Ahmet Refii Dener / 06.09.2024 / 16:00 / Foto: Library of Congress / 23 / Seite ausdrucken

Warum die Wirtschaft auswandert

Fast 35 Jahre lang habe ich deutsche und Schweizer Unternehmen in die Türkei geführt, Markteinführungen begleitet und sie erfolgreich etabliert. Ich weiß, worauf es ankommt und warum Unternehmen in Deutschland über kurz oder lang ins Ausland abwandern müssen.

Im Laufe der Jahre war ich immer stolz darauf, eine starke deutsche Industrie im Rücken zu haben. Eine teilweise Verlagerung ins Ausland diente stets dazu, den gesunden Mix auf dem Heimatmarkt zu finden, ohne den Standort Deutschland aufzugeben.

Deutschland gilt oft als ein Land mit einer starken Wirtschaft und einem florierenden Mittelstand. Doch hinter dieser Fassade verbirgt sich eine Realität, die es Unternehmen zunehmend schwer macht, Fuß zu fassen und zu wachsen. Die Hindernisse, die Unternehmen in Deutschland überwinden müssen, sind vielfältig: hohe Löhne, teure Energie, hohe Steuern und eine allgegenwärtige Bürokratie. Diese Faktoren erschweren es Unternehmen, wettbewerbsfähig zu bleiben und sich in einem dynamischen globalen Marktumfeld zu behaupten.

Die hohen Löhne in Deutschland sind ein zweischneidiges Schwert. Auf der einen Seite tragen sie zur hohen Lebensqualität der Arbeitnehmer bei, auf der anderen Seite stellen sie für Unternehmen eine erhebliche Belastung dar. Besonders für kleine und mittelständische Unternehmen (KMU), die oft mit begrenzten finanziellen Ressourcen arbeiten, sind die hohen Arbeitskosten ein erheblicher Kostenfaktor.

In Branchen mit niedrigen Gewinnmargen kann dies schnell zu einem Wettbewerbsnachteil führen, besonders gegenüber Unternehmen aus Ländern mit niedrigeren Lohnkosten. Diese Belastung wird durch die hohen Sozialabgaben und Versicherungsbeiträge, die Arbeitgeber zusätzlich zu den Bruttolöhnen zahlen müssen, noch verstärkt.

Wenn wir von begrenzten finanziellen Ressourcen bei einigen Unternehmen reden, vergessen wir oft, dass das Kapital nicht dafür da ist, um lange durchzuhalten, bis man dann einsieht, dass es nicht weitergeht. Gesünder ist es, sofort das Heil in Ländern zu suchen, wo die Lohnkosten, die Steuern und das sonstige Unternehmensumfeld gesünder sind als in Deutschland. Mittlerweile ist das fast überall der Fall, zumal Deutschland an allen Fronten abgehängt wird.

Teure Energie und eine Übergangsphase für die Ewigkeit

Energie ist ein weiterer wesentlicher Kostenfaktor, der die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen beeinträchtigt. Deutschland hat einige der höchsten Energiepreise in Europa, was vor allem energieintensive Industrien stark belastet.

Die Energiewende, die den Übergang von fossilen Brennstoffen zu erneuerbaren Energien fördern soll, hat zwar langfristig ökologische Vorteile, führt aber in der Übergangsphase zu erheblichen Mehrkosten für Unternehmen. Diese Kosten werden oft in Form von Umlagen und Abgaben auf die Unternehmen umgelegt, was die Produktionskosten in die Höhe treibt und den Export von Gütern erschwert.

Auch hier macht man sich etwas vor, wenn man von einer Übergangsphase spricht. Diese Phase wird niemals enden, zumal die deutsche Bürokratie wohl nicht kleinzukriegen sein wird. So hängt man im Zeitplan bei allen Dingen nicht nur hinterher, sondern der Investitionsstau wird immer länger.

Neben den hohen Lohn- und Energiekosten ist auch die Steuerlast in Deutschland für Unternehmen eine erhebliche Hürde. Die Unternehmensbesteuerung in Deutschland gehört zu den höchsten in Europa, und die Komplexität des Steuersystems stellt eine zusätzliche Belastung dar.

Hohe Steuern schmälern nicht nur die Gewinne der Unternehmen, sondern reduzieren auch die Mittel, die für Investitionen in Wachstum und Innovation zur Verfügung stehen. Investitionen sind jedoch entscheidend, um in einem globalen Markt wettbewerbsfähig zu bleiben und auf sich schnell ändernde Marktbedingungen reagieren zu können.

