Claudio Casula / 13.05.2022 / 12:00 / Foto: Rijndaal / 71 / Seite ausdrucken

Warmherziger Nachruf auf eine Terroristin

Kann man sich eine Zeitung vorstellen, die zum Tod eines kriminellen Neonazis einen Nachruf mit dem Titel „Unerschrocken rechtsradikal“ bringt? Eher nicht. Aber das Neue Deutschland huldigt einer Ex-RAF-Terroristin. 

Die frühere RAF-Terroristin Inge Viett ist im Alter von 78 Jahren gestorben. Die „junge welt“ referiert ihren bewegten Lebenslauf unter dem Rubrum „Bewaffneter Kampf“, und im Neuen Deutschland (nd, „Journalismus von links“) widmet ihr Jana Frielinghaus gar einen warmherzigen Nachruf

Sie hat Viett, wie sie gleich zu Anfang sagt, mal persönlich gesehen und als „klein, schlank, durch­trai­niert, ener­gisch“ in Erinnerung. In ihrem Text erwähnt sie deren Aufwachsen „als Pfle­ge­kind in düs­te­ren, kon­ser­va­ti­ven, von Gewalt gepräg­ten Ver­hält­nis­sen in einem Dorf bei Eckern­för­de in Schles­wig-Hol­stein“. Gegen die „bedrü­cken­den gesell­schaft­li­chen Verhältnisse in der BRD“ habe Viett früh aufbegehrt. 

Kein Wunder, dass Viett dereinst im Arbeiter- und Bauernparadies landen sollte. Nachdem sie sich zuerst in der linksterroristischen „Bewegung 2. Juni“ und später in der „Rote Armee Fraktion“ (RAF) an Anschlägen, Banküberfällen, Gefangenenbefreiungen und Entführungen beteiligt und einen französischen Polizisten schwer verwundet und in den Rollstuhl gebracht hatte (er starb früh an den Folgen) sowie nach zahlreichen Aufenthalten in der arabischen Welt (Irak, Libanon, Südjemen, überall, wo man Terroristen schätzte und ausbildete) wurde Viett 1978 von einem Stasi-Major angesprochen und nutzte den Kontakt, um sich nach einem gescheiterten Terrorakt einer Haftstrafe durch Flucht in die DDR zu entziehen.

Erfüllende Jahre in der DDR

Nach einem eher kurzen Gastspiel bei der RAF tauchte sie 1982 dauerhaft in der DDR unter und lebte dort unter falschem Namen, war auch als IM der Staatssicherheit ausgerechnet für eine Unterabteilung der Abteilung für internationale Terrorabwehr registriert.

Dazu Frielinghaus:

„Die Jah­re in der DDR hat Inge Viett als die erfül­lends­ten ihres Lebens bezeich­net – ohne das Pro­vin­zi­el­le, das in Tei­len denun­zia­to­ri­sche Kli­ma und Demo­kra­tie­de­fi­zi­te klein­zu­re­den. Zugleich schmerz­te es sie, wie gering vie­le Bür­ger der DDR deren Errun­gen­schaf­ten und Wer­te wie Anti­fa­schis­mus und Soli­da­ri­tät schätzten.“

Nach der Wende, im Sommer 1990, wurde Viett an die Bundesrepublik ausgeliefert und 1992 zu 13 Jahren Haft verurteilt, musste aber nur die Hälfte der Strafe absitzen. Von ihrer RAF-Vergangenheit hat sie sich nie distanziert, wenngleich sie über ihre Zeit als Terroristin reflektierte. Jana Frielinghaus zeigt sich beeindruckt von den „berüh­ren­den Selbst­be­fra­gun­gen einer Frau, die ihr eige­nes Han­deln sehr kri­tisch beur­teil­te – und zugleich dafür plä­diert, den ers­ten Sozia­lis­mus-Ver­such auf deut­schem Boden nicht in Bausch und Bogen zu ver­dam­men“. Das hatte Inge Viett mit der Linkspartei und anderen gemein, die aktuell daran arbeiten, dem „ers­ten Sozia­lis­mus-Ver­such auf deut­schem Boden“ einen zweiten folgen zu lassen, wegen des großen Erfolges.

Seit ihrer Haftentlassung war Viett „in der antikapitalistischen Linken aktiv“ (junge welt) und träumte weiter vom Kommunismus, der auch mit „kämpferischer Praxis“ erreicht werden sollte. Wegen der Billigung von Straftaten wurde sie 2011 noch einmal zur Zahlung einer Geldstrafe von 1.200 Euro verurteilt, ansonsten lebte sie unbehelligt vom Klassenfeind ihr Leben in Berlin. Auch ihr Terroristenkollege Christian Klar (unter anderem neun Morde) wurde nach seiner ebenfalls vorzeitigen Haftentlassung von Sympathisanten auf Händen getragen, machte bei Theater-Intendant Klaus Peymann am Berliner Ensemble ein Praktikum als Bühnentechniker und war später beim Linken-MdB Dieter Dehm als freier Mitarbeiter für die technische Betreuung von dessen Abgeordnetenwebsite tätig. Das kam damals raus, als Dehms Antrag auf einen Hausausweis des Bundestags für Klar abgelehnt wurde.

