Peter Grimm / 21.12.2024 / 16:21 / Foto: Montage Achgut.com/X/Imago / 75 / Seite ausdrucken

War der Magdeburg-Attentäter wirklich Islamkritiker?

Taleb Jawad Al Abdulmohsen, der in Magdeburg fünf Menschen ermordet und 200 zum Teil schwer verletzt hat, hat sich selbst als radikaler Islamkritiker verkauft. Doch daran gibt es von engagierten Ex-Muslimen starke Zweifel.

In vielen Redaktionen wird bekanntlich jeder islamistische Anschlag allein schon deshalb gefürchtet, weil er das vom eigenen Medium im Einklang mit der herrschenden Politik propagierte islamophile Weltbild angreift. Diese Angst ergriff gestern Abend nach den ersten Bildern und Nachrichten von dem tödlichen Angriff auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt sicher so manchen Redakteur. Doch in der Nacht konnten diese Ängstlichen aufatmen, denn die Kollegen der Welt hatten herausgefunden, dass der Mann aus Saudi-Arabien in den vergangenen Jahren eher als radikaler Islamkritiker aufgefallen war (Nachzulesen auch hier bei achgut.com). Einmal hatte er sogar auf Deutsch geschrieben, dass die AfD die einzige Rettung für Deutschland wäre. Damit widersprach dieser schreckliche Anschlag wenigstens nicht mehr dem in Politik und Medien vorherrschenden Weltbild. Nicht, so schien es, müsste mehr relativiert werden. Im Gegenteil.

Entsprechend lasen sich auch manche Schlagzeilen am Samstagmorgen. „Saudischer Islamkritiker, Fan von AfD und Elon Musk: Verstörende Details zum Täter von Magdeburg“ titelte der Tagesspiegel. „Arzt, Islamkritiker, AfD-Anhänger – was über den mutmaßlichen Weihnachtsmarkt-Attentäter Taleb A. bekannt ist“, zog die Frankfurter Rundschau nach. „Verdächtiger ist Islamkritiker und AfD-Fan“, hieß es beim Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Hatten die publizistischen Kämpfer gegen rechts zunächst noch befürchtet, dieser Anschlag könne die AfD stärken, weil wieder einmal die schlimmen Folgen verfehlter Zuwanderungspolitik sichtbar würden. So schien sich nun die Chance zu bieten, diesen Umstand gegen die AfD, aber auch gegen migrationskritische Islamkritiker argumentatorisch einzusetzen.

Allerdings wird diese vom Täter selbst seit Jahren errichtete Islamkritiker-Fassade ausgerechnet von engagierten Ex-Muslimen sehr klar infrage gestellt. Der Arzt Abdulmohsen lebte bekanntlich seit 2006 in Deutschland. Hier stellte er dann irgendwann einen Asylantrag, den er damit begründete, dass er sich öffentlich als Atheist erklärt hatte, der Abfall vom Islam in Saudi-Arabien strafrechtlich verfolgt würde. Wegen dieser drohenden Verfolgung wurde sein Antrag 2016 positiv beschieden, und der Mann konnte bleiben.

„Aggressivster Kritiker des Islams“

2019 erklärte er in einem Interview mit der FAZ:

„Ich habe im Internetforum des mittlerweile im Gefängnis sitzenden Aktivisten Raif Badawi gegen den Islam geschrieben. Deswegen wurde ich bedroht: Man wollte mich ‚schlachten‘, wenn ich nach Saudi-Arabien zurückkehren würde. Also habe ich mich dazu entschieden, Asyl in Deutschland zu beantragen. Es hätte keinen Sinn ergeben, sich dem Risiko auszusetzen, doch zurückkehren zu müssen und dann getötet zu werden.“

Im gleichen Interview präsentiert er sich auch als Helfer und Unterstützer saudischer Flüchtlinge. Das klingt alles höchst honorig, obwohl er auf sich selbst bezogen mit Superlativen nicht gerade geizig ist, wenn er behauptet:

„Ich bin der aggressivste Kritiker des Islams in der Geschichte. Wenn Sie mir nicht glauben, fragen Sie die Araber.“

Bei einem arabischstämmigen Deutschen, der selbst als profunder Islamkritiker seit vielen Jahren allgemein bekannt ist und sich hierzulande wegen seiner Islamkritik nur unter Polizeischutz bewegen kann, klang das jetzt allerdings anders. Hamed Abdel-Samad, der auch Achgut-Autor ist, hatte Kontakt mit Abdulmohsen und schrieb dazu am Samstag auf Facebook:

Nachdem heute der Name des Attentäters von Magdeburg bekannt wurde, habe ich in meiner X-Mailbox mehrere alte Nachrichten von ihm gefunden. Darin forderte er mich auf, meine Unterstützung für die säkulare Flüchtlingshilfe einzustellen und wollte mich persönlich sprechen.

In seiner letzten Nachricht vom 21. November forderte er mich erneut auf, mich von der säkularen Flüchtlingshilfe zu distanzieren, da er bald etwas tun werde, was diese Organisation zum Gesprächsthema Nummer eins in der Welt machen werde. Alle Screenshots seiner Nachrichten liegen nun der Polizei vor.

