Titus Gebel / 19.03.2019 / 06:28 / Foto: Pixabay / 61 / Seite ausdrucken

Warum Demokratien scheitern

Ich möchte nicht, dass ein Diktator oder König darüber entscheidet, wie ich mein Leben zu führen habe. Ich möchte aber auch nicht, dass die demokratische Mehrheit dies tut. Ich will selbst darüber bestimmen in dem Bewusstsein, dass es absolute Freiheit in der Gemeinschaft nicht geben kann und meine Freiheit ihre Grenze an der Freiheit der anderen findet. Es ist aber ein himmelweiter Unterschied, ob ich in meiner Freiheit beschränkt werde, um ein friedvolles Miteinander zu ermöglichen oder ob dies geschieht, um die politische Heilsideen der Mehrheit oder einer lautstarken Minderheit umzusetzen.

Thomas Hobbes hatte zutreffend erkannt, dass ein staatliches Gewaltmonopol eine Friedensordnung schafft, die letztlich allen Bewohnern nützt. Er erkannte leider nicht, dass dieser Vorteil in sein Gegenteil umschlägt, wenn der Staat sein Gewaltmonopol nutzt, um Ziele zu erreichen, die über die Gewährung dieses Friedens hinausgehen. Dann nämlich, wenn der Staat anfängt Politik zu machen und politische Ziele, die stets nur die Ziele einer bestimmten Gruppe von Bürgern sind, allen aufzwingt. 

Leider wird in Demokratien genau dieses Verhalten von der Mehrheit nachgefragt. Denn wer die Möglichkeit erhält, sich Geld in die Tasche zu wählen, wird über kurz oder lang genau das tun. Ebenso wird er versuchen, seine politischen Ideen per Stimmzettel umzusetzen. Das bedeutet letztlich, seine Sicht der Welt allen anderen aufzuzwingen. Doch die Menschen sind verschieden. Was für den einen richtig ist, kann für den anderen falsch sein. Subjektiv unterschiedliche Wertvorstellungen und objektiv andere Lebenssituationen bewirken, dass jede „politische Lösung“ von Sachverhalten Menschen zurücklässt, die gegen ihren Willen zu etwas gezwungen wurden. Politik zu machen, heißt Partei zu ergreifen und die Wünsche einiger zum Maßstab für alle zu erheben, und zwar – das darf man nicht vergessen – notfalls mit Gewalt.

In Demokratien sind die Opfer politischer Mehrheitsentscheidungen damit sogar wehrloser, als sie es im Hobbes’schen Naturzustand des Kampfes „Aller gegen Alle“ wären. Das Gewaltmonopol des Staates richtet sich nun gegen sie, und sie müssen es etwa dulden, dass ihnen große Teile ihres Einkommens und Vermögens weggenommen und in andere Taschen umverteilt werden, ohne dass sie sich dagegen wehren dürfen. Damit verliert das ursprüngliche Konzept seine Wirkung, und hinter der Fassade des friedlichen Staates tobt stattdessen ein immerwährender – diesmal politischer – Kampf rivalisierender Gruppen um den Erlass begünstigender Regelungen. Der erreichte Friede ist nur noch ein scheinbarer und beruht auf der wirksamen Unterdrückung abweichender Interessen.   

Wenn der Staat aufhört, Schiedsrichter zu sein         

Es ist deshalb kontraproduktiv, dem Staat eine Macht einzuräumen, die über die Gewährleistung der inneren und äußeren Sicherheit hinausgeht. Denn wenn der Frieden einmal hergestellt ist, dann ist die einzige legitime staatliche Aufgabe, dafür zu sorgen, dass Bewohner ihren Willen nicht mit Gewalt anderen aufzwingen. Und nur zur Durchsetzung dieses Grundsatzes darf der Staat selbst auch Gewalt anwenden. Das ist keine neue Erkenntnis, sie findet sich bereits bei den Denkern John Locke, Wilhelm von Humboldt, Ludwig von Mises oder auch bei Ludwig Erhard, demzufolge die Probleme beginnen, wenn der Staat aufhört, Schiedsrichter zu sein und anfängt, selber mitzuspielen. Mit einem solchen Programm kann man bei Wahlen freilich keinen Blumentopf gewinnen. Man tritt nämlich an gegen Mitbewerber, die dem Bürger versprechen, ihm alle Lebensrisiken abzunehmen und diverse Gratisleistungen zukommen zu lassen.

