Cigdem Toprak, Gastautor / 08.03.2011 / 15:53 / 0 / Seite ausdrucken

Warum es irrelevant ist, ob der Minister recht hat

Cigdem Toprak

In den letzten Tagen kam es zu einer historisch-politischen Debatte über die Aussage des neuen CSU-Innenministers, der gesagt hatte, „dass aber der Islam zu Deutschland gehört, ist eine Tatsache, die sich auch aus der Historie nirgends belegen lässt”.

Als ob die Beantwortung der Frage, ob nun Deutschland nicht nur christlich-jüdisch, sondern auch islamisch geprägt sei, die gesellschaftlichen und politischen Probleme der muslimischen Migranten in Deutschland lösen könnte.

Der Islam gehört zur Türkei und ist recht erfolgreich

Werbeplakate mit freizügigen bekleideten Frauen wurden in bestimmten Stadtteilen Istanbuls verboten, muslimisch-säkulare Studenten werden genötigt, im Ramadan mitzufasten, damit sie nicht von ihren islamistischen Kommilitonen gemobbt werden. Es gibt Versuche, den Ausschank von Alkohol in einigen Restaurants aufgrund von islamischer Tradition zu verbieten, wobei sehr viele Gaststätten von sich aus keinen Alkohol verkaufen. Ein Lehrer verordnete im Bekenntnisunterricht, an dem nur alevitische Schüler teilnahmen, in eine Moschee zu gehen, aber nicht in eine Kirche, Synagoge oder in ein Cem-Haus.

Diese teils skurrilen und teils menschenverachtenden Handlungen und Verhalten finden in einem laizistischen Land statt, welches sehr wohl eine historische Bezugnahme zum Islam, aber auch mit einer zunehmenden Islamisierung zu kämpfen hat.

Der Islam gehört nicht zu Deutschland und ist erfolgreicher

In Deutschland dürfen Frauen in öffentlichen Einrichtungen Kopftuch tragen, in Schulen und Universitäten werden Gebetsräume errichtet, auch ein nach Geschlechtern getrennter Sportunterricht wird gestattet. Die Islamverbände haben als ernstgenommene Gesprächspartner Einfluss auf die politische Willensbildung.

Jede so berechtigte Kritik gegen islamisierende Tendenzen oder an den Islam selbst können sehr simpel mit dem Vorwurf zurückgewiesen werden, dass der Kritiker islamophob sei - oder gar ausländerfeindlich.

Ob der Islam historisch zu Deutschland gehört oder nicht: Die aufgeklärten Bürger Deutschlands haben mit einer Islamisierung sui generis zu kämpfen, die von tolerantfreudigen Politikern und Journalisten geschützt und gefördert wird.

Die Aussage des Innenministers können nur Historiker überprüfen. Man muss nicht im Geschichtsunterricht aufpassen, um die teils negativen und besorgniserregenden Entwicklungen in unserer Gesellschaft zu erkennen, sondern lediglich im Supermarkt, auf der Straße und in der U-Bahn.

Siehe auch:
Die Einschätzung des Ministers, der Islam spiele keine Rolle im christlich-jüdischen Europa, sei “total falsch”. Nicht nur habe die islamische Welt die Schriften der Antike gesichert und übersetzt, die dann als Grundlage der europäischen Aufklärung dienten, argumentierte der Gemeinde-Vorsitzende. Auch stammten viele Wörter des deutschen Sprachgebrauchs aus dem Arabischen. http://www.welt.de/politik/deutschland/article12718774/Tuerkische-Gemeinde-attackiert-Minister-Friedrich.html

Wer übersieht, dass Europa, gar Deutschland, und Islam eine lange Geschichte verbindet, möge den West-Östlichen Divan unseres Nationaldichters Johann Wolfgang Goethes wieder einmal lesen, die großen Universalgelehrten Ibn Sina (Avicenna) und Ibn Ruschd (Averroes) zur Kenntnis nehmen oder wenigstens die siebe-hundertjährige Geschichte des Islam in Spanien berücksichtigen. http://www.welt.de/debatte/kommentare/article12734921/Warum-der-Islam-zu-Deutschland-gehoert.html

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