Nach meiner Einschätzung ist dieser Mann entweder ein Verwirrter oder ein Maulwurf.

Saudischer Agent? 

Dass es sich um einen Verwirrten handeln könnte, ist vorstellbar. Aber ein Maulwurf? Ali Utlu – selbst Ex-Muslim, Atheist, Achgut-Gastautor und aktiver Islamkritiker aus Köln – hat ebenfalls seine Erfahrungen mit Abdulmohsen, die er auf X kurz so zusammenfasst:

„Wenn der Täter Taleb Al Abdulmohsen ist, dann habe ich ihn vor Monaten gesperrt, weil ich ihn wie auch andere Islamkritiker für einen saudischen Agenten gehalten habe, der abtrünnige Saudis und ex-Muslime in Deutschland ausspioniert hat für den Saudischen Staat. Bin jetzt gerade geschockt.“

Kurz darauf bestätigt er noch einmal:

„Ich glaubte und glaube bis heute nicht, dass er Apostat ist. Alles was er machte, war eher wirr. Selbst mich griff eher an, bis ich ihn blockte, weil ich ihm kein Wort glaubte. Ich muss das alles mal sacken lassen.“

Zu der Annahme, Abdulmohsen könne ein Maulwurf sein, passt auch sein verbaler Angriff auf die Organisation „Säkulare Flüchtlingshilfe“, die auch von der Islamkritikerin und Achgut-Gastautorin Mina Ahadi mit gegründet wurde. In einem auf X verbreiteten englischsprachigen Video erklärt er die renommierte Säkulare Flüchtlingshilfe zur „korruptesten Flüchtlingsorganisation der Welt“ und sagt über Ahadi:

„Sie ist die Hauptgründerin dieser Organisation. Es gab keine Notwendigkeit, diese Organisation zu gründen. Denn sie ist außerdem die Gründerin des Zentralrats der Ex-Muslime in der gleichen Stadt. Sie hätte keine weitere Organisation gründen müssen. Es sei denn, wir erinnern uns daran, dass diese Leute selber gesagt haben, dass sich diese Organisation vor allem mit weiblichen Flüchtlingen aus Saudi-Arabien beschäftigt. Es wurde also eine spezielle Organisation ins Leben gerufen, um vor allem weibliche Saudi-Flüchtlinge zu (rekrutieren), um sie zu missbrauchen (…) (Mina Ahadi) hat also höchstwahrscheinlich beide Organisationen gegründet, um den ex-muslimischen Aktivismus zu zerstören.“ 

Ist das nun die schwer gekränkte Eitelkeit eines Mannes, der seine Rolle als „aggressivster Kritiker des Islams in der Geschichte“ angegriffen sieht oder ist es einfach das, was die Stasi ihren Mitarbeitern zur Bekämpfung der Opposition als „Zersetzung“ empfahl?

Eines jedenfalls wird in jedem Fall deutlich: Man kann derzeit nicht seriös behaupten, dass der Magdeburg-Attentäter ein überzeugter Islam-Gegner oder gar AfD-Anhänger wäre, auch wenn es manchem besser ins Weltbild passen würde.

 

Peter Grimm ist Journalist, Autor von Texten, TV-Dokumentationen und Dokumentarfilmen und Redakteur bei Achgut.com.

Foto: Montage Achgut/com/X/Imago

Achgut.com ist auch für Sie unerlässlich?
Spenden Sie Ihre Wertschätzung hier!

Hier via Paypal spenden Hier via Direktüberweisung spenden
Leserpost

netiquette:

Petra Wilhelmi / 21.12.2024

Meines Erachtens kann es kein Islamkritiker gewesen sein. Die in Deutschland lebenden wirklichen Islamkritiker würden keine Deutschen töten wollen. Sie wollen mit uns in Frieden zusammenleben. Islamkritiker an sich - auch arabische - sind von Politikern in Deutschland nicht gern gesehen, mild ausgedrückt. Und wenn schon jemand von sich behauptet, dass er der schärfste Islamkritiker in Deutschland wäre, da hat er es nötig und solche Personen wollen sich nur wichtig machen und aufplustern. All diejenigen, die in den alternativen Medien unterwegs sind, müssten ihn dann kennen. Er würde z.B. auch darüber in der Öffentlichkeit sprechen und aufklären, wie andere auch. Für mich ist es ein Schläfer oder auch ein verrückter Schläfer. Es war ja nicht nur Saudi Arabien, dass uns vor dieser Person gewarnt hat. Auch aus Deutschland direkt kamen Warnungen, die von der Polizei aber nicht ernst genommen worden sind. Oder durften sie diese nicht ernst nehmen? Schlamperei oder Absicht? Wir werden es wohl nie wirklich erfahren dürfen.

