Wolfgang Zoubek, Gastautor / 05.04.2019 / 06:25 / Foto: Pixabay / 41 / Seite ausdrucken

Warum Greta den Japanern schnuppe ist

Von Wolfgang Zoubek.

ウォルフガング ツオウベク

Frage: Wer kennt in Japan Greta Thunberg? Antwort: Niemand. Oder so gut wie. Es finden sich in den sozialen Medien zwar einige Übersetzungen ihrer Panikaufrufe, aber die Panik findet nicht statt. Dafür war das Timing zu schlecht gewählt, denn im März waren Schulferien, und das neue Schuljahr beginnt erst im April. Keine gute Zeit für einen Streik durch Schuleschwänzen. Und selbst wenn, japanische Eltern sind an einer guten Ausbildung für ihre Kinder interessiert, die kämen nie auf die Idee, Streiks ihrer Sprösslinge an Schultagen zu organisieren. Für welches Ziel auch immer.

Es ist nicht so, dass sich in Japan keine Hypes und Hysterien inszenieren ließen, aber nicht aus rein ideologischen Gründen. Es wird in Japan allgemein wenig gestreikt, selbst nach Fukushima ließen sich keine Massendemonstrationen gegen die Kernkraft auf die Beine stellen. Aus deutscher Sicht, wo das problemlos funktioniert, mag das verwunderlich wirken, immerhin war Japan von dem GAU im Gegensatz zu Deutschland unmittelbar betroffen, doch die Menschen verhielten sich sehr besonnen. Auf der einen Seite trugen die Mainstream-Medien dazu bei, indem sie die abwiegelnden Statements der Verantwortlichen nicht hinterfragten. Auf der anderen Seite reagierten die Japaner insofern vernünftig, als sie sich sagten: Es hat keinen Sinn, den Kopf zu verlieren. Nun, da das Kind in den Brunnen gefallen ist, müssen wir sehen, wie wir es da wieder heraus bekommen. 

Mag sein, dass die deutschen Panikmacher unter Gretas Anleitung hoffen, Merkel zu einem zweiten Moratorium bewegen zu können, so dass auch noch die Kohlekraftwerke abgestellt werden, bevor eine sinnvolle Alternative zur Verfügung steht. In Japan hat man sich dagegen nach einem kurzen Schock entschieden, die Energiegewinnung durch Kernenergie beizubehalten, und der öffentliche Widerstand dagegen war gering. Man weiß, hundertprozentige Sicherheit gibt es nicht, und die wenigsten wollen in unmittelbarer Nähe eines Kernkraftwerks leben. Doch es hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass Japan als rohstoffarmes Land sich seine energiepolitische Unabhängigkeit nur bewahren kann, wenn es sich nicht völlig von Öl- und Gas-Importen abhängig macht.

Japaner leben durchaus umweltbewusst. Nach mehreren Umweltkatastrophen in den 1970er und 80er Jahren, verursacht durch die Industrie, wurden strenge gesetzliche Vorschriften erlassen. Auch für die Haushalte hat sich die Mülltrennung nach deutschem Vorbild durchgesetzt. Und viele Autokäufer entscheiden sich für einen Hybridwagen, um die Umwelt zu schonen. Mit Diesel fahren in Japan zwar nur LKWs, reine Elektroautos findet man trotzdem selten. Elektrizitätsgesellschaften oder andere Firmen verfügen über eine solche Autoflotte, doch Privatleute kaufen sie gewöhnlich nicht.

Japaner unternehmen selten große Reisen mit dem Auto

Im Grunde wäre die Ausgangssituation für die Elektromobilität in Japan günstiger als in Deutschland. Der Japaner unternimmt selten große Reisen mit dem Auto, und auch in den Metropolen zahlt sich my car im Stadtverkehr kaum aus, da nimmt man besser die U-Bahn. In kleineren Städten und auf dem Land mit schlechter Verkehrsanbindung ist man dagegen umso mehr auf ein Fahrzeug angewiesen. Die meisten legen damit jedoch nur kurze Strecken zurück, zum Arbeitsplatz, zum Einkaufen oder zu einem Wochenendausflug. Dafür würden Elektroautos mit beschränkter Reichweite genügen, doch das Preis-Leistungsverhältnis ist im Gegensatz zu Hybridantrieben einfach noch zu schlecht.

Japan hat nach dem Kyoto-Protokoll gewisse Anstrengungen unternommen, den CO2-Ausstoß zu verringern, damals war das global warming noch in aller Munde. Aber ähnlich wie in Deutschland blieb es bei der Ankündigung hehrer Ziele, ohne dass dies in der Praxis große Auswirkungen zeitigte. Die CO2-Emission pro Kopf ist in Japan minimal höher als in Deutschland, doch spätestens seit dem Unfall in Fukushima wird dieses Thema kaum noch angesprochen. Den Leuten wurde bewusst, dass sich Japan keine Selbstschädigung seiner Wirtschaft leisten kann. Dabei geht es nicht nur um den persönlichen Verzicht, zum Beispiel auf das Auto oder auf Flugreisen. Unmittelbar nach der Atomkatastrophe und der Abschaltung der Kernkraftwerke hatten Produktionsstätten wegen Energiemangels zeitweise stillgelegt werden müssen, was in einigen Branchen, wie etwa der Autoindustrie, Milliardenschäden verursachte. Damit reagierte man jedoch nur auf einen Notfall, ohne Not ist man in Japan nicht bereit, die Axt an den eigenen Industriestandort zu legen. 