Aber Gesellschaftsordnungen, die bereits konstruktionsbedingt gegen das Prinzip „Wer zahlt, bestimmt“ verstoßen, haben keine dauerhaften Überlebenschancen. Denn wenn die Mehrheit der Nicht- oder Wenigzahler regelmäßig darüber entscheidet, was mit den Beiträgen der Vielzahler passiert, werden sich Letztere schließlich von jener Ordnung abwenden. Entweder dadurch, dass sie den räumlichen Geltungsbereich des Systems verlassen oder dadurch, dass sie ihre Produktivität einschränken. Das System verliert so nach und nach seine Leistungsträger und kollabiert schließlich aufgrund wirtschaftlicher Probleme. 

Dabei ist der Grund für die unheilbare Krankheit der Demokratie eigentlich ganz leicht zu erkennen: ein Recht, über das ein einzelner Bürger nicht verfügt, nämlich Mitbürgern etwas wegzunehmen („Du sollst nicht stehlen“) kann er auch nicht an eine Regierung delegieren. Die „demokratische Legitimation“ einer Regierung ist daher nichts als Chimäre, denn die Wegnahme rechtmäßig erworbenen Einkommens oder Vermögens gegen den Willen der Betroffenen ist immer Unrecht, auch wenn sie von einer Mehrheit, gleich welcher politischen Schattierung, gutgeheißen wird. Dasselbe gilt für alle anderen Einmischungen in die private Lebensführung.

Solange auch die Opposition das nicht verstanden hat, ist keine Besserung in Aussicht. Es wird dann beim nächsten Wechsel unverändert so weitergehen, nur mit anderen Vorzeichen. In Ungarn etwa hat die demokratisch gewählte Regierung jüngst verlautbart, dass ihr Ziel eine vollkommen rauchfreie Gesellschaft sei. Vermutlich ist so etwas auch hier mehrheitsfähig. Die Idee, dass darüber der Einzelne entscheiden soll, kommt in diesem Konzept schon gar nicht mehr vor. Dabei gibt es Alternativen.

 

Titus Gebel ist Unternehmer und promovierter Jurist. Er gründete unter anderem die Deutsche Rohstoff AG und ist Autor des Buches Freie Privatstädte – Mehr Wettbewerb im wichtigsten Markt der Welt.

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Berni Klein / 19.03.2019

Schon vor mehr als 10 Jahren konnte man in einem Aufsatz von Hans Werner Sinn lesen, dass die Demokratie in Deutschland scheitern könnte, weil immer mehr staatliche Leistungsempfänger über die Mittelverwendung des Staates entscheiden werden.  Schon damals waren es mehr als 50 Prozent, zusammengesetzt aus Staatsbediensteten, Rentnern, Pensionären und Sozialleistungsempfängern. Sie alle sind alle sind auch Wähler, die allerdings wenig Interesse daran haben, die Umverteilung des Staates auf ein vernünftiges, auch von Leistungsträgern tolerierbares Maß zu begrenzen.  Schlussfolgerung: sich beizeiten entsolidarisieren, bevor aus der Not eines scheiternden Gemeinwesens heraus Abgaben für Fleißige und Tüchtige ins Unermessliche gesteigert werden.

Dr. Freund / 19.03.2019

@Daniel Gildenhorn,Basisdemokratie , ein Begriff, den die Links-Grünen immer besetzt hatten. Wenn sie ans Ruder kommen, wie jetzt(die CDU existiert nur noch auf dem Papier),ist es schnell vobei, da wird Diktatur gelebt.Die Lüge lebt. Basisdemokratie ist anstrengend und gefährlich für die Herrschenden. Die Schweiz kommt dieser echten Demokratie noch sehr nahe,aber aus vielen Gründen lässt sich das nicht so einfach auf grosse Länder, die nicht neutral und in Vielstaaten-Bünden(EU-Nato…) gefangen sind, übertragen. Je grösser ein Staat,ein Staatenbundkonstrukt, desto weniger hat die Basis ,das gemeine Steuerzahlervolk zu melden. Daran krankt die EU, daran wird sie langfristig zerbrechen.

Rex Schneider / 19.03.2019

Berühmt hierfür ist auch das Rentensystem, jahrelang wurde in die gut gefüllte Kasse trotz aller Warnungen (versicherungsfremde Leistungen usw.) gegriffen. Da die Legislative, als Geschäftsführer, über Judikative und Exekutive herrscht, steht die Gewaltenteilung sowieso nur noch auf dem Papier. Dessen Brot….

