, wo das problemlos funktioniert, mag das verwunderlich wirken, immerhin war Japan von dem GAU im Gegensatz zu Deutschland unmittelbar betroffen, doch die Menschen verhielten sich sehr besonnen. Auf der einen Seite trugen die Mainstream-Medien dazu bei, indem sie die abwiegelnden Statements der Verantwortlichen nicht hinterfragten. Auf der anderen Seite reagierten die Japaner insofern vernünftig, als sie sich sagten: Es hat keinen Sinn, den Kopf zu verlieren. Nun, da das Kind in den Brunnen gefallen ist, müssen wir sehen, wie wir es da wieder heraus bekommen.
Mag sein, dass die deutschen Panikmacher unter Gretas Anleitung hoffen, Merkel zu einem zweiten Moratorium bewegen zu können, so dass auch noch die Kohlekraftwerke abgestellt werden, bevor eine sinnvolle Alternative zur Verfügung steht. In Japan hat man sich dagegen nach einem kurzen Schock entschieden, die Energiegewinnung durch Kernenergie beizubehalten, und der öffentliche Widerstand dagegen war gering. Man weiß, hundertprozentige Sicherheit gibt es nicht, und die wenigsten wollen in unmittelbarer Nähe eines Kernkraftwerks leben. Doch es hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass Japan als rohstoffarmes Land sich seine energiepolitische Unabhängigkeit nur bewahren kann, wenn es sich nicht völlig von Öl- und Gas-Importen abhängig macht.
Japaner leben durchaus umweltbewusst. Nach mehreren Umweltkatastrophen in den 1970er und 80er Jahren, verursacht durch die Industrie, wurden strenge gesetzliche Vorschriften erlassen. Auch für die Haushalte hat sich die Mülltrennung nach deutschem Vorbild durchgesetzt. Und viele Autokäufer entscheiden sich für einen Hybridwagen, um die Umwelt zu schonen. Mit Diesel fahren in Japan zwar nur LKWs, reine Elektroautos findet man trotzdem selten. Elektrizitätsgesellschaften oder andere Firmen verfügen über eine solche Autoflotte, doch Privatleute kaufen sie gewöhnlich nicht.
Japaner unternehmen selten große Reisen mit dem Auto
Im Grunde wäre die Ausgangssituation für die Elektromobilität in Japan günstiger als in Deutschland. Der Japaner unternimmt selten große Reisen mit dem Auto, und auch in den Metropolen zahlt sich my car im Stadtverkehr kaum aus, da nimmt man besser die U-Bahn. In kleineren Städten und auf dem Land mit schlechter Verkehrsanbindung ist man dagegen umso mehr auf ein Fahrzeug angewiesen. Die meisten legen damit jedoch nur kurze Strecken zurück, zum Arbeitsplatz, zum Einkaufen oder zu einem Wochenendausflug. Dafür würden Elektroautos mit beschränkter Reichweite genügen, doch das Preis-Leistungsverhältnis ist im Gegensatz zu Hybridantrieben einfach noch zu schlecht.
Japan hat nach dem Kyoto-Protokoll gewisse Anstrengungen unternommen, den CO2-Ausstoß zu verringern, damals war das global warming noch in aller Munde. Aber ähnlich wie in Deutschland blieb es bei der Ankündigung hehrer Ziele, ohne dass dies in der Praxis große Auswirkungen zeitigte. Die CO2-Emission pro Kopf ist in Japan minimal höher als in Deutschland, doch spätestens seit dem Unfall in Fukushima wird dieses Thema kaum noch angesprochen. Den Leuten wurde bewusst, dass sich Japan keine Selbstschädigung seiner Wirtschaft leisten kann. Dabei geht es nicht nur um den persönlichen Verzicht, zum Beispiel auf das Auto oder auf Flugreisen. Unmittelbar nach der Atomkatastrophe und der Abschaltung der Kernkraftwerke hatten Produktionsstätten wegen Energiemangels zeitweise stillgelegt werden müssen, was in einigen Branchen, wie etwa der Autoindustrie, Milliardenschäden verursachte. Damit reagierte man jedoch nur auf einen Notfall, ohne Not ist man in Japan nicht bereit, die Axt an den eigenen Industriestandort zu legen.
Das ist der Hauptgrund, warum Greta Thunberg mit ihrer Klimapanik in Japan keinen Blumentopf gewinnen kann. Und nicht zuletzt deshalb kann sich Toyota das Geld sparen, mit dem es bisher die Deutsche Umwelthilfe finanzierte. Denn inzwischen ist die Konkurrenz in Deutschland dabei, sich selber lahm zu legen, dazu braucht es keine japanische Hilfe mehr.
Wolfgang Zoubek lebt seit fast zwanzig Jahren in Japan und arbeitet an einer Universität. Ihn beschäftigt seit langem der Vergleich zwischen gesellschaftlichen Entwicklungen in Japan und in Deutschland. "Obwohl im Zeitalter der Globalisierung alle relevanten Themen in kürzester Zeit um die Welt gehen, können die Reaktionen bedingt durch die unterschiedlichen nationalen Mentalitäten sehr verschieden sein", sagt er.