Das ist der Hauptgrund, warum Greta Thunberg mit ihrer Klimapanik in Japan keinen Blumentopf gewinnen kann. Und nicht zuletzt deshalb kann sich Toyota das Geld sparen, mit dem es bisher die Deutsche Umwelthilfe finanzierte. Denn inzwischen ist die Konkurrenz in Deutschland dabei, sich selber lahm zu legen, dazu braucht es keine japanische Hilfe mehr.

Wolfgang Zoubek lebt seit fast zwanzig Jahren in Japan und arbeitet an einer Universität. Ihn beschäftigt seit langem der Vergleich zwischen gesellschaftlichen Entwicklungen in Japan und in Deutschland. "Obwohl im Zeitalter der Globalisierung alle relevanten Themen in kürzester Zeit um die Welt gehen, können die Reaktionen bedingt durch die unterschiedlichen nationalen Mentalitäten sehr verschieden sein", sagt er.

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Kostas Aslanidis / 05.04.2019

In Griechenland sind die Menschen überhaupt froh, durchzukommen. Alles andere ist ihnen suspekt. Das Klima verändert sich natürlich, schwankt etwas und normalisiert sich und geht in gewohnten Schritten weiter. Alles andere ist Hysterie. Deutschland wird nichts retten sondern untergehen. Die Fahnen stehen bereit. Wenn dann mit wehenden

G. Schilling / 05.04.2019

Wie schlecht es um Deutschland steht zeigt der Unterschied zu Japan. Dort denkt man an sein Land wie und womit es im intern. Wettbewerb bestehen kann. (America first hat einen ähnlichen Ansatz). Hier denkt man wie durch den deutschen Selbstmord es irgendwo auf dem Globus besser werden könnte. Schuld daran ist u.a. die massive Jahrzehnte lange links-grüne Indoktrination der Kinder in der Schule.

Karl Hauser / 05.04.2019

Umweltbewusst würde ich nicht gerade sagen. Fragen sie mal einen Japaner der in der nähe des Meeres wohnt ob er dorthin geht.Er wird sie wie ein Alien angucken.Die Strände dort sind auch total verdreckt.Niemand geht dort Schwimmen.Äpfel sind einzeln verpackt,die Häuser aus Plastik und ungedämmt.

Karl-Heinz Vonderstein / 05.04.2019

Was mir jetzt wieder in der Diskussion um den Klimawandel, den Erneuerbaren Energien und Kohleausstieg usw. aufgefallen ist, nicht wenige Politiker, Journalisten und auch Schüler hier sagen, wir Deutsche müssten beim Klima- und Umweltschutz Vorbild für andere sein, sogar für die Welt insgesamt.Ich finde,  das klingt nach modernem deutschen Größenwahn oder?

Thomas Taterka / 05.04.2019

Das Loben Japans sollte man sich aufheben für den Tag , an dem die Ozeane leergefischt sind,  der Ballungsraum Tokio auf 100 Millionen angewachsen ist und die Hälfte der Einwohner so lange zur Arbeit pendeln , daß sich ein Zwischenaufenthalt in der eigenen Wohnwabe wirklich nicht mehr lohnt. Dann ist immer noch genug Zeit, über die Zukunft zu sinnieren. Alle Japaner werden jung sein und fröhlich mitmachen. Ich freue mich auch schon ganz doll.

Thomas Taterka / 05.04.2019

@Matthias Braun : Kenn ’ ich anders. ” Kommt die Axt in den Wald, sagen die Bäume : Er ist einer von uns”. Ansonsten gute Zitate von Ihnen.

Manfred Knake / 05.04.2019

@Harro Heyer: Der Meeresspiegel der Nordsee steigt seit dem Ende der Weichsel-Kaltzeit vor 12.000 Jahren mal mehr, mal weniger an, Transgression und Regression. Damals lag der Meeresspiegel der Nordsee bis zu 120m tiefer als heute, der Meeeresgrund war von Jägern und Sammlern besiedelt (Beispiel Doggerbank). Derzeit steigt der Meerespiegel nach Messungen der Uni Siegen um 1,7mm im Jahr oder 17cm im Jahrhundert, der bekannte „säkulare Anstieg“, noch nicht einmal beschleunigt, wie die Messungen der Pegel Norderney und Cuxhaven aufzeichnen. Die Küstenschutzmaßnahmen berücksichtigen die notwendigen Anpassungen an die Deichbemessungshöhen längst. Dennoch wird von Grüns und Konsorten in Panik gemacht; ein Langeooger Gastronomen-Ehepaar (bio natürlich), das wegen des Klimawandels (den man ja nicht ernsthaft bestreiten kann, nur die Ursachen und Auswirkungen sind umstritten) gegen die EU klagt und den Untergang der Insel fürchtet, bekam gerade von der Zeitung „Die Zeit“ dafür den „Zeit-Wissen-Preis“: 10.000 Euro - für Unsinn. Dabei wäre die Düneninsel (wie alle anderen Ostfriesischen Inseln auch) längst ganz natürlich und ganz ohne Klimahype durch Wind und Wellen weggespült worden oder hätten ihre Lage verändert, würde sie nicht ständig durch enorm teure Küstenschutzmaßnahmen für den Erhalt der Tourismusinfrastruktur festgelegt und vor dem Untergang geschützt.

Dietmar Blum / 05.04.2019

Herr Fellechner,  “Wer klärt die Deutschen mal realistisch über das Klima auf?”. Es würde schon genügen, wenn sie erkennen würden, dass “Klima”, als über 30 Jahre gemitteltes Wettergeschehen an einem exakt definiertem Ort, nichts anderes ist, als ein mathematisches Konstrukt/ eine Statistik aus Daten der Vergangenheit und somit nicht verändert und “geschützt” werden kann.  Fragen Sie doch einmal eine/einen Gretajünger, was er unter Klima versteht.

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