gerhard giesemann / 21.12.2024

Herrlich: So haben wir nicht nur den Islam/Daesh selbst am Hals, sondern auch dessen Kritiker - Hauptsache sie stammen allesamt aus demselben Dunstkreis. Das gemeinsame Merkmal, Alhamdulliläh, Leicht pervers: „Das Bundesamt für Verfassungsschutz versucht, die Verantwortung auf die einheimische Bevölkerung abzuwälzen. Diese Symbole des Christentums würden Attentäter provozieren“. Der Arzt aber wollte nur darauf hinweisen, wie prekär die Situation in den Kliniken in DE ist, insbesondere bei den Notaufnahmen. Da mussten bereits viele einschlägige Immigranten deswegen randalieren, weil sie nicht angemessen behandelt wurden, jetzt, sofort, unverzüglich. Wir sollten dem Dr. med. Saud dankbär sein, solche Ärzte braucht das Land. Dies gilt natürlich auch für andere, etwa syrische Ärzte und medizynisches Personal. Allah Waduhu ya’rif – Allah allein weiß es. ER muss das dem Verf.-schutz mal stecken, von sich aus kommen die nicht darauf. Als islamische Botschaft, koranisch. 

kai marchfeld / 21.12.2024

Auch wenn die Zusammenhänge konstruiert und fragwürdig sind. Hängen bleibt iwas im Hinterkopf: Weihnachtsmarkt, Attentäter, AfD-Hintergrund. Es lebe der Wahlkampf!

Ralf Pöhling / 21.12.2024

Ich hab’s doch gewusst. Ich kenne meine Pappenheimer. Ich habe den Job lange genug gemacht und weiß wie das läuft. Die Tat und die Selbstpräsentation des Täters im Netz lassen nicht darauf schließen, er wäre ein Anhänger der AfD. Im Gegenteil, das war wohl eine Schutzbehauptung bzw. Taqiyya, um unsere Behörden so lange zu täuschen, bis er von seinem Agentenführer aktiviert wird um seine Tat zu begehen. Der Mann ist seit 2006 hier. Wie ich unter dem heutigen Artikel “Offene Fragen nach dem Magdeburger Anschlag” auf dieser Website schon schrieb, sind die Muslimbrüder nach 9/11 in Saudi Arabien massiv unter Druck geraten und haben sich in alle Winde zerstreut. Ich gehe davon aus, dass der Täter aus genau diesem Dunstkreis stammt und bei uns damals als Schläfer geparkt worden ist. Was dann auch die penetrante “anti-islamische” Fassade erklärt, damit er hier seine Ruhe vor unseren Behörden hat. Aber wer den geheimdienstlichen Bereich ein wenig kennt, der weiß, dass die, die am härtesten in eine ganz bestimmte Richtung tönen, nicht selten das genaue Gegenteil davon sind. Um davon abzulenken, was ihre wahre Agenda ist. Die meisten Journalisten kommen damit nicht klar. Viele Ermittler ohne geheimdienstlichen Background auch nicht. Der Durchschnittsbürger schon gar nicht. Der glaubt einfach, was so einer öffentlich von sich gibt, sofern er ihn nicht näher Aug’ in Auge mal kennengelernt hat. Ich hänge unseren Behörden schon seit Jahren in den Ohren, dass die penetrante Dauerüberwacherei mittels Kameras und Internetanzapfung nullkommanix bei den Profis alter Schule beweist. Agenten alter Schule haben das mit der vorgetäuschten Identität ziemlich gut drauf. Es gab im Kalten Krieg Fälle russischer Agenten im Westen, die hier Jahrzehnte unerkannt gelebt haben und derweil dennoch permanent Informationen an die Sowjets geschickt haben. Die Muslimbrüder können das auch noch. Sie haben ihr Handwerk im selben Kontext gelernt. Aber leider von uns und nicht von den Russen.

Charles K. Mayer / 21.12.2024

Abdulmohsen ist als bekennender Islamfeind in Geheimdienstkreisen einschlägig bekannt. Den Magdeburger Weihnachtsmarkt hatte er, weil dieser weder durch Merkel-Steine geschützt,  noch mit Schildern versehen war, die Anschläge mit dem Auto verbieten, irrtümlicherweise für die Veranstaltung einer muslimischen Dawa-Initiative (= “Einladung zum Islam”) gehalten, was seinen islamophoben Zorn befeuerte.

Stefan Riedel / 21.12.2024

@ Sam Lowry / 21.12.2024 : “Faeser sagte weiter: »Deswegen gehe ich davon aus, dass man auch weiter auf Weihnachtsmärkte gehen kann.« Allerdings müsse das jeder für sich selbst einschätzen.” Ist es nicht eine der vornehmsten Aufgaben der Exekutive ( u.a. noch Nancy?) die Sicherheit seiner Bürger zu gewährleisten? Warum sollte ich sonst noch Steuern zahlen? Pech gehabt! Rettungsweg = …? Danke für den Beitrag!

Max Weber / 21.12.2024

Islamkritikerin(?) Maral Samassi behauptet er sei in arabischen Netzwerken als gläubiger Shiat unterwegs gewesen und sein Verhalten in D sei Teil der Taqiya gewesen.

Weitere anzeigen Leserbrief schreiben:

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen

Es wurden keine verwandten Themen gefunden.

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com