Martin Lederer / 19.03.2019

Sie sprechen das Prinzip “One man, one vote” an. Jeder hat das gleiche Stimmrecht. In England z.B. setzte sich dieses Prinzip unter dem Eindruck des 1. Weltkriegs durch. Damals musste in GB zum ersten Mal die allgemeine Wehrpflicht eingesetzt werden, um diesen Krieg zu gewinnen. Die Folge war unter anderem: Man kann die Männer nicht für das Land sterben lassen, wenn sie in diesem Land nicht wählen dürfen. In Deutschland wurde dieses Prinzip von Bismarck eingeführt, weil er davon ausging, dass die einfachen Leute eher die Konservativen als die Liberalen wählen. Allgemein war in Zeiten von Massenkriegen das Wahlrecht nicht mehr auf bestimmte Gruppen zu beschränken. Heutzutage ohne Wehrpflicht und Massenkriege in Europa sieht es wieder anders aus.

J. Braun / 19.03.2019

Herr Gebel spricht allen anderen Libertären aus der Seele und—wie üblich—haben es die Leser auch diesesmal wieder nicht verstanden. Es geht im libertären Gemeinwesen eben nicht darum, für Leistung nichts zu bezahlen, sondern nur für diejenigen Leistungen eine Gegenleistung zu bringen, die man selbst will. Und dafür braucht man noch nicht einmal einen Staat. Alles, aber auch wirklich alles, kann privatwirtschaftlich und im Wettbewerb organisiert werden. Nicht einmal die Justiz muß von einer Obrigkeit gesteuert werden, denn private Schiedsgerichte sind schneller und effizienter. Polizei? Die kommt ohnehin nicht, wenn man sie braucht: privatisieren! Militär? Unfug, braucht man nicht. Jeder, der in einem Gemeinwesen lebt, das es lohnt, verteidigt zu werden, wird sich bei einer Bedrohungslage freiwillig mit allen anderen zusammenfinden, um sich und das Gemeinwesen zu verteidigen. Da braucht man keine Flintenuschi mit ihren Genderpanzern. Und die, die von »Demokratie« schreiben, übersehen alle, daß Demokratie nur eine Diktatur der Mehrheit ist. Das ist nicht besser als ein Adels- oder ein Sozialistenstaat.

Dr. Christian Rapp / 19.03.2019

Im Land ist es wie in einer KV: In einer Wahl mit geringer Beteiligung werden Gleiche zu Gleicheren gewählt, die im Moment des Funktionärsstatus sich nach oben strecken und ihre “Wähler” am langen Arm verhungern lassen. Die KV verteilt dann das vorhandene Geld ( nach Abzug selbst festgelegter Gebühren) nach Lobbyeinfluss der Fachgebiete und unterm Strich so, dass kaum je einer moralisch benachteiligt ist. Dann finanziert man mit dem Geld der Ärzte noch die Notdienste, die Notdienstnotrufnummer und anderen Unsinn, verkauft das als politische Meisterleistung und gibt den Ärzten als “Anreiz” inflationsbereinigte 0,2 % mehr Geld. Die KV Vorstände gehen derweil mit 240 000 Euro Grundgehalt nach Hause und kriechen der Gesundheitspolitik in den Hintern.

Martin Lederer / 19.03.2019

Mittlerweile glaube ich noch nicht einmal, dass es die Wähler sind. Wenn jemand ein Land erobert, ist es ein übliches Verfahren diese Eroberung zu sichern, indem der Eroberer der “politischen Elite” des eroberten Landes Geld und Macht gibt, wenn sie ihm nur die Treue hält. Die EU muss den “politischen Eliten” der jeweiligen Länder nur Geld und Macht versprechen und sie hat sie in der Tasche. Und die “politischen Eliten” des Landes müssen nur die Propaganda in den Medien entsprechend machen und die Masse des Volkes läuft ihnen nach. Sollte es z.B. den Chinesen (oder auch dem Islam oder wem auch immer) gelingen, mit entsprechend viel Geld die “politischen Eliten” hierzulande zu kaufen, werden wir alle “gute Chinesen” werden wollen.

Werner Brunner / 19.03.2019

Hallelujah ! Da scheint jemand aufgewacht zu sein ...... Diese bei uns praktizierte Staatsform ( parlamentarische Demokratie ) ist wohl die unehrlichste und verlogendste Staatsform worldwide ! Von Demokratie ist da nichts zu erkennen ....... Deshalb ist auch die praktizierte Liebedienerei ( ÖR , manche Journalisten , manche Künstler etc. ) den derzeit Mächtigen gegenüber zutiefst zu verachten ...... Bei mir erzeugen diese Figuren nur noch den Würgereiz ...... Dabei könnte es , meiner Meinung nach , doch so einfach sein ..... Was ist an folgender These falsch bzw. verkehrt : Nur diejenigen , die den Geldtopf füllen , dürfen auch über die Verwendung der Gelder bestimmen ! Der Rest würde sich vielfach von selbst erledigen ..... Es wäre zumindest ein Anfang !

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