Für viele Unternehmen stellt die hohe Steuerlast daher ein großes Hindernis dar, wenn es darum geht, in ihre eigene Zukunft zu investieren. Eigentlich ist es die zweite Frage, die ein Unternehmer stellt, der mit seinem Unternehmen oder seiner Produktion ins Ausland gehen möchte. Zuerst fragt man den Berater, wie hoch die Lohnkosten sind, und schon folgt die Frage, wie hoch die Steuern sind.

Bürokratie: Ein oft unterschätztes Problem

Vielleicht das größte Hindernis von allen ist die allgegenwärtige Bürokratie in Deutschland. Der bürokratische Aufwand, der mit der Gründung und dem Betrieb eines Unternehmens verbunden ist, kann oft entmutigend sein.

Komplizierte Vorschriften, langwierige Genehmigungsverfahren und die Notwendigkeit, sich durch ein Labyrinth von Gesetzen und Verordnungen zu navigieren, stellen für viele Unternehmer eine große Belastung dar.

Diese Bürokratie hemmt nicht nur die Gründung neuer Unternehmen, sondern behindert auch das Wachstum bestehender Unternehmen, indem sie wertvolle Zeit und Ressourcen bindet, die besser in das Kerngeschäft investiert würden.

Die Herausforderungen, denen Unternehmen in Deutschland gegenüberstehen, sind zahlreich und vielfältig. Während hohe Löhne, teure Energie, hohe Steuern und Bürokratie sicherlich alle ihre Gründe haben, tragen sie gemeinsam dazu bei, das wirtschaftliche Wachstum zu bremsen und die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen zu beeinträchtigen.

Um ein Umfeld zu schaffen, das es Unternehmen ermöglicht, zu gedeihen und zu wachsen, muss eine Balance gefunden werden zwischen notwendigen Regulierungen und der Förderung eines wirtschaftsfreundlichen Klimas. Nur so kann Deutschland langfristig seine Position als eine der führenden Wirtschaftsnationen der Welt behaupten.

Die letzten zwei Sätze muss ich allerdings relativieren. Warum soll ich mich als Unternehmer mit einem Balanceakt herumschlagen, wenn es woanders einfacher geht? Das unternehmerische Risiko ist groß genug, egal wo man investiert. Aber bei diesem Bürokratie-Dschungel Deutschland und den sonstigen Rahmenbedingungen? Nein, danke!

Wenn Unternehmen dennoch in Deutschland investieren, seid gewiss, dass der Staat tief in die Tasche greifen muss, um das Projekt zu fördern. So wird man das Auswandern des Unternehmens ins Ausland etwas verzögern, aber nicht verhindern können. Es ist reine Mathematik des Überlebens, denn unterm Strich bleibt immer: Weg aus Deutschland!

Ahmet Refii Dener, Türkei-Kenner, Unternehmensberater, Jugend-Coach aus Unterfranken, der gegen betreutes Denken ist und deshalb bei Achgut.com schreibt. Mehr von ihm finden Sie auf seiner Facebookseite und bei Instagram.

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W. Renner / 06.09.2024

@Rolf Mainz, auf den Punkt gebracht! Herr Dener, Sie können hier an- um- und aussiedeln, was sie wollen, der Drops Deutschland ist gelutscht.

Bettina landmesser / 06.09.2024

Hohe Löhne…..mag sein, dass die Lohnkosten insgesamt hoch sind. Aber die Löhne sind es nicht. Große Teile der Arbeitnehmerschaft haben seit der EURO-Einführung fast gar keine Lohnerhöhungen erfahren, gerade in kleinen und mittelständigen Unternehmen. Mein Stundenlohn im Jahr 2024 ist nominal sogar geringer als der im Jahr 2001. Und so geht es nicht nur mir. Aus diesem Grund leben heute im Grunde große Teile der Bevölkerung auf Armutsniveau. Die Herren der Schöpfung können heutzutage in der Regel ihre Familien nicht mehr mit einem Gehalt ernähren. Das liegt daran, dass die Löhne eben nicht zu hoch, sondern viel zu niedrig sind. Wir erleben schon seit vielen Jahren einen extremen realen Wohlstandsverlust. Wer hier den Mehrwert der Arbeit einkassiert, ich weiss es nicht. Aber die Arbeitnehmer leben bis zum Einkommensmedian am Existenzminimum.

Gerd Heinzelmann / 06.09.2024

Mir ist zwar noch nicht aufgefallen, dass Türkische Flaggen auf deutschem Boden weniger geworden wären, aber Deutsche Flaggen daneben schon. Eine gesunde Entwicklung.

Dr. Konrad Voge / 06.09.2024

Herr Dener, die sogenannte Energiewende hat mitnichten irgendwelche Vorteile für die Gesellschaft, sondern nur für die Gewinnler. Es gibt durch diese Maßnahmen ökologisch NUR Nachteile. Übrigens, Erdöl und Erdgas sind nicht ” fossil”, sonder kommen aus der Tiefe des Erdmantels. Man lese Thomas Gold: Die Biosphäre der heißen Tiefe. Es wäre ja lustig, wenn aus einem Vulkan halbe Sauerier oder Bäume geflogen kämen.

Wolfgang Richter / 06.09.2024

““Die Energiewende, die den Übergang von fossilen Brennstoffen zu erneuerbaren Energien fördern soll, hat zwar langfristig ökologische Vorteile, führt aber in der Übergangsphase zu erheblichen Mehrkosten für Unternehmen.” - Jetzt auch von einem Autoren hier dieser “Bullshit”  ? Statt polit-ideologische Parolen nachzuplappern, bitte schon den Grund dieser “Erkenntnis” benennen. Die angebliche Endlichkeit wird seit Dekaden immer wieder aufs Neue aufgewärmt und muß als Grund für Ideologische Bürgerabzocke herhalten. Von den neuen Erkenntnissen, daß Erdgas sich durch Prozesse im Erdinnern erneuern könnte, will -auch aus klimaideologischer Ideologie- natürlich niemand etwas wissen, denn damit würde der Grund für gnadenlose Abzockorgien entfallen. Und daß die “CO2-Menschen-gemachte-Klima-Panik” auch nur daher erfunden wurde, von unten nach oben umzuverteilen, ist ja wohl kein Geheimnis mehr. Mit den kostengünstigen russischen Energielieferungen ging es Deutschland gut wie lange nicht, wobei zu Lesen ist, daß Rußland wieder zweigrößter Gaslieferant an die EU ist, trotz der angeblichen Sanktionen, nur daß wir heute wegen der westlichen Polit-Spinnereien für die “erforderlichen Sanktionsunformungen” ein Mehr als früher für die yselbe Ware zahlen “dürfen”. Ein weiteres Projekt der politsystemischen westlichen “Bürgerverarschung”.

Lutz Liebezeit / 06.09.2024

Die Karten werden neu gemischt und zwar auf globaler Ebene. Die Industriekapitäne und Finanzmagnaten interessieren sich nicht für uns. Die Pharma- und Chemieindustrie z.B. wandert nach Indien aus, weil es da keine Umweltauflagen gibt. Da kann sie beherzt rumsauen. Der größte Irrtum liegt in er Annahme, es gebe bei den Altparteien ein Umweltbewußtsein. Hinter den Scheinprogramm wird die Induistrielandschaft globalistisch umgebaut. Man redet uns doch ständig die Vorteile von offenen Grenzen und Globalisierung ein? Die hat auch Vorteile, nur nicht für uns. Die Studenten werden gelenkt. No Boder, no Nation, stop Deporation -  die Linkspartei ist eine Stasiorganisation. Die hatte mit Menschenrechten noch nie was am Hut. Die organisiert die Drecksarbeit beim studentischen Fußvolk. Wenn man mal alles zusammen nimmt, wird man erkennen, daß sich die scheinbar unstrukturierten Umbauarbeiten in einen großen Plan einfügen. Da klemmt nichts. Wir werden ständig angehalten, irgendwas zu glauben. Wer nicht glauben will, fliegt raus. Das kommt, weil wir nur Fragmente der Neuen Weltordnung zu Gesicht bekommen sollen.

Dr. med. Jesko Matthes / 06.09.2024

Worin liegen die ökologischen Vorteile der Energiewende?

Walter Weimar / 06.09.2024

Die Wirtschaft wandert sicher nicht ab. Volkswagen packt seine Sachen und geht nach, ja wohin denn? Wer will die haben? Es sind auch nicht die Handwerker, die jetzt die Heizung und Badeofen im Afrikas Savanne oder Pakistans Süden stehenden Wellblechhütten installieren. Es ist eine Industrie, die selbst nur am Tropf von Fördermittel das Land ausgesaugt hat, die verschwindet und zieht weiter wie der Ballermann. Alle anderen gehen Pleite, machen eine Insolvenz oder haben wegen Nachfolger- oder Fachkräftemangel Feierabend. Einzelne Lizenzen oder Patente werden versilbert. In Deutschland geht das Licht aus. Die Masse merkst es erst, wenn ihre Hirnprothese keinen Empfamg mehr hat. Oder Ihr Canabisversorger weg bleibt. Dann werden die Leute auf natürlichem Entzug sehr unleidlich.

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