Manchmal kann dieser Staat so unmenschlich sein.

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Andy Malinski / 13.05.2022

Äh ... wie jetzt? Soll uns der Artikel darauf hinweisen, dass in diesem Fall mit zweierlei Maß gemessen wird? Das überrascht mich jetzt aber wirklich!

Patrick Meiser / 13.05.2022

“Manchmal kann dieser Staat so unmenschlich sein.” Nur manchmal, Herr Casula ? Man braucht kein Freund terroristischer gewaltakte zu sein, aber wo ist der Unterschied zwischen dem “warmherzigen Nachruf” einer Frau Frielinghaus und den kürzlich in den MSM abgedruckten Meldungen über das Ableben dieser unsäglichen M. Albright ? Jeder halbwegs belesene Zeitgenosse weiß, was diese M. Albright über den Tod 500.000 irakischer Kinder 1996 geäußert hat. Und was wiegt schwerer ? Terroristische Attentate verübt zu haben oder die Bevölkerung eines ganzen Landes medizinischen Experimenten mit tödlichem Ausgange ausgesetzt zu haben ? Alles eine Frage des Standpunktes. Eins hat die RAF von damals jedenfalls geschafft - unserer “Volksvertreter” haben noch heute Angst, es könnte sich nochmal sowas wie diese Terrorgruppe dazu berufen fühlen, ihnen die Hölle heiß zu machen. Der Maggus vom “Team Vorsicht” hat seine Befürchtungen dahingehend ja schon bzgl. den Montagsspaziergängern geäußert. Aber ich denke, der Maggus macht sich da umsonst Sorgen - im Herbst werden die ersten kriegstrommelnden Großschnauzen zeitig in den Impfzentren erscheinen, um sich den x-ten Schuß gegen das ‘gefährlichste Virus’ aller Zeiten abzuholen, am besten noch vor der Wies’n. Mehr ist von der deutschen Schafherde nicht mehr zu befürchten.

Rolf Mainz / 13.05.2022

Wie kaltblütig und zutiefst verbohrt, geradezu gestört muss ein Mensch sein, der jemanden niederschiesst, ihn damit dauerhaft lähmt und an den Folgen früh versterben lässt - und trotzdem ohne Reue bleibt? Und was ist von einer (Pseudo-)Journalistin zu halten, welche die Vita einer solchen Person goutiert?

Karla Kuhn / 13.05.2022

“Aber das Neue Deutschland huldigt einer Ex-RAF-Terroristin.”  Das   “NEUE DEUTSCHLAND”, damit hätten wir uns früher nicht mal den A…. abgewischt ! Existiert das etwa immer noch ?? Das war im Unrechtsstaat das personifizierte Lügenblatt ! Haben wahrscheinlich die Kommunisten gerettet !  Mit den verschwundnen Milliarden ?  Die RAF Terroristen waren im VERBECHERSTAAT herzlich willkommen.  Was mich wundert, in den meisten Gegenden konnte die Menschen WEST -Fernssehen sehen, WIESO, konnten diese Typen trotzdem unerkannt dort leben ?  Damit auch noch die wenigen Wohnungen der arbeitenden Bevölkerung wegnehmen ?  WAS sollte das uns sagen ?? Der OSTEN war offenbar ein PARADIES für MÖRDER und Halunken ! WAS vom WESTEN mit MILLIARDEN STEUERGELDERN gestützt wurde !! Da KAUM eine STASI Aufarbeitung stattgefunden hat, können sich bis heute offenbar noch immer solche Typen im Westen tummeln.  Teils auf KOSTEN ALLER STEUERZAHLER !  Danke Herr Casula, Sie sind sehr vielseitig, das schätze ich besonders.

H.Milde / 13.05.2022

Einfach nur WDRlich diese Banalität des Bösen -< Hannah Arendt- diese veherrlichten terroristschen Mörder und ihre LINKS-GRÜNEN Unterstützer, die nun in höchsten Ämtern sitzen, das eigene Volk berauben und drangsalieren, und nebenbei noch ausländschen Terrorismus, zB. in “Palästina” mitfinanzieren, mit sekundierender Journaille….. Auch hier wieder der Broder´sche Satz passend: “Wenn ihr euch fragt, wie es damals hatte passieren können: weil sie so waren, wie ihr heute seid!”

Rolf Lindner / 13.05.2022

Merkel hat sich im Klassenkampf bedeutend intelligenter angestellt.

Rex Kramer / 13.05.2022

“Antifaschismus” (wobei “Faschist” regelmäßig für den zu bekämpfenden politischen Gegner steht)  und “Solidarität” (von wem mit wem und in welche Richtung auch immer) sind auch heute wieder (beinahe allseits) beliebte politische Kampfbegriffe…

Dr. Joachim Lucas / 13.05.2022

In bin mir sicher, solche Agitpropkräfte könnten jeden Schweinehund dieser Welt so warmherzig beschreiben. Hauptsache er gehört in ihr linkes Universum. Diese Leute sind unverbesserlich und für eine zivilisierte Welt